CO2 Alltag Klimakrise Ausblick

„Mama, aufdehn…“, leise insistierend drängelt mein gerade zwei Jahre alt gewordenes Söhnchen darauf, dass ich mich endlich aus der Bettdecke schäle und den neuen Tag beginnen lasse. Ein Jahr ist gerade vergangen. Eines, in dem mir erst mit voller Härte bewusst geworden ist, dass wir von der Klimakrise auf eine -katastrophe zurasen. In Australien ist gerade eine Fläche von mehr als 5,5 Millionen Hektar Land niedergebrannt, eine Fläche größer als Dänemark. Ein Drama und doch nur eine Hiobsbotschaft neben inzwischen vielen anderen. Ich frage mich oft, was ich leisten kann und wo meine Grenzen liegen. Wie fair es ist, tatsächlich alle Verantwortung auf die Einzelnen abzuwiegeln, anstatt systemisch von politischer Seite die richtigen Weichen zu stellen. Was ich aber im vergangenen Jahr für mich mitgenommen habe: Auch wenn ich weit davon entfernt bin, klimaneutral oder perfekt nachhaltig zu leben, so ist es doch extrem wertvoll, seinen Alltag unter die Lupe zu nehmen und ein Bewusstsein zu entwickeln. Das ist vielleicht der erste Schritt, den wir alle unternehmen können. Ich will euch deshalb mitnehmen durch einen typischen Tag von mir – und die Bedeutung meines Handelns fürs Klima…

Ein neuer Tag – CO2 neutral? Von wegen…

Ich stehe also aus dem Bett auf, das Kind hat gewonnen. Lange schon stelle ich mir keinen Wecker mehr, ich komme auch ohne pünktlich zur Arbeit. Der Boden unter meinen Füßen ist warm. Wir heizen jetzt im Winter auf etwa 21 Grad im Schlafzimmer, im Wohnbereich ist es etwas wärmer. Hier hinterlassen wir die ersten Spuren, denn unsere Wohnung wird primär mit Gas beheizt. Flüssiggas ist im Hinblick aufs Klima gegenüber einer Ölheizung zwar etwas weniger problematisch, aber natürlich emittiert Erdgas CO2. Am besten wäre eine auf erneuerbaren Energien basierte Wärmepumpe oder aber ein Pelletkessel. Zwar stoßen Holzschnitzel beim Verbrennen auch Kohlenstoff aus, aber im Grunde ist es ein Nullsummenspiel, denn das CO2 wurde vorher aus der Luft im Baum gebunden (der ja nur für den Wirtschaftszweck gepflanzt wurde).  

Mode Nachhaltigkeit CO2 Alltag Sabine

Im Schlafanzug gehts ab unter die Dusche. Bei uns ist sie manchmal nicht ganz so heiss: Wir nutzen fürs Warmwasser die Energie aus einer Photovoltaikanlage auf dem Dach. Klimafreundlich, immerhin. Frisch geduscht schlüpfe ich in meine Kleidung. Auch in ihr steckt eine nicht unerhebliche CO2 Belastung. Zwar dämpfen die Klamotten nicht etwa Kohlenstoffdioxid aus, aber die Produktion und der Transport „kosten“ je nach Material und Größe überraschend viel CO2. Ein einzelnes T-Shirt aus Baumwolle etwa ist mit dem Ausstoß von etwa 5 bis 9 Kilogramm CO2 verbunden. Laut Statistischem Bundesamt verursachen wir in Deutschland jeweils 200 Kilogramm CO2-Emissionen für Kleidung und Textilien im Jahr. Deshalb habe ich seit vergangenen Jahr den Neukauf von Klamotten drastisch reduziert und habe auch mal ausprobiert, wie es ist, Kleider ganz einfach zu tauschen.

Klimafreundlich ins Büro

Weiter gehts: die Kids kriegen Frühstück, müssen angezogen und gewaschen werden, das übliche Spiel. Wenn alle fertig sind, bringt mein Partner die Kinder zur Kita, ich mache mich auf den Weg ins Büro. Meine CO2 Bilanz sieht dabei ganz okay aus: im Sommer radle ich, gerade bin ich im Frostbeulen Style lieber mit den Öffis unterwegs. Ein Glück, dass ich in einer so großen Stadt wie Berlin lebe und ich so ein gutes Angebot an ÖPNV habe. Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG schreiben in ihren Umweltleitlinien:

„Als energieintensives Unternehmen ist es unser Ziel, unsere Emissionen dauerhaft zu verringern. Wir investieren in energieeffiziente und emissionsarme Fahrzeuge und Anlagen (…) und setzen verstärkt auf erneuerbare Energien.“

Mit anderen Worten bedeutet das: Klimaneutral ist der öffentliche Nahverkehr noch lange nicht, solange Busse mit fossilen Treibstoffen fahren und der Strom für elektrifizierte Trassen zum Teil noch aus dem Kohlekraftwerk kommt. Aber besser als das Auto ist’s trotzdem noch allemal. Laut Umweltbundesamt emittiert ein PKW, der 5,5 Liter Sprit braucht, bei einer Fahrt von 100 km durchschnittlich 147 Gramm CO2, die Bahn im Nahverkehr stößt demgegenüber nur 58 Gramm CO2 aus.

Auf dem Weg ins Büro hole ich mir noch ein kleines Rosinenbrötchen, dann gehts los. Die erste Tasse Kaffee steht dampfend auf dem Schreibtisch. Wieviel CO2 Emission verursacht meine Tasse Muntermacher? Das müsste doch eigentlich verheerend hoch sein, schließlich wachsen Kaffeebohnen nicht in Brandenburg? Tatsächlich ist eine Tasse Kaffee gleichbedeutend mit etwa 59 bis 100 Gramm CO2, das in die Luft gepustet wird. Das liegt aber überraschenderweise weniger am Transportweg, sondern mehr an der aufwendigen Art des Anbaus und der Zubereitung samt Stromverbrauch. Das zumindest haben die Firma Tchibo vom Öko-Institut und Potsdamer Klimaforschern ausrechnen lassen. Also auch beim Kaffee, jede Tasse sehr bewusst genießen…

CO2 Tasse Kaffee Sabine

Klimakiller Nr. 1 auf dem Teller? Butter!

Ich arbeite, esse zu Mittag, dann gehts mit Fahrrad oder Bahn zur Kita. Meistens gehe ich einkaufen, bevor ich die Kinder abhole. Apropos Mittagessen und Einkauf: bei uns landet fast ausschließlich pflanzliche Kost aufm Teller. Fleisch gibt es nur bei Erkältung (Hühnerbrühe) und zu besonderen Anlässen. Milchprodukte haben wir aber trotzdem, auch wenn ich mir der klimaschädlichen Auswirkungen bewusst bin. Butter ist auf Platz 1 der klimaschädlichen Lebensmittel, da für ein Päckchen Butter sehr viel Milch benötigt wird, ergo sehr viele Kühe und im Zusammenhang damit sehr viele Futterpflanzen aka abgeholzte Wälder und sehr viel ausgestoßenes Methan erzeugt wird. Für ein Päckchen Butter werden umgerechnet etwa 6 Kilo (!) CO2 ausgestoßen. Ich habe es euch ja gesagt: von „perfekt“ bin ich in Klimahinsicht weit entfernt. Seit ich die krassen Zahlen kenne, probiere ich aber auch öfter mal Alternativen aus. Hafermilch zum Beispiel.

Butter CO2 Alltag Sabine

Feierabend…

Nach der Kita zuckeln wir nach Hause, draußen ist es wenn wir ankommen bei der Jahreszeit schon dunkel. Ich knipse die Lichter an. Eine Waschmaschine ist auch noch fällig. Unser Strom kommt schon seit Jahren von einem reinen Ökostromanbieter und ist damit CO2 neutral. Das ist nichtmal teurer als der Grundversorger. Checkt es mal aus, ihr werdet überrascht sein. Parents for Future informieren in einer Kampagne über den Stromanbieterwechsel vom Graustrom zum Grünstrom.


Wir verbringen noch etwas Familienzeit zusammen, es gibt Abendessen, die Kinderchen gehen langsam dann mal ins Bettchen. Ein, zwei Stündchen bleiben mir noch, dann will auch ich ins Bett. Heute gönne ich mir Sofazeit und eine Serie. Doch auch das Streamen von Filmen und Serien ist sehr CO2 intensiv, mehr als viele bestimmt erwarten würden. Der Grund: für das ständige bereit halten von Inhalten und das On-Demand-Wiedergeben von Filmen, Musik und mehr brauchen die Anbieter gewaltige Server, um die ganzen Daten zu speichern. Die wiederum benötigen Energie. Ein Drittel des gewaltigen Energiebedarfs geht auf die Kappe von Klimaanlagen. Denn die Rechenzentren müssen ständig gekühlt werden, um nicht heiß zu laufen. Ihr könnt euch ausrechnen, wie viel ihr etwa an CO2 in die Luft pustet, durch euren Video Konsum. Ich hab es ausprobiert und mal getestet, was 1 Serienstaffel und 1 Video im Monat umgerechnet aufs Jahr bedeuten würden. Laut shelfd.com würde ich dann im Jahr 22 Kilo CO2 verbraten.

Kinder CO2 Ausstoss Alltag Sabine

Umdenken und Bewusstsein entwickeln, das ist der erste Schritt…

Ich weiß nicht, wie es euch geht. Mir helfen die klaren Zahlen, mir den Verbrauch bewusster zu machen. Und umzusteuern oder zu reduzieren wo es geht. Vor Kurzem habe ich euch hier auf Mummy Mag schon ein paar Tipps und Infos zusammengetragen, die mir ebenfalls auf einem Weg zu einem klimafreundlicheren Leben geholfen haben. Dort sind zum Beispiel auch die drei besten Seiten zum Kompensieren von CO2 Ausstoß aufgelistet.

Bevor ich ins Bett gehe, schaue ich nochmal ins Zimmer meiner beiden friedlich schnaufenden Jungs. Sie wissen noch nichts von Feuerstürmen, Überschwemmungen und Klimakrise. Mit tiefem, natürlichem Vertrauen setzen sie darauf, dass alles gut wird und wir als ihre Eltern alles richtig machen. Alles richtig, das gibt es nicht. Das werden sie noch lernen. Aber sich selbst und seine Gewohnheiten hinterfragen, auch das ist etwas, was wir unseren Kindern einmal weitergeben wollen und was glaube ich niemandem schadet.


Was uns sonst noch am Herzen liegt…

Richtig Müll trennen! Klingt langweilig – aber Hand aufs Herz: wisst ihr, ob man Joghurtbecher auswaschen muss, bevor man ihn in die Tonne wirft?

Top 19 Beiträge in 2019

Unsere 19 Beiträge aus 2019 – was ihr am liebsten gelesen habt, haben wir hier noch einmal für euch zusammen getragen…