Es gibt dieses Phänomen, dass sich alleinerziehende Mütter irgendwie erkennen. Meistens ist schon beim ersten Kennenlernen ganz schnell Thema, was einen auf dieser Ebene verbindet. So, oder so ähnlich war das auch bei Joana & mir. Ich habe Joana vergangenes Jahr bei einem Job kennen gelernt, wir kamen schnell ins Gespräch und waren da auch – Überraschung! – schnell bei unseren Kindern. Joana ist gebürtige Hamburgerin, ausgebildete Tanzpädagogin & Schauspielerin und seit 10 Jahren in Berlin.  Hier hat sie ihren großen Spaß daran, für ihre Tochter sensationelle Geburtstagsfeiern auszurichten zum Beruf gemacht und die wunderbare Agentur Fräulein Feiertag gegründet. Neben Geburtstagspartys, die sie mit so viel Liebe, Kreativität und Humor ausrichtet, dass die Eltern danach vermutlich ein Problem mit der Folgeparty haben, widmet sie sich nach wie vor der Schauspielerei. Und natürlich ihrer (mittlerweile großen) Tochter.

 

Joana, du bist vor 10 Jahren nach der Trennung von Deinem Mann mit deiner Tochter nach Berlin gezogen, seitdem seid ihr zu zweit. Deine Tochter ist jetzt 18 Jahre, mit der Schule fertig und verlässt Dich demnächst, um im Ausland zu studieren. Wie geht es Dir denn dabei?

Ja, Frechheit, ne!? Ich weiß auch nicht was das soll! Jetzt muss ich mir Freunde suchen (lacht).

Ich gebe zu, es ist schwierig!

Ich glaube, dass viele vergessen, dass das Leben ja nicht aufhört, wenn die Kinder ins Teenageralter kommen. Thematisiert wird gerade das alleinerziehend sein häufig nur im Kontext mit Kleinkindern oder vielleicht auch noch Schulkindern. Ich persönlich finde aber, dass der Aufwand nicht weniger wird, wenn die Kinder älter werden.

Der Vater deiner Tochter ist ja in Hamburg geblieben. Hast du manchmal das Gefühl, es wäre dir leichter gefallen so Themen des Älterwerdens und der Pubertät durchzustehen, wenn du dich mit ihrem Vater darüber hättest austauschen können?

Nee. Ich muss ehrlich gestehen ich es finde super, dass ich das nicht muss. Meine Ansagen, meine Regeln. In der Beziehung, in der ich mit meiner Tochter bin, war es für mich so immer einfacher. Ob das für sie einfacher war, glaube ich allerdings nicht. Für sie wäre es manchmal bestimmt cooler gewesen, ein gegenüber zu haben, dass man auch mal ein bisschen um den Finger wickeln kann. Ich bin ja ein Fan klarer Ansagen in der Erziehung. Von mir, aber auch schon immer von meiner Tochter.

Gab es in den letzten Jahren Hürden für dich im Alltag, von denen du das Gefühl hattest die sind wirklich sehr stark von dem alleinerziehend sein gegeben?

Der Zeitfaktor. Da ich ja auch selbstständig bin und quasi 24/7 arbeite, ist es immer schwierig alle anderen Dinge des Alltags noch irgendwie unterzubringen, also Behördengänge, Arzttermine usw. Und dann natürlich auch die finanzielle Herausforderung. Irgendeiner muss das ja auch alles rocken. Dieses Gefühl immer alles allein bewältigen zu müssen. Das ist schon nicht wenig, was da zu stemmen ist und manchmal gings auch einfach nicht mehr. Aber das kennen glaube ich alle Alleinerziehenden. Klar gibt es Situationen, die ich mir auch hätte einfacher machen können. Warum musste ich zum Beispiel meiner Tochter bis zu ihrem letzten Schultag morgens immer noch ein Brot für die Schule machen? Weil ich es wollte! Ich wollte ihr nicht einfach nur Geld in die Hand drücken und sagen „hol dir was“, ich habe das immer gerne gemacht. Ich bin wirklich alles andere als eine Helikoptermum, aber natürlich ist meine Tochter im Fokus und wir sind sehr, sehr eng miteinander.

Das hat aber schon was damit zu tun, dass ihr schon so viele Jahre zu zweit seid und sie auch deine einzige Tochter ist, oder?

Ja, das hat natürlich sehr viel damit zu tun. Sie kommt auch immer noch nach Hause und möchte mit mir gemeinsam essen weil es ihr wichtig ist, dass wir Zeit miteinander verbringen.

Haben sich denn über die Jahre die Herausforderungen verändert? Also, bei mir jetzt, mit einem 6jährigen sind es diese Themen „Organisation der Betreuung“, wie ist der Umgang mit dem anderen Elternteil zu regeln, Ferien usw. Das sind ja alles Themen, die bis zu einem gewissen Alter von den Eltern entschieden werden müssen. Darüber seid ihr ja nun schon ein paar Jahre hinaus. Was hast du denn in den letzten Jahren – abgesehen von dem Zeitfaktor – als die herausfordernste Aufgabe im zu zweit sein mit deiner Tochter empfunden? Das kann ja auch was ganz Emotionales sein.

Tatsächlich die gesamte Organisation. Ich bin beruflich immer sehr viel gereist und meine Tochter musste teilweise sogar bis zu einer Woche woanders übernachten – und das in der Schulzeit. Das ist natürlich keine Sache, mit der ich mich so besonders wohl gefühlt habe.

Und ich habe in diesem ganzen Organisationswust irgendwann angefangen Termine auch zu vergessen. Jap, trotz Terminkalender! Termin gelesen und gleich wieder vergessen. Irgendwie hat da mein Wonder-Woman-Modus komplett versagt (lacht). Darauf bin ich natürlich nicht stolz, allerdings kam es dadurch auch gerne mal zu lustigen Situationen:In diesem ganzen „Dann ist das und dann das und dies und jenes“ habe ich es tatsächlich im vergangenen Jahr zweimal geschafft meine Tochter morgens anzuschnauzen, dass sie jetzt mal in die Gänge kommen soll, weil sie sonst zu spät zur Schule kommt – obwohl Ferien waren. Die hatte ich einfach nicht mehr auf dem Schirm. (lacht)  

Gab es dann irgendwann einen Punkt an dem du sie auch allein zu Hause gelassen hast?

Nein, nicht bis sie 16 Jahre alt war. Bis dahin wollte ich es nicht und sie irgendwie auch nicht. Versteh mich nicht falsch, meiner Tochter vertraue ich blind; nur eben anderen nicht (lacht). Und dann hatte ich natürlich auch immer das große Wort „Aufsichtspflicht“ im Hinterkopf.

Wie wurde dir denn mit diesen organisatorischen Herausforderungen im Job begegnet?

Ich habe das ganz, ganz große Glück, dass ich in meinem Leben nur 2 Jahre fest angestellt war. ICH, mit meiner Lebenssituation, nenne das wirklich Glück. Als meine Tochter noch kleiner war, konnte ich sie auch oft mitnehmen und sie durfte sogar teilweise auch zu Drehs mitreisen. Später dann hat meine Selbständigkeit einfach Flexibilität möglich gemacht, zudem arbeitet meine Tochter seit ihrem 14. Lebensjahr mit in der Firma. Gott sei Dank musste ich mich nie mit irgendeinem Vorgesetzten über mein Kind auseinandersetzten. Jetzt wo du das sagst, stelle ich mir das ganz schön anstrengend vor.

Ja, ist es auch. Ich habe die Erfahrung schon gemacht, dass ich das musste. Mir hat mal ein PR Agent, mit dem ich ein Album Release vorbereiten sollte, gesagt, dass ich ja wohl mit meiner eingeschränkten Arbeitszeit und meinem „nicht mehr abends unterwegs sein können“ in meinem Job eine Fehlbesetzung wäre. Ich war ein bisschen sprachlos. Gott sei Dank hat mein Chef den gleich abgesägt, für den war ganz klar, dass wir mit so jemandem nicht zusammenarbeiten.

Wie krass! Nee, sowas hatte ich glücklicherweise nie. Allerdings hatten wir auch selten die Situation, dass mal wirklich was gewesen wäre. Ich glaube, dass Kinder alleinerziehender Eltern schon ziemlich früh verstehen, dass der Laden halt einfach laufen muss.  Das heißt nicht, dass ich taub gegenüber ihren Bedürfnissen bin. Ich bin auf jeden Fall eine konsequente, vielleicht sogar strenge Mutter, auch wenn das auf Außenstehende evtl. oft nicht so wirkt und diese sich das nicht vorstellen können.

Ich bin aber überzeugt davon, dass es mit mir & meiner Tochter so gut läuft, weil sie die Regeln kennt und weiß, dass wir beide in der Verantwortung sind. Das macht unser Miteinander sehr viel einfacher und lässt vor allen Dingen sehr viel Raum für lautes und gemeinsames lachen. Ich denke, meine Erziehung wäre nicht anders gewesen, wenn ich noch in einer Beziehung wäre.

Ich glaube trotzdem, dass man, wenn man in einer Beziehung lebt eher geneigt ist mal zu sagen „geh damit jetzt mal zu deinem Vater“ oder zu deiner Mutter oder eben der „anderen“ Person. Besonders an Tagen an denen Arbeit zum kotzen war oder der Steuerbescheid kam.

Auf jeden Fall! Wahrscheinlich habe ich mir darüber so nie Gedanken gemacht, weil es ja nie so war. Auch zu Zeiten, als wir noch zu dritt zusammengelebt haben, war mein Mann beruflich immer viel unterwegs und teilweise mehrere Monate nicht zu Hause. Wir waren also eigentlich schon immer zu zweit. Ich habe mit meiner Tochter tatsächlich auch keine großen Diskussionen zu Hause. Also das was man so als Teenager Klischees kennt: Streiterein, Türen knallen usw., das gibt es bei uns alles nicht.  

Super! Da beneiden dich bestimmt viele Teenagereltern drum.

Gibt es aber wirklich nicht! (lacht)

Ich ahne, dass mich jetzt alle hassen werden, aber ich empfinde die Pubertät als sehr entspannt. Ich glaube, das liegt einfach wirklich daran, dass meine Tochter schon sehr früh die Regeln kennen gelernt hat und sie einfach weiß, dass mein „Nein“ auch ein „Nein“ bedeutet. Es sei denn sie hat ein wirklich gutes Argument. Da bin ich auch fair. Ich finde streiten, zumindest in unserem Fall, unfassbar unnötig und daher tun wir es auch nicht.  Wenn wir, bis vor ca. 1.5 Jahren, hin und wieder Meinungsverschiedenheiten hatten und sie sich in ihr Zimmer verzogen hat, war sie immer fast beleidigt, wenn ich dann ins Zimmer gekommen bin, um zu fragen was wir denn nun essen wollen, obwohl sie noch sauer auf mich sein wollte. (lacht)

Ich finde, es ist wirklich wichtig die Eltern da draußen wissen zu lassen, dass das Leben mit Teenagern kein Horror sein muss. Wir wissen heute soviel mehr als unsere Eltern über die Pubertät und im besten Fall erinnern wir uns sogar an unsere eigene. Ich denke das Leben mit Kindern – egal ob alleinerziehend oder mit beiden Elternteilen – immer einfacher ist, wenn es Regeln gibt und die auch durchgesetzt und eingehalten werden. Von allen Beteiligten!  

Ja, aber ich glaube, dass man als Alleinerziehende schon noch stärker auf sich selber achten muss. Das man bei diesem Anspruch daran, dass alles mit dem Kind läuft und dem stärkeren Fokus, den man eben hat, weil man zu zweit ist, sich selber und die eigenen Bedürfnisse nicht völlig vernachlässigt.

Absolut. Allerdings hatte ich nie das Gefühl, dass ich meine Bedürfnisse hinten hätte anstellen müssen. Dadurch, dass ich ja nun eine Tochter habe und mich sehr gut mit ihr verstehe, sind die Interessen tatsächlich irgendwie ähnliche geblieben, bzw. geworden. Das sie aber mittlerweile in meinen Klamotten besser aussieht als ich, finde ich allerdings total gemein (lacht). Was sich aber wirklich verändert hat ist, dass ich eigentlich nicht mehr viel mitbekomme was die Schule usw. angeht. Früher war ich Elternvertreterin und wusste, was in der Schule gerade aktuell war, heute muss ich mich auf das verlassen, was sie mir erzählt.

Ich glaube, das Alleinerziehende, zumindest die, die ich kenne ein sehr enges Verhältnis zu ihren Kindern haben. Und das, je zuversichtlicher und positiver man den Dingen entgegen geht, desto einfacher wird es mit dem Kind. Und wenn man sich traut „Nein“ zu sagen. Ich glaube, dass ist mir in der Vergangenheit, wenn ich anderen glauben darf, gut gelungen.

Liebe Joana, vielen Dank für das nette und offene Gespräch!

Anmerkung d. Redaktion: Bei dem 18.Geburtstag ihrer Tochter durfte Joana dann auch ganz professionell die Partyplanung übernehmen, musste allerdings bei der Party selbst draußen bleiben und durfte nur die Tür machen. Soviel Teenagerspleen muss halt doch sein.

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Hallo, ich bin Miriam und ich bin alleinerziehend. Nicht, dass ich mich jemals irgendwo so vorgestellt hätte. Aber ich werde seit etwas über 4 Jahren in schöner Regelmäßigkeit beim ersten Elternabend nach dem Sommer bei den neuen Eltern im Kinderladen so „geoutet“: Miriam, unsere Alleinerziehende.

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Befragt man die Suchmaschine des Vertrauens zum Thema „Reisen für Alleinerziehende“, bekommt man das erst mal in der Autovervollständigung gar nicht angeboten. Diese bietet mir Reisen für Alle/ Singles/ Schwangere/ Menschen mit Behinderung/ Alleinreisende und diverse andere Personengruppen mit besonderen Wünschen und Bedürfnissen an. Ich allerdings, ich muss es ausschreiben: „Reisen für Alleinerziehende“, bitte.

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