Ach Statistik. Manchmal bist du einfach scheiße. Weltfrauentag steht an. Frauen seien doch schon so gleichberechtigt, höre ich immer wieder. Die Truppe von der AfD fürchtet um Benachteiligung der Männer. (Mir kommen die Tränen. Nicht.) Es geht uns doch schon so gut in Deutschland. Wir dürfen arbeiten und wählen.

Alles könnte so schön sein.

Wenn da nicht diese Statistik wäre. Zahlen, voller Tränen. Voller gebrochener Herzen und gebrochenen Knochen. Vergewaltigung. Schlaflosen Nächten. Voller blauer Flecken, verschämt verdeckt. Angstschweiß. Können Zahlen das überhaupt wiedergeben?

Die harten Zahlen

25 Prozent, also jede vierte Frau in Deutschland musste schon einmal sexuelle und/oder körperliche Gewalt durch den Beziehungspartner erleiden. Jeweils die Hälfte der Frauen, die seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt haben, haben diese durch den (Ex-) Partner erlebt. Besonders betroffen sind Frauen, die über mittlere oder hohe Bildung verfügen. Das höchste Ausmaß häuslicher Gewalt wurde bei denjenigen Paaren festgestellt, bei denen die Frau über ein höheres Einkommen verfügt als ihr Partner. Schlimm genug. Was da noch nicht einmal mit reingerechnet wird, ist psychische Gewalt. Stalking. Unterdrückung.
Alle 5 Minuten wird in Deutschland eine Frau misshandelt, gestalkt oder bedroht. Die Zahlen sind krass genug. Eigentlich. Aber da ist noch eine statistische Zahl, die gehört und gelesen und verbreitet werden muss: Häufiger als jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. (Quelle: UN Women)

Was kann ich tun, wenn ich von Gewalt bedroht bin?

Genug der Zahlen. Ich weiß nicht, wie es euch jetzt geht – aber ich für meinen Teil musste das erst einmal verdauen. Gewalt gegen Frauen ist kein Randphänomen. Nichts, was selten mal passiert. Gewalt gegen Frauen ist eine der größten und gefährlichsten Bedrohungen denen wir ausgesetzt sind. Wir vom MUMMY MAG wollen zum diesjährigen Weltfrauentag daher sensibilisieren und euch Hilfen an die Hand geben, ganz besonders wenn ihr eine Frau kennt, die betroffen sein könnte – oder wenn ihr selbst betroffen seid. Zuallererst: ihr seid nicht Schuld. Es ist nie okay, unter keinen Umständen, Gewalt zu erleiden zu müssen. Ganz im Gegenteil. Gewalt ist durch NICHTS zu rechtfertigen. Lasst euch nie etwas anderes einreden.

„Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“

Art. 2 Grundgesetz

Braucht ihr Hilfe oder kennt ihr jemanden, der Hilfe benötigt?

Im Akutfall:

Ruft die Polizei. Macht genaue Angaben zur Situation, zu den Beteiligten, zu möglichen Waffen, Verletzungen, Alkohol- oder Drogenkosum und darüber, ob Kinder anwesend sind. Häufig nimmt die Polizei den Gewalttäter mit einem polizeilichen Platzverweis aus der Wohnung, nimmt ihn gegebenenfalls auch in Gewahrsam oder spricht ein Kontaktverbot aus. Aus rechtlichen Gründen muss die Polizei die Dauer des Platzverweises zeitlich befristen. Grundsätzlich darf sie ihn über den Zeitraum aussprechen, solange eine Gefahr für Sie als Opfer besteht, sowie für den Zeitraum, den Sie benötigen, um eine zivilgerichtliche Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) zu erwirken. Bei einem Strafverfahren ist die Polizei stark auf die Mithilfe der Betroffenen angewiesen. Dazu kann gehören, bei Verletzungen direkt einen Arzt aufzusuchen, den Arzt von seiner ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden und der Polizei ein ärztliches Attest vorzulegen.

Wo erhaltet ihr Beratung?

Frauen gegen Gewalt e.V. hat eine Datenbank online gestellt, bei der ihr Beratungs- und Hilfsangebote vor Ort finden könnt: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/

Erstellt einen Notfallplan

Die bayerische Polizei bietet einen kostenlosen pdf-Flyer an, auf dem ihr ab Seite 20 einen Persönlichen Sicherheitsplan findet. Dort seht ihr alle KONKRETEN Schritte, mit denen ihr eine mögliche Flucht vorbereiten könnt. Außerdem erfahrt ihr wichtige und hilfreiche Hinweise, die euch für den Notfall rüsten können. Den Flyer gibt es hier: https://www.bestellen.bayern.de/ 

Wir hoffen, euch helfen diese Links und Notfallhinweise. Bitte teilt sie, damit möglichst viele Frauen Unterstützung erhalten und auf Hilfsmöglichkeiten aufmerksam gemacht werden.

Das klingt jetzt alles so dramatisch, aber ich finde ehrlich gesagt, das ist es auch. Ich persönlich kenne zum Glück niemanden, der Gewalt in der Beziehung erfahren musste – aber wer weiß schon, was sich alles im Verborgenen abspielt. Es macht mich unglaublich traurig, wenn Frauen sich dafür schämen, mit ihrem Leiden an die Polizei, zum Arzt zu gehen und deshalb weiter Tag für Tag Qualen erleben müssen. Wenn sie aus Angst um Versorgungssicherheit und aus Angst um ihre Kinder und die schwierigen Rechtsfolgen einer Trennung verständlicherweise eine große Hemmschwelle haben, sich endlich befreien zu können.

Mindestens genauso schlimm jedoch ist, wenn es Frauen gibt, die Hilfe suchen und sich schwer damit tun welche zu finden. Die Frauenhäuser in Deutschland sind chronisch unterfinanziert – egal ob in „reichen“ Bundesländern wie in Bayern oder ob im klammen Berlin. Mir stellt sich vor dem Hintergrund die Frage, ob der Opferschutz nicht Bundesländer übergreifende Aufgabe sein müsste. Es kann doch nicht sein, dass Frauen, die ihr Zuhause verlieren, denen also der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, nicht aufgefangen werden können! Der Bund könnte zum Beispiel einen Rechtsanspruch für Frauen auf Schutzraum einführen und Frauenhäuser und Beratungsstellen langfristig finanzieren. Er müsste es eigentlich sogar. Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention verpflichtet, spezialisierte, langfristige Hilfsdienste für Opfer von Gewalt bereit zu stellen. Das Familienministerium hat das Problem immerhin auf dem Schirm und will Gelder bereitstellen – wie genau das aussehen soll, wer es bekommt und wie die Gesamtkosten dann langfristig getragen werden können, war mir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar.

Ich würde meinen Beitrag zum Weltfrauentag gerne mit positiveren Worten abschließen. Aber solange so viele Frauen in Deutschland (und auf der ganzen Welt!) um ihre Sicherheit und die ihrer Kinder fürchten müssen, gibt es für uns nur eines: dranbleiben.

MACHT MIT!

Wir wollen möglichst viele Frauen mit unserem Aufruf erreichen – ihr seid nicht allein! Deshalb würden wir uns freuen, wenn ihr an unserer Kampagne STOP zu Gewalt an Frauen heute am Frauentag auf Instagram teilnehmen würdet. So könnt ihr helfen: 1. rote Farbe (z.B. Lippenstift) mit STOP auf eurer Hand, 2. Foto davon auf Instagram, 3. Teilt euer STOP mit dem Hinweis darauf, wie Betroffene an Hilfe kommen, wie sich im Notfall am besten verhalten. Wir freuen uns, wenn ihr bei dieser wichtigen Sache dabei seid und unseren Aufruf streut.
#STOPzuGewaltanFrauen

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