OLYMPUS DIGITAL CAMERAUnsere heutige Gast-Mummy Juliane hat ihr erstes Baby – Tochter Pola – übertragen. Das ist soweit nicht unüblich, doch waren es sage und schreibe 15 Tage! Und selbst mit Einleitung wollte die kleine Dame einfach nicht so wirklich kommen…

Dass eine Schwangerschaft nicht immer 40 Wochen dauert, das ist mir natürlich klar gewesen. Dass viele Babies, im Besonderen bei Erstgebärenden wie ich, etwas später kommen, das habe ich auch gewusst. Dass sich ausgerechnet meine Tochter, sage und schreibe 15 Tage Zeit lassen würde, damit hätte ich jedoch niemals gerechnet. Dabei wollte ich die Geburt doch eigentlich so schnell wie möglich hinter mich bringen…

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Der Geburtstermin meiner Tochter wurde auf den 2. April 2016 datiert und bis dahin verlief meine Schwangerschaft, abgesehen von meiner Angst vor der Geburt und ein paar kleinen Wehwehchen, recht unproblematisch. Um mich auf die Geburt und jede Eventualität so gut es geht vorzubereiten, machte ich mehr oder weniger regelmäßig Schwangerschaftsyoga, ging viel spazieren und ließ es mir gut gehen – vor allem kulinarisch (was dann auch dazu führte, dass ich zu schnell zu viel Gewicht zunahm und der Verdacht auf eine Schwangerschaftsdiabetes von meiner Frauenärztin angesprochen wurde – Gott sei Dank unbestätigt). Im Februar besuchten mein Partner und ich ganz klassisch einen Geburtsvorbereitungskurs, der mich meinem Schicksal wieder ein bisschen näher brachte. Darüber hinaus quetschte ich meine ganzen Mutti-Freundinnen über ihre Geburten aus, las unzählige Geburtsberichte und studierte Schwangerschaftsbücher hoch und runter. Auch mit dem Thema Hypnobirthing hatte ich mich auseinandergesetzt; letztlich aber für mich beschlossen, dass ich nicht diszipliniert genug dafür bin, um täglich das Entspannen zu üben.

Da ich ein eher ungeduldiger aber realistischer Mensch bin, war mir schon klar, dass meine Tochter am 2. April wohl nicht auf die Welt kommen würde. Jedoch war ich optimistisch, dass sie es wenigstens 3 oder 4 Tage später dann schon irgendwie schaffen würde; schließlich tat ich wirklich ALLES dafür, um dies zu fördern. Ich ging mehrmals die Woche zur Akupunktur (erst zur Geburtsvorbereitung, dann um die Wehenpunkte zu stimulieren), nahm Globuli, trank literweise Himbeerblätter- und Eisenkrauttee mit Nelken, Zimtstange und Ingwer (widerlich), zwang unglaublich scharfes Essen in mich hinein, hatte Sex, bin kilometerweit Treppen gestiegen, habe mich ausgeruht, versuchte zu entspannen…und am 2. April? Nichts. Am 5. April? Nichts. Am 6.,7.,8. …..NICHTS!!! Die Arzthelferinnen meiner Frauenarztpraxis machten schon immer Witze, wenn ich wieder genervt durch die Tür rollte, um ein CTG schreiben zu lassen.

Am 14. April überwies mich meine Frauenärztin dann nach einem erfolglosen Versuch der Muttermundmassage in die Klinik Havelhöhe, die ich mir zum Entbinden ausgesucht hatte. Die Klinik ist ca. 45-60 Minuten von unserer Wohnung entfernt und meine Sorgen, dass ich es vor lauter Wehen nicht rechtzeitig in die Klinik schaffen würde, waren offensichtlich unbegründet. Ich war wahnsinnig enttäuscht, dass mir eine “typische” Geburt, wie man es im Vorbereitungskurs lernt (in der Nacht aufwachen, sich nicht sicher sein, ob es Wehen sind, dann Baden gehen und nicht genau wissen, wann man jetzt in die Klinik soll) missgönnt war.

Am 15. April sollten wir uns in der Klinik vorstellen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Fälschlicherweise hatte ich während des Gesprächs verstanden, dass es mit der Einleitung gleich losgehen sollte. Nach einer kurzen hysterischen Panikattacke durften wir jedoch nochmal eine Nacht nach Hause fahren. Ich hatte wohl überzeugend klar gemacht, dass ich mich irgendwie doch noch nicht so weit fühlte und wir schließlich noch Kartoffelsuppe und einen Brokkoli im Kühlschrank hatten, was sonst schlecht werden würde! Und im Haushalt wollte ich auch noch ein paar Sachen machen, ist mir eingefallen…Wir fuhren also wieder zurück und der Abend lief dann zu Hause recht unspektakulär ab. Auf die Suppe hatten wir dann doch keine Lust, also wurde Pizza geholt (die letzte Pizza zu zweit!!!) und der Brokkoli wurde sich selbst überlassen.

Am Samstag, den 16. April, fuhren wir morgens wieder in die Klinik, wo erstmal CTG geschrieben wurde, zumindest wurde es versucht. Die Kleine war so wild, dass es mehrmals wiederholt werden musste, bevor ich die Testdosis (1/4 Tablette Cytotec®) bekam. Dann gab es leckeren Erbseneintopf und wir sollten spazieren gehen, bevor ich dann die nächste Dosis bekam.

Um die Zeit totzuschlagen, marschierten wir bei strahlendem Sonnenschein an der Havel hoch und runter, mein Freund experimentierte noch mit seiner neuen Kamera herum, die er sich extra für das Baby gekauft hatte und Kuchen gab es auch noch im Krankenhauscafé. Ich spürte immer noch keinerlei Regungen und war mittlerweile so pessimistisch, dass ich mir sicher war, die Tabletten würden nicht anschlagen und es müsste zum Wehentropf oder gar Kaiserschnitt übergegangen werden. Demenstprechend missmutig gingen wir nach 4 Stunden wieder auf die Station zurück, um das nächste CTG schreiben zu lassen und die nächst-stärkere Dosis abzuholen. Da es mittlerweile 19 Uhr abends war, sollte die Einleitung über Nacht nicht weitergehen, sondern die nächste Dosis würde ich am nächsten Morgen, wenn ich fit und ausgeschlafen wäre, erhalten. Ich war enttäuscht! Ein weiterer Tag, an dem ich auf meine Kleine warten musste. Ein weiterer Tag der Nervosität, Aufregung, Angst, Ungewissheit…

Mein Partner hatte im Gästehaus ein Zimmer bezogen und somit beschlossen wir dort gemeinsam noch einen Krimi zu schauen, um uns ein wenig abzulenken. Ich konnte mich jedoch kaum auf den Film konzentrieren und musste ständig auf Toilette (zu diesem Zeitpunkt gab ich noch dem Erbseneintopf die Schuld). Irgendwann meinte dann mein Freund, dass wir vielleicht mal langsam auf die Station gehen sollten, es könnten schließlich Geburtsanzeichen sein. Ich war zwar nicht überzeugt, aber als wir dann auf dem Weg alle 30 Sekunden Pause machen mussten und ich vor Schmerzen jedes Mal fast zu Boden ging, war auch mir klar, dass die Tabletten wohl ihre provozierte Wirkung zeigten. Ich stellte mich innerlich, wie auch schon die Monate davor, auf eine 30-Stunden-Geburt ein.

Als wir auf der Station ankamen, wurde (was für eine Überraschung) CTG geschrieben und die Hebamme stellte fest, dass der Muttermund bereits 3 Zentimeter geöffnet war. Ich fiel vor Überraschung fast vom Bett. Die Schmerzen wurden immer heftiger und nun stand die Frage im Raum, was tun, um sie zu lindern? Ich hatte mir bis dahin eigentlich fest vorgenommen die große, einladende Badewanne als erstes auszuprobieren. Zu diesem Zeitpunkt der Geburt wollte ich jedoch nichts mehr davon wissen. Leider kamen die Wehen von Beginn an im Minutentakt, sodass ich nicht die Möglichkeit hatte, mich an sie zu gewöhnen und mit ihnen zu arbeiten. Ich wollte nur noch auf dem Bett vor mich hin leiden. Und irgendwann eine PDA. Als diese dann wirkte, ging es Ruckzuck und der Muttermund war 7 Zentimeter offen. Dann platzte auch die Fruchtblase, was mich sehr freute, mein Freund jedoch wurde kreidebleich. Er realisierte wohl erst jetzt, dass wir mitten in der Geburt waren. Kurze Zeit später war der Muttermund 10 Zentimeter offen (ich war immer noch total perplex, wie schnell das alles ging) und ich durfte mitpressen. In dieser sogenannten Austreibungsphase brachte die PDA keine wirkliche Schmerzlinderung mehr und ich presste und stöhnte was das Zeug hielt. Leider wurde im Geburtsvorbereitungskurs nicht gesagt, wohin man pressen sollte (nämlich in den Hintern), weshalb ich gefühlte100 Presswehen “umsonst” mitgearbeitet hatte. Nach einer 2-stündigen Austreibungsphase ohne wirkliche Ergebnisse, kapitulierte ich. Ich war fix und fertig mit meinen Kräften. Meine Tochter wollte einfach nicht raus, weshalb dann zu guter Letzt auch noch die Saugglocke zum Einsatz kommen musste. Und nach 6 Stunden Wehen lag sie auf einmal auf meinem Bauch. Pola Luise, 56 cm, 3930 Gramm. Ich wartete auf die Gefühlsexplosion, auf den maximalen Höhepunkt der Euphorie und Freude, aber ich war einfach nur leer.

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Wir durften uns dann die nächsten 2 Stunden im Kreissaal in Ruhe kennenlernen, Pola hatte auch bald Hunger und ich konnte sie problemlos stillen. Die Freude stieg nun von Stunde zu Stunde und wir waren einfach nur überglücklich, dass wir unsere Kleine nun endlich in den Armen halten konnten. Die Strapazen, Schmerzen und Geburtsverletzungen waren so gut wie vergessen und ich konnte mir direkt noch weitere Kinder vorstellen.

Leider zog sich unsere Tochter durch den Einsatz der Saugglocke ein Schlüsselbeinbruch zu, welcher erst 2 Wochen später entdeckt wurde. Sie hatte jedoch keine Schmerzen und der Bruch ist von alleine wieder zusammengewachsen.

Mein Fazit (auch wenn es sich abgedroschen anhört):

  • Ohne meinen Partner an der Seite hätte ich das nie geschafft
  • Es kommt wirklich immer alles anders als gedacht
  • Wenn das Baby nicht kommen will, dann will es nicht kommen (trotz aller Mittelchen)
  • Ein bisschen Geduld schadet nie

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Vielen Dank liebe Juliane, für Deine Geschichte. Und Du hast genau das direkt gelernt, was Du die nächsten zwanzig Jahre noch dringend brauchen wirst: GEDULD!!! Auch wenn das nicht immer leicht fällt…

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Nicolette an Dam mit Loading Baby Bump via Instagram zum Gast-Mummy Aufruf

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