Kaum eine Geschichte hat uns so sehr berührt, kaum ein Schicksal so mitgenommen. Wir haben mit ihr gelacht, geweint und gefühlt. Sie hat uns alle tief im Herzen berührt, uns so wichtige Worte mit auf unsere Wege gegeben und wir haben selten eine Frau so tief bewundert wie diese. Wir trauern gemeinsam um Oryanne Dufour und möchten ihr zu Ehren unsere Mummy Week mit einem Porträt über sie beginnen, denn selten hat uns ein Mensch mehr inspiriert!

Sie war eine Frau, die das Leben geliebt hat

Oryanne war eine quirlige Französin, Mutter von drei kleinen Kindern, mit einem wunderbaren Pariser Akzent und einem noch wunderbareren Mann an ihrer Seite. Zusammen mit ihm hat sie den Concept Store “Un Autre VooDoo” ins Leben gerufen, dessen nachhaltige Produkte von internationalen Designern in Berlin handgefertigt werden, und der nun geschlossen wurde. Den Grund dafür machte sie nicht zum Geheimnis, sondern sie suchte den Weg in die Öffentlichkeit, um aufzuklären, Mut zu machen und das Schicksal – auch wenn es ein verdammt mieser Verräter war – zu akzeptieren, das Leben trotzdem zu feiern, für das, was es ihr gab.

“…motiviert zu bleiben und jeden Tag zu genießen, das ist das härteste!”

Wer sie kannte, wusste um ihren Humor, ihre Stärke, ihre Abenteuerlust, ihre Liebe zu dem, was sie tat, zu ihrer Familie, zu ihren vielen Freunden. Sie nannte das selber energisch und stemmte nicht nur den eigenen Laden, in einem fremden Land, sie wurde nach Tochter Lisette, auch noch Zwillingsmama von zwei Jungs, die sie ordentlich auf Trab hielten. Das perfekte Chaos. Im Herbst 2016 bekam Oryanne plötzlich die unsagbar traurige Diagnose: Hautkrebs! Sie begab sich in Behandlung, weihte ihre Familie und Freunde ein, ging regelmäßig zur Kontrolle und irgendwann schlugen die Marker nicht mehr an. Die Zwillinge waren eins, die große Schwester fünf Jahre, es gab wieder Hoffnung.

Dann ein erneuter Routine-Check. Diesmal keine Entwarnung, diesmal Krebs, in den Lymphen, im Gehirn, Diagnose: unheilbar. Lebensdauer: nicht definierbar, vielleicht ein Jahr, vielleicht auch nicht. Es wurde kein Jahr, es wurde nicht mal ein halbes.

Oryanne bat uns ihre Geschichte zu erzählen, über die Krankheit, das verbleibende Leben im Alltag mit ihren Kindern und über ihren wundervollen Mann. Wir trafen Oryanne zuletzt Anfang März, wenige Wochen später verstarb sie, kurz vor Ostern, im Kreise ihrer Liebsten in Berlin. Fast fühlt es sich so an, als wusste sie, was passieren würde. Bis zuletzt hatte sie sich gewünscht, sich Gehör verschaffen zu können, um ihre Geschichte in die Welt zu tragen. Ihr Wunsch, in Frankreich die letzte Ruhe zu finden, zu sterben, mit dem Blick auf das Meer, das wollte ihr der Tod nicht mehr gestatten, aber den Mut und ihren ungetrübten Blick nach vorne, den konnte ihr der Tod nicht nehmen.

Lest HIER was Oryanne zu sagen hat.
Und was ihre Freundinnen über sie sagen.
Tragt es in die Welt hinaus.
Genießt euer Leben.

If you need a testimonial about my situation, I’ll be very happy to share my story.
It’s a start topic most people don’t want to hear about. But there is no taboo! I’m not ready yet I guess, but the time will come and I can share my thoughts and scares if you want me to. No pretention here of course, the situation is already sad enough for the paper. Just let me know by the time if you feel like it! – I’m sure I’ll clap in hands doing it, hahaha!

Oryanne Dufour

Oryanne und ich trafen uns – wie es so üblich ist – auf einer Party. Ein gemeinsamer Freund brachte mich dorthin. Ich hatte an einem Street Art Guide zu der Zeit gearbeitet und sie im Berliner Sticker Museum. Ich erinnere mich daran, wie unwohl ich mich dort fühlte, weil ich einfach niemanden kannte. Eine Hausparty, auf der sich die komplette französische Kreativgemeinde Berlins traf, und Oryanne war die Einzige, die mit mir sprach. Sie fragte und ich antwortete etwas schüchtern.

Dieser gemeinsame Freund, der nicht in Berlin wohnt, kam ein paar Wochen später wieder nach Berlin, um im Club ‚Chez Jacki‘, welcher direkt an der Spree lag mit Sonnenterrasse und wildem Garten hinter der ‚Maria‘, Artwork über der Bar zu machen. Er schrieb in meterhohen Buchstaben: VOODOO.

Zur Eröffnung der Sonnenterrasse und dieses Schriftzugs nahm er mich wieder mit und voilá, Oryanne war auch dort. Diesmal war ich entspannter und wir sprachen darüber, dass sie Teil eines Strickkollektivs war. Sie war zu der Zeit auch Guerillastrickerin (Diese Frau!!!). Ich wollte schon immer mal stricken lernen und so lud sie mich zu einer ihrer „Strickenbar“ auf jener Sonnenterrasse ein. Wir lernten uns besser kennen und sie lud mich ein am ersten VOODOO Beauty Markt teilzunehmen. Es waren ungefähr zehn Stände inklusive Friseur, Tätowierer; Designern, und ich hatte einen Flohmarktstand.

Oryanne hatte in dem Sommer geheiratet und ging im Frühjahr darauf auf große Hochzeitsreise. Als sie wieder zurückkam, planten wir gemeinsam die VOODOO MARKET Veranstaltungen. So lang der Club existierte, hatten wir den Kreativmarkt auch dort. Es war ein richtiger Club und manchmal legte der DJ noch auf, während wir schon begannen sauberzu machen, die knutschenden Pärchen mal eben beiseite rückten und vor allem lüfteten! Es war pure Magie!

Danach war es eine kleine Odyssee, neue Locations zu finden. Der Markt wurde immer größer, aber Oryanne hatte ein Händchen für neue Locations. Im Urban Spree fanden wir unser endgültiges Zuhause.

Ich weiß bis heute nicht, wie Oryanne das mit den Locations immer gemacht hat – bevor sie eröffnet waren, hatte sie sie schon gefunden. Genauso wie sie auch immer eine neue Wohnung auf dem Berliner Wohnungsmarkt fand. Sie war großartig darin, Menschen miteinander zu vernetzten, hatte eine positive Energie und ging an die Dinge ohne Angst heran. Sie hat nie abgewartet oder alles unzählige Male überlegt, sondern schnell Potentiale gesehen und dann einfach gemacht. Egal wen man traf – irgendwie kannten alle Oryanne. Das bewundere ich an ihr und versuche etwas davon für mich zu behalten. Wir haben kulturelle und auch persönliche Unterschiede in unsere Beziehung gebracht, aber aus den über 20 Märkten in nur fünf Jahren wurde eine enge Verbindung und eine Freundschaft. Wir waren manchmal wie ein Ehepaar. Wir haben gestritten und gelacht – wie in jeder guten und ehrlichen Beziehung. An Oryanne war absolut nichts gewöhnlich. Als sie mir sagte, sie sei schwanger und mir den Geburtstermin nannte, sagte ich: „Nein, das ist er nicht. Sie wird an meinem Geburtstag geboren, dann habe ich einen kleinen Zwilling.“ Später hatten wir gut lachen, denn genau so ist es gekommen. Die zweite Schwangerschaft war ebenso ‚VOODOO‘, wie wir es nannten: Die Zwillinge kamen am 29. Februar zur Welt, einem Schaltjahr. Ich könnte stundenlang schreiben und von ihr erzählen. All die Anekdoten, warum sie das Leben wirklich lebte und nicht darauf wartete, dass es beginnt, wie wir es allzu oft tun.

Maria Ziemann, 36, 1 Kind

PR-Beraterin, mini-voodoo.com

I used to take care of Oryannes curls for the last seven years whenever I could. That’s how our friendship started.

I met Oryanne through a mutual friend. I barely knew her but still, she asked me to do her hair for her wedding that was the following month. She also invited me to stay to that special day.

I didn’t know her that much at the time, but she made me feel comfortable. That’s the kind of person she was: a very lovely, straightforward and generous person.

Lydiane Roger, 40, 1 Kind

Friseurladen-Besitzerin, Poppy Pantone

Oryanne is this kind of person you cannot forget … since I have met her, I was always impressed by her capacity of doing amazing and bold projects: from moving to Berlin, working on all the projects, learning German, starting a family – every time she started something, it was a success, but the most amazing is that it always seemed so easy! She seemed so relaxed managing all those adventures. She was never the kind of people who feel stress and communicate it to you, not at all, everything always felt simple. Just the way it has to be. I always find her so brave, she was never afraid to try something new. She has this kind of positive and solar energy, that once you have met, you can not avoid to miss.

Pia Royer, keine Kinder

Event Managerin, Dior

Leave it to Oryanne to be herself, unapologetically, and never take herself too seriously. I always admired that in her. And the fact that she can never not laugh. I will never forget, when she first moved to Berlin, she told me that Raph and her could not fight without making each other laugh. No, Oryanne does not like to be too serious. Oryanne knows how to make things light, fun, quirky and easy. I’m sure that is one reason among others why so many people gravitate towards her.

Felicitas Thompson, 36, 2 Kinder

Psychologin

Au revoir Madame Dufour.
Thank you for everything. Ruhe in Frieden.

„Meine Kinder sehen mich nicht, wenn ich leide!“ 
Oryanne Dufour über das Leben und Sterben mit Krebs