The day that, Geburtsgeschichte,

Eigentlich hatte sich Gast-Mummy Maike eine ganz natürliche Geburt für ihr Kind gewünscht, wie so viele Frauen: Im vierten Schwangerschaftsmonat musste sie um die Gesundheit ihres Babys bangen und in der 36ten Schwangerschaftswoche wurde ihr Baby per Kaiserschnitt geholt, weil es für die Wehen noch zu schwach war. Anschließend lag der kleine Elia noch drei Wochen auf der Neonatologie. Und trotzdem ist Maikes Geschichte voller Liebe und Glück. Verrückt oder?

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„Natürlich war sein erster Schrei der unglaublichste Moment von Elias Geburt. 
Ich werde aber auch nie vergessen, wie meine Frauenärztin während des Ultraschalls meine Hand nahm, sich zu mir hinunterbeugte und sagte: „Madame, heute ist der 22. Mai – dies Datum wird der Geburtstag ihres Sohnes.“ Und das in der 36ten Schwangerschaftswoche. Das hatte ich mir anders vorgestellt. 

Von den ersten drei Monate erinnere ich vor allem die Übel- und die Müdigkeit. Und die Serie Downton Abbey – denn auf dem Sofa liegen, war nach der Arbeit so ungefähr das Einzige, zu dem ich in der Lage war. Die Herausforderung bestand darin, bei der Arbeit meine Übelkeit zu verbergen und nichts von meiner Schwangerschaft zu verraten. Denn, auch wenn das Baby geplant war, dass ich so schnell schwanger werden würde, damit hätte ich im Leben nicht gerechnet! Und so hatte ich mich noch nicht wirklich mit den Dingen beschäftigt, die dazu gehören: weniger Sport, Gewichtzunahme und andere Wehwehchen. Aber natürlich auch die unglaubliche Vorfreude auf das Ungewisse. 

Und dann kam der Tag, der plötzlich alle Sorgen lächerlich erscheinen lies und der mir meine rosarote Brille ruckartig von den Augen riss. Der Anruf meiner Frauenärztin, die nach dem Dreimonatstest darum bat, noch am selben Tag bei ihr vorbeizukommen. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Bestimmte Werte in meinem Blut hatten die Möglichkeit ein krankes Kind zu bekommen dramatisch erhöht. 

Es wurde der schlimmste Dezember meines Lebens. Auf Testergebnisse, die innerhalb von 10 Tagen vorliegen sollten, mussten wir wegen der Feiertage 3 Wochen warten. Anfang Januar kam dann die Erlösung. Unser Baby sollte gesund sein. Einziges Problem: die schlechten Blutwerte von Anfang Dezember konnte sich niemand so recht erklären. 

Trotz Ungewissheit im Herzen nahm ich mir meine rosarote Brille zurück und rückte sie anständig auf der Nase zurecht. Ich versuchte meine Schwangerschaft so zu leben, wie ich es mir gewünscht hatte. Ich meldete mich zu sämtlichen Geburtsvorbereitungskursen an, wurde Dauerteilnehmerin beim Schwangerenyoga, ging brav bei Wind und Wetter spazieren und lies mich von meinem Mann mit Babybauch fotografieren.  

Jeden Monat machte mich der Ultraschalltermin im Krankenhaus, wo wir seit Dezember von einer Spezialistin betreut wurden, ein bisschen sicherer, denn jedes Mal war alles in Ordnung. Bis zu dem einen Mal in der 34. Schwangerschaftswoche, an dem mein Mann sich einmal nicht frei genommen hatte, um mich zu begleiten. Unser Mini fiel plötzlich aus der Wachstumskurve und ich bekam einen Termin für die nächste Woche – wenn sich bis dahin nichts geändert hätte, müsste die Geburt eingeleitet werden. Ein kleiner Schock – ich lies mich krankschreiben – in der Schweiz arbeitet man normalerweise bis zum Geburtstermin – und versuchte mich mit der Vorbereitung unserer Wohnung, viel Schlaf und weiterem Schwangerenyoga abzulenken. 

Der nächste Termin kam und Baby war wieder gewachsen. Entwarnung also – er folgte einer neuen Wachstumskurve. Trotzdem mussten wir auch in der folgenden Woche wieder zur Untersuchung– am 22. Mai. The Day that Elia was born. 

Ich fühlte mich einigermaßen entspannt, war die Woche vorher doch auch alles gut gegangen. Meinen Mann versuchte ich mit Scherzen abzulenken – er solle nicht so nervös sein, was er denn machen wolle, würden wir wirklich am folgenden Tag mit dem Wissen ins Krankenhaus fahren müssen, unser Baby würde geholt werden.  Die Krankenhaus-tasche hatte ich diesmal nicht ins Auto gelegt, ich war der festen Überzeugung ich müsste mit einem Termin noch mal wiederkommen, wenn es wirklich zu einer Geburtseinleitung kommen sollte. Ich habe sogar meinen Geldbeutel vergessen und es als nicht besonders wichtig empfunden. 

Irgendetwas war wohl trotzdem anders als sonst, denn meine Ärztin empfing mich mit der Frage, warum ich so nervös sei. – Auf mein „Sie kennen mich doch, bin ich doch immer.“ antwortete sie gelassen: „Nicht so wie heute.“ Das machte mich dann tatsächlich nervös. Da half auch ihre Nachfrage nicht, ob sich das Baby wirklich die letzte Woche ordentlich bewegt hätte. Hatte es. Ich habe so doll darauf geachtet, wusste ich doch, wie wichtig es war. 

Und dann dieser Moment: „Heute ist der Geburtstag ihres Sohnes. Es wird ein Kaiserschnitt, ich befürchte er wäre für Wehen schon zu schwach“. 

Ich erinnere mich nicht mehr daran, wie ich mich wieder angezogen habe. Mein Mann hielt meine Hand, während ich fragte, was wir denn nun tun sollten. Die Ärztin rief im Kreissaal an und kündigte unser Kommen an. Sie führte uns zur Hintertür hinaus, wir sollen nur den Aufzug nehmen es würde auf uns gewartet. Natürlich riefen wir unsere Mütter an, noch bevor wir wirklich klingelten. „Mama, sie holen ihn jetzt.“

Dann kam das große Warten vor der Kreissaaltür. So oft hatte ich mir den Moment vorgestellt, wie ich an dieser Tür klingen wollte. Aber ganz sicher nicht so. Von wegen das Personal würde auf uns warten – wir kamen genau zur Rushhour, zunächst hatte nicht mal jemand Zeit dafür, uns hineinzulassen.

Schließlich durften wir aber eintreten. Ich musste mich zunächst in einem der Räume umziehen, die wir im Rahmen des Vorbereitungskurses schon besucht hatten – mein Mann fuhr noch schnell nach Hause, um meine Krankenkassenkarte und meinen Geldbeutel zu holen, während ich all meine persönlichen Habseligkeiten in Plastiksäcken mit Etikett verstauen musste. So war er leider nicht da, als mir für eine Infusion in den Arm gestochen wurde und die Vene wegrollte – autsch. Im Nachhinein tatsächlich der schmerzhafteste Moment des Tages. Zum Glück funktionierte es am anderen Arm nach fünf Minuten Verschnaufpause ohne Probleme und tat so auch nicht mehr weh als eine Blutabnahme. 

Als er zurückkam, wurde schon der Herzschlag des Babys aufgezeichnet- alles schien soweit in Ordnung. Nacheinander stellten sich der Anästhesist und die operierenden Ärzte bei uns vor. Ich hatte ziemliche Schwierigkeiten  zu begreifen, dass das alles jetzt wirklich passierte. 

 Um 14 Uhr sollte es dann losgehen. Ich habe alle Beteiligten ein bisschen genervt, weil ich noch dreimal vor Aufregung auf Toilette musste, dann wurde mein Bett Richtung OP gerollt. Ich versuchte mich zu beschweren, dass ich doch gehen könne und war gleichzeitig völlig beeindruckt von der Sichtweise, die man von so einem Krankenhausbett hat. Das erinnerte alles ein bisschen an eine Krankenhausserie. 

Dann wurde ich auch noch von meinem Liebsten getrennt, der OP-Kleidung bekommen sollte. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet, stand nun doch der Moment bevor, den ich am meisten fürchtete – die Narkose. In der Schweiz wird ein Kaiserschnitt nicht unter Vollnarkose vorgenommen und so musste ich mich wohl oder übel mit der Riesennadel in den Rücken anfreunden. Händchenhalten war leider nicht, denn mein Mann durfte den OP erst betreten, sobald alles installiert war. Das war furchtbar für mich, aber alles ging so schnell, das protestieren nicht in Frage kam. Schlimm war die Spritze dann überhaupt nicht, da der Rücken betäubt wurde, bevor die große Anästhesie gesetzt wurde. 

Der Arzt fuhr mir mit so etwas wie einem Eisroller über Beine und Bauch und bat mich, zu sagen, wo genau ich Kälte verspüren würde und wo nur Druck… Herrje. Hallo Unsicherheit. Hatte ich doch zu große Angst, mich zu vertun und dann bei der OP doch Schmerzen zu spüren. Als klar war, dass mein Unterleib betäubt war, durfte mein Mann endlich den OP betreten. Tatsächlich hatte ich nun gerade noch Zeit ihm zu sagen, dass er hätte Arzt werden sollen, so gut stände ihm das OP Outfit, da wurde uns schon gesagt, dass wir in zwei Minuten Eltern wären und dann war da Elias erster Schrei. 

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Und mir liefen die Tränen. Mein Mann ging sofort zum Baby in den Nebenraum und ich werde nie sein liebevolles „Buongiorno Signorino“ vergessen, was ich vom OP-Bett aus hören konnte. Und dann die Erlösung, er wäre total in Ordnung und er könne sogar mit uns aufs Zimmer. Der Moment in dem die Hebamme mir mein Baby ins Gesicht hielt und die Anästhesieassistentin mir half meinen Arm zu heben um Elia das erste Mal zu berühren. Und ich konnte nicht anders als weinen und weinen und weinen. Natürlich war es im OP zu kalt für den Kleinen, so liessen mich meine beiden Männer dann schnell wieder alleine. Die Assistentin erklärte mir, was genau noch gemacht wurde, bis mir ein Arzt erklärte, dass die OP sehr gut verlaufen wäre und schon wurde ich in den Aufwachraum geschoben. 

Die halbe Stunde, in der ich meinen Oberkörper nicht wirklich davon überzeugen konnte, aufzuhören zu zittern, während ich auf meinen Mann und mein Baby wartete kam mir endlos vor. 

Als sie endlich da waren verbrachten wir zwei überglückliche Stunden im Aufwachraum zusammen. Schließlich wurde ich in mein Zimmer geschoben und Elia zu seiner Untersuchung abgeholt. Leider kam er dann nur noch bei mir vorbei, um sich einen Kuss abzuholen. Er musste leider doch auf die Frühchenstation. Das dies der Beginn von grausamen drei Wochen Frühchen- und Intensivstation werden sollte, wussten wir in diesem Moment zum Glück noch nicht. 

Im Nachhinein ist die Geburt und der folgende Krankenhausaufenthalt nur sehr schwer für mich zu trennen. Aber ich möchte die schlimmen Erinnerungen und die schönen allerersten Momente nicht mischen, schließlich war für sich betrachtet Elias Geburt ein sensationelles und wirklich positives Ereignis, auch wenn alles ganz anders lief, als ich es mir vorgestellt hatte. 

Viele, die dies lesen, werden sich jetzt sicherlich fragen, wie man so eine Geburt als positives Ereignis bezeichnen kann – so fern von Hausgeburt und Natürlichkeit – und wie es möglich ist, dies trotzdem als „schöne Geburt“ zu beschreiben. Sogar mein Mann sagte mir einmal, dass es ihm leid täte, dass ich nicht die Geburt gehabt hätte, auf die ich mich so sehr vorbereitet habe. 

Hier wird wohl deutlich, dass meine rosarote Brille wieder ordentlich sitzt! Aber Brille hin- oder her: Elia ist doch da. Ich hab doch seinen ersten Schrei gehört. Und die liebevolle Begrüßung meines Mannes: „Buongiorno Signorino.“ Das kann mir keiner nehmen. 

Natürlich hatte ich mich auf einen anderen Ablauf vorbereitet und natürlich hatte ich gewisse Vorstellungen. Aber nach allem, was wir schon in der Schwangerschaft durchgemacht haben, stand bei mir immer an oberster Stelle, dass ich einer natürlichen Geburt nicht nachweinen würde. Wollte ich doch nichts mehr als mein Baby. Und am wichtigsten ist doch, dass wir nun endlich schon länger zu Hause sind, als wir im Krankenhaus bleiben mussten. Und dass Elia gesund bei uns ist.“

Vielen Dank liebe Maike, für Deine Geschichte, die uns sehr Nahe geht. Wir freuen uns mit Dir, dass es Euch allen gut geht!