Sabine Petition Ausschuss 2

Jetzt bin ich doch aufgeregt, merke ich. Lächle. Mein Herz rast. Seit Wochen bereite ich mich auf diesen Tag vor. Diesen Tag, an dem ich für über 70.000 Menschen die Parents for Future Petition nach einem wirksamen Klimaschutzgesetz im Petitionsausschuss des Bundestags vertreten darf.

Vor mir sitzen in einer großen Runde routiniert drein blickende Abgeordnete. Gleich rechts neben mir erst die Herren von der CDU und CSU, danach der FDP Mann, flankiert vor den beiden männlichen Abgeordneten von der AfD. Zu meiner Linken sitzt mein Begleiter, Professor Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Seine Präsenz, sein Fachwissen lässt mich ruhiger werden. Irgendwie typisch für mich, erst danach beruhige ich mich damit, dass ich das, was ich sagen möchte genau weiß. Dass ich entschlossen bin. Mein Ziel ist es, alle in der Runde, auch die gegenüber sitzenden Abgeordneten von der SPD, den Grünen und der Linken mitzureißen. Ich hole tief Luft und fange an.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich vor mehreren Leuten spreche, aber dass ich so aufgeregt bin, liegt daran, dass das Thema so wichtig ist. Eigentlich war ich gerade noch ziemlich sauer gewesen. Am Freitag vor dem Termin der Anhörung tagte das Klimakabinett der Bundesregierung. Seit Monaten war angekündigt, dass im Rahmen dessen ein ambitioniertes Paket vorgestellt werden sollte. Doch das Klimapaket ist eine herbe Enttäuschung. Die Klimaforschung reagierte mit Entsetzen und Zweifel. Die Maßnahmen seien “ein klares Politikversagen”, ein “Ausdruck klimapolitischer Mutlosigkeit” (Quelle: https://www.spiegel.de). Die Klimaziele für das Jahr 2030 werden demnach jedenfalls nicht erreicht.

Nicht nur der Inhalt, auch die Entstehung des Papiers ist für mich eine Unverschämtheit gewesen:

HINTERGRUND: Im April 2019 hat Parents for Future eine Petition (ID Nummer: 92294) an den deutschen Bundestag gerichtet. Mit über 70.000 Unterschriften in der Zeichnungsfrist ist sie eine der erfolgreichsten Petitionen der vergangenen Jahre. Die Petition sieht unter anderem vor, in einem Klimaschutzgesetz verbindliche, überprüfbare und unaufschiebbare Maßnahmen zu verankern, damit Deutschland seine Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen vollständig nachkommt und seinen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad leistet. Die Petition ist in Abstimmung mit Scientists for Future entstanden. Wir von Mummy Mag haben dazu bereits berichtet.

How dare you?!

Trotzdem war mir wichtig: Es nützt nichts, bei der Sitzung im Petitionsausschuss zu schimpfen und zu wüten. Heute sollte es mir darum gehen, den Abgeordneten noch einmal zu vermitteln, wie viel Verantwortung in ihren Händen liegt. Sie können das Blatt noch wenden. Sie können die wohl größte Herausforderung der Menschheitsgeschichte meistern, zumindest ihren Beitrag dazu leisten.

Sabine mit Prof Rahmstorf

Noch während ich spreche weiß ich: Das wird schwer. Die Abgeordneten kamen mit vorgefertigten Meinungen in die Sitzung. So wie es eben ihrem Tagesgeschäft entspricht. Sie wissen schon, wie sie zum Thema Klimaschutzgesetz stehen.

Was mich in dem Augenblick aber enttäuscht ist die Art, wie sie mir das mitteilen. Gerade von Seiten der alten weißen Männer (sorry not sorry) nämlich geradezu respektlos. Die Fragen an Prof. Rahmstorf und mich changieren zwischen Verschwörungstheorien, Trickfragen oder persönlichen Angriffen. Oder so wie im Falle des SPD Abgeordneten: wir werden einfach gar nichts gefragt. Der Gipfel ist, als von Seiten der CDU darum gebeten werden, wir Petent*innen sollten doch bitte einen fertigen Gesetzentwurf vorlegen. Da platzt mir der Kragen!

Wo bleibt der Respekt?

Nicht ich wurde dafür gewählt, als Mandatsträger*in verantwortungsvolle Politik zu betreiben. Ich mache was ich kann im Ehrenamt. Aber irgendwo hört es dann auch mal auf. Ich erkläre, dass wir uns nicht umsonst an den Petitionsausschuss gewendet haben.

Es ist schließlich die einzige demokratische Mitbestimmungsmöglichkeit auf Bundesebene.

70.000 Menschen glauben an die Abgeordneten, glauben daran, dass ihnen daran liegt, die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder zu bewahren. Denn es klingt abgedroschen, aber wenn wir nicht gegensteuern, haben wir bald keine Chance mehr dazu. Das Zeitfenster schließt sich. Im schlimmsten Fall müssen wir damit rechnen, dass sich der Planet um 4 Grad Celsius oder mehr aufheizt und damit kein besonders lebenswertes Stückchen Land mehr sein wird. (Manche nennen das gar Apokalypse: https://www.zeit.de/ oder auch bei uns: https://mummy-mag.de/leben-in-zeiten-des-klimawandels/).

Parents for Future Petition

Als die Sitzung nach einer Stunde vorüber ist, bin ich aufgewühlt. Habe ich alles richtig auf den Punkt gebracht? Ich weiß es nicht.

Dem Ärger über provokative Fragen ist die Hoffnung darauf gewichen, dass ich vielleicht doch an der einen oder anderen Stelle bei den Abgeordneten etwas bewegen konnte.

In etwa drei Monaten erst werden wir wohl erfahren, wie über unsere Petition beschieden wurde, also ob sie als begründet oder nicht bewertet wird. In ersterem Fall wird das Anliegen an die Bundesregierung weiter getragen, die dann dazu Stellung beziehen muss.

Sabine Petition Pronold

Wobei ja auch bei unserer Anhörung im Ausschuss mit Staatssekretär Florian Pronold (SPD) bereits ein Vertreter der Regierung dabei war – und der gibt sich zwar überzeugt vom Klimapaket, gibt aber wörtlich zu, dass er sicher sei, dass nachjustiert werden müsse.

Ich merke in den Tagen danach, dass mir ein wenig Kraft abhanden gekommen ist. Ich hatte nicht allzu viele Hoffnungen in diese Anhörung gesteckt, aber sie wurden unterboten – bis auf wenige positive Ausnahmen von Seiten der Linken und Grünen Fraktion.

Ich habe das Gefühl, dass die elementare Bedrohung, die durch die Klimakrise ausgeht, überhaupt nicht in den Köpfen der Entscheidungsträger angekommen ist.

Dass sie immer noch denken, man müsse moderat an die Sache ran gehen, man müsse ja “alle mitnehmen”. Ja klar: Ohne sozialen Ausgleich wird das nichts. Aber am radikalen Umbau zu einem klimaneutralen Deutschland führt kein Weg vorbei. Denn was sie nicht begriffen haben ist: Das Klima lässt nicht mit sich verhandeln. Entweder wir ergreifen jetzt alle nötigen Maßnahmen um bis 2035 keine Treibhausgase mehr in Deutschland auszustoßen und damit vielleicht und hoffentlich für andere Länder zum Vorbild zu werden – oder wir können einpacken. Im persönlichen Gespräch, im Nachgang zur Anhörung, sage ich Staatssekretär Florian Pronold noch einmal, wie viel Verantwortung in seinen Händen liegt. Und dass manchmal vielleicht unliebsame Entscheidungen nötig sind, koste es auch Stimmen bei der nächsten Wahl. Der Schutz der Bevölkerung und die globale Verantwortung gehen vor. 


Das Ganze Video zur Anhörung findet ihr hier:


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