Wir brauchen euch nicht zu erzählen, wie es sich anfühlt, wenn man nach einem Wochenende, einem Urlaub oder ein paar Tagen mit kranken Kindern wieder etwas Zeit für sich hat. Ihr wisst das! Ähnlich geht es uns mit den Minuten am Rechner, die zählen wir absurderweise auch zur ”Zeit für uns”, zumindest seit wir Kinder haben. Egal, wir arbeiten für unser Leben gern.Weil Janine jedoch im Vergleich zu Camilla einen fest angestellten noch Vollzeit arbeitenden Freund hat und bei ihr als selbständige Redakteurin und Buchautorin mindestens so viel Dinge auf dem Tisch wie Essensreste unter selbigem liegen, ist ihr Bedarf an externer Kinderbetreuung groß! Was also tun, wenn man neben den Kindern arbeiten möchte bzw. muss?

Wir haben Glück. In der Hauptstadt gibt es gleich mehrere Coworking Spaces, die arbeitswütigen Eltern die Elternzeit, Zeit bis zur Kita, Kitaschließzeiten oder in einem Fall sogar die Zeit bis zur Schule erleichtern. Hallo eigenes Business aufbauen, hallo schnell etwas fertig stellen, ohne dass das Kind währenddessen die eigene Bude auseinandernimmt oder sich kopfüber in die Toilettenschüssel stürzt. Coworking Spaces mit Kinderbetreuung! Ein Segen in Sachen Vereinbarkeit. Doch nicht jedes Konzept ist gleich. Ein Vergleich. Janine hat sich mal durchgeackert…

Kita mit Coworking Space – Coworking Toddler

Nach unserer Elternzeit in Spanien habe ich habe Quinn (11 Monate) und mich in diesem Betreuungskonzept in Prenzlauer Berg eingewöhnt. Im Gegensatz zu Philos Kita ist der Toddler ein Coworking Space mit angeschlossener Kita. Die Minis werden nach ihrer Eingewöhnung von ausgebildeten Erziehern 5 (manchmal auch 6) Tage die Woche je nach Kitagutschein Umfang betreut – mit Mittagessen, Mittagsschlaf und liebevollen regelmäßigen Projekten. Die größte Frage, die ich mir aus der Erfahrung mit Kind Nummer 1 zu Beginn stellte: Wie um Himmels willen soll ich arbeiten, wenn (er weiß, dass) ich nebenan bin? Es war wie so oft. Nach einem Tag vor Ort haben sich meine Bedenken in Luft aufgelöst. Kita und Working Space haben je einen separaten Eingang. Weil die Eltern nur durch den Kitaeingang rein- und rausgehen – die Verbindungstür ist lediglich für Personal – wissen die Minis nicht, dass die Eltern nebenan sind. Was man allerdings schon abkönnen muss ist, ab und an das Kind mal leise zu hören. Einfach rüberspringen sieht das Konzept nicht vor, die Kontaktzeiten mit den Eltern sind klar geregelt   – meisten hilft es, drüben anzurufen, bzw. die Erzieher melden sich, wenn etwas Wichtiges ist. Stichwort: Zweite Trennung z.B. auch nach einem gemeinsamen Mittagessen (regionale, bio, süßigkeitenfrei), das schaffen phasenweise nicht alle Kinder.

Smart Mama Sandra Runge, war mit dem zweiten Kind selbst mit der Knappheit der Kitaplätze in Berlin konfrontiert, die Juristin schloß sich 2014 mit ihrem damals 9 Monate alten Sohn einer Gruppe von Eltern an, die in Berlin einen Coworking Space mit Kinderbetreuung für den eigenen Bedarf eröffnen wollten. Nachdem sich die Gruppe auflöste, übernahm sie das Projekt Coworking Toddler und entwickelt es heute weiter – neue Standorte in Berlin Neukölln sowie in München und anderen größeren Städten sind bereits in Planung.

Fakten und Unterschiede zu einem flexiblen Konzept:

  • 15 feste Plätze (6 Monate  bis 6 Jahre),  sprich Warteliste wie bei allen anderen Kitas auch
  • Coworking Platz an Kitaplatz gekoppelt
  • Betreuung durch staatliche anerkannte Erzieher nach einem speziellen pädagogischen Konzept und dem Berliner Bildungsprogramm (beinhaltet z.B. spezielle Eingewöhnung, Entwicklungsgespräche, geprüfte und kontrollierte Qualitätsstandards)
  • die Eltern können das Büro verlassen, da das Kind durch eine pädagogische Fachkraft betreut wird und während der Betreuungszeiten die Aufsichtspflicht bei der Fachkraft liegt
  • Verpflegung durch Kita
  • Geregelte Mittagschlafzeiten in einem separaten Schlafraum
  • Kostenerstattung für Betreuung über Kitagutschein
  • Kosten für Schreibtisch separat ausgewiesen uns absetzbar
  • Invest: Arbeitsplatz halber Tag, ca.170€/Monat Arbeitsplatz ganzer Tag, ca. 350€/ Monat (jeweils gekoppelt an Betreuungsgutschein) Kinderbetreuung erfolgt über Kitagutschein, ab August 2018 kostenlos
  • Anbindung: direkt an der S- und U-Bahn Schönhauser Allee
  • Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 17:30 Uhr, samstags 9:00 bis 14:30Uhr
  • coworkingtoddler.com

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Happinessfaktor

Flexible Coworking Spaces – Le Box Berlin

Da der Coworking Toddler, wie jede andere Kita auch, Schließzeiten und Fortbildungstage hat, bot sich mir/uns die Gelegenheit, außerdem einen flexiblen Coworking Space zu testen, einen, in dem man bis zum Vortag 17Uhr seinen Betreuungsbedarf für den Folgetag anmelden und sich über 3D Ansicht schon vorab einen Schreibtisch ausgucken kann. Einen, bei dem die Betreuer kontinuierlich und fest planbar eingeteilt, weil fest angestellt sind. Einen, den Dreifachmama Luisa Hoffmann aus dem eigenen Bedürfnis, effektiv zu arbeiten, heraus entwickelt hat.

Als ihr Sohn etwa ein Jahr alt war, begann sie ein junges Startup im Marketing zu beraten, ihr eigentliches Steckenpferd. Um dies möglich zu machen, brachte sie ihn an drei Tagen in der Woche von Prenzlauer Berg quer durch die Stadt zu ihrer Mutter, die auf den Kleinen aufpasste, während Luisa im nächstgelegenen Coworking Space (ohne Kinderbetreuung!) in die Tasten haute. Das ganze am abend durch den Berliner Feierabendverkehr retour. Ein Kraftakt. Schnell kam die Einsicht: Sieben Stunden Aufwand für vier Stunden effektives Arbeiten, das geht auf keine Kuhhaut. 15 Minuten später entstand die Idee einen Coworking Space mit Kinderbetreuung zu gründen. Ein Jahr später und mit der Geburt meiner Tochter stand die Box – benannt nach den Unterstellboxen für die Kinderwägen.

Fakten und Unterschiede zum Coworking Kita Konzept:

  • Stunden- Tageweise buchbar – je nach Bedarf. Keine vertragliche Bindung, keine Kündigung
  • Keine Warteliste für Anmeldung, gemeinsam spontan nutzbar
  • Verpflegung für Groß und Klein mitzubringen oder vor Ort erwerbbar
  • Schlafen nach Bedarf in einem Separée
  • Kosten für Schreibtisch und für Kinderbetreuung absetzbar
  • Super praktische Unterstell-Boxen für Kinderwägen 
  • Hauptsächlich Babies und Kleinkinder, da meist zur Überbrückung bis Kitaplatz genutzt
  • Invest: je nach gebuchtem Paket (Schreibtisch und Betreuung inkl), von 44€ (1/2Tag) bis 69€ (1 Tag) Auch rabattierte Kombi-Pakete sind möglich
  • Anbindung: Nahe Helmholtzplatz, M10, Husemann, M12 Raumer S Bahn Prenzlauer Allee
  • Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr
  • lebox.berlin

Weitere flexible Coworking Spaces mit Kinderbetreuung in Berlin

Jugglehub, Christburger Straße 23, Winsviertel
Hier gibt es mehrere Büroräume, also auch Rückzugsmöglichkeiten zum Telefonieren oder für Ruhebedürftige, falls das Baby in der Trage schläft, während man tippt. Außerdem vor Ort: ein extra Schlafraum, ein Meetingraum, Workshopraum und Konferenzraum, die man zusätzlich mieten kann. Abends finden hier Kurse statt, z.B. Pilates!
Invest: Coworking und Kinderbetreuung (muss am Tag zuvor angemeldet werden) sind separat voneinander buchbar, z.B. wenn man den ganzen Tag vor Ort sein möchte, das Kind aber nur 2 Stunden (minimum) betreut wird. Childcare im Paket mit dem Arbeitsplatz ½ Tag 45 , 1 Tag 85 Öffnungszeiten: Mo-Fr | 9:00 – 18:00

Wunderhaus, Belforterstrasse 8, am Wasserturm
Zugegeben, kein Coworking Space im eigentlichen Sinne. Eher ein Ort, in dem Eltern zusammenkommen, sich verbinden und entspannen können. Und zwar als Membership-Club in besonders ästhetischen und anspruchsvollen Ambiente. Ein Platz, um den Berliner Winter abseits von lieblos eingerichteten Kindercafés zu überbrücken – mit Tischen in einem Café, an denen gearbeitet werden kann, einem Yoga- und Nagelstudio, Kursen für Kinder und natürlich Kinderbetreuung (je nach Membership-Paket) – von Minis ab 4 Monaten bis 4 Jahre.
Invest: Membership (ab 69€/Monat), in den man sich aber auch nach Bedarf einmieten kann ohne Mitglied zu sein. Öffnungszeiten: Mo-Fr | 9:30 – 18:00, Sa | Geschlossen (angemeldete Parties und Events möglich), So | 11:00 – 17:00

Pro und Contra Coworking Spaces mit Kinderbetreuung


Machen, machen, machen!

Eure Minis lassen sich fremdbetreuen? Sie sind bis auf die Sprünge oder Krankheitsphasen offen gegenüber anderen? Ihr wollt aber dennoch nah bei Ihnen sein? Ihr seid angestellt und wollt schnellst möglich wieder tätig werden? Ihr seid Freiberufler und auf fortlaufende Aufträge angewiesen, zu Hause aber wenig produktiv? Eine Nanny für euch/euer Kind alleine ist nicht leistbar? Oder ausgefallen? Die Kita streikt oder hat zu? Dann macht Coworking mit Kinderbetreuung Sinn! Außerdem sieht man dann auch mal andere Erwachsene und kann sich mit den Eltern austauschen!

Hmmm, vielleicht nochmal drüber nachdenken!

Ihr habt die Großeltern in der Nähe, die auch noch Zeit und Muse für die Minis haben?! Waaaah, wie toll. Sich um die Enkel zu kümmern ist schließlich auch ein Jungbrunnen, oder? Eure Kinder brauchen feste Rituale – z.B. zum Essen oder Schlafen?
Nicht alle Minis kommen damit klar, zu wissen, dass Mama oder Papa direkt nebenan sind. Manche wollen gar nicht erst rein, andere immer wieder raus aus dem Spielzimmer. Da nützt dann auch der beste Schreibtisch und Betreuer nix. Außerdem. Wer alleine im Homeoffice effizient arbeitet, der sollte sich einer etwaigen wuseligen Atmosphäre im Coworking Space bewußt sein. Alleinerziehende und/oder in Elternzeit: wer ein bisschen aufs Geld schauen muss, für den können die Gebühren natürlich eine Hürde sein, vor allem für einen Schreibtisch, der zu Hause umsonst benutzt werden kann. Und man hat ja in jeden Fall immer auch Zeit, Kosten und Aufwand mit dem Weg dorthin!

Ich weiß natürlich um den Luxus, dass wir in unserer Berliner Prenzlberg Blase diese Möglichkeiten überhaupt nutzen zu können und hoffe hiermit Anregungen für andere Städte oder auch Gemeinden geben zu können. Falls ihr etwas in die Richtung plant, lasst es uns gerne wissen (janine@mummy-mag.de) Denn flexible Arbeitszeiten für Eltern sind die Zukunft!

P.S. Damit dieser Beitrag online gehen konnte, habe ich etwa 4 Stunden in die Tasten gehauen, wertvolle Zeit, in der beide Jungs extern in guten Händen waren! Danke @coworkingtoddler, danke @lebox!