The day that… Emmi was born
Eine Geburt bringt oftmals einige Nebenerscheinungen mit sich, das wissen wir alle. Doch es wird nicht so gerne darüber gesprochen. Unsere heutige Gast-Mummy Jana hingegen erzählt uns ihre sehr schöne und stolze Geschichte ganz offen – und teilt damit ein Nebeneffekt, den sehr viele Frauen bei einer spontanen Geburt erleben…
“Die Geschichte von Emmis Geburt beginnt für mich im Grunewald. Es war ein wunderschön sonniger Herbsttag und ich war gerade zwei Tage über Termin als wir durch den Grunewald spazierten. Statt 40 Minuten brauchten wir fast 3 Stunden für den Weg, der uns vorbei an der Sanddüne, dem Friedhof mitten im Wald, schließlich zur „Alten Liebe“, einem Schiffsrestaurant, führte. Die Wochen vor der Geburt, die Zeit, in der die Geburt immer näher rückte, habe ich als sehr besonders in Erinnerung. Dieses Warten aufs Baby, die unglaubliche Vorfreude, das Gespanntsein auf die Geburt war aufregend schön.
Ich bin überzeugt davon, dass es der lange Spaziergang war, der dazu führte, dass ich in der Nacht gegen 4:30 Uhr von der ersten Wehe wach wurde. Auf dem Weg zur Toilette lief mir klares warmes Wasser die Beine herunter. Noch völlig schlaftrunken wurde mir langsam klar: heute ist es soweit!
Natürlich hatte ich zahlreiche Geburtsberichte gelesen und dachte daher, bis es richtig losgeht, wird es sicher noch lange dauern. Ich legte ein Handtuch ins Bett und wollte versuchen weiter zu schlafen. Surprise surprise! Es gelang mir keine 10 Minuten…
Mit den Worten „Johannes, wir bekommen heute unser Baby“ weckte ich meinen Freund. Wir riefen im Krankenhaus an und der Blasensprung durchkreuzte meinen Plan, so lange wie möglich zu Hause bleiben zu können.
Wir frühstückten noch, sagten unseren Familien und Freunden Bescheid, ich duschte sogar noch, dann machten wir uns auf den Weg zum Auto. Es war Sonntagmorgen gegen 7 Uhr und Kreuzberg schlief zum Glück noch. Im Auto waren die Wehen schon unglaublich heftig. Ich dachte immer, das steigert sich langsam…?!
Nach der ersten Untersuchung gingen wir spazieren. Die frische Luft tat gut. Die Schmerzen überfielen mich jedoch regelrecht. Die Pausen zwischen den Wehen waren kurz und ich hatte kaum Zeit mich zu erholen. Ich musste mich ein erstes Mal übergeben. Ich wollte jetzt einfach nur liegen. Wir gingen also ins Vorwehenzimmer und ich wurde ans CTG angeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt lag ich mit geschlossen Augen im Bett, fand keine bequeme Position und tönte bei jeder Wehe. Ich nahm kaum noch etwas wahr. Dass sich der Muttermund gut öffnete, es also gut voran ging, ließ mich kalt. Dass Johannes die ganze Zeit bei mir war, nahm ich kaum wahr. Aus Angst vor einer PDA hatte ich mich dagegen entschieden, kann an dieser Stelle aber sagen, dass ich bei der nächsten Geburt eine PDA nicht mehr kategorisch ausschließe.
Es war noch im Vorwehenzimmer, dass sich Emmis Herztöne zum ersten Mal verschlechterten. Johannes rief die Hebamme. Ihre Herztöne sollten sich auch später immer wieder verschlechtern. Statt in Panik zu geraten, empfand ich aber einfach nichts. Im Nachhinein habe ich daran manchmal zu knabbern, dass es mir einfach egal war. Ich war so mit meinen Schmerzen beschäftigt, dass ich als ich kurz vorm Notkaiserschnitt stand, einfach nur dachte: her mit der Vollnarkose! Ich wollte einfach nur, dass es aufhört. Daraus wurde aber nichts. Emmis Herztöne stabilisierten sich gerade so. Mittlerweile im Kreißsaal waren die Ärzte und Hebamme, die sich gegen den Notkaiserschnitt entschieden hatten, natürlich daran interessiert, dass das Baby jetzt möglichst schnell rauskommt. Leider war das für mich und meinen Körper fatal. Es ging einfach nicht voran. Das war der schlimmste Teil der Geburt. Ich hatte das Gefühl, dass es einfach nicht geht. Auch, dass der Kopf schon zu sehen war, motivierte mich nicht im Geringsten. Ich konnte nicht mehr, musste mich wieder übergeben. Der Ärztin dauerte das zu lange. Ich sollte mich auf den Rücken legen, die Beine angezogen und fand mich in der letzten Position wieder, in der ich gebären wollte. Die Presswehen ließen mich schreien, wie ein Tier. Ich weiß noch, dass ich vor mir selbst erschrak. Dann kam jedoch die Anweisung, ich solle nicht schreien, sondern den Kopf auf die Brust und pressen. Mit Anweisungen kam ich noch nie sonderlich gut zurecht (hallo Autoritätsproblem..) und mein Körper brachte es tatsächlich fertig, die Wehen einzustellen. Ich hatte keine Wehen mehr, es standen aber drei Leute vor mir, die erwarteten, dass ich presse. Ich presste also ohne wirkliche Wehe, ohne Zusammenarbeit mit meinem Körper, die Ärztin warf sich auf meinen Bauch und mit einem Flutsch war Emmi da. Ganz ehrlich- das Beste an dem Moment war, dass die Schmerzen sofort und komplett aufhörten. Emmi ging es gut. Sie war rosig und schaute mich an. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, war, dass ich stark gerissen war (Dammriss 3. Grades). Die Hebamme hatte vorher einen kleinen Entlastungsschnitt gemacht, der dann weiter gerissen ist. Wenn mich jemand fragt, wie stark die Schmerzen bei der Geburt waren, antworte ich immer: „So stark, dass ich nicht gemerkt habe, dass mein Damm komplett gerissen ist“. Ich wurde lange genäht und das war wirklich nur erträglich, weil ich Emmi im Arm hatte und wir uns die ganze Zeit anschauten.
Ich habe lange gebraucht, um mich von dieser Verletzung zu erholen, sprich: mein Wochenbett dauerte wirklich 6 Wochen. Zum Glück wurde es gut genäht und ich habe mittlerweile keine Beschwerden mehr. Das kann bei einem Dammriss diesen Gerades, der übrigens sehr selten vorkommt, auch ganz anders aussehen. Der Riss machte mir weniger körperlich zu schaffen, als vor allem mental. Zu wissen, was „da unten“ passiert ist, beschäftigt mich heute noch. Natürlich frage ich mich, ob es vielleicht nicht passiert wäre, wenn ich mal ermutigt worden wäre, aus dem Bett aufzustehen und mich mehr zu bewegen, eine andere Geburtsposition eingenommen hätte, die Hebamme nicht geschnitten hätte… hätte hätte Fahrradkette. Am Ende zählt, dass Emmi völlig gesund zur Welt kam. Für die nächste Geburt weiß ich dafür viel genauer, was ich will. Und ein bisschen stolz bin ich auch, dass ich es aus eigener Kraft geschafft habe, Emmi zur Welt zu bringen.”
Vielen Dank liebe Jana, für Eure Geschichte. Es ist schön zu hören, dass Du körperlich keine Beschwerden mehr hast, weil es eben viele Frauen gibt, die sehr lange von Schmerzen begleitet werden. Und auch wenn das Kopfkino immer mal wieder angeht – Du kannst verdammt stolz sein finden wir!
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Für unsere Serie “The Day that…” freuen wir uns über jede Mummy unter Euch, die einen Gastbeitrag schreiben und ihre Erlebnisse mit uns teilen möchte – Bei Interesse schreibt uns eine Nachricht an: info@mummy-mag.de
4 Comments
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Nora
Liebe Jana, ich habe ebenfalls diese schwere Geburtsverletzung erlitten und das nach einer Schwangerschaft, in der ich nur am Tropf oder in der Kloschüssel lag – ganze 41 Wochen. Ich bin dankbar für meine gesunde und ziemlich coole Tochter, aber ehrlich gesagt, ein zweites Mal diese Tortour durchleben? Never!
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Vanessa
Liebe Jana, das hast du wirklich wundervoll geschrieben! Es hat mich ein großes Stück an die Geburt unseres Sohnes im April erinnert (ein Tag, den ich auch nie vergessen kann). Ich war auch um kurz nach vier aufgewacht, habe mich noch geduscht und gefrühstückt, bis wir dann kurz nach sieben zum Krankenhaus gefahren sind. Uns schickte man ebenfalls zum spazieren gehen – bei mir ging es jedoch mit den Schmerzen bis, ja bis die Fruchtblase geplatzt war. Ich dachte ich würde sterben (davon war ich in diesem Moment wirklich überzeugt) – bei Sebastian fielen dann, wie bei euch, ebenfalls die Herztöne ab – aber auch ich schaffte es aus eigener Kraft, ihn auf die Welt zu bringen 🙂 und eine halbe Stunde später war er endlich da – leider bin auch ich zu dem Schnitt den der Arzt gemacht hatte zusätzlich gerissen, aber das war mir egal 😉 ich hatte mir vorher vorgenommen eine PDA zu nehmen, allerdings meinte die Hebamme dann zu mir, dass es dafür zu spät wäre – gut, für das nächste Mal (wenn wir das Glück haben) weiß ich das 😉 euch noch alles Gute und eine wunderbare Zeit!
Johannes
❤️