Izzy zu Besuch im portugiesischen Krankenhaus

Saskia und Janine sind nicht nur in Modefragen Expertinnen, Sie kennen sich auch ausgesprochen gut mit Notaufnahmen von innen aus. Ob es hohes Baby-Fieber oder ne Platzwunde am Kopf ist, die Boys legen vor Izzy und Helene mächtig vor. Bei meinem diesjährigen Familien-Sommerurlaub in Portugal haben wir allerdings unfreiwillig aufgeholt, was Zeit und Erfahrung in Notaufnahmen angeht und dabei ist mir erst bewusst geworden, wieviel besser man sich auf einen Notfall im Krankenhaus vorbereiten kann.

Was war passiert?

Aus unserer Reisegruppe waren weder Izzy noch ich betroffen, aber im Falle des Falles hätten die anderen sicherlich genauso auf dem Schlauch gestanden wie ich. Deswegen rate ich euch, trefft einige Vorkehrungen, um im „worst case“ besser vorbereitet zu sein.
„Worst Case“ bedeutete in unserem Fall, dass ein Mitreisender durch eine starke Welle so sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass wir einen Tag später erst den Notarzt rufen mussten, den Tag dann in der Notaufnahme eines ersten Krankenhauses verbracht haben, um abends in ein zweites Krankenhaus in eine andere Stadt verlegt zu werden, wo der Patient anschließend 4 Tage auf der Intensivstation verbrachte und dann weitere 3 Tage auf der normalen Station, bis er als (Rück-)Reisefähig eingestuft wurde und endlich entlassen wurde. Wir blieben bei ihm, das stand außer Frage, und verlängerten kurzerhand unseren Urlaub um 7 weitere Tage.

Der Urlaub zählt neben Weihnachten und Geburtstagen für die meisten von uns zu den schönsten Zeiten des Jahres und oft stehen tausend andere Dinge wie Checklisten und Besorgungen, Reiseplanungen und gültige Reisedokumente auf unserer To-Do-Liste bevor es los geht. Sich kurz vorher dann auch noch um eine sog. digitale Krankenakte zu kümmern, scheint stressig, wozu ich aber aufgrund meiner Erfahrungen der letzten Woche raten würde – 6 Tipps im Überblick

1. Kopien wichtiger Dokumente
Erstellt Kopien von allen wichtigen Dokumenten wie Perso / Reisepass / Führerschein/ europäische Krankenkarte (sowieso super nützlich z.B. bei Diebstahl) und legt alle Infos als Scan in eine Dropbox oder in einen Cloud-basierten Ordner wie zB Google Drive
–> Checkt die Zugriffsrechte der Mitreisenden und prüft die Vollständigkeit der Unterlagen
–> Die sog. ePA bzw eKA (elektr. Patientenakte/elektr. Krankenakte) sind leider immer noch Zukunftsmusik. Das heißt auf euren Krankenkarten gibt es praktisch keine Infos über euch, als die, welche außen draufstehen. Zugriff auf weitere Daten gibt es nicht und Ärzte obliegen der Schweigepflicht, dürfen also im Notfall auch nicht Infos an Mitreisende rausgeben. Daher macht es Sinn – sofern man sich datenschutzrechtlich damit einverstanden zeigt – eine eigene rudimentäre Akte aufzusetzen.

2. Detaillierte Infos zur Medikation
Welche Medikamente nehmt ihr selber? Habt ihr schon über eine bestimmte Zeit genommen? Und welche Medikamente nehmen eure Mitreisenden ein, in welcher Dosis? Das alles würde ich ebenso in Dropbox oder Ordner legen, mit Namen, Dosierung und Grund, ideal auch das „ab wann?“
–> klingt verrückt, wollten die Intensivmediziner aber haargenau von uns wissen. Ne bunte Pillenpackung und in etwa die Krankheit wogegen Medikamente genommen werden, reichen da leider überhaupt nicht aus!
–> Und fragt mal euren Partner was der regelmäßig nimmt und wogegen, da geht bei mir das „Tal der Ahnungslosigkeit“ schon los
–> Bei Reisen mit Kind wollen Ärzte auch wissen, wann und welches Antibiotikum zuletzt verabreicht wurde. Auch das würde ich empfehlen zu notieren

3. Kontakte von Ärzten
Wer sind die Hausärzte der Reisenden: wie heißt der Arzt, am besten mit Telefonnummer und/oder Email, sind Kontakte von Fachärzten nötig, z.B. Kinderarzt, Internist oder bei Schwangeren Gynäkologe und/oder Hebamme

4. Infos zum Versicherungsschutz 
Wie und wo sind die Reisenden versichert? Gibt es weitere Versicherungen (z.B. Auslandsreiseschutz) und was decken diese ab?

5. Tipp für Schwangere 
Wenn man schon im letzten Drittel der SSW ist, sollte man auch eine Flugbescheinigung mitnehmen. Ist man durch Krankheit gezwungen länger im Ausland zu bleiben als geplant, hat man diese bereits parat.

6. Weitere Kontaktpersonen
Wer muss eigentlich zu Hause alles informiert werden? Welche Verwandten? Der Arbeitgeber? Die Krankenversicherung? Gibt es Auskunftsvollmachten im Falle man ist nicht verheiratet um wichtige Infos einholen zu können?

Krankenbesuch im Hospital de FaroAnsonsten ist es unablässig englisch sprechen zu können. Mag irgendwie klar sein, aber ohne englisch kommt man in ausländischen Krankenhäusern nicht zurecht und was man nicht versteht, sollte man sich wiederholt erklären lassen, um ein Bild der Ernsthaftigkeit der Situation zu erlangen. Bei uns konnte die Person, die am meisten über den Patienten wusste gar kein Englisch und zusätzlich stand sie unter Schock, weswegen ich das dolmetschen komplett übernommen hatte. Die neue Gesetzgebung zu gefallenen Roaming-Gebühren im europäischen Ausland seit 15. Juni 2017 half mir zusätzlich ungemein, konkrete medizinische Begriffe während des Gesprächs mit den Ärzten zu googlen und natürlich auch dabei, Kontakt zu den Ärzten in Deutschland aufzunehmen und weitere dringend benötigte Infos einzuholen.
Welche Fragen solltet ihr euch noch stellen?

Bin ich als Mutter/Vater betroffen?
Dann sollten Mitreisende wissen, wie das/die Kind/er versorgt werden müssen. Sind diese noch klein, brauchen sie PreMilch oder Medikamente, welche und wie dosiert. Welche Do’s and Dont’s bei Ernährung und Gewohnheiten gibt es. Und ja, jemand „Fremdes“ kann die Rituale der Eltern nicht vollständig ersetzen, aber Kinder haben nunmal ihre Gewohnheiten und es bietet ihnen sicherlich Stabilität wenn Mitreisende diese berücksichtigen könnten.

Bin ich in einer Reisegruppe mit Freunden und Kindern unterwegs?
Dann checkt vorab, falls ihr keinen Shared Ordner mit Zugriff für alle Bereitstellen wollt, wer die Person ist, die Zugriff auf o.g. Infos hat. Und gebt zumindest die Kontaktdaten dieser Person weiter.

Bin ich chronisch krank oder hatte ich bereits eine schwere Erkrankung?
Dann sollte es Jemanden unter den Reisenden oder einen den Reisenden bekannten Kontakt geben, der den Krankheitsverlauf ungefähr kennt und auch ausreichend um dessen Behandlung weiß. Bedenkt dabei, das unmittelbar Betroffene unter Schock stehen können und gut betreut werden müssen, damit sie die Situation durchstehen. Gleiches gilt natürlich auch für Kinder!

Bin ich außerhalb der EU verreist?
Früher gabs den Auslandskrankenschein, heute die Versichertenkarte mit EU Siegel. Das heißt in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie in den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) haben Versicherte bei vorübergehenden Aufenthalten Anspruch auf medizinisch notwendige Leistungen. Dabei gelten dieselben Bedingungen wie für die Versicherten des Gastlandes. Mit einigen weiteren Ländern wie Israel, Tunesien oder der Türkei wurden Sozialversicherungsabkommen getroffen, die auch den Krankenversicherungsschutz einschließen. Bei Ländern die nicht zu oben genannten zählen, muss man sich explizit um weiteren Versicherungsschutz im Rahmen des Bedarfs kümmern. Denn nur wenn ein versichertes Mitglied nachweisen kann, dass es keine private Auslandskrankenversicherung abschließen konnte, können gesetzliche Krankenkassen maximal sechs Wochen im Kalenderjahr die Kosten von unverzüglich erforderlichen Behandlungen bei privaten Auslandsreisen auch in Staaten außerhalb der EU und des EWR übernehmen. Wenn man aber nicht gerade krank war oder zu jung/alt dafür ist, müssen Krankenversicherungen diese Kosten nicht erstatten.

Informiert euch daher in jedem Fall, welche Versicherungen für das jeweilige Reiseland nötig ist, um einen optimalen Schutz zu genießen. Checkt auch, ob ihr die Police oder eine andere Bescheinigung mit euch führen müsst? Welche Leistungen müssen in Vorkasse gezahlt werden und was benötigen Versicherungen um die Rechnung(en) später zu tilgen?

PatientAssist – eine App als Digitale Patientenakte
Screenshot der App PatientAssist im Apple App-Store

Zu guter Letzt habe ich noch diese App gefunden, aber noch nicht ausprobiert. Sie verspricht die Ablage sowie die Zusammenführung unserer Gesundheitsdaten, einen Notfallpass mit wichtigen Daten (Allergien, Notfallkontakt, etc.), eine Tagebuch-Funktion zur Dokumentation von Befindlichkeiten wie z.B. Schmerzen, Schlafverhalten, Stimmungen oder Ernährung mit Erinnerungsfunktion, ein Notfallsignal um bei vordefinierten Werten automatisch eine Vertrauensperson zu benachrichtigen und einem anschaulichen Medikationsplan (als PDF downloadbar) mit praktischer Erinnerungsfunktion.

Nur wir als Patient haben Datenzugriff, wir können allerdings unserer Familie oder unseren Ärzten ein temporäres Zugriffsrecht erteilen. Staatliche Stellen, Behörden und Versicherungen haben KEINEN Zugriff.

HIER gehts zur App und Infos findet ihr unter www.patientassist.de

Und dann noch eine weitere, allerletzte Sache: manchmal genügen schon die kleinsten Unstimmigkeiten, um eine schwere Erkrankung zu erkennen. Mangelnder Schlaf, ausbleibendes Hunger-Gefühl, eine flache Atmung oder eben anderes. Ich rate euch, wenn euch etwas „stutzig“ macht, redet mit der betroffenen Person und auch anderen darüber und zögert nicht, einen Arzt zu konsultieren. Unser Bauchgefühl gibt uns häufig recht und lieber irrt es sich, als dass wir die Chance verpassen jemandem zu helfen.

 

Foto Credits: von privat und aus dem iTunes App Store