
Die Erderwärmung hat Einfluss auf das Wetter, auf den Anstieg des Meeresspiegels – das ist nun wohl auch den meisten Menschen recht klar. Doch die Klimakrise wirkt sich auch auf unsere Gesundheit aus. Das könnte angesichts der Coronapandemie fast in Vergessenheit geraten (mehr dazu siehe auch hier: Corona und das Klima)
Dabei ist die Wucht der Klimakrise mindestens genauso gewaltig, wie die des Virus. Was genau uns dabei droht, bzw. was schon jetzt sich auf unsere Kinder und uns auswirkt, haben wir im Interview mit Dr. Katja Goebbels (KG), niedergelassener Allgemeinmedizinerin aus Berlin, und Dr. Alex Rosen (AR), Kinderarzt an der Berliner Charité, besprochen.


Dürren, Brände, Überschwemmungen – wieso bringt die Klimakrise nicht nur eine höhere Wahrscheinlichkeit für Wetterextreme, sondern auch Herausforderungen mit Bezug auf unsere Gesundheit mit sich?
KG: Die genannten Wetterextreme können direkte Folgen auf die Gesundheit haben, wie zum Beispiel Verletzungen im Rahmen von Stürmen, Hitzeschock, Ertrinkungsunfälle oder die Ausbreitung von Infektionskrankheiten in Überschwemmungsgebieten.
Die indirekten Folgen fordern bereits jetzt schon mehr Opfer: Nahrungsmittelknappheit durch Ernteausfälle aufgrund von Extremwetter-Ereignissen führt zu Mangelernährung mit ihren Folgekrankheiten und auch zu Fluchtbewegungen von großen Bevölkerungsgruppen. Wenn Menschen ihre Heimat verlassen müssen, dann bedeutet dies auch enorme psychische Belastungen. Außerdem befürchten wir aufgrund von Verteilungs- und Ressourcenkämpfen mehr gewalttätige Konflikte. Auch dadurch wird die Gesundheit der Menschen gefährdet.
Zudem haben wir nicht nur die Erwärmung als Problem, sondern auch die zunehmende Luftverschmutzung aufgrund der Verbrennung fossiler Energieträger, die Hunderttausende vorzeitige Tote weltweit durch Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen verursacht.
Mehr Infektionskrankheiten durch die Klimaerwärmung
Wer steckt hinterDoctors, bzw. Health for Future und was ist das Ziel?
KG: Das Ziel ist, Aufmerksamkeit für die gesundheitlichen Folgen zu schaffen und dies auch als Argument für Politiker*innen zu verwenden, jetzt die Klimaziele von Paris einzuhalten.
Das Robert-Koch-Institut hat untersucht, welche neuen Infektionskrankheiten durch die Klimaerwärmung begünstigt werden, HIER gelangt ihr zu der umfassenden Untersuchung. Sie fassen dort zusammen: “ Bei fortschreitender Erwärmung finden sowohl die Vektoren als auch einige Erreger bessere Bedingungen für die autochthone Ausbreitung.“ Sprich: mehr Krankheiten und andere Krankheiten sind durchaus wahrscheinlich…
Dahinter stehen Mitglieder der KLUG (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit) und aktive Einzelpersonen sowie prominente Ärzte wie Eckart von Hirschhausen. Inzwischen sind jedoch zahlreiche Gesundheitsberufler*innen dazu übergegangen, eher Health for Future zu verwenden, um Ärzt*innen Pflegepersonal, Hebammen, Physiotherapeut*innen und weitere Berufsgruppen zu vereinen.
Bald wird es wieder sommerlich heiß – solche Hitzesommer wie in den vergangenen Jahren sind gerade für Schwangere und auch Babys ziemlich schwierig. Wie kommt man als Schwangere bei der Hitze am Besten durch die Runden? Was muss man beachten?
AR: Viel trinken, sich bei großer Hitze körperlich schonen, sich nicht der prallen Sonne aussetzen, gerade um die Mittagszeit lieber eine Siesta an einem kühlen, schattigen Ort machen, wie man es aus heißen Ländern wie Spanien ja kennt. Gerade Schwangere im dritten Trimenon haben ein erhöhtes Risiko, bei Hitze mit dem Kreislauf einzubrechen, da sollte man sich wirklich schonen.

Klimaschutz ist Gesundheitsschutz
Wie ist das bei Neugeborenen und Babys?
AR: Neugeborene und Säuglinge haben noch nicht dieselben Möglichkeiten, ihre Temperatur zu regulieren wie ältere Kinder, sie schwitzen z.B. noch nicht so viel und deshalb ist es wichtig, aufzupassen, dass sie nicht überwärmen.
Auch hier gilt: die Mittagshitze an kühlen, schattigen Orten verbringen und die direkte Sonneneinstrahlung möglichst meiden. Luftig anziehen, auch nachts darauf achten, dass die Kinder nicht zu warm eingepackt sind, im Schlafsack und mit langem Pyjama, während der Rest der Familie bei tropischen Temperaturen in Unterwäsche schläft. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass die Kinder genug trinken.
Was heißt genug trinken, wie viel ist ideal?
AR: Durch das Schwitzen und die Verdunstung über die Haut verlieren Kinder bei hohen Temperaturen viel mehr Flüssigkeit als sonst. Diese muss über die Nahrung zugeführt werden. Für kleine Säuglinge in den ersten Lebensmonaten sollte dies am besten über die Muttermilch erfolgen. Später kann man mit ungesüßtem Tee oder Wasser nachhelfen.
Die Faustregel sollte daher meiner Meinung sein, dass Kinder so viel trinken sollten, dass sie regelmäßig Wasser lassen und dass der Urin durchsichtig ist wie Wasser und nicht hoch konzentriert gelblich. Auch kann man auf die Hautfalten achten, die nicht stehen bleiben sollten und auf die Durchblutung der Fingernägel, die nach leichtem Druck nach spätestens 2 Sekunden wieder zurückkehren sollte. Tut sie dies nicht, ist das ein mögliches Zeichen von drohender Austrocknung, wie auch eine eingefallene Fontanelle, trockene Schleimhäute und Weinen ohne Tränen.
Gibt es sonst noch etwas, worauf Sie hinweisen möchten?
KG: Ja, ich möchte betonen, dass Klimaschutz auch Gesundheitsschutz ist. Es ist gut für Umwelt, Klima und den eigenen Körper, öfter das Auto stehen zu lassen und aufs Rad zu steigen, es beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor, hebt die Stimmung und es gibt sogar Hinweise auf eine Minderung von Demenz und Krebserkrankungen. Wer weniger rotes Fleisch ist, senkt das Darmkrebsrisiko und das Cholesterin im Blut, was sich wiederum positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt.
(Bilder: Pixabay)
Mehr rund um Gesundheit – mal abseits von Corona

Warum es lebenswichtig ist, dass ihr euch als Knochenmarkspender*innen registrieren lasst… Lest Carlos Geschichte.

Wir räumen mit den populärsten Mythen rund um die Masern Impfung auf. Lest Anouschs Appell…