Am 26.05. fand in Berlin eine deutschlandweit einmalige Aktion statt, um auf die vielen fehlenden Kita-Plätze aufmerksam zu machen. Tausende Eltern und Kinder, ErzieherInnen und Unterstützer zogen durch die Hauptstadt zum Brandenburger Tor, um ihrem Unmut Luft zu machen und ein deutliches Zeichen zu setzen, das es sogar bis in die Tagesschau schaffte. Wir waren damals mit dabei und wollten von Ann-Mirja Böhm, Mit-Initiatorin der Demo, wissen, was geblieben ist, außer einer Menge bunter Plakate und der Hoffnung auf Besserung?

Ist für die Kita Krise Berlin etwa eine La-Ola-Welle angebracht?!

„Es war Anfang des Jahres, als wir einfach nur noch verzweifelt waren und wussten: Das wird nix, verdammt, jetzt wird’s aber kritisch! Kein Kitaplatz, kein Platz bei einer Tagesmutter – egal wie viel wir gekämpft haben. Die Lösung: aktiv werden, eine Demo organisieren. Und das haben wir gemacht. Mit ganz vielen anderen Eltern und mit der Unterstützung von Kitas, Tageseltern und tollen Organisationen. Am 26. Mai gingen deshalb fast 4.000 Leute in Berlin auf die Straße, um gegen die Krise zu demonstrieren. Nun konnten die Politiker nicht mehr wegsehen, uns ignorieren und uns als ein paar Einzelfälle abtun. Die Kita-Krise bekam einen Namen, sie wurde Realität.

Wir sind euch allen noch heute so dankbar, dass ihr da wart. Da oben auf der kleinen Bühne zu stehen und kein Ende an Menschen zu sehen, das hat uns die Tränen in die Augen getrieben vor Dankbarkeit. Kitschalarm, aber so war es wirklich.

Nach der Demo wurden wir von allen großen Parteien zu Gesprächen eingeladen, ja sogar zu einer Tagung in den BUNDESTAG! Dort wurden wir angehört. Darauf folgte eine „Aktuelle Stunde“ im Abgeordnetenhaus. Da saßen knapp 160 Leute aller Parteien, samt dem regierenden Bürgermeister von Berlin Michael Müller und der Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft Sandra Scheeres. Über 1,5 Stunden sprach sich jeder Redner und jede Rednerin dafür aus, die ErzieherInnen besser zu bezahlen. „Top, Krise gelöst“, dachte ich mir im Zuschauerraum. Ist wohl eine La-Ola-Welle angebracht?!

Und dann kam sie über uns, die Enttäuschung und die Erkenntnis: Politik ist unfassbar ernüchternd. Das fühlte sich ungefähr so an, liebe Muddis, wie eine Presswehe ohne PDA. Denn unsere Hoffnung, dass all die Aussagen so schnell es geht konkret werden: Fehlanzeige.“

Genauso lief auch der groß angekündigte Kita Krise Berlin-Gipfel.
Für uns als Initiative waren besonders zwei Dinge wichtig:

1. Das Berliner Elterngeld:
Bekommen wir Eltern eine Ausgleichszahlung für die Überbrückung der Krisenzeit?
Beispiel: Kind kommt im Februar 2017 zur Welt, hat einen RECHTS-Anspruch auf einen Kitaplatz ab Februar 2018. Einen Platz gibt’s aber erst ab August 2018. Man muss also ein halbes Jahr überbrücken, in dem man kein Elterngeld bekommt, in dem man aber auch nicht arbeiten gehen kann. Wie soll man das bezahlen?
Lösung der Politik: Es sind keine Zahlungen geplant. Pech gehabt, liebe Eltern. Hättet ihr euer Schäferstündchen doch mal so gelegt, dass euer Kind kita-gerecht auf die Welt kommt, also im August/September…

2. Verlängerung der Zahlung der privaten Kinderbetreuung:
Wenn es trotz Rechtsanspruch keinen Kitaplatz gibt, dann muss Berlin eben dafür sorgen, dass die private Kinderbetreuung bezahlt wird. Diese Regelung gab es bereits, was aber leider nicht viele Eltern wussten. Außerdem war es extrem aufwändig an dieses Geld zu kommen.
Seit dem 31. Juli 2018 gibt es diese Einigung allerdings nicht mehr. Laut Aussage des Senats wird just in diesem Moment darüber verhandelt, ob weiter bezahlt wird oder nicht.

 

„Wie ihr seht: Politik ist frustrierend. Ich hätte hier so verdammt gerne einen „Wir-haben-alles-erreicht-Gastartikel“ geschrieben. Aber hier ist die abgeschminkte Wahrheit: Es wird kein Happy End geben. Nicht in den nächsten ein, zwei Jahren. Dafür stecken wir viel zu tief drin in der Krise, dafür gibt’s viel zu wenige Kitaplätze und Tageseltern, die unsere Kinder betreuen können.

Wir als Initiative kämpfen weiter für eine bessere Bezahlung von ErzieherInnen in Kitas und bei Tageseltern, wir setzen uns dafür ein, dass die Qualität der Plätze steigt anstatt sinkt und dass bei alldem auch die Eltern nicht auf der Strecke bleiben. Und wir freuen uns über jeden, der uns unterstützt!

Einmal kurz zucken, das bringt nicht viel. Wir müssen immer und immer und immer wieder in die gleiche Wunde pieken.
Nur so, haben wir gelernt, funktioniert Politik.

Herzlichst,

Eure Mirja und Eure Initiative Kita Krise“

Über die Autorin:

Ann-Mirja Böhm ist TV-Journalistin und Mutter einer kleinen Tochter und eines Baby-Jungen. Sie ist eine der Initiatorinnen der Demo gegen die Kita-Krise vom 26. Mai 2018. Schon seit einer Weile schreibt Ann-Mirja an ihrem ganz persönlichen, öffentlichen Tagebuch über ihre „wunderbaren“ Erlebnisse als Mutter. Mir treibt das regelmäßig Tränen in die Augen und ich bin großer Fan davon.

Seit Dezember hat Ann-Mirja daraus einen Blog gemacht, und ihr müsst unbedingt mal reinlesen, wenn ihr wissen wollt, wie leicht und wonnig der Alltag mit 2 Minis unter 3 Jahren ist. Ganz nach dem Motto „nach dem Kitaplatz, ist vor dem Kitaplatz“. Das Lachmuskel-provozierende Ding heißt „Mensch Muddi“.

Über die KITA KRISE BERLIN:

Das Bündnis ist eine Gruppe von Eltern und pädagogischen Fachkräften, die die Kitaplatz-Not in Berlin zum Thema machen wollen. Darunter sind deutsche und internationale Familien, Angestellte, Geschäftsführer*innen, Künstler*innen, Arbeitssuchende und Studierende. Es sind Berliner*innen und Zugezogene.

Ziel ist vor allem Druck auf die Politik zu machen, so heißt es „Wir wollen, dass politische Lösungen zur Bewältigung der Kita-Krise gefunden werden.“ Ein weiteres Ziel ist Aufmerksamkeit. Das Bündnis möchte eine breitere, öffentliche Aufmerksamkeit für die Kita-Krise in Berlin und ihre dramatischen, ökonomischen und sozialen Folgen für Familien und die Stadt. Außerdem soll eine öffentliche Debatte zu dem Thema angestoßen werden, sodass die Politik sich endlich adäquater um die Probleme junger Eltern kümmert.

Alles weitere zur Kita Krise Berlin findet ihr hier: www.kitakriseberlin.org

 

Baby, wir haben ein mächtiges Problem!
Warum uns die Kita-Krise ALLE angeht

Es gibt ja so Probleme, da hören wir von und denken uns insgeheim „hab ich nix mit zu tun“ oder „tangiert mich nicht“. Die Hebammen-Problematik ist so ein gutes Beispiel dafür. Was eine Hebamme macht und wie dringend man sie braucht, merkt man eigentlich erst, wenn das Kind schon im Bauch ist. Als Nicht-Eltern kann man das immer größerwerdende Problem vermutlich gar nicht wirklich nachvollziehen. Und leider scheint die Kita-Krise in der gleichen Falle zu sitzen… unsere 5 Cents zur Kita Krise Demo im Mai 2018

Photo Credits: privat, Ann-Mirja Böhm, Christian Marquardt