Als ich klein war, spielte ich manchmal mit dem Gedanken, Tierfilmerin oder Biologin im Regenwald zu werden. Mich faszinierte die unberührte Wildnis. Ich stellte mir es so ein bisschen vor, wie in einem dampfwarmen Tropenhaus, nur dass es überall kreuchen und fleuchen würde. In meiner romantisierten Vorstellung von damals hatte ich noch nicht einmal die immense globale Bedeutung des südamerikanischen Regenwaldes vor Augen. Denn das Amazonas Gebiet hat eine Schlüsselfunktion für das weltweite Klima.

Die Lunge der Erde in Flammen

Seit Wochen nun brennt es in Brasilien, aber auch in Bolivien, Peru, Chile, Paraguay und in Teilen Argentiniens. Im Grunde steht das ganze Amazonasgebiet mehr oder weniger in Flammen, wie das Satellitenbild der NASA eindrücklich beweist. Obwohl ich noch nie da war und obwohl ich selbst in einem Land lebe, in dem es kaum mehr Wildnis und wilde Tiere gibt – zumindest nicht in vergleichbarem Umfang – schmerzt es mich auf intensive Weise, dass der Regenwald in Flammen steht.

Aber es geht nicht nur darum, dass die gewaltigen Brände diesen Schatz an Artenvielfalt unwiderbringlich niederreissen oder dass die 20 Millionen Menschen, die dort leben die Sonne nicht mehr sehen können, weil der Himmel vom Rauch verdunkelt ist. Es geht auch um das Weltklima, um das es ohnehin nicht allzu gut bestellt ist.

Kein Wunder also, dass nicht nur ich mit meinen Kindheits-Regenwald-Träumereien, sondern die ganze Weltgesellschaft in Aufruhr ist. Beim letzten Treffen der G7, also der sieben größten Industrienationen wurden rund 20 Millionen Euro an Soforthilfe beschlossen. Das Geld sollte unter anderem für Löschflugzeuge und Wiederaufforstung verwendet werden. Über die Wiederaufforstung des Regenwalds soll außerdem bei der Uno-Vollversammlung im Herbst weiter beraten werden (Quelle: https://www.unric.org/). 

Dumm nur, dass Brasiliens Staatschef Bolsonaro sein Veto für die Hilfen eingelegt hat: Es handle sich um eine Art kolonialistischer Einmischung. Er fordert zunächst eine Entschuldigung von Frankreichs Präsident Macron.

Wie der Amazonas Regenwald dem Klima hilft

Der südamerikanische Regenwald gilt als größter CO2-Speicher der Welt. In den Bäumen und im Boden ist Kohlenstoff gebunden. Würde das freigesetzt, würde das etwa zehn Jahren globaler menschlicher Treibhausgasemission entsprechen. Ohne den Erhalt des Amazonas-Regenwaldes sei die Klimakrise nicht in den Griff zu bekommen, meint etwa der WWF. (Quelle: https://www.wwf.de/). Auch das viele Wasser im Amazonasbecken hat Einfluss aufs Weltklima: Die Pflanzen und das durch Verdunstung entstehende Wolkendach haben einen immensen Kühleffekt.

Mal davon abgesehen, dass das für mich an kindliche Bockigkeit grenzt (nur dass Bolsonaro kein Kind ist, bei dem das zu Recht auch mal sein darf, sondern ein mächtiger Mann), davon abgesehen, dass Bolsonaro dafür bekannt ist, den menschengemachten Klimawandel in Zweifel zu ziehen – ich kann einen Gedankengang zumindest ansatzweise nachvollziehen:

Es ist auch für mich interessant, wie erhaben sich die europäischen Staatschef*innen über Brasiliens Politik äußern. Wo sie sich doch selbst im Hinblick auf Schutzgebiete und Wälder nicht unbedingt mit Ruhm bekleckern. Natürlich ist der unglaubliche Naturschatz des Amazonasgebietes nicht zu vergleichen, aber etwas zynisch meinte Bolsonaro, Merkel solle mit dem Geld doch lieber Deutschland aufforsten. Ich finde, wir müssten alles versuchen, um den Regenwald in Südamerika zu retten. Dass Brasilien die Gelder blockiert ist ein unfassbar sturer, dummer Akt. Aber Bolsonaro hat doch etwas damit recht, dass wir auch vor unserer eigenen Haustüre kehren müssten. Wisst ihr, wie viele Urwälder wir in Deutschland noch haben? Also, damit meine ich vollkommen unberührte, naturbelassene Wälder seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte? Streng genommen gibt es davon keine mehr (Quelle: https://www1.wdr.de/).

Warum der südamerikanische Regenwald brennt

Gelegt wurden die Feuer von Menschen. Durch Brandrodungen soll Fläche schnell und relativ unkompliziert landwirtschaftlich nutzbar gemacht werden. Dass die Situation dermaßen eskaliert, liegt an einer anhaltenden Dürreperiode. Stellenweise hat es seit über drei Monaten nicht nennenswert geregnet. Gebiete, die für gewöhnlich so feucht sind, dass sie nicht brennen würden, stehen in Flammen. Der brasilianische Präsident Bolsonaro stellt sich hinter die, die in der Regel für die Brandrodungen verantwortlich sind, wie zum Beispiel Viehzüchter. Laut Zahlen des brasilianischen Instituts für Satellitenforschung hat sich die Geschwindigkeit der Rodungen seit Amtsantritt von Bolsonaro verdoppelt. Aber nicht nur in Brasilien, sondern auch in den umliegenden Ländern und auch auf dem afrikanischen Kontinent, auch in Indonesien wüten verheerende Feuer.

Spätestens der Rohstoffhunger des vorindustriellen Zeitalters sorgte dafür, dass die Holzvorräte nahezu erschöpft wurden – darauf wurde der Nachhaltigkeitsbegriff geboren. Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714), Oberberghauptmann aus Freiberg (Sachsen) schlug als erstes vor, nur so viel Holz zu schlagen, wie man auch wieder anbauen könne.

Sorry, kleiner Exkurs, ich verliere mich.

Worauf ich hinaus wollte: Deutschland verfügt über rund 8.800 Naturschutzgebiete mit einer Fläche von über 2 Millionen Hektar. Klingt viel, isses aber nicht. Das entspricht gerade einmal einem Anteil von etwas mehr als 6 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands. (Quelle: https://www.bfn.de/)

 

Dazu kommt, dass auch in Deutschland der Wald stirbt. Zwar nicht im vergleichbaren Ausmaß wie im Amazonasgebiet, aber immerhin doch so bedrohlich, dass der Bund Deutscher Forstleute den Notstand ausgerufen hat. In einem Ende August veröffentlichten “Carlowitz-Plan” fordert der Verband unter anderem 1 Milliarde junge Bäume für den Wald zur Wiederbewaldung der Kahlflächen oder den an die Klimaveränderungen angepassten Waldumbau. Der Cartoonist Ralph Ruthe rief auf Twitter zum “Einheitsbuddeln” am 3. Oktober auf. Er will mit dieser Aktion erreichen, dass 83 Millionen Bäume gepflanzt werden. UPDATE (01.09.2019): Wir wurden darauf hingewiesen, dass die Aktion Einheitsbuddeln des Landes Schleswig-Holstein in Zusammenarbeit mit Ralph Ruthe nicht ganz so „grün“ zu sein scheint, wie wir dachten. Zwar soll durchaus ein neuer Wald entstehen und die Menschen werden zum Pflanzen von Bäumen aufgerufen. Jedoch wird kritisiert, dass die Spender im Grunde die Aufforstung eines Landesforstes bezahlen – also eigentlich keine private Aufgabe. Zumal das Wirtschaftswälder sind, die Holzerträge bringen und nicht auf die Dauer ausgelegt sind.

Mein Freund der Baum

Das was mir an der katastrophalen Lage im Amazonasgebiet, aber auch im Hinblick auf das Waldsterben in Deutschland und Europa fast ein wenig Hoffnung macht: es gibt ausnahmsweise einmal eine Lösung, die nicht kompliziert wäre. Bäume pflanzen. Aufforsten bis zum Abwinken. In der Praxis ist das wahrscheinlich dann auch wieder nicht ganz so einfach, denn zumindest mein Garten bietet nicht mehr wirklich Platz für einen weiteren Baum. Wenn man denn überhaupt einen Garten hat. Ohne massive Kraftanstrengungen der Politik wird das also nüscht.
Aber es gibt trotzdem Möglichkeiten, im Kleinen zu helfen: nutzt beispielsweise Suchmaschinen, die für die Nutzung Bäume pflanzen. Ich kenne auch einen sehr tollen Naturkosmetik Onlineshop, der für jeden Kauf Bäume spendet. Und dann kann man anstatt zu kleckern auch noch richtig klotzen.

Der Green Forest Fund (GFF) ist ein junger, gemeinnütziger, eingetragener Verein mit dem Ziel, einen nachhaltigen Beitrag zum Klima- und Artenschutz zu leisten sowie den Stellenwert des Waldes und der Natur im Allgemeinen zu erhöhen. Durch eure Spende dort könnt ihr das Pflanzen von Bäumen innerhalb Deutschlands unterstützen und – wie der Verein erklärt – damit die „Urwälder von morgen“ schaffen. Eine weitere großartige und glaubwürdige Kampagne ist der Amazon Fund von Earth Alliance. Die gespendeten Gelder gehen direkt an lokale Partner, die sich für den Erhalt des Regenwaldes einsetzen, Feuer bekämpfen und die betroffenen Gebiete unterstützen.

Bildquellen: Pixabay, Privat

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