
Wenn die Dieselfahrverbote in den Großstädten durchgesetzt werden und dein Auto nur noch das Benzin wert ist, was im Tank steckt, was machst du dann eigentlich? “Das wird nicht passieren” sagen die einen, “dagegen wird die Politik etwas unternehmen” hoffen die anderen. Aber es gibt sie ja längst, die Dieselfahrverbote, zum Beispiel in Stuttgart.
In Berlin gibt es sie noch nicht, aber auch hier sind sie angekündigt und werden kommen. Wir haben mit jemandem gesprochen, der seinen SUV vorsorglich gegen einen Elektro-Smart eingetauscht hat und wollten unbedingt wissen: Wie gut oder schlecht funktioniert das denn eigentlich?
Laut der Studie „Mobilität in Deutschland“ vom BVDI ist die Pkw-Flotte seit der letzten Erhebung, auf mittlerweile gut 43 Mio. Fahrzeuge in den privaten, deutschen Haushalten angewachsen. Anders als noch vor 10 Jahren, kommt damit mehr als ein Auto auf jeden deutschen Haushalt. Die Ausstattung wächst insbesondere in den ostdeutschen Ländern und ländlichen Regionen. Außerhalb der Städte verfügen inzwischen 90 Prozent der Haushalte über mindestens ein Auto. Innerhalb dieses Bestands, haben SUVs, Geländewagen und Vans ihren Anteil im Vergleich zu 2008 von etwa zehn auf nun etwa 20 Prozent verdoppelt.
Unser Gesprächspartner Steffen wohnt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin und hat entgegen den Trend, seinen SUV verkauft und sich einen Elektro-Smart gekauft.
Steffen, du fällst bei der nächsten Erhebung des BVDI aus der Statistik – wie kam es dazu, dass du deinen Familienwagen verkauft hast und jetzt einen Zweisitzer fährst? Wieso?
Steffen: Ich bin tagsüber geschäftlich sehr viel mit dem PKW in der Stadt unterwegs. Sowohl das Stau-Aufkommen, als auch die immerwährende Parkplatzsuche haben mich über die Jahre sehr unzufrieden gemacht. Ich wollte endlich raus aus dieser unerträglichen Situation. Der Umstieg auf mein Fahrrad hätte nicht funktioniert, da ich zu Terminen sehr förmlich (das heißt nicht verschwitzt) und mit einigem Equipment erscheinen muss.
Als direkt vor unserem Büro einer von drei Parkplätzen zu einem E-Parkplatz mit Stromsäule umgebaut wurde, hab ich mich mit dem Gedanken getragen, auf ein Elektroauto umzusteigen.
Wieso hast du dich für einen Elektro-Smart entschieden?
Steffen: Der Smart war von Anbeginn an als Elektroauto konzipiert, aber beim Ausrollen der Idee scheinen sich die Prioritäten verschoben zu haben. Ich fand den Smart irgendwie lustig und dachte für die Stadt braucht man auch nichts anderes. Andere E-Modelle, wie zum Beispiel von Herstellern wie Renault oder Nissan fand ich vergleichsweise nicht so cool und ein Tesla war mir noch zu teuer.
Meine Frau fährt einen eignen Kombi, und wir brauchten daher nicht zwei große Autos. Das ist unser Fallback für Ausflüge mit der Familie. Und eine Person kann ich im Smart ja auch immer mitnehmen.
Wie sind jetzt deine Erfahrungen mit dem Elektro-Smart? Du fährst ihn jetzt seit ca. ein Jahr lang. Haben sich deine Erwartungen erfüllt?
Steffen: Ja genau. Meine Erwartungen haben sich erfüllt. Den Smart zu fahren bringt mir große Freude. Das Auto beschleunigt viel schneller als mein altes Auto und ich bin sehr schnell und wendig in der Stadt unterwegs. Ich kann zum Beispiel in einer einspurigen Straße wenden und natürlich finde ich viel leichter Parkplätze. Den E-Parkplatz vor meinem Büro benutze ich andauernd. Um die Batterie aufzuladen, benötigt der derzeitige Smart zwar noch viele Stunden, aber die Ladetechnik der neuesten Generation in naher Zukunft nur noch ca. 15 Minuten für 80%.
Gab es gar keine Überraschungen oder Herausforderungen mit deinem Elektroauto?
Steffen: Doch, die gab es schon auch, aber das hatte ich so nicht erwartet.
Der Hersteller hat es mir extrem schwer gemacht einen Elektro-Smart zu kaufen. Ich wusste sie werden produziert, aber ich habe nirgendwo die Möglichkeit gefunden einen Elektro-Smart zu kaufen. Weder online, noch bei einem Händler. Ich bin daraufhin mit Daimler in direkten Kontakt getreten und wollte herausfinden, wann und wo ich einen kaufen kann. Ich wurde permanent vertröstet, Daimler selber konnte oder wollte mir einfach keine Auskunft geben.
Das fand ich ziemlich verrückt, denn normalerweise müsste doch ein Automobilhersteller Interesse daran haben, seine Autos zu verkaufen. Zwischenzeitlich habe ich sogar bezweifelt, ob das Auto noch produziert wird. So hieß es dann eine ganze Weile “ja kommt, bald, wann genau, können wir nicht sagen, aber ja, kommt”. Naja und irgendwann hat sich Daimer dann endlich mal zurückgemeldet und ich habe ihn dann bekommen. Das war aber in keinster Weise vergleichbar mit dem Prozess einen Benziner oder Diesel zu kaufen. Ich fand den Service des Herstellers hier ziemlich schwach.
Der zweite Punkt ist die Batterie.
Zum Vergleich, die Batterie in einem aktuellen Tesla 3 hat schon fünf Mal soviel Reichweite. Damit schafft man dann auch mal Überlandfahrten. Die neuen Batterie-Generationen sind also schon definitiv besser.
Ich gebe auch zu, wir haben noch nicht solche Verhältnisse wie beispielsweise in Norwegen oder Holland, wo ca. 1 Ladestation auf 500 Einwohner kommt. Deutschland ist da derzeit wohl fast um Faktor 10 hinterher. Aber früher oder später, wird das auch bei uns kommen.
Warum bist du dir da so sicher? Ich kenne leider kaum Menschen mit einem Elektroauto.
Steffen: Naja, das ist ziemlich leicht absehbar. Die EU hat 2009 bereits Richtlinien verabschiedet, welche jedem Automobilhersteller vorschreiben, wieviel CO2 ein durchschnittliches, neu zugelassenes Fahrzeug einer Marke ausstoßen darf. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Anzahl der verkaufbaren und oftmals besonders profitablen „dreckigen“ Modelle direkt damit zusammenhängt, wie stark der Absatz „sauberer“ Fahrzeuge angekurbelt werden kann. Die Hersteller müssen also alle an Alternativen arbeiten. Porsche zum Beispiel tut das schon merklich, denn die haben ansonsten eben Autos mit einem vergleichbar hohen CO2-Ausstoß.
Ich habe nur das Gefühl, die deutsche Automobilindustrie tut das alles noch sehr widerwillig. Dafür bin ich aber auch davon überzeugt, dass das alles unumgänglich ist.
Nehmen wir beispielsweise die Diesel-Fahrverbote, die werden umfangreicher durchgesetzt werden, als wir uns das momentan vorstellen können, einfach weil die CO2-Richtwerte von der EU noch viel schärfer reglementiert werden, als die Werte, die momentan in Deutschland erlaubt sind. Das zeichnet sich bereits ab. Unser Verkehrsminister Andreas Scheuer kämpft da einen Kampf auf verlorenen Posten, nur um die Automobil-Lobby zu befriedigen. Das Auto ist immer noch deutsches Kulturgut.
Ja, das Auto ist ein Statussymbol.
Steffen: Naja, nein, das ist eine Milieu-Frage. In “Proletenhausen” ist ein dickes, teures Auto sicher noch ein Statussymbol. In “Hipster-Ecken” ist das nicht so. Und dann gibt es noch so Hedonisten, die brauchen 3, 4, 5 Autos fürs gut fühlen, aber irgendwann ist dann dieser Reiz in der Regel auch vorbei.
Wie hat denn dein Umfeld darauf reagiert, dass du dein Familienwagen, gegen einen Elektro-Smart eingetauscht hast?
Steffen: Gar nicht. Es gab keinerlei Kommentare. Es gab null Bemerkungen.
Was heißt das abschließend? Die Straße ist ready, Politik und Hersteller müssen jetzt flott nachziehen, um den Umstieg frühzeitig attraktiv zu machen?
Steffen: Na für frühzeitig ist es zu spät. Die deutschen Automobilhersteller haben den Einsatz der Elektro-Mobilität verschlafen. Oder die haben auf ihre alten Seilschaften vertraut (siehe auch #dieselgate). Vermutlich beides.
In München gibt es ein Startup namens Sono Motors, welches ein Elektroauto mit Solarzellen herausbringt. Es soll weniger als 20.000 Euro kosten. Das beobachte ich.
Ansonsten finde ich große Autos langfristig in der Stadt wirklich total idiotisch. Ich wäre sofort dafür, den ÖPNV und Bahnverkehr deutschlandweit gratis anzubieten und deren Budgets um ein Vielfaches aufzustocken, um Service, Taktung, Instandhaltung signifikant zu verbessern. Den dadurch gewonnenen Parkraum würde ich massiv mit E-Tanksäulen aufstocken, um es als klare Alternative zu Verbrennungsmotoren sichtbar zu machen. Wenn beispielsweise an einem Platz mit 150 Parkplätzen, keine einzige E-Tanksäule steht, wie sollen Elektroautos dann überhaupt von der Masse der Bevölkerung wahrgenommen werden?
Vielen Dank Steffen.
Das Gespräch mit dir war sehr interessant und hat uns völlig neue Einblicke verschafft.
PS: Zum Thema Autos als Statussymbol: Der Pkw-Führerscheinbesitz hat sich insgesamt leicht reduziert. 87 Prozent der ab 17-Jährigen verfügen in 2017 über die Auto-Fahrerlaubnis – zwei Prozentpunkte weniger als noch 2008. Der Anteil verringert sich vor allem in der Altersgruppe der unter 30-Jährigen. In den weiteren Altersgruppen unter 50 Jahren geht er in geringem Umfang ebenfalls zurück. Unter den 50- bis 60-Jährigen bleibt er stabil. Bei den Seniorinnen und Senioren überschreitet er dagegen inzwischen die 80-Prozent-Marke.

Genau Zero Tankstellen…
gibt es bei mir oder bei unserem Interview-Partner Steffen im Kiez. Die nächste Ladesäule grenzt erst an den nächsten Bezirk und dafür, dass Stadtteile wie Berlin-Kreuzberg konsequent über Jahre hinweg grün wählen, finde ich das sehr erstaunlich.
Noch krasser ist es natürlich auf dem Land. Unsere Gast-Autorin Alex, die auf dem Land, nahe der Luxemburgischen Grenze wohnt, sagt „sowas gibt es hier leider gar nicht“. In Luxemburg gibt es 12 Elektro-Tankstellen und ich persönlich frage mich, wie schnell reguläre Tankstellen, eigene Ladesäulen anbieten. Immerhin halten sie eine komplette Infrastruktur zum Bedanken und Services drumherum, für die Kunden vor. Warum also sollten Sie diese Kunden nicht bedienen.
Zur Info: normale Steckdosen können Elektro-Autos auch aufladen, allerdings dauert das aufgrund der gedrosselten Leitung, einfach um ein vielfaches länger.
Um rauszufinden, ob ihr eine oder mehrere Elektro-Tankstellen in eurer Nähe habt, könnt ihr HIER online überprüfen.

Unsere erste MUMMY MAG MOBILITÄTSWOCHE beschäftigt sich sieben Tage lang mit dem Thema “Fortbewegung”.
Wir lassen euch ganz nah heran an unsere mobile Seite, an unser Verständnis von Verkehrserziehung und an nützliche, lebensrettende Accessoires die ihr für den Verkehrs-Dschungel kennen solltet. Ist euch eigentlich bewusst, wie sehr Kinder die Mobilität ihrer Eltern beeinflussen, sobald sie auf der Welt sind? Uns schon, deswegen stellen wir uns eine Woche lang den neuen Herausforderungen im Straßenverkehr.
Hey, interessanter Artikel, aber entstand der in Zusammenarbeit mir smart (recht offensichtliche Werbung/Nennung) oder einfach aus reinem Interesse am Thema Elektromobilität?
Hallo Marie,
nein, der Beitrag entstand nicht in Zusammenarbeit mit Smart.
Es ist eher Zufall, dass unser Interview-Partner einen Elektro-Smart fährt und er sagte uns im Gespäch, dass er eben Nissan oder andere Hersteller nicht so attraktiv fand.
Darüber hinaus gab es auch konkrete Kritik an Smart, denn der Bestellprozess war langwiedrig und unverständlich kompliziert, mit wenig Support-Bereitschaft. Das spricht leider nicht für den Hersteller.
Hast du auch Interesse an einem Elektro-Smart?
Liebst, Madeleine