Zwei kleine rote Streifen entscheiden in Sekunden über himmelhoch jauchzen oder zu Tode betrübt sein. Ein neues Leben bahnt sich an oder eben keines. Für die einen geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung, endlich schwanger! Für andere bricht eine Welt zusammen, wenn sich diese zwei Streifen eben nicht zeigen. Ungewollte Kinderlosigkeit ist ein Riesenthema, aber kaum einer spricht darüber.
Ich weiß es noch genau, wie es war, als ich meiner Kollegin erzählt habe, dass ich schwanger bin. Sie hat sich nach außen scheinbar gefreut, aber innerlich ist sie tausend Tode gestorben, das hat sie mir später mal erzählt (und ein bisschen habe ich es auch in ihren Augen gesehen). Denn, eben jene Kollegin kann keine Kinder bekommen. Ihr Mann und sie haben alles versucht. Hormone, künstliche Befruchtung, hoffen, warten, weinen. Hoffen, warten, weinen. Hoffen, warten, weinen. Drei lange Jahre lang.
Jede neu angekündigte Schwangerschaft im Bekanntenkreis war eine Tortur für sie. Mit jedem „Wir bekommen einen Baby“ wurde es in ihr immer nur noch dunkler und verzweifelter. Und es gibt viele, denen es so geht.
7 Fakten über ungewollte Kinderlosigkeit:
- 6 MILLIONEN Frauen und Männer in Deutschland zwischen 25 und 59 Jahren sind ungewollt kinderlos. Das entspricht etwa einem Sechstel der Menschen in dieser Altersgruppe.
- ZU JE 30 % sind es weibliche bzw. männliche Faktoren, die zur Kinderlosigkeit führen. In weiteren 30% sind es beide Partner gemeinsam. In 10 % der Fälle ist die Ursache für die Kinderlosigkeit ungeklärt.
- DIE MEISTEN GEBURTEN in Deutschland werden bei den 26- bis 35-Jährigen verzeichnet. Wobei der Anteil der Geburten bei den 36- bis 49-Jährigen kontinuierlich steigt.
- IN DEUTSCHLAND hat eine Frau durchschnittlich 1,66 Kinder, wobei sich Männer im Schnitt 1,59 Kinder wünschen und Frauen 1,75.
- IM VERGLEICH ZU ANDEREN LÄNDERN: In Österreich haben Frauen 1,78 Kinder, in Finnland 1,88 und in Polen 2,17.
- 2011 nutzten 54,4 % der Frauen ab 35 mit Kinder- wunsch Maßnahmen aus dem Bereich der künstlichen Befruchtung.
- GÄNGIGE VORAUSSETZUNGEN IN DEUTSCHLAND, die ein Paar erfüllen muss, damit sich seine Krankenkasse an den Kosten einer künstlichen Befruchtung beteiligen kann: Beide Partner müssen mindestens 25 Jahre alt sein, die Frau ist höchstens 40 Jahre und der Mann höchstens 50 Jahre alt, das Paar ist verheiratet und die Ei- und Samenzellen stammen vom Paar. Es gibt inzwischen jedoch weitere Fördermöglichkeiten.
(Infos beruhend auf Zeit online, 2013 und Autorin Franziska Ferber)
Irgendwie ist ungewollte Kinderlosigkeit aber leider noch immer eine Art Tabu-Thema. Dabei sind, wie gesagt, viele betroffen. Auch Autorin Franziska Ferber, die gerade ihr Buch „Unsere Glückszahl ist die Zwei – Wie wir uns von unserem Kinderwunsch verabschiedeten und unser neues, wunderbares Leben fanden“ veröffentlicht hat. Sie und ihr Mann versuchten vergeblich ein Kind zu bekommen. Nach und nach lernt sie zu akzeptieren, dass sie nie Nachwuchs haben wird und entdeckt, dass ihr Leben auch ohne lebenswert ist. Mittlerweile coacht sie auch andere Betroffene.
In ihrem Buch gibt sie z.B. Tipps für mehr Achtsamkeit und Zufriedenheit im Leben, z.B. entschleunigen, in die Natur gehen (ohne Handy), ein neues Hobby anfangen, das schafft Kraft für Neues. Oder das Dankbarkeitstagebuch, in dem jeden Tag Dinge notiert werden, für die man dankbar ist. Oder auch Tipps, wie man besser mit dem Wunsch nach Kindern umgehen kann, z.B. sich nicht mit anderen (die schwanger sind) zu vergleichen, nicht so hart zu sich selbst zu sein oder einen „Plan B“ entwickeln.
Wie bei meiner Kollegin, die sich jetzt, nach vielen Tränen, damit abgefunden hat, keine Kinder zu bekommen. Die mittlerweile einigermaßen damit umgeben kann, dass viele um sie herum schwanger werden.
Ich bin selbst Mama eines Sohnes und ich kann mir nur wenig vorstellen, wie es sich anfühlen muss, wenn der Wunsch nach einem Kind unerfüllt bleibt, aus welchen Gründen auch immer. Welche Ängste, Sorgen und Zweifel man mit sich trägt, welche Fragen man sich stellt und wie viel Hoffen & Bangen man auf Dauer ertragen kann…
Ganz besonders hat mich in diesem Zusammenhang das Zitat (von Rainer Maria Rilke) am Anfang des Buches von Franziska Ferber berührt:
„Und ich möchte Sie, so gut ich es eben kann, bitten, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben,
wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer fremden Sprache
geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach Antworten,
die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie jetzt nicht leben könnten.
Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen.
Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antworten hinein.“
„Unser Glückszahl ist die zwei“, eden books, ISBN 978-3-959100-63-2 gibt es zum Beispiel HIER!
Mehr Infos zu Franziska Ferber und ihren Kurs-Angeboten gibt es auf ihrer Homepage https://www.kindersehnsucht.de/
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Nicola (34) ist gebürtige Saarländerin, lebt seit 13 Jahren in Hamburg, wo sie als freiberufliche Redakteurin (u.a. Gala, Conleys Magazin, emotion slow) mit dem Schwerpunkt Fashion, Lifestyle & Travel arbeitet. Seit ihr Sohn auf der Welt ist, ist Nicola jedoch anders unterwegs, stets mit dem Augenmerk auf Mitbringsel für ihre Liebsten hitbrinsel.de und Inspirationen für mummy-mag.de
Liebes MummyMag! Herzlichen Dank für den schönen Bericht! Ich weiss, dass es manchmal schwer vorstellbar ist, wie es sich anfühlt, wenn man keine Kinder bekommt… aber auch deshalb habe ich das Buch geschrieben. Oder wie meine Freundin (Mutter von 3 Kindern) zu mir sagte: …es macht mich dankbar, wenn ich es mir wieder bewusst mache, welches Glück ich habe.
Vielleicht geht es der einen oder anderen Leserin ja auch so.
Danke für den Bericht. Viele Grüße, Franziska Ferber von http://www.kindersehnsucht.de
Ich finde es toll, dass ihr euch diesem Thema widmet und vielleicht sogar noch weitere Posts dazu verfassen werdet. Ich selber habe das große Glück eine gesunde Tochter zu haben und bin darüber auch sehr dankbar. Doch wir alle sollten viel sensibler darüber sein, dass es eben auch einigen Paaren anders geht!
Alleine schon, dass sich seit kurzem verheiratete Paare ständig erklären müssen, warum sie noch keine Kinder haben oder „wann es denn endlich bei ihnen soweit ist“, finde ich immer sehr heikel. Vielleicht ist das ja eben nicht freiwillig!!
Ein wichtiger Artikel. Wir haben selbst jahrelang erfolglos versucht, Kinder zu bekommen und den Kreislauf aus Hoffen, Warten, Weinen kenne ich nur zu gut. Inzwischen haben wir doch noch ein Kind bekommen, aber der Weg dahin war sehr sehr steinig. Ich habe auch eine Zeit lang jede neue Schwangere im Bekanntenkreis gehasst. Und jede unbedachte Nachfrage Dritter, wann es dann bei uns soweit sei, mit dem Nachwuchs. Es geht vielen so. Die Wartezimmer der Kinderwunschkliniken sind voll. Leider erfüllt sich auch da nicht jede Hoffnung.