Alles auf Daumendrücken oder doch besser auf Anfang? Bis morgen entscheidet sich, ob die Mitglieder der SPD den Verhandlungen des Koalitionsvertrags 2018, einsehbar auf der Website der CDU, nach den vielen Wochen des Zusammensitzens und Diskutierens zustimmen oder nicht. Mit Spannung schauen wir nicht nur auf die Durchsetzungskraft der „jungen Wilden“ in der Partei, sondern auch auf die Punkte, die bzgl. Hebammen und Geburtshilfe ausgehandelt wurden.

Im Falle eines NEINs, bleibt der Bundesregierung nur die Wahl zwischen Minderheitenregierung oder Neuwahlen. Beides wird gefühlt so verteufelt, dass kaum Luft im Hirn zum denken bleibt. Wenn bspw Neuwahlen nur verhindert werden sollen, aus Angst vor noch mehr Wählerabwanderung, ist das dann noch Demokratie? (dazu lesenswert die Kolumne von Michael Thomann in der ZEIT) Liegt darin nicht auch eine große Chance? Zum Beispiel um mit einem Team in die nächsten 4 Jahre zu starten, dass mehr gewollt ist, als die Personen rund um das „Geschachere“ aktuell. Und ist mal jemandem aufgefallen, dass je öfter man sagt „jetzt ist aber Schluss mit der Personaldebatte“, alle weiter machen mit noch mehr Personaldebatte?

 

Es stimmt ja,
es geht vor allem um die Inhalte

… nicht um die Minister per se und ob Besagte, so beliebt in ihren Ministerien bei den Mitarbeitern sind. Inhalte bei Themen, die nicht gerade neu vom Himmel fallen (so wie Digitalisierung – hrhrhr), aber diese Themen wurden ja nun mal in den letzten Jahren in die eine oder andere Richtung vorangetrieben und sie wurden auch für die nächsten 4 Jahre perspektivisch geplant. Im letzten Jahr hatten wir dazu schon alle Wahlprogramme der sechs größten Parteien gewälzt und uns einen Überblick verschafft, welche Parteien sich um die Verbesserung der Situation der Hebammen bemühen. Wie gut die Geburtshilfe jetzt im Koalitionsvertrag 2018 Berücksichtigung fand, haben wir kurz vorm Votum nochmal flink nachgeschlagen und sagen, drückt die Daumen, dass der Mitgliederentscheid gut ausgeht.

Unter dem Titel „Ein neuer Aufbruch für Europa Eine neue Dynamik für Deutschland Ein neuer Zusammenhalt für unser Land – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD“ sind die Themen, die uns besonders interessieren, im Kapitel „VI. Erfolgreiche Wirtschaft für den Wohlstand von morgen“ (ab Zeile 2454) zu finden.

 

Unter Ambulante Versorgung

Zeile 4570 ff. – Zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung gehören für uns neben einer gut erreichbaren ärztlichen Versorgung auch eine wohnortnahe Geburtshilfe, Hebammen und Apotheken vor Ort.

Unter Gesundheitsberufe

Zeile 4689 ff. – Wir werden die Ausbildung der Gesundheitsfachberufe im Rahmen eines Gesamtkonzeptes neu ordnen und stärken. Wir wollen das Schulgeld für die Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen abschaffen, so wie es in den Pflegeberufen bereits beschlossen wurde. Wir werden die Hebammenausbildung nach den EU-Vorgaben als akademischen Beruf umsetzen. Die Novellierungen der Ausbildung der bisherigen psychologischen Psychotherapeuten in Form einer Direktausbildung und der Approbationsordnung für Zahnärzte werden wir zügig abschließen.

Unter E-Health und Gesundheitswirtschaft

Zeile 4749 ff. – Die Anwendung und Abrechenbarkeit telemedizinischer Leistungen soll ausgebaut werden. Es wird sichergestellt, dass die Datenspeicherung den strengen Anforderungen des Datenschutzes unterliegt. Die gespeicherten Daten sind Eigentum der Patientinnen und Patienten.

Aktuell 463.723 Mitglieder der SPD dürfen derzeit über den von Union und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag abstimmen. Zur Information der Mitglieder wurde er in der Parteizeitung vorwärts abgedruckt, die in einer Extraausgabe am 17. Februar erschienen war.

Zwei Tage später, am 19. Februar, wurden die Briefwahlunterlagen an die SPD-Mitglieder verschickt. Annahmeschluss für das Votum ist der 2. März um 24 Uhr, bis dahin müssen die Briefe im Postfach des Willy-Brandt-Hauses liegen. Die SPD rät ihren Mitgliedern daher, die Briefe drei Tage vorher abzuschicken. Am 4. März soll das Ergebnis bekannt gegeben werden.

Unter Krankenhäuser

Zeile 4648 ff. – Eine qualitativ hochwertige Geburtshilfe auch durch Belegärztinnen und -ärzte ist uns ein Anliegen. Wir werden die Finanzierungsgrundlagen dazu überprüfen.

Unter Prävention

Zeile 4717 ff. – Wir werden weitere Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Impfquoten zum Schutz der Bevölkerung zu erreichen.
Weitere Schwerpunkte werden in der Prävention chronischer Erkrankungen, insbesondere in der Entwicklung einer nationalen Strategie zur Reduzierung von Übergewicht vor allem bei Kindern und Jugendlichen liegen. Wir werden Drogenmissbrauch weiterhin bekämpfen und dabei auch unsere Maßnahmen zur Tabak- und Alkoholprävention gezielt ergänzen. Dabei ist uns das Wohl der Kinder von Suchtkranken besonders wichtig.
Wir werden die Forschung im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin fördern.

Unter Digitale Verwaltung

Zeile 6087 ff. – Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen sollen ihre Daten grundsätzlich nur einmal angeben müssen. Mit ihrer Zustimmung sollen bestimmte zur Verfügung gestellte Daten unter den Behörden weitergegeben werden. Wir wollen damit auch erreichen, dass berechtigte Leistungsansprüche, wie z. B. das Kindergeld nach der Meldung einer Geburt, künftig antragslos und proaktiv gewährt werden können. Dabei sorgen wir für sichere Kommunikationswege, sowie vollständige Transparenz und Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger über ihre Daten.

Mein Fazit

Für unsere Hebammen wurden nicht mehr Zugeständnisse gemacht, als vorab bereits in den Wahl-Programmen stand (wäre wohl auch zu schön gewesen). Neu ist der Punkt „Belegärztin/-arzt in der Geburtshilfe“, allerdings klingt „Überprüfung der Finanzierungsgrundlagen“ nicht danach, als das wir in den nächsten 4 Jahren jemanden in dieser Position kennenlernen werden. Wir bleiben gespannt ob Jens Spahn im Gesundheitsministerium eine Lanze für unsere Anliegen bricht.

Richtig gut finde ich die Punkte zur Digitalisierung. Mir war nicht bewusst, dass neben dem Breitbandausbau, der seit Jahren gefordert und gepredigt wird, auch echte Software-technische Optimierungen geplant sind. Die „Digitale Krankenakte“ hatte ich schon vergangenen Sommer schmerzlich vermisst, als wir im Urlaub in die Notaufnahme mussten und ich bin absolute Befürworterin davon, diese Daten koordiniert, gesichert, online einsehbar zu machen. Außerdem schont es natürliche Ressourcen, wenn man für Krankenakten nicht Faxpapier verschwendet und Arztbriefe nicht mehr mit 3 Durchschlägen an x Ärzte per Post versendet. Mein Freund der Baum lässt grüßen.

Dass telemedizinische Leistungen ausgebaut werden sollen, wird die Gründer von Services wie Call a Midwife oder Kinderheldin sehr freuen. Und zu guter Letzt der Punkt, der bei uns wie im Netz mit den meisten Stoff (bzw. Zoff) für elterliche Auseinandersetzungen bietet: das Impfen. Im Koalitionsvertrag steht dazu „Wir werden weitere Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Impfquoten zum Schutz der Bevölkerung zu erreichen.“ – Hossa, darauf ein klitzekleines Gläschen Appelwoi!