The day that… Luca was born!
Unsere heutige Gast-Mummy Lina hatte eine Bilderbuch-Geburt, wie sie selber sagt. Die Sache mit den Wehen hat sich zwar ziemlich hingezogen, dafür war die Geburt in 2,5 intensiven Stunden und super Anfeuern der Hebamme geschafft…
Wenn ich schwangere Frauen sah, taten sie mir leid: „Wenn die wüssten, was noch auf sie zukommen würde.“ – dachte ich immer. Ich selbst erlebte eine Bilderbuchgeburt, wenn es denn so etwas gibt. Trotzdem brauchte ich ein paar Wochen um alles zu begreifen, zu verkraften und zu verarbeiten.
10 Tage vor dem errechneten Geburtstermin war ich bei meiner Gynäkologin. Der Muttermund bereits 2 – 3 cm geöffnet, das Baby eher klein und zart, aber kerngesund. Zwei Tage später war ich bei meiner Hebamme zur Akupunktur. Eine Untersuchung war nicht notwendig. Vor den Weihnachtsfeiertagen sagte mir mein Bauchgefühl aber, dass sie mich noch einmal abtasten sollte. Sie stellte fest, dass ich Fruchtwasser verlor. Zur Sicherheit und genaueren Kontrolle sollte ich ins Krankenhaus fahren. Geburtsanzeichen hatte ich keine, trotzdem nahm ich sicherheitshalber meinen Mann und die Geburtstasche mit. Ich war entspannt!
„Sie werden nicht mehr ohne Kind nach Hause gehen.“ Das sagte mir die Hebamme im Krankenhaus. Natürlich waren wir vorbereitet, als die Geburt aber so kurz bevor stand, kam sie „unerwartet früh“. Eine hochmotivierte Hebamme wollte noch am selben Tag „das Kind mit mir schaukeln“. Sie musste sich leider bis zur ihrer nächsten Schicht, am darauffolgenden Tag, gedulden – ich leider auch.
Alle Kreißsäle waren an diesem sonnigen Winternachmittag belegt, mein Mann und ich gingen nach dieser Erkenntnis gemütlich Mittagessen und kamen danach zurück. Die Geburt sollte eingeleitet werden, da ich nicht genau sagen konnte, seit wann ich bereits Fruchtwasser verlor. Meine Schwangerschaft verlief ohne Komplikationen, ich fühlte mich überwiegend fit und hatte ein gutes Körpergefühl. Dass ich unbemerkt Fruchtwasser verlor, verunsicherte mich. Gegen 18.00 Uhr bekam ich die erste Tablette, die Wehen auslösen sollte, gegen 22.00 Uhr die Zweite. In der Zwischenzeit stieg ich Treppen und machte Spaziergänge. Muskelkater hatte ich am nächsten Tag, Wehen wurden so aber nicht ausgelöst. Bei nächsten Mal nutze ich lieber jede Minute ohne Wehen, um mich zu schonen.
Mein Mann wurde gegen Mitternacht nach Hause geschickt, ich übernachtete neben einer frisch gebackenen Mama im Krankenhaus – wir beiden waren aus verschiedenen Gründen nervös und schliefen nicht. Um 2.00 Uhr bekam ich die ersten richtigen Wehen. Zumindest dachte ich, es seien welche. Im 2 – 5 Minuten-Takt zog es krampfartig durch meinen Körper – zu doll, um zu schlafen, zu wenig, um einer Hebamme Bescheid zu sagen. Um Punkt 6.00 Uhr war der Spuk vorbei. Frisch geduscht zeigte die morgendliche CTG-Untersuchung, dass die Tabletten ihre Wirkung verfehlt hatten – nächste Option: Wehentropf. Dauerhaft angeschlossen zu sein, machte mir Angst, ich bestand auf eine dritte Tablette – ich hätte auf die Hebammen hören sollen, denn auch diese brachte die Geburt nicht voran. Im Nachhinein glaube ich, dass mein Sohn gerne noch 1- 2 Wochen länger im warmen Bauch geblieben wäre.
Ich war frustriert, den Tränen nahe, unausgeschlafen und kaputt. Wie sollte ich in dem Zustand ein Kind bekommen? Körperlich ging es allen Beteiligten gut, nur meine Nerven lagen blank. Es waren keine unerträglichen Schmerzen, der Gedanke, dass die Geburt nicht voran ging, machte es so unerträglich zäh. Der Wehentropf wurde angeschlossen, ich bekam abrupt sehr starke Wehen. Leider wieder keine echten Geburtswehen. Solange ich meiner Hebamme zuhören konnte und lächelte, wäre die Geburt noch in weiter Ferne – nicht sehr ermutigend. Letzte Maßnahme: Fruchtblase sprengen. Das passierte um 15.00 Uhr. Immer noch am Wehentropf angeschlossen, startete mein Körper unmittelbar die Geburt, parallel wirkten die künstlichen Wehen auf mich ein. Ich zitterte am ganzen Körper, konnte kaum noch stehen, mir war eiskalt. Sofort wurde der Tropf entfernt und ich verlangte nach einem Schmerzmittel. Das waren also echte Wehen, aha. Das Schmerzmittel hätte meiner Meinung stärker sein können, taten aber gut. Außerdem half es mir sehr, ein Wärmekissen an meinen Nieren zu haben. Meine Wehen spürte ich nämlich überwiegend im unteren Rückenbereich. Ab diesem Zeitpunkt verschwand das Zeitgefühl und meine Erinnerung größtenteils mit ihm.
Ich konzentrierte mich auf die Wehen, ließ sie zu und verarbeitete sie. Auf Anweisung konnte ich zwischen den Wehenpausen recht gut entspannen und verspürte keinerlei Schmerzen. Während einer Wehe musste die Hand meines Mannes und das Krankenhausbett meinen Druck aushalten. Ich hatte Durst, konnte aber nichts mit Kohlensäure trinken, davon wurde mir übel. Die unattraktive Nierenschale, die mein Mann mir vor das Gesicht hielt und mich demonstrativ fragte, ob ich mich hier und jetzt übergeben wolle, hielten mich davon ab. Stattdessen half mir zuckersüße Caprisonne, die Übelkeit zu vertreiben und mich wieder ganz der Geburt widmen zu können.
Irgendwann hatte ich das Gefühl, mit meinen Kräften am Ende zu sein und fragte nach einer PDA. Dies sei kein Problem, meine Hebamme war sich aber sicher, dass ich das Kind ohne PDA wesentlich schneller auf die Welt bringen würde. Ich sollte mich noch ein letztes Mal anstrengen. Das motivierte mich, ich legte los. Kurze Zeit später konnte ich das Köpfchen spüren. Ein merkwürdiges Gefühl. Ich begriff nicht, was ich spürte, es lenkte aber vom Schmerz, der sich anfühlte als würde ich zerreißen, ab. Als der Kopf durch war, sollte ich auf die nächste Wehe warten. Ärztin und Hebamme lehnte sich zurück und warteten ab. Mein Körper wollte nicht mehr warten, so kam mein Sohn schneller als alle erwartet hatten, ein wenig überraschend und unsanft plumpsend auf die Welt – um 17.32 Uhr. Die Geburt hat insgesamt nur 2,5 Stunden gedauert. Zu dem Zeitpunkt kam es mir wie eine Ewigkeit vor und doch ging alles ganz schnell.
Die Nabelschnur war so kurz, dass mein Mann diese erst durchtrennen musste, bevor ich meinen Sohn anlegen konnte. Ich war erschöpft, erleichtert, glücklich und leer. Alles fühlte sich gut an ohne Konkretes zu fühlen, alles blieb stehen, als hätte ich für einen kurzen Moment nichts gehört, nichts gesehen, nichts gefühlt – alles war einfach gut. Wir blieben mindestens drei Stunden im Kreißsaal. Ich verlor sehr viel Blut, mein Kreislauf musste stabilisiert werden und ein paar Schürfwunden wurden verarztet. Wir lagen einfach nur da, schauten unser Baby an und waren froh. Die Zeit verging wie im Flug.
In der ersten Zeit mit meinem Sohn konnte ich kaum die Tage von den Nächten auseinander halten. Die Uhrzeit war egal, viel Tageslicht gibt es Ende Dezember in Deutschland sowieso nicht. Ich lebte in einem zeitlosen Raum und es fühlte sich wunderbar an.
Mittlerweile kann ich Geburtsberichte lesen, tue das sogar gerne. Ich kann schwangeren Frauen sagen, dass sie keine Angst vor der Geburt haben müssen, auch wenn jede individuell verläuft und ich nichts romantisieren möchte. Manchmal habe ich Angst, dass eine zweite Geburt ganz anders verläuft – wahrscheinlich verläuft sie ganz anders – manchmal freue ich mich aber auch auf hoffentlich noch eine Geburt. Okay, ich freue mich in erste Linie auf eine weitere Schwangerschaft und auf den Moment nach der Geburt, weniger konkret auf die Geburt. Es ist gut zu wissen, dass ich alles noch einmal so machen würde. Bei einem nächsten Mal würde ich mir wünschen, dass die Fruchtblase von alleine platzt und die Wehen ohne Hilfsmittel einsetzen. Ich würde gerne wieder mit derselben Hebamme, im selben Krankenhaus, mit dem selben Mann gebären. Und manchmal wünsche ich mir, dass ich genau wie beim ersten Mal nicht weiß, wie es abläuft. Vielleicht wird mir aber genau diese Erfahrung beim zweiten Mal helfen. Wer weiß, vielleicht darf ich dann ja wieder berichten.
Liebe Lina, vielen Dank für Deine Geschichte. Solche Bilderbuch-Geburten machen Mut und lassen Hoffen. Und wenn es in eine zweite Runde geht, freuen wir uns sehr über eine weitere Geschichte von Dir!
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