Gast_Mummy_Judith

Unsere heutige Gast-Mummy ist eine der coolsten Geschichten, die wir bisher gelesen haben: Sie wurde schwanger, nachdem sie ihren Freund erst einige Monate zuvor über  – haltet Euch fest – Tinder kennengelernt hat. Also ging alles irgendwie ein wenig schneller als erwartet… Aber lest am besten selbst!

Ich war schon immer ein großer Freund des Schicksals. Ich glaube fest daran, dass viele Dinge aus einem gewissen Grund passieren. Wie meine Schwangerschaft. Die ist einfach so passiert. Mit Peter, meinem Freund, den ich gerade erst über tinder kennengelernt hatte. Tja – da waren wir nun, frisch verliebt, schwanger und erst einmal ziemlich ratlos. Wir wohnten noch nicht zusammen und wussten gar nicht, ob unsere Beziehung bereit war für ein Kind. Nichts desto Trotz wuchs da ein kleines Wesen in mir heran, das uns brauchte und somit nahmen wir uns zusammen und legten los. Ich zog bei meinem Freund ein und damit startete das Abenteuer Schwangerschaft.
Vielleicht haben wir uns nicht so lange kennengelernt wie andere Paare, das stimmt, dafür aber um einiges intensiver. Innerhalb kürzester Zeit mussten wir uns an die Macken und Eigenheiten des Anderen gewöhnen, noch dazu unter den Extremumständen, die eine Schwangerschaft so mit sich bringt. Peter hat das einfach zauberhaft gemacht. Er brachte mir morgens regelmäßig Wasser auf die Toilette, wenn ich mich mal wieder übergeben musste und lachte über meine neu gewonnene Emotionalität. Er nahm mich in den Arm, wenn ich dank Hormonschub mal wieder in Tränen ausbrach und begleitete mich zum Geburtsvorbereitungskurs. Dort wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie sehr wir uns entwickelt und aufeinander eingestimmt hatten und ich freute mich immer mehr auf den 22. Juli, den errechneten Geburtstermin.
 
Als der 22. Juli endlich kam, saßen mein Freund, meine extra angereiste Mutter und ich herum und warteten, aber es passierte haargenau nichts. Kein Ziehen wie die Tage davor, keine Schmerzen, kein Blasensprung, nur pausenlos Tritte auf die Blase. Na super. So ging es dann auch noch die darauffolgenden Tage weiter… Nicht einmal das CTG, das nun jeden zweiten Tag gemacht wurde, zeigte irgendwelche Auffälligkeiten. Die Kleine wollte einfach noch nicht raus, hatte es sich offenbar ziemlich gemütlich gemacht. Nach 10 Tagen gingen wir zur Kontrolle in das Krankenhaus, das wir uns zur Geburt ausgesucht hatten und beschlossen die Geburt einzuleiten. Ich bekam einige Tabletten und die Aussage, dass es nun entweder sofort losgehen oder noch bis zu fünf Tage dauern könnte. Weitere fünf Tage warten, bei 35 Grad mit dem aktivsten Kind der Welt im Bauch? Das klang für mich in dem Moment nach blankem Horror. Aber was sollte ich schon dagegen tun? Wir checkten also in ein wirklich hübsches Vorwehen-Apartment ein und begannen mit der Einleitung. Anderthalb Tage gab es nur klitzekleine Wehen, von denen ich allerdings jede einzelne herzlich Willkommen hieß, bis es dann Sonntag Abend richtig losging. Puh, die fühlten sich jetzt doch ganz anders an, als erwartet. Mein Freund und ich begannen also brav mit den Entspannugstechniken, die wir im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hatten. Zunächst eine Massage, dann ein warmes Bad, dann verschiedenste Atemtechniken – nichts half. Langsam aber sicher wurden die Schmerzen stärker und mein Wille schwächer. Ich fegte durch das Zimmer auf der Suche nach einer Position, in der ich entspannen könnte. Ich wollte meine Kräfte sparen für das, was da noch kommen sollte, aber es wollte mir einfach nicht gelingen. Nachdem mir die Schmerzzäpfchen der Hebamme nichts außer brennenden Stuhlgang verschafften und mein Magen nicht mehr in der Lage war etwas zu produzieren, das er aus mir herauswürgen konnte, bettelte ich nach Linderung. Die Hebamme schlug ein intravenöses Schmerzmittel vor und ich sprang sofort darauf an. Ursprünglich wollte ich allen äußerlichen Eingriffen so lange wie möglich entsagen, aber Müdig- und Kraftlosigkeit siegten. Die halbe Stunde, die mir das Mittel Linderung verschaffte, verbrachte ich dann allerdings nicht damit zu schlafen, sondern damit mich vor meinem Freund für diese Entscheidung zu rechtfertigen. Na super, da war er, der nächste Heulkrampf. In dem Moment war ich richtig wütend auf ihn und traurig zugleich. Dass ich gerade auch sein Kind zur Welt brachte und er sich genauso um die Kleine sorgte wie ich, war das letzte, das mir in den Sinn kam.
 
Gast_Mummy_Judith_PDA
Als die Schmerzen wieder losgingen und mir Lachgas (ja in Köpenick kann man mit Lachgas gebären, wenn man denn möchte) lediglich eine kleine Panikattacke bescherte, bekam ich endlich die inzwischen heiß ersehnte PDA. Und damit kam die Wende. Nicht nur ließen die Schmerzen so sehr nach, dass ich endlich ein bisschen Kraft tanken konnte, nein, auch die Schwestern, die dem Anästhesisten assistierten, waren traumhaft. Besonders an eine kann ich mich erinnern. Sie hielt meine Hand, schaute mir fest in die Augen und gab mir neuen Mut. Noch heute steigen mir Tränen vor Dankbarkeit in die Augen, wenn ich an diese Frau denke. Auf einmal konnte ich wieder durchatmen und über die Witze von meinem Freund lachen, ich konnte das Sonnenlicht genießen, das ins Zimmer schien und ENDLICH konnte ich ein klitzekleines bisschen schlafen. So furchtbar endlos mir die Stunden davor erschienen, so wunderbar war nun diese kleine Pause. Nachdem ich die tiefe Erschöpfung überwunden hatte, bat mich Hebamme Nummer zwei darum die PDA zu reduzieren, so dass ich bei den Presswehen ordentlich mitarbeiten könnte. Beflügelt von der Vorstellung bald pressen zu dürfen und wieder vollen Mutes die beste Mutter der Welt zu werden, folgte ich ihrem Rat… und übergab mich zehn Minuten später in die Hände meines Freundes. Ich sag ja, wir haben uns intensiv kennengelernt. 
Die Wehen wurden stärker und stärker, der Muttermund öffnete sich stetig und klein Johanna ging es zunehmend schlechter. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, aber ein ums andere Mal wurde der Kleinen Blut am Kopf entnommen um ihre Sauerstoffsättigung im Auge zu behalten. Ich machte mir die ganze Zeit Vorwürfe nicht richtig zu atmen, aber ehrlich gesagt, fühlte sich das Atmen für mich ganz falsch an. Nachdem wieder einige Zeit mit intensiven Wehen vergangen war, entschloss ich mich es sei nun an der Zeit zu pressen. Ich weiß nicht warum, es fühlte sich eben einfach danach an. Leider war Hebamme drei zu der Zeit nicht im Kreißsaal und meinen Freund wollte ich nicht losschicken, also schrie ich einfach ganz laut: „Katharina, komm her, ich muss pressen!“ Ja, tatsächlich. Ich kann mich zwar auch daran nicht mehr erinnern, aber wenn mein Freund unsere Geburtsgeschichte erzählt, ist das immer seine liebste Stelle. Katharina war übrigens erst kurz davor gekommen und war gleichzeitig die Hebamme, bei der wir „eingecheckt“ hatten. Ich hatte irgendwie ein ganz seltsames Vertrauensverhältnis zu ihr und war überglücklich, dass Johanna sich dazu entscheiden hatte, in ihrer Schicht zu kommen. Nach einer letzten Blutabnahme ging irgendwie alles ganz schnell. Katharina erklärte mir ruhig, dass ich bei der nächsten Wehe alles zusammennehmen und kräftig pressen sollte und als es so weit war, presste ich, als ginge es um mein Leben. Aus mir kamen Geräusche, die ich so noch nie gehört hatte. Es klang ein bisschen so, als würden drei Bauarbeiter einen Betonblock stemmen. Irgendwann sprang die Assistenzärztin auf das Gebärbett und drückte, während ich presste, auf meinem Bauch herum. Das hätten wohl viele andere Frauen als angsteinflößend empfunden, ich hatte allerdings auch zu dieser Assistenzärztin ein so großes Vertrauen, dass ich in dem Moment unglaublich glücklich war, dass auch sie mir half. Ich zitterte am ganzen Körper, nicht nur vor Anstrengung, sondern auch vor Vorfreude. Wirklich, mein Herz flatterte richtig, weil ich mich so darauf freute, endlich mein kleines Baby sehen zu können. 
 
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Und dann war sie da. Bum. Auf einmal war ich Mama. Von dem süßesten Ding, das ich jemals gesehen hatte. Und das süße Ding mochte mich! Etwas großartigeres habe ich noch nie erlebt. Es war keine ausgelassene Freude wie bei einem Lottogewinn oder ein Adrenalinrausch wie bei einer Achterbahnfahrt. Nein, das irgendwie nicht. Aber horch einmal so tief in dich rein wie es nur geht und stell dir dann eine überwältigende, riesige Liebesblase vor, die noch zwei Etagen darunter anfängt zu blühen und sich dann mit einem Kribbeln in deinem ganzen Körper verbreitet. Ja, das habe ich gefühlt. Und aus dem Kribbeln wurden Tränchen als mein Freund unsere kleine Johanna auf den Arm nahm und ganz er einfach nur „Hallo“ sagte. Da waren wir nun. Angekommen, endlich zu dritt, endlich eine richtige kleine Familie.
 
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Ich hatte vielleicht nicht die perfekte, hingebungsvolle Geburt, von der mir manche Freundin berichtet, aber ich hatte eben meine eigene Geburt. Ja, es war manchmal schmerzhaft und ja, teilweise dachte ich, ich sei am Ende meiner Kräfte, aber es ging immer noch ein bisschen mehr, ein Stückchen weiter. Die mangelnde Sauerstoffversorgung hatte übrigens nichts mit meiner Atmung zu tun. Meine Kleine hatte sich einfach dazu entschlossen die Nabelschnur in die Hand zu nehmen und ein bisschen abzudrücken. So kam sie auf die Welt: die Hand mit der Nabelschnur direkt am Kopf… Heute sind wir eine glückliche kleine Familie, verbringen die Sonntage ganz spießig mit unserer 3 Monate alten Tochter Johanna im Tierpark und haben ein ganz wundervolles neues Leben.
 
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Vielen Dank liebe Judith für Deine Geschichte! Knaller-Story, Knaller-Bilder und ganz großes Glück!!!
 

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Für unsere Serie “The Day that…” freuen wir uns über jede Mummy unter Euch, die einen Gastbeitrag schreiben und ihre Erlebnisse mit uns teilen möchte – Bei Interesse schreibt uns eine Nachricht an: info@mummy-mag.de