Mir gehen im Moment die Worte aus. Sehr ungewöhnlich für mich, die ich -wie jeder weiß- tendenziell eher sehr viele Worte in petto habe, aka auch gerne mal schwadroniere, referiere, diskutiere usw. Das liegt zum einen daran, dass das Leben im Moment bei mir diverse andere Softskills im Übermaß abruft und zum anderen an den Reaktionen auf meine letzte Kolumne. Nun lebe ich weder hinter dem Mond noch bin ich naiv genug anzunehmen, dass wenn ich meine Gedanken zu diversen Themen ( in der Regel jedoch zu meinen persönlichen ) in den dunklen Social Media Wald hineinrufe nicht auch was zurück kommt. Was oft sehr nett und aufbauend ist, wie es auch in diesem Fall war, aber eben manchmal auch nicht so nett. Konkret bedeutet das, dass mir angetragen wurde, meine Kolumne über (meine) Vereinbarkeit von Job, Muttergefühlen und der neuen Schulsituation wäre ein Affront gegen Leute die wirklich Probleme hätten. Mir ginge es doch so gut! Ah. Okay.

Mich bestärken solche oder ähnliche Reaktionen in meinem Gefühl, dass sich zu dem schon fast als Standard etablierten Zehnkampf darum, wer am Ende dem gängigen Ideal der eierlegenden Wollmilchsaumutter am nächsten kommt eine neue Disziplin gesellt hat: der „Wem-geht’s-denn-nun-wirklich-so-schlecht-das-er-sich-beklagen-darf“ Wettkampf. Und damit meine ich nicht dieses mit den 2-3 wirklich guten Freundinnen abends mit 2 Gläsern Wein zuviel am Telefon hängen und heulen, weil man einfach mal die Schnauze voll hat (soll vorkommen). Ich meine das wirklich mal so richtig öffentlich sagen, dass man angekotzt ist. Ganz dünnes Eis!

Was mich daran aber wirklich stört ist, dass diese komische Bewertung der individuellen Lebenssituation auch unter alleinerziehenden Müttern Einzug gehalten hat. Mittlerweile darf ich mich faktisch ja eigentlich gar nicht mehr dazu zählen. Ich habe zwar keinen Partner, aber das Kind einen Vater, ich meine Familie und noch dazu einen Hortplatz mit Betreuung bis 18.00 Uhr. Und alle 14 Tage ein freies (guter Witz) Wochenende. Muss ausreichen um mir die Sonne aus dem A**** scheinen zu lassen.

 

Tatsächlich tut es das meistens auch. Diese Einschätzung lässt aber völlig außer Acht, dass das „Jetzt“ eine unmittelbare Folge von sehr vielen Jahren ist, in denen ich eben genau daran gearbeitet habe – eine Lebenssituation zu etablieren, die mir eine gewissen Stabilität garantiert und persönliche Freiheit lässt. Der „Preis“ den ich dafür zahlen musste war, schon sehr früh damit beginnen zu müssen mein Kind ein Stück weit loszulassen, den Vater – trotzdem wir uns lange wirklich gar nicht grün waren – und auch die Großeltern aktiv mit einzubeziehen und nicht auf dem Standpunkt zu beharren, dass ausschließlich ich wüsste, was gut für meinen Sohn ist ( dass ich mir das wie alle Mütter natürlich trotzdem einbilde sei mal dahin gestellt 😉 ).

Ich habe Hilfe gesucht und angenommen und habe mich immer darum bemüht auch in Hinsicht auf die Zukunft ein stabiles und liebevolles Umfeld für meinen Sohn zu schaffen. Und ich glaube, das ist mir gelungen. Tatsächlich ändert das aber nichts daran, dass die vielen anderen Dingen, die das alleinerziehend sein mitunter ein bisschen herausfordernd machen mich natürlich auch belasten. Auch mir fehlt immer wieder der Austausch über meine Sorgen und Ängste und wenn ich nach einem sehr langen Arbeitstag meinen Sohn vom Hort abhole, würde ich mir auch manchmal wünschen dann mal kurz auf jemand anderen verweisen zu können, weil ich einfach gerade nicht mehr wirklich aufnahmefähig bin.

Und ja, wir alle wissen das Geld allein nicht glücklich macht, aber die sehr begrenzte Verfügbarkeit von Geld macht dennoch auf Dauer sehr unglücklich. Will man als Alleinverdiener an dieser Stelle Abhilfe schaffen, geht das nur mit einem Kompromiss: weniger Zeit für das Kind. Und einem Netzwerk – siehe oben. Und in meinem Fall ein paar mütterlichen Schuldgefühlen und der Frage ob ich nicht zu viel vom Leben meines Kindes verpasse.

Sicherlich gibt es sehr viele Alleinerziehende, die auf solche „Human Resources“ gar nicht zurückgreifen können und andere Wege finden müssen um ihren Alltag zur organisieren, aber es liegt mir persönlich total fern, das zu beurteilen oder in Relation zu stellen, um einschätzen zu können, ob ab und zu mal angekotzt oder überfordert zu sein nun erlaubt sei oder nicht. Viel mehr freue ich mich immer über Austausch und Empathie und ein kleines bisschen Solidarität. Wovon ich übrigens meine, dass sie allen Müttern guttun würde.

Vielleicht hat man dann auf einmal ganz unerwartet eine Freundin mehr, die man abends anrufen und so richtig schön vollheulen kann. Tut nämlich manchmal richtig gut. <3

 

Ein paar unserer Redakteure im Interview:

Sabine

Sabine Ponath unsere Ex-Bayerin lebt seit einiger Zeit in Berlin, arbeitet im Bundestag und ist immer wieder politisch bei den Grünen aktiv. Mit diesem Wissen ist sie die Frau für’s Wesentliche und gewährt uns einen tieferen Blick – nicht nur in sensible, politische Themen.  HIER geht’s zu ihrem Interview.

Judith

Mit unserer Redakteurin Judith Möhlenhof haben wir nicht nur endlich auch die schöne Stadt Hamburg im Team (auch wenn unsere Berliner Wurzeln die gleichen sind), sondern auch eine sehr gefühlvolle und wortstarke Frau, die keine Scheu hat, auch über die schwierigen Momente im Mama-Dasein zu sprechen. HIER geht’s zu ihrem Interview.

Julia

Julia Lippert-Henningsen ist schon seit einiger Zeit in unserem Team (bisher vor allem im Backoffice). Neu ist jetzt, dass auch Julia uns mit eigenen Beiträgen als Contributorin unterstützen wird. Sie wird uns zukünftig mit DIYs unter anderem auch vor einem nachhaltigen Hintergrund versorgen. HIER geht’s zu ihrem Interview.

Miriam

Miriam Bahr ist geborene Berlinerin. Die studierte Kommunikationswirtin hat sich vor etwas über 6 Jahren selbständig gemacht. Fast so lange ist sie auch schon Mutter vom kleinen Vorschulkind Jonathan, von dessen Vater sie sich trennte als er noch sehr klein war. Über Tücken und Glück in ihrem Alltag erzählt sie bei uns. HIER geht’s zu ihrem Interview.