
Nicht zu wissen wo die Zeit hingeht ist ja kein neues Phänomen, aber in unserer „neuen“ familiären Zeitrechnung, die sich im Wesentlichen in Ferien- und Nicht-Ferien-Zeit einteilt, scheint das ganze noch mal an Fahrt aufgenommen zu haben. Jedenfalls haben wir schon wieder Ende Oktober und die 2,5 Wochen Herbstferien waren vorbei, ehe ich auch nur 5 von den ca. 20 Dingen, die ich mir auf meine ganz wichtige und bestimmt abzuarbeitende To-Do-Liste geschrieben hatte erledigen konnte.
Das ich mir so sportliche Ziele setzen konnte ist dem Umstand geschuldet, dass ich quasi die gesamten Ferien über allein war, also kindfrei hatte. Da mein Sohn (und ich auch!) den Luxus genießt, dass einzige Enkelkind von Großeltern zu sein, die sehr gerne Zeit mit ihrem Enkel verbringen, hatten sich die einen Großeltern weit im Voraus die erste Woche, die anderen die zweite Woche gesichert, um mit ihm richtig schön Urlaub zu machen. Gut, danke, tschüss. Und weg isser.
Wie eigentlich immer ist der Umstand, dass mein Sohn 14 Tage ohne mich unterwegs ist Grund zur Nachfrage.
Neben einigen (wenigen) Freie-Zeit-Neid Bekundungen kommt dann häufiger die Frage, wie das denn für mich sei. So lange von meinem (doch noch irgendwie relativ kleinen) Kind getrennt zu sein. Manchmal bin ich dann fast ein bisschen überrascht wie „neutral“ sich das für mich anfühlt, wie sehr ich mich in den letzten Jahren auf diese Situationen eingestellt und mir ein möglichst wenig emotionsgeladenes „Mindset“ für unsere Familiensituation angeeignet habe.
Das war nicht immer so. Die ersten Jahre, in denen die Papa Wochenenden und Urlaube mit den Großeltern kontinuierlich ausgebaut und ergo länger wurden, fiel es mir wirklich schwer die Zeit die mir zwangsläufig für mich blieb für etwas anderes zu nutzen, außer von Sehnsucht nach meinen Kind geplagt auf dem heimischen Sofa vor mich hin zu schneutzen oder sinnfreie Ablenkungsversuche vorzunehmen.

( Als J. das erste Mal bei seinem Vater übernachtet hat, war er etwas über 1 Jahr alt und meine damalige Nachbarin hatte mich – damit ich auch mal richtig „Spaß“ haben kann – zu ihrem Geburtstag eingeladen. Auf dieser Party mit ca. 20 voll berufstätigen Frauen, die fast ausnahmslos kinderlos waren, war ich mit meinem Frust natürlich denkbar deplatziert und bin gegangen, ohne mich zu verabschieden. Schön Scheiße im Nachhinein, aber meine Nachbarin ist eh kurz darauf ausgezogen.)
Das hat sich damals oft nach „Aushalten“ oder „Durchalten“ angefühlt. Aber es war mir auch damals schon klar, dass es für mich, für uns, alternativlos ist.
Dass mein Kind seinen Vater und seine Familie haben soll ist für mich selbstverständlich. Dass das für mich bedeutet viel früher als ich es vermutlich unter anderen Umständen getan hätte loszulassen, zu vertrauen, nicht immer alles kontrollieren zu können und auch in Hinsicht auf die vielen Jahre, die da noch kommen werden, Raum und Zeit für die Dinge habe, die mir auch wichtig sind – natürlich ohne dabei die Bedürfnisse meines Kindes außer Acht zu lassen ist ein positiver Begleitzustand. Trotzdem ist es auch heute noch so, dass ich manchmal – besonders nach längeren, intensiven Phasen des „Alleinerziehende Mutter seins“ – zuerst einmal gar nicht weiß, was ich nun auf einmal mit mir und „meiner“ Zeit anfangen soll, wenn das Kind dann mal wieder weg ist. Meistens brauche ich dann auch 2-3 Tage um das gefühlte „Verantwortungskorsett“ ein Stück weit zu lockern.

Ich wollte immer gerne Arbeiten, auch gerne viel und habe das große Glück ganz besonders in den letzten 1,5 Jahren genau das machen zu können, was ich machen möchte und davon so einiges. Das hilft. Nicht immer hinsichtlich meines Gesamtzustandes, wenn wir über ausreichend Schlaf, großzügiges Zeitmanagement oder eine geputzte Wohnung sprechen, aber es hilft die Gegebenheiten so anzunehmen wie sie sind. Das eben mindestens 1/3 des alltäglichen Lebens meines Kindes ohne mich stattfindet und ich in dieser Zeit von meinem Dasein als seine Mutter auch einfach mal Abstand nehmen muss – ob mir das nun gefällt oder nicht.
Ob ich mich jemals in Gänze daran gewöhnen werde weiß ich nicht. Auch nicht, ob ich es jemals schaffen werde wirklich mal alle Punkte besagter To-Do-Liste, die ich mir regelmäßig schon weit im Voraus für solche kindfreie Zeit runterschreibe zu erledigen. Zwei Punkte schaffe ich allerdings immer: Rechtzeitig alles einzukaufen, um meinem Kind zu seiner Rückkehr sein absolutes Lieblingsessen zu kochen und sein Bett frisch zu beziehen. Soviel Mutti muss schon sein.
Weitere Artikel zum Thema:
Hallo, ich bin Miriam und ich bin alleinerziehend. Nicht, dass ich mich jemals irgendwo so vorgestellt hätte. Aber ich werde seit etwas über 4 Jahren in schöner Regelmäßigkeit beim ersten Elternabend nach dem Sommer bei den neuen Eltern im Kinderladen so „geoutet“: Miriam, unsere Alleinerziehende.
HIER geht’s zum Artikel.
Die wohl meist gestellte Fragen der letzten Wochen ist: „Und? Wie ist es mit der Schule?“ Meine Antwort ist dann stets die gleiche: „Ehrlich gesagt – Ich weiß es nicht“. Alles ein bißchen chaotisch gerade.
HIER geht’s zum Artikel.