Kolumne_MM_Spiesserin Letztes Wochenende haben unsere Nachbarn eine Party gefeiert. Gut, dass war nicht die erste Party bei uns, aber es war tatsächlich die erste Party, die mich wahnsinnig wütend gemacht hat und mich mehrfach das Telefon in die Hand nehmen ließ, mit der Überlegung die Polizei zu rufen. Getan habe ich es dann doch nicht. Warum? Weil ich dachte, dann bin ich ganz offiziell eine Spießerin!

Doch was ist eigentlich schlimm am Spießer-Sein? Irgendwie doch gar nix, oder? Aber es ist halt nun mal gar nicht so lange her, dass auch ich noch Partys zuhause geschmissen habe. Um Euch mal ins Boot zu holen: Zwei junge Mädels sind vor zwei Wochen bei uns im Hinterhaus eingezogen und haben ihre Einweihungsparty gefeiert. Eine von beiden durfte ich schon kennenlernen, wobei das übertrieben wäre. Sie ging vor mit ins Haus, ich habe gegrüßt und sie hat sich schnell durch die Türen geschmuggelt, obwohl sie gesehen hatte, dass ich samt Fahrrad und Kind hinten drauf ebenfalls rein musste. War also schon mal ein denkbar schlechter Start für uns zwei. Dann kam der Aushang im Flur. Ok, mal wieder eine Party. So schlimm wird es ja schon nicht werden. War es dann aber doch. Wir konnten zwar um halb zwölf noch einschlafen, aber eine knappe Stunde später wurde die Party langsam lauter und an Schlaf war nicht zu denken. Die Fenster wurden aufgerissen, die Stimmen und das Grölen wurde immer lauter. Da es in der Wohnung anscheinend ein Rauchverbot gab, gingen immer wieder Gäste nach unten in unseren kleinen Innenhof – aber leise war keiner. Es wurde gerufen, gepfiffen und gelacht. Als ich mich tatsächlich nach einer Stunde – mein Freund konnte auch nicht mehr schlafen – aus dem Küchenfenster lehnte und runter rief, dass sie doch bitte im Hof leise sein sollen, weil hier Familien schlafen, wurde ich gnadenlos ignoriert. In mir brodelte es. Trotzdem versuchte ich meine Wut beiseite zu packen, schob mir meine Ohropax in die Ohren und legte mich wieder hin. 

Wer denkt, das sei alles gewesen, der täuscht sich gewaltig. Kaum waren wir eingeschlafen, klingelte es bei uns an der Haustür. Nun muss man hier ergänzen, dass unsere Klingel laut, penetrant und nicht weit entfernt von unserem Schlafzimmer ist. Wir standen senkrecht im Bett. Warum bei uns geklingelt wurde? Tja, die Party war im vierten Stock des Hinterhauses, wir wohnen im vierten Stock des Vorderhauses. Offensichtlich kannten die Gäste die Namen nicht – oder haben einfach nicht richtig geschaut. Wieder hatte ich das Telefon in der Hand – tat es aber ab mit: kann ja mal passieren. Wieder versuchten wir einzuschlafen, doch kaum trat ich allmählich im Schlummerland ein, klingelte es um 03:22 Uhr wieder bei uns. Argh… Ich war also wieder wach – zum Glück schlummerte Helene immer wieder ganz schnell zwischen uns ein, dass ich mich immer damit beruhigte, dass zumindest das Kind schläft. Wer aber weiß, wie es um die Nächte während der Schwangerschaft steht, der weiß auch, wie heilig einem der Schlaf während dieser Zeit schon ist. Weil ich aber nun mal schon (wieder) wach war, ging ich noch mal auf die Toilette – doch hörte ich direkt vor unserer Tür Stimmen. Ich riss die Tür auf, bevor jetzt noch ein drittes Mal geklingelt wird. Die drei Mädels und der Typ (alle gerade mal so Anfang zwanzig) waren es wohl auch als sie anfuhr, dass sie gerade meine gesamte Familie geweckt haben und im falschen Haus sind. Das Treppenhaus stank nach Alkohol und Rauch. Als ich die Tür wieder leise zumachen wollte (ich hätte sie am liebsten zugeknallt, aber Mutti will ja ihr Kind nicht wecken), fragte mich tatsächlich noch eines der Mädels, wo denn genau die Party sein würde. Ich war so perplex, dass ich leider meine Hasstiraden nicht loswerden konnte. Ich antwortete nur „Hinterhaus, ihr seid im Vorderhaus. Man kann es weder überhören noch übersehen!“ – und ärgerte mich die nächste Stunde im Bett (neben dem Lärm) auch über meine fehlende Schlagfertigkeit. Irgendwann war ich so erschöpft, dass ich dann endlich in einen tiefen Schlaf gefallen war. Das letzte Mal hatte ich um 04:32 Uhr auf die Uhr geschaut. Auf dem Weg nach Travemünde während unserer drei Mummy-Tage, habe ich Mad, Saskia und Janine von den Vorfällen erzählt und wir haben wild rumgesponnen, was man alles hätte tun können…

So, und jetzt zur alles entscheidenden Frage: Wie hättet Ihr reagiert? Leider war mir der Aufwand vom vierten Stock Altbau nach hinten in den vierten Stock (durch den Regen) und dann wieder zu uns nach oben einfach zu groß. Ich habe mehrfach darüber nachgedacht, die Polizei zu rufen, hab es dann aber doch sein lassen. Ich wollte irgendwie nicht die „Spielverderberin“ sein, aber ernsthaft – muss man wirklich alles noch mitmachen? Eigentlich nicht oder? Für mich steht also fest, wenn das nächste Mal eine Party angekündigt wird, gehe ich VORHER kurz hoch und bitte drum, den Gästen klar zu sagen, dass sie im Innenhof bitte leise sein sollen und die Gäste doch bitte den Nachnamen wissen sollten. Wenn es mir zu wild wird und mich komplett vom Schlaf abhält, rufe ich die Polizei, versprochen. Oder aber, ich bewaffne mich einfach mit ein paar Wasserbomben, mit denen ich dann das junge Partyvolk bewerfe, wenn sie mich wieder ignorieren…