Klimaschutz? Es ist keine Frage des „ob“ mehr, sondern nur noch des „wie“. In der Wissenschaft herrscht weitestgehend Konsens: Wir steuern auf eine Klimakatastrophe zu. Jüngst veröffentlichten britische Forscher eine Studie, die eine düstere Prognose zeichnet: wollen wir das 1,5 Grad Ziel halten, müsste die Welt bis Ende 2030 klimaneutral sein. Industriestaaten wie Deutschland müssten sogar noch enthusiastischer vorangehen: Erstens stoßen wir mehr Treibhausgase aus als die meisten Schwellen- und Entwicklungsländer, zweitens verfügen wir über die Mittel und Kapazitäten, technologische Innovationen schon eher zu entwickeln und umzusetzen.

Es muss sich etwas ändern. Nur was?

Seit ich begonnen habe, mich für Parents for Future einzusetzen, hat sich in mir viel bewegt. Unser Familienleben ist nicht aus den Fugen geraten, aber kleine Dinge sind wohl doch anders. Vor allem was das Thema Ernährung angeht. Ich habe ohnehin immer nur sehr wenig und wenn dann Bio-Fleisch gekauft und zubereitet. Aber nach einem Testmonat ganz ohne musste ich feststellen, dass mir nichts fehlt. Im Gegenteil: die Alternativen sind mir oft eh lieber. Die Kinder dürfen frei entscheiden, aber ich koche natürlich meistens nur einen Topf – und der ist vegetarisch. 23 Prozent des weltweiten CO2 Ausstoßes entstehen durch die Land- und Forstwirtschaft, davon ein nicht unerheblicher Teil durch Massenhaltung von Rindern und die damit verbundene Abholzung um Futtermittel herstellen zu können (Quelle: IPCC). Wer weiß, wie lange ich am Ball bleibe, ich bin kein dogmatischer Typ (glaube ich) und bei einer Erkältung schwöre ich auf Hühnersuppe. Fakt ist aber: Damit allein ist dem Klima wenig geholfen. Ich bin beileibe keine Vorzeige-Klimaschützerin und das, obwohl ich mir sehr viele Gedanken darüber mache. Vielleicht überfrachtet man Einzelne schlicht damit, dass sie nun richten sollen, was in den letzten Jahrzehnten versäumt wurde. Die Massen erreicht man damit schon gleich gar nicht. Zumindest solange nicht, solange es keine vernünftigen politischen Rahmenbedingungen gibt.
Ein Vorschlag, der nach wissenschaftlicher Einschätzung Lenkungswirkung hätte, wäre eine Bepreisung von CO2. So etwas in der Art gibt es ja schon in einem bestimmten Bereich mit dem Emissionshandel. Dabei soll der Schadstoffausstoß mit einer Obergrenze versehen werden. Dementsprechend werden Zertifikate, bzw. Handelbare Rechte ausgegeben. Diese Verschmutzungsrechte können von Unternehmen gekauft werden. Ein Zertifikat erlaubt quasi den Ausstoß von einer Tonne CO2. In Deutschland nehmen nach Auskunft des Umweltministeriums derzeit 1800 Betreiber von Anlagen teil, das sind vor allem die der großen Feuerungsanlagen und die energieintensive Industrie. Wenn ein Unternehmen weniger Kohlenstoffdioxid verbraucht, als eingeplant, kann es seine Zertifikate veräußern. Die Obergrenze für den Schadstoffausstoß kann angepasst werden, so dass der Prozess dynamisch sein soll. Werden CO2 Zertifikate für Unternehmen teurer, soll sich das dann auf die Verbraucherpreise auswirken und so dafür sorgen, dass Alternativen attraktiver werden.

Emissionshandel oder CO2 Steuer – was macht mehr Sinn?

Die Bundesregierung feiert, dass durch Emissionshandel bis 2012 der jährlichen Treibhausgasausstoß um 57 Millionen Tonnen gesenkt werden musste und die Zuteilmenge seit 2005 um sieben Prozent weniger wurde. Diesen Emissionshandel würden Parteien wie die FDP oder die CDU und CSU gerne auf Bürgerinnen ausweiten. So ein „Personal Carbon Trading“ könnte dann quasi auch Verkehr- und Heizung von Privatleuten mit einem Maximalausstoß versehen. Soweit so schön, nur – scheinbar funktioniert das alles ja nicht ganz so, wie geplant. Sonst hätten wir den Salat ja jetzt nicht. Das kritisieren zum Beispiel Umweltverbände, die vor allem eine steilere Emissionsminderungskurve fordern. Außerdem ist der Preis von derzeit 26 Euro pro Tonne für ein Emissionszertifikat für Energieerzeuger und Industrie zum Teil ein Anreiz, weniger Schadstoffe auszustoßen. Für uns Private würde sich mit so einem Aufschlag aber quasi nichts ändern. Dieser „automatisch“ durch Handel entstehende Preis ist nicht planbar. Vor allem aber, das ist die Hauptkritik an der Idee der Ausweitung des Emissionshandel, müssten alle EU-Staaten dem zustimmen. Ob ein separater Handel nur für Deutschland möglich wäre, ist umstritten. So oder so ist für Klimaschützer*innen klar: die Umsetzung zu prüfen und durchzubringen, würde viel zu lange brauchen. Laut AGORA Energiewende würde die Ausweitung des Emissionshandels bis mindestens 2022 dauern.  Deshalb setzen sie auf eine andere Möglichkeit: Statt wie beim Emissionshandel, eine Gesamtverbrauchsmenge von Kohlenstoffdioxid festzulegen, wollen sie CO2 einen Preis zu geben. 
Dafür gibt es verschiedene Modelle. Was die SPD Umweltministerin Svenja Schulze vorschlägt, wäre eine Anknüpfung an die bestehenden Energiesteuersätze für Benzin, Diesel, Heizöl und Heizgas. Bis 2030 soll demnach der Preis auf eine Tonne CO2 bei 180 Euro liegen. Die Zahl kommt nicht von ungefähr. Laut Bundesamt entspricht die Summe den volkswirtschaftlichen Umweltkosten, die momentan durch eine Tonne CO2 entstehen. Es ist auch die Summe, die Fridays for Future als CO2 Preis einfordern.

Eine CO2-Steuer ist einfach und schnell einführbar und gibt den Unternehmen Planungssicherheit, da die Höhe der Steuer bekannt ist und Unternehmen die Wirtschaftlichkeit einer Investition, um CO2 zu reduzieren, berechnen können.

Scientists for Future

180 Euro pro Tonne CO2 – wieviel würde uns das kosten?

Nach einer Beispielrechnung (Quelle: SPON) würde dann 1 Liter Benzin 43 Cent mehr kosten. Für Gelegenheitsfahrer*innen vielleicht keine größere Sache. Für Menschen die auf dem Land wohnen oder Pendler*innen, die auf das Auto angewiesen sind: ein finanzieller Schock. Ohne begleitende Maßnahmen, wie zum Beispiel eine deutliche Förderung von Elektromobilität oder kluge Sharing Modelle kaum mehrheitsfähig. Während die Mehrkosten für einen Flug nach Dubai (über 2000 Euro mehr) für viele ohnehin kein Thema wären, weil Fernreisen so oder so nicht im Budget wären, ist der Aufschlag für einen Liter Heizöl um 58 Cent schon eher eine echte finanzielle Bedrohung. Auch Fleisch würde deutlich teurer werden. Das Problem ist nur: Nichts tun ist eben auch keine Lösung. Im Hinblick auf die Entwicklung des Weltklimas drohen uns apokalyptische Zustände (super Artikel dazu: „Verdammt, die Welt geht wirklich unter“). Es liegt in unserer Verantwortung und vor allem in der Veranwtortung unserer politischen Entscheidungsträger*innen, alles menschenmögliche zu unternehmen, damit das Worst-Case-Szenario nicht eintritt. Dazu gehört eben auch, dass wir auf ein Leben ohne Schadstoffemissionen zusteuern. Das muss möglich sozialverträglich passieren, auch hier ist die Politik gefragt. Eine Idee ist, die Stromsteuer im Gegenzug abzuschaffen und die Ausgaben damit zu kompensieren, bzw. Klima freundliches Verhalten noch mehr zu entlohnen. Das wird aber in vielen Fällen nicht ausreichen. Nicht jeder kann sich eine neue Heizung leisten, ein neues E-Fahrzeug ebensowenig. 

Es wird unbequem

Es gefällt mir nicht, denn auch ich sehe: Das wird kosten und das wird unbequem. Das Leben, so wie wir es bislang geführt haben, wäre dann vorbei. Nur – das wäre es auch, wenn das Weltklima komplett kollabiert. Im Gegenzug für Klimaschutz erhalten wir aber nicht nur ein gutes Gewissen, ich sehe noch mehr Potenzial für eine bessere Lebensqualität. Keine Verbrenner mehr auf der Straße? Das bedeutet weniger Lärm, saubere Luft. Weniger Indivualfahrzeuge auf der Straße bedeuten mehr Platz für Fahrrad und Fußgänger. Selbst wenn einem die Vorteile nicht reichen und wenn man Angst vor den Mehrkosten hat, bleibt am Ende eben keine Alternative. Wir sind es unseren Kindern schuldig, offen und mutig in diese Zeit des Umbruchs zu gehen.

Wer noch tiefer ins Thema eintauchen möchte, dem empfehle ich die aktuelle Veröffentlichung der Scientists for Future. Sie haben Antworten auf die zehn häufigsten Fragen zur CO2 Bepreisung gefunden – wahlweise in einer langen, ausführlichen oder in einer sehr knappen Version.

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