Wir leben im Wandel. Mummy Mag wächst stetig und in den letzten Wochen vor allem das Team. Denn unsere vielen Aufgaben, Ideen, Projekte und auch Visionen wollen wir immer bestmöglich umsetzen. Dazu gehört auch, sich für einzelne Bereiche Verstärkung zu holen, wenn man sie selbst nicht bedienen kann. Heute möchten wir Euch Miriam Bahr (42) vorstellen. Selbstständige, größtenteils alleinerziehende Mutter von Jonathan. Schon kurz nach der Geburt haben sich Miriam und Jonathans Vater getrennt. Sie kennt sich also gut damit aus, denn Jonathan ist schon 5.

Miriam Bahr ist geborene Berlinerin. Die studierte Kommunikationswirtin hat sich vor etwas über 6 Jahren selbständig gemacht, ursprünglich als Marketing- und PR Managerin im Musikbereich, arbeitet aber seit einiger Zeit schwerpunktmäßig als Projektmanagerin im Eventbereich, was sie super findet! Fast so lange ist sie auch schon Mutter vom kleinen Vorschulkind Jonathan.

Liebe Miriam, Du bist vom Vater Deines 5jährigen Sohnes getrennt und Euer Sohn lebt abwechselnd bei ihm und Dir (wenn auch mehr bei Dir). Wie geht es Euch?
Gut denke ich. Nicht zuletzt deshalb weil an dieser Stelle einiges einfacher wird, wenn die Kinder größer werden (hat kein Elternteil eines pubertierenden Kindes jemals gesagt, ich weiß. Insofern: „vorerst einfacher“).  In den vergangenen 2 Jahren haben sich die Strukturen weitestgehend gefestigt und wir haben ein zuverlässiges und für alle Beteiligten ganz gut funktionierendes Modell gefunden – und damit meine ich insbesondere für unseren Sohn gut funktionierendes Modell.

Seit wann seid ihr getrennt und wie schwer fiel Euch die Entscheidung getrennte Wege trotz gemeinsamen Kind zu gehen?
Wir haben uns schon sehr früh, 6 Monate nach J.s Geburt getrennt. Natürlich war es keine einfache Entscheidung, aber sie war für uns alternativlos und richtig. Es ist natürlich immer schade und bedauerlich wenn Erwachsene Entscheidungen treffen (müssen), die das Leben eines Kindes so nachhaltig verändern und beeinflussen. Aber wenn man nicht gut zusammen leben kann, sollte man besser getrennte Wege gehen. Und sich auf das konzentrieren was in einem solchen Fall wirklich wichtig ist: die gemeinsame Verantwortung, das Eltern sein. Man kann auch getrennt lebend sehr, sehr gut gemeinsam ein Kind groß ziehen.

Was mich ärgert? – Natürlich die unfaire Besteuerung! Und dass Alleinerziehende nach wie vor keine wirkliche Lobby haben.

Miriam Bahr

Wie ist es für Dich mehr oder weniger alleinerziehend zu sein?
Es geht mir gut damit, ich kenne es ja auch nicht anders. Allerdings muss man dazu sagen, dass ich auch wirklich zu den sehr privilegierten Alleinerziehenden gehöre, gerade was die Betreuung meines Sohnes angeht. Abgesehen von seinem Vater gibt es noch von beiden Seiten Großeltern die fit und flexibel sind und gerne Zeit mit ihrem Enkel verbringen. Insofern bin ich schon gut aufgefangen in meiner zeitlichen Einteilung, auch wenn es dabei gefühlt immer um Zeit für die Arbeit geht. Das liebe Geld ist nämlich einer der Punkte, die das alleinerziehend sein manchmal doch ziemlich herausfordernd machen.

Ja, das glaube ich und das ist ja leider auch ein bekanntes Problem, das immer wieder in der Kritik steht. Gibt es noch andere große Hürden in Eurem Alltag? Oder gibt es auch Dinge die jetzt besser laufen?
Für mich ist eigentlich die größte Hürde im Alltag, dass ich in der Zeit die mein Sohn bei mir ist null flexibel bin. Sein Vater wohnt am anderen Ende der Stadt und die Großeltern alle etwas außerhalb, insofern muss alles immer im Vorfeld organisiert und geplant sein und ist oft mit einer Übernachtung verbunden, was ich dann auch nicht immer mag wenn es eigentlich nur um 2-3 Stunden geht und ich mein Kind natürlich auch gerne sehen möchte. Ein spontanes „kannst du ihn bitte von der Kita abholen, ich brauche heute länger“ oder ein kurzfristiger Termin sind also quasi nicht drin, es sei denn er kann spontan mit zu einem Kitakumpel gehen – was ich auch nicht immer erwarten kann. Hier ist meine Selbstständigkeit natürlich Fluch und Segen. Einerseits kann ich mir meine Arbeit frei einteilen, andererseits bin ich was Nachmittags- und Abendtermine angeht fast immer raus, bzw. muss zu einer bestimmten Uhrzeit einfach Schluss machen – was der Sache jetzt nicht immer zugute kommt. Auch die Produktivität und Kreativität immer genau dann abzurufen wenn es die Zeit erlaubt und dann noch möglichst viel auf einmal davon stellt mich oft vor eine Herausforderung. Aber das geht glaube ich vielen berufstätigen Müttern so, nicht nur den Alleinerziehenden.

Für mich ist eigentlich die größte Hürde im Alltag, dass ich in der Zeit die mein Sohn bei mir ist null flexibel bin.

Miriam Bahr

Wie fühlst du dich gesellschaftspolitisch aufgefangen? Hm, das kann ich so allgemeingültig in der Kürze gar nicht beantworten. Es gab in den letzten Jahren Bereiche, in denen ich mich entgegen meiner Erwartungen gut aufgefangen fühlte. In wiederum anderen kam es mir vor als wäre die reale Existenz der Ein-Eltern-Familie noch ewig weit davon entfernt ins kollektive Bewusstsein vorgedrungen zu sein, bzw. würde immer noch als Minderheit oder Randerscheinung wahrgenommen.

In den vergangenen 2 Jahren haben sich die Strukturen weitestgehend gefestigt und wir haben ein zuverlässiges und für alle Beteiligten ganz gut funktionierendes Modell gefunden – und damit meine ich insbesondere für unseren Sohn gut funktionierendes Modell.

Miriam Bahr

Magst du da mal konkret Beispiele nennen?
Ich bin quasi nie in der oft als sooo erschwerend verschrienen Situation gewesen wegen jedes Furz und Feuersteins die Unterschrift von J.s Vater zu benötigen. Tatsächlich ist es nämlich auch bei gemeinsamem Sorgerecht so, dass der überwiegende Teil der Entscheidungen, wie z.B. Anmeldung im Sportverein oder zu einem Schwimmkurs in den Bereich des Alltags fallen in dem der Elternteil der gerade zuständig ist durchaus alleine entscheiden darf. Auch wenn ich mögliche Hilfen und Unterstützungsangebote, auch finanzieller Art für Alleinerziehende in Anspruch genommen habe, wurde mir das immer schnell und (vergleichsweise) unbürokratisch zugesprochen. Was natürlich daran liegt, dass es mir keine Schwierigkeiten bereitet die notwendigen Informationen zu bekommen und die Anträge auszufüllen – etwas, das durchaus eine Hürde darstellen kann. Und das mit Sicherheit auch oft tut. Amtsdeutsch kann schon einiges! Kompliziert verhält sich das mit dem Thema Ein-Eltern-Familie allerdings oft bei relativ banalen Dingen wie z.B. dem Versuch ein Pauschalreise für mich und meinen Sohn zu buchen. Hier gibt es in der Regel folgende Varianten: – 2 Erwachsene buchen und zahlen – 1 Erwachsenen, 1 Kind buchen und mehr zahlen als für 2 Erwachsene – gar nicht buchen können, weil die Billigangebote NUR für 2 Erwachsene + 1 Kind gelten Super Sache. Nicht. Auch ein bißchen lustig (also wirklich eher lustig als ärgerlich und bestimmt auch nicht beabsichtigt) wurde es bei der Anmeldung meines Sohnes an der Schule. Wir mussten im Vorfeld eine Art Bewerbungsbogen mit Motivationsschreiben ausfüllen, hier haben wir natürlich unserer aller (unterschiedlichen) Namen und Adressen angegeben, auch, dass unser Sohn bei mir lebt. Bei dem folgenden Vorstellungsgespräch, zu dem man gemeinsam mit dem Kind eingeladen wurde und zu dem wir auch gemeinsam hingingen, wurden wir dann konsequent als “Eheleute” angesprochen und der Schulvertrag war dann zwar unter Beachtung der verschiedenen Nachnamen, aber auf eine Adresse ausgestellt. Nun ja….

Gibt es Dinge, die dich grundsätzlich ärgern an den Bedingungen für Alleinerziehende?
Natürlich die unfaire Besteuerung! Und dass Alleinerziehende nach wie vor keine wirkliche Lobby haben. Es geht allerdings so langsam voran. Die (lange überfällige) Ausweitung des Unterhaltsvorschusses war ein Schritt in die richtige Richtung, aber es gibt noch sehr viel zu tun.

Mit welchen Themen möchtest Du Dich beim Mummy Mag beschäftigen? Worüber wirst Du schreiben?
Ich denke fürs erste über unseren Alltag als Ein-Eltern-Patchwork-Familie. Und darüber, dass Dinge von Menschen die in “klassische(re)n” Familienkonstellationen leben oft ganz anders wahrgenommen oder interpretiert werden als sie vielleicht sind.

Vielen Dank liebe Miriam. Wir freuen uns darauf!

Alle unsere Contributoren im Interview:

Sabine

Sabine Ponath unsere Ex-Bayerin lebt seit einiger Zeit in Berlin, arbeitet im Bundestag und ist immer wieder politisch bei den Grünen aktiv. Mit diesem Wissen ist sie die Frau für’s Wesentliche und gewährt uns einen tieferen Blick – nicht nur in sensible, politische Themen.  HIER geht’s zu ihrem Interview.

Valeska

Für’s leibliche Wohl haben wir jemanden, der einfache Rezepte für jeden Tag umsetzt. Und das für einen ACHT Personenhaushalt! Denn Valeska ist die selbsternannte „mother of six dragons“ bei Instagram und kocht täglich für sechs Kinder plus Mann. HIER geht’s zu ihrem Interview.

Judith

Mit unserer Contributorin Judith Möhlenhof haben wir nicht nur endlich auch die schöne Stadt Hamburg im Team (auch wenn unsere Berliner Wurzeln die gleichen sind), sondern auch eine sehr gefühlvolle und wortstarke Frau, die keine Scheu hat, auch über die schwierigen Momente im Mama-Dasein zu sprechen. Ihr Steckenpferd ist deswegen ganz besonders die Selbstfürsorge von uns Müttern. HIER geht’s zu ihrem Interview.

Julia

Julia Lippert-Henningsen ist schon seit einiger Zeit in unserem Team (bisher vor allem im Backoffice). Neu ist jetzt, dass auch Julia uns mit eigenen Beiträgen als Contributorin unterstützen wird. Sie wird uns zukünftig mit DIYs unter anderem auch vor einem nachhaltigen Hintergrund versorgen. HIER geht’s zu ihrem Interview.