The day that… Izzy was born - Mummy Mag

Als Camilla und ich uns im Winter 2012 mit zwei Freundinnen beim Griechen zum Essen trafen, wusste ich noch nicht von meiner Schwangerschaft, aber Camilla wusste von ihrer und ohne dass sie uns etwas davon verriet, spürte ich was da geschah. Als ich dann wenige Tage später von meiner eigenen Schwangerschaft erfuhr, wurden wir zu „partner in crime“. Die Geburtstermine unser beider ersten Kinder lag nur 4 Wochen auseinander und wir freuten uns diebisch auf eine wundervolle, gemeinsame Zeit.
Das letzte Mal dass wir uns dann gemeinsam trafen, war wenige Tage vor Camillas Niederkunft. Wir waren beide so unglaublich hochschwanger – halleluja. Uns passten nur noch Stretch Kleider und Flipflops, unser Gang wich einem watscheln und wir hofften alle, dass Helene pünktlich zum Termin kommen würde, sodass wir dann frohen Vorbildes zügig nachlegen konnten. Aber wie Camilla schon sagte, keine Geburt ist wie die andere!

Motherhood became reality!

Unser Geburtstermin wurde während der Schwangerschaft dreimal geändert, während der Vorsorge-CTGs bei meiner Ärztin hatte ich nie eine Wehe und ich hatte keine Ahnung was mich erwarten würde. Ich war zunächst entspannt und dachte mir, es kommt eh immer wie es eben kommt. So war es Dienstag, 30 Grad, Sonne satt, meine Knie so dick wie Honigmelonen und alles andere konnte ich ohne Spiegel sowieso nicht mehr ausmachen…
Am Vormittag traf ich das erste Mal meine Nachsorge-Hebamme und sie versicherte mir, dass mein Kind sich noch Zeit lassen würde. In fünf Tagen war Termin.

The day that… Izzy was born - Mummy Mag

Das Wetter rief nach Barbecue und so trommelte ich spontan eine Reihe meiner liebsten Freundinnen zusammen, die am Abend auf der Terrasse liebevoll meinen Bauch streichelten. Alle waren bereits Mutter und alle waren sich einig: ich habe Wehen.

Ich spürte nichts und glaubte es auch nicht, aber ich bemerkte, dass der Bauch in großen Abständen immer wieder für wenige Sekunden hart wurde. Keinerlei Schmerzen, Ziepen oder Unwohlsein. Das hart werden war nur eine minimale Erscheinung. So gingen wir spät schlafen und ich vergaß die Idee mit den Wehen, bis ich zwei Stunden später wach wurde und die Erscheinung alle 20 Minuten auftrat. Ich versuchte weiter zu schlafen und schaffte das auch relativ gut, bis der Wecker meines Mannes klingelte. Es war Mittwoch, die Erscheinung war noch da und spätestens jetzt war mir klar, das sind Wehen.

Wir berieten uns kurz und beschlossen, dass mein Mann arbeiten ginge und ich mich einfach schone, denn die Chance war realistisch dass es sich nur um Vor- oder Senkwehen handelte. Dass dem nicht so war, deutete mir die Morgentoilette: ich hielt meinen Schleimpfropf in den Händen und Panik stieg in mir auf. Was hatte die Hebamme nochmal gesagt, was bedeutete der Schleimpfropf?

Meine Hebamme ging nicht an ihr Handy – aarrggg – dafür wusste es mein Mann: der Schleimpfropf löst sich dann, wenn der Muttermund beginnt sich zu öffnen, aber bis zur Geburt kann es dann trotzdem noch Tage dauern. Dies bestätigte mir auch wenig später die Hebamme, also beruhigte ich mich wieder, lud meine Schwester zum Frühstück ein und wir fläzten uns den Vormittag auf dem Sofa. Trotz dem Vorsatz entspannt zu bleiben, verringerten sich die Abstände der Wehen kontinuierlich und ich war mir nicht mehr so sicher, was ich wann tun musste.

Mein Mann versprach bis 14 Uhr daheim zu sein und ich rief vorsorglich in der Sprechstunde des Kreissaals an, um nachzufragen wann der richtige Zeitpunkt wäre ins Krankenhaus zu kommen. Die Hebamme dort entgegnete mir mit maximalem „Charme“, dass ich das schon selber wisse und dann ganz bestimmt nicht mehr anrufen würde. Ups, das saß.

Also verbrachte ich die restliche Zeit, bis zur Ankunft meines Mannes, krampfhaft damit in mich hinein zu fühlen, ob diese Art Schmerz jetzt noch auszuhalten war oder nicht mehr. Mir ging es wie Camilla, ich wollte einfach nicht zu früh ins Krankenhaus fahren, wollte nicht wieder weggeschickt werden. Allerdings belehrten mich die Wehenschmerzen eines besseren und ich war unter diesen leidvollen Umständen fest  davon überzeugt, mein Kind innerhalb des Nachmittages zu gebären. Ich setzte die bisher vergangene Zeit und den Grad des Schmerzes ins Verhältnis und nach meinen Vorstellungen, musste mein Muttermund bereits völlig geöffnet sein, sodass unser Kind fast rausplumsen würde.
Das hieß, auf ins Krankenhaus, sofort.

Die Fahrt dahin war die schlimmste meines Lebens: ich konnte kaum mehr sitzen, bildete mir ein, das halbe Kind wäre praktisch schon draußen, hatte alle 3 Minuten Wehen und wollte nur noch dass es vorbei ist. Dieser Schmerz war wirklich nicht ansatzweise vorstellbar, er war unglaublich heftig und nicht vergleichbar. Weder Regelschmerzen, noch Zahnschmerzen fühlen sich so an. Meine Schmerzen pulsierten, zogen weit über die Oberschenkel in den ganzen Unterkörper und ich fühlte mich JETZT schon völlig fertig. Ich schaffte es kaum vom Parkplatz in die Notaufnahme und ich hörte mich jammern, dass ich nicht mehr will.

Auf der Entbindungsstation angekommen wurde ich allerdings führsorglich aufgenommen und zügig untersucht. Meinem Baby-kommt-gleich-Plan wich die Ernüchterung, denn mein Muttermund war ganze 2 Zentimeter geöffnet. ZWEI ZENTIMETER – in Gebährenden-Sprache hieß das „garnichts/niente/nada/nothing“.
Alle Gedanken überschlugen sich, ich rechnete (mal wieder) und dachte: bis zu diesen 2 Zentimetern war der Weg so lang und steinig, bis zur Geburt brauchte ich 10 Zentimeter, nach Dreisatz waren das noch 52 Stunden, das hielt ich nicht aus, das konnte ich nicht schaffen… ich kapitulierte innerlich.

Jedoch nur von kurzer Dauer, denn als die Hebamme meinte, entweder gehe ich jetzt spazieren oder nach Hause, war mein Veto gegen zu Hause schneller ausgesprochen als Speedy Gonzales „Anderle, Anderle“ rufen kann. Unser Spaziergang war die reinste Farce, denn ich fühlte mich so unglaublich elend und der Schmerz raubte mir jegliche Kraft und Willen, dass mein Mann mich zum Auto zurückbrachte und ich mich als erstes dort angekommen, auf der Straße erbrach. Das war nicht besonders appetitlich, aber darauf war ich vorbereitet, denn es war Teil des im Geburtsvorbereitungskurses skizzierten Geburtsablaufs. Danach war ich so fertig, dass ich mich auf die Rückbank zum schlafen legte und erst eine Stunde später wieder aufwachte.

Es war jetzt 16 Uhr und der Schmerz war nochmal stärker geworden. Ich war bereit, die Hebamme anzuschreien, mir das Kind aus dem Bauch zu holen, egal wie – schaffte aber nur noch ein grummeliges „ich habe keinen Bock mehr“ zu sagen. Die Hebamme lachte herzlich und meinte, dass ich da echt nicht die einzige wäre. Sie hatte nicht gemerkt dass ich keinen Witz gemacht hatte. Ich war verzweifelt!

In dem kleinen Untersuchungsraum ließ man mich dann eine geschlagene Stunde warten, bis die Hebamme sich zur nächsten Untersuchung bequemte. Plötzlich erkannte ich (oder war es mein Mann) System hinter ihrem Verhalten: die waren alle relaxed, das hieß, alles lief völlig normal.

Die zweite Untersuchung steigerte meine Laune denn mein Muttermund war um ganze 3 Zentimeter gewachsen und jetzt 5 Zentimeter geöffnet. Das hieß ich durfte bleiben und die Frage, ob ich Schmerzmittel oder ein Entspannungsbad wolle, entschied mein Mann mit der Wahl für das Bad. Er meinte ich solle das einfach zuerst probieren und könne dann immer noch Schmerzmittel nehmen. So sei es. Ich war zu geschwächt um noch zu diskutieren. Ich schleppte mich in das Badezimmer glitt in die Badewanne und fühlte mich endlich wieder wohl.

Die Wanne wirkte Wunder. Ich konnte mich gleiten lassen, spürte die Last meines ganzen, schweren Körpers nicht mehr. Spürte den Druck auf meinen Beckenboden nicht mehr. Hatte weniger krampfartige Schmerzen und konnte endlich anfangen bei meinem Kind zu sein, konnte bei der Geburt ankommen. Das war ein wundersames Erlebnis. Ich fühlte mich plötzlich ganz sicher, wusste was zu tun ist, was dem Baby gut tut auf der Reise raus aus meinem Körper. Ich hatte mir unter Hilfe meines Mannes eine eigene Atemtechnik für die Wehen angewöhnt und wusste wie weit ich zählen musste, damit eine Wehe geschafft war. Alles war plötzlich ganz leicht.

Das klingt natürlich arg romantisiert, denn wer mit meinem Mann spricht, wird erfahren, dass mir die Augen regelmäßig weggedreht sind und er mit kaltem Wasser und Crackern permanent bemüht war, meinen Kreislauf stabil zu halten. Doch insgesamt lief es viel, viel besser als die Zeit bis zur Wanne und die Hebamme kam nur jede Stunde nachschauen, wie weit der Muttermund war.

Nachdem in der Zwischenzeit auch die Fruchtblase geplatzt war, wurde entschieden, uns um 20 Uhr umzulegen. Es ging einige Schritte über den Flur weiter in einen großen Kreissaal mit Badewanne. Mir ging es nach wie vor gut und meine Technik in die Wehen und in den Schmerz hinein zu atmen funktionierte richtig gut. Um 21 Uhr verkündete uns die Hebamme, dass es ab jetzt keine PDA oder Schmerzmittel mehr gäbe, denn unser Baby würde jetzt bald geboren. Ich war verblüfft. Die Zeit in der Wanne kam mir nicht wie 5 Stunden vor, sondern vielleicht wie eine Stunde und was genau bedeutete das Baby käme bald? In ca. einer Stunde wäre das Baby da, so lautete der Tipp unserer Hebamme, die ab jetzt bei uns blieb und mir zusammen mit meinem Mann, beim Wehen zählen und atmen half. Mein Muttermund war vollständig geöffnet, ich konnte die Kopfdecke und die Haare meines Kindes zwischen meinen Beinen ertasten und mir war klar, gleich kommt unser Baby zur Welt…

Viertel vor zehn bat mich die Hebamme leichte Pressübungen zu machen. Ihre Idee war es, aus dem liegenden Zustand in die Hocke zu wechseln, um dem Baby bei dem Weg nach draußen mittels Schwerkraft zu helfen.

Diese Idee entpuppte sich allerdings als weniger gut, denn die Herztöne des Babys sackten während meines Aufstehens innerhalb von Sekunden von 120 auf 60 ab und der Kreissaal füllte sich unverzüglich mit Krankenschwestern und Ärztinnen. Ich wechselte auf eine Liege die im Raum stand und mir wurde vorsorglich ein Venenkatheter gelegt. Der war nicht gesichert und die 5 vor mir wuselnden Vermummten wurden wild mit meinem Blut besudelt. Mein Mann wurde auf dem Platz hinter das Bett beordert und gebeten meinen Rücken zu stützen. Die Herztöne waren stabil, das pressen sollte starten.

Ich dachte an Frauen im Fernsehen, die stöhnen und ächzen und kneifen und drücken und dann ist das Baby plötzlich da, aber so einfach war das gar nicht. Ich musste mich hochgradig konzentrieren, denn die Presswehen waren nicht so lang und ich schaffte gerade mal 1,5 Mal zu pressen pro Wehe. Das reichte nicht um mein Kind rauszudrücken. Ich hatte Pausen zwischen den Wehen und wünschte mir aber, die einzelne Presswehe selber wäre länger. Ich wollte mein Baby so gerne mit dem pressen rausschieben können, aber hatte nach der zwölften Presswehe keine Kraft mehr. Der Kopf war schon halb draußen und der Schmerz ließ mich sooooo laut schreien. Die Hebamme verstand dass ich nicht mehr konnte und setzte beherzt die Saugglocke an. Zwei mal pressen später, um 22:05 Uhr war mein Baby da.
Izzy was born.

Das war der pure Wahnsinn.

The day that… Izzy was born - Mummy Mag

Sie war verknautscht und mit allerhand Körperflüssigkeiten beschmoddert, aber trotzdem weich und sie wirkte so liebebedürftig, dass wir sie nach ihrer U1 und meinem notwendigen zusammenflicken, sofort zurück bekamen und bis 01:00 Uhr im Kreissaal auf der Liege zu dritt kuscheln durften. Izzy fand den Weg zur Brust allein und ich konnte sie auch im Kreissaal schon das erste Mal stillen. Als Dank schenkte sie mir ihre Ladung Kindspech auf den nackten Bauch.

Jetzt waren wir eine richtige Familie. So wie es in Bilderbüchern steht, überwältigt von dem Wunder Mensch, fasziniert davon dass sie da war. Als ich aufs Zimmer kam und mein Mann heim zum schlafen ist (sich auf dem Weg ob der Sensation noch nen Bier und ne Currywurst gegönnt hat) lag sie nackt schlafend auf meiner Brust. Wir waren noch immer eins, auch wenn sie jetzt nicht mehr in, sondern auf mir war. Ich starrte sie ununterbrochen an, schlief nicht, war viel zu aufgeregt, war stolz und glücklich, wollte keine Sekunde von ihr verpassen. Love at the first sight. Ich war nicht mal müde oder hungrig, ich war einfach plötzlich Mutter – bedingungslos für sie da, fest entschlossen, sie gegen alle Widrigkeiten dieser Erde zu beschützen.

Am nächsten Tag ging das eigentliche Abendteuer vom Elternwerden erst los.
Die Schmerzen der Geburt waren vergeben und vergessen, ich fühlte mich richtig gut. Wir zogen um in unser Familienzimmer, empfingen freudestrahlende Besucher und gingen mit Izzy im Manduca spazieren. Life was great.

The day that… Izzy was born - Mummy Mag

 

Insgesamt betrachtet ist mein Fazit… 

… dass ich eine wirklich tolle, unkomplizierte Geburt hatte.
Trotz der Schmerzen und der Saugglocke, war es ein prägendes Erlebnis in dem ich über mich hinaus gewachsen bin und das mein Leben für alle Zeiten verändert hat.

… dass ich die Geburt ohne die Hilfe meines Mannes nicht auf diese Weise geschafft hätte. Er war ruhig, besonnen und zu 100% für mich da…
he was my guiding light in the dark!

… dass ich nichts gegen den Einsatz von Schmerzmitteln gehabt hätte, aber das warme Wasser eine hervorragende Alternative für mich war.

… dass ich vor wie nach der ersten Geburt keinen Wert auf eine Beleghebamme lege. Ich fand es sogar schön, diesen intimen Moment für die meiste Zeit nur mit meinem Mann teilen zu können.

… dass ich beim nächsten Kind noch entspannter sein kann, denn die große Frage „was passiert denn da jetzt mit mir“ oder „wann tue ich was“ kann mit der Gewissheit weggelächelt werden, dass der eigene Körper das schon signalisiert.
(es kommt ja eh immer anders … )