Carina habe ich auf Instagram kennengelernt. Sie engagierte sich bei unserer Kampagne gegen Gewalt an Frauen und ich wurde schnell neugierig. Denn sie lebt mit ihrer Familie nicht etwa in Berlin, Hamburg oder aufm platten Land, sondern im fernen Osten in Shanghai. Wir tauschten uns aus und Carina – auf Instagram, heißt sie @inablume – war bereit, uns alle mit auf die Reise nach China zu nehmen…

„Inzwischen sehen wir es als Bereicherung…“

Sabine: Liebe Carina, du lebst mit deinem Mann und euren drei Kindern in China. Wie kam es dazu?

Carina: Hallo Sabine, vielen Dank, dass ich euch ein bisschen was über unser Leben in Shanghai erzählen darf. Schon lange hat uns der Wunsch begleitet mehr von der Welt zu sehen, und auch mal eine Zeit lang im Ausland leben zu können. Wir haben früh Kinder bekommen, schon während des Studiums, und so mussten wir die Pläne bezüglich eines Auslandsemesters oder Ähnlichem erst mal auf Eis legen. Aber der Wunsch blieb und so informierten wir uns nach dem Referendariat meines Mannes über die Möglichkeit eines Auslandschuldienstes. Nach einiger Zeit und einigen Bewerbungen an Schulen weltweit, hatten wir das Angebot der Deutschen Schule Shanghai vor uns liegen.

 

„Niemals China – war unser erster Gedanke.“

Niemals China – war unser erster Gedanke. Aber je mehr wir uns mit China und Shanghai beschäftigt haben fanden wir es spannend und aufregend dieses Abenteuer mit den Kindern zu erleben. Inzwischen sehen wir es als Bereicherung genau dieses Land, zumindest teilweise, kennenzulernen und in die fremde Kultur einzutauchen.

Sabine: Was macht Shanghai für dich aus?

Carina: Shanghai ist unglaublich groß und vielfältig, voller Überraschungen, es ist immer Leben um einen herum. Für uns vom Land immer noch aufregend und spannend. Wir lernen so viel Neues kennen und lernen täglich hinzu. Das ist es wohl was uns am besten gefällt!

Sabine: Was magst du daran besonders? Was macht die Stadt, was macht die Leute aus?

Carina: Ich mag besonders dieses bunte Leben, die Möglichkeiten die man in dieser Mega-City hat. Die Gegensätze zwischen den Hochglanz-Wolkenkratzern und den alten chinesischen Gassen. Shanghai ist ein Mix aus Metropole mit großen, flackernden Reklametafeln und alten Männern die auf Fahrradrikscha meterhoch beladen mit Pappe oder Waren.

Außerdem: Die Kultur und das Essen! So tolle Bräuche und Lebensweisen, und das Essen ist unglaublich lecker. Besonders die Yunnanküche hat es uns angetan.

Wir erleben die Chinesen als sehr freundliche und uns gegenüber offene Menschen. Sie erfreuen sich an unserem Interesse und wenn man ihnen mit ein paar Wörtern Chinesisch gegenüber tritt. Ich denke man muss sich auf sie einlassen und dann stehen einem wirklich Türen offen!

Sabine: Wo merkst du, dass du Schwierigkeiten hast? Wo gibt es große Unterschiede? 

Carina: Die Art und Weise sich im Freien zu bewegen ist es wohl was uns am meisten Schwierigkeiten bereitet. Wenn man Natur findet, ist es ein eingezäunter Park mit Eintritt und jeder Menge Guards. Freie Spielplätze ohne Eintritt und Wachpersonal sind Mangelware. Schwimmbäder sind zum Schwimmen gedacht und nicht zum Spielen. Tatsächlich werden wir oft schräg angeschaut wenn unsere Kinder auf der Straße spielen oder wir sie durch die Stadt flitzen lassen, sie müssen nicht wie chinesische Kinder ruhig und diszipliniert an der Hand der Eltern laufen.

Auch die Sprache ist manchmal ein Hindernis. Sie ist so eigen und schwer zu lernen. Aber das ist uns dank unserer Übersetzerapp noch nicht zum Problem geworden.

Kindsein in China: trocken werden mit einem Jahr ist ein Muss.

Sabine: Was heißt Kindsein in China? Welchen Stellenwert haben Kinder? Wie sieht ihr Alltag aus?

Carina: Der Stellenwert der Kinder ist in China sehr hoch. Kleine Kaiser, so werden sie teilweise genannt. Für uns Deutsche scheint es aber so als wenn diese extreme Fürsorge sich ins Gegenteil entwickelt. Keine Beachtung der eigenen Bedürfnisse der Kinder und die Entwicklung läuft bitte komplett nach Plan.

In der körperlichen Entwicklung sind die chinesischen Kinder weit hinter den westlichen Kindern im gleichen Alter. Kleines Beispiel: Wir haben einen Trip an die chinesische Mauer gebucht und möchten dort zelten. Ich musste Bilder von unserem jüngsten Sohn an den Veranstalter senden, denn eigentlich sind erst Kinder ab neun Jahren erlaubt. Vorher seien sie wohl nicht in der Lage ein kleines Stück zu wandern!

Kleine Kaiser? Es geht so…

Auffallend ist wie sehr die chinesischen Erziehungsmethoden von unseren deutschen Ansichten abweichen. Die Anforderungen der Eltern an ihre Kinder werden immer höher, sei es in der eigenen Entwicklung – zum Beispiel ist trocken werden mit einem Jahr ein Muss, aber auch in der schulischen Bildung. Freie Nachmittage haben die Kinder kaum, nach der Ganztagsschule, die von 8 – 17 Uhr geht, stehen noch private Lernzeiten oder Musikunterricht etc. an.

Im Elternhaus bzw. dem Haus wo sie leben sind Disziplin und Gehorsam die wichtigsten Regeln. Kinder die außerhalb der Metropolen leben, sind meisten nicht bei ihren Eltern, sondern wohnen bei den Großeltern und Verwandten während die Eltern tausende von Kilometer entfernt in den Städten arbeiten und leben. Sehen können sie sich nur zu den chinesischen Feiertagen, wie z. B. das Mondfest, dem Drachenboottag und Chinese New Year.

Frei spielen sehen wir chinesische Kinder kaum es zählt nur Leistung! Vielleicht auch weil die Chinesen die Bildung als Tor in die Welt sehen? Für uns schwer zu durchschauen.

Wir haben davon abgesehen, Carina Fragen zu der Situation in Hongkong oder zur persönlichen Meinungsfreiheit zu stellen, um sie und ihre Familie nicht in eine schwierige Position zu bringen. Wie schnell man in China Schwierigkeiten bekommen kann, wenn man sich gegen das Regime stellt oder auch nur seine eigene Meinung äußern möchte, könnt ihr zum Beispiel hier bei Amnesty International erfahren.

Fernweh? Hier gibts mehr aus anderen Ländern…

Heidi lebt mit Mann und Tochter Ryo (7) in Brooklyn, New York City. Die Amerikanerin arbeitet als Regisseurin und Fotografin und spricht mit uns über den Mummy-Alltag im Big Apple.

In vielen Fällen können eben NICHT alle Familienmitglieder zur gleichen Zeit frei nehmen. Sollen deshalb alle zuhause bleiben, sofern die finanziellen Mittel vorhanden? Nö, meint Julia K. Eismann (39), Marketingleitung und Momo-of-two.