Als junge Mutter ist man sehr verunsichert, wenn das erste kleine Baby einen Zahn bekommt, und man den schon putzen soll, das Baby aber leider so gar nichts davon hält. Was rät’s Du?
Ab dem ersten Zahn muss man tatsächlich einmal täglich die Zähne mit einer Babyzahnbürste und floridierter Kinderzahnpasta putzen. Zu bedenken ist, dass man dann aber die Flouretten absetzt oder gegen Vigantoletten austauscht.
Und welche Tricks hast Du für ältere, also Kleinkinder, die nicht putzen wollen?
Tatsächlich kommen die Kinder altersbedingt immer wieder in Phasen in denen sie nicht Zähne putzen wollen. Wir empfehlen die Kinder hinzulegen und dabei ein Lied zu singen oder im Extremfall sie sogar festzuhalten. Man nimmt ihnen dabei nicht die Lust am Zähneputzen und muss dabei auch nicht allzu lange putzen, sondern nur versuchen überall hinzukommen und wenn man sie wieder ziehen lässt, sind sie meist auch wieder gut gelaunt.
Ich selber pflege mit meinen drei Kinder zu Hause so eine Mischform, jeder putzt erstmal selbst und ich putze nach, aber leider wirklich nicht immer. Oft bin ich schon froh, wenn sie zumindest einmal die Zahnbürste im Mund hatten. Wie schlimm ist es wirklich, wenn wir das putzen mal ausfallen lassen?
Abends sollte man wirklich immer einmal kurz nachputzen und es wirklich ganz wegzulassen sollte die ganz große Ausnahme sein.
Ein weiteres wahrscheinlich verpöntes Ritual ist bei uns, dass man aus einem bunten Strauss Zahnbürsten (inklusive unserer) sich täglich eine auswählen darf. Bakterientechnisch wahrscheinlich eine Katastrophe. Was sagt Frau Doktor?
Die Mundflora innerhalb einer Familie ist meist sowieso schon vermischt und trotzdem sollte man versuchen, dass wirklich jeder seine eigene Zahnbürste hat.
Zumindest haben wir – toi toi toi – bisher kein Karies unter den Kids entdeckt und die gehen zumindest mit mir zum Zahnarzt oder machen bei der Kita Untersuchung artig den Mund auf. Deine werden wohl eher täglich statt jährlich kontrolliert?
Nein, auch Zahnärzte haben mal Feierabend ;-). Aber ein bis zweimal pro Jahr zum Zahnarzt zu kommen ist schön, weil die Kinder sich einfach daran gewöhnen und keine Angst vorm Zahnarzt haben, weil es nur eine Kontrolle ist und es ein Belohnungsgeschenk gibt. Ich empfehle sogar als Tip bei Kindern ab vier für die letzten Zahnzwischenräumen der letzten 2 Milchbackenzähne Zahnsticks zu benutzen. Auch wenn es überambitioniert klingt, sind es letztendlich nur 4 Stellen, die meistens eng stehen und sonst kann es später im Schulalter ein böses Erwachen geben. Außerdem ist es alles wirklich eine Frage der Übung und Gewöhnung!
Mein Kleinster liebt übrigens Zahncreme als Nahrungsmittel. Wie schlimm ist das und wie verhält sich das mit dem Fluorid? Und wie sieht das bei der Zahncreme für 6jährige aus, die haben wir hier ja auch schon…
Immer wieder kursiert leider das Gerücht, dass Fluorid giftig sei, das stimmt nicht, man muss Fluor deutlich von Fluorid unterscheiden .Flurorid ist ein großer Pfeiler gegen Karies und es ist toll, dass es in Deutschland verschieden dosierte Kinderzahnpasta gibt. Die darf auch mal. aber nicht zu oft gegessen bzw. beim putzen von Kleinkindern verschluckt werden. Außerdem gibt es Juniorzahnpasta, die Kinder ab 6 benutzen sollen und ich empfehle auch 1x wöchentlich das elmex gelee!
Lange Zeit sehr beliebt war bei uns der Schnuller. Was hälst Du wirklich von ihm und sind Fehlstellungen wirklich bewiesen? Durften/dürfen Deine Kids schnullern?
Babies dürfen schnullern, Kleinkinder bitte höchstens zum Einschlafen schnullern lassen, bei Müdigkeit und Kummer anderen Trost geben und bis maximal drei Jahren absetzen!
Welche Tips hast Du noch oder was sollten wir unbedingt noch wissen?
Man sollte versuchen Babies mit 6-12 Monaten nachts und zum einschlafen die Brust und die Milchflasche abzugewöhnen! Das gilt also quasi ab dem ersten Zahn und betrifft neben dem Einschlafen mit Milch, das nächtliche Bedarfsstillen oder die Flasche. Abends sollte man das nachputzen solange beibehalten bis die Kinder Schreibschrift schreiben können!
Warum bist Du Zahnärztin geworden und was ist das schönste an Deinem Beruf?
Weil ich die Mischung aus dem medizinischen, dem „basteln“ und dem Kontakt mit den kleinen Patieneten so schön fand.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für Baby Nummer drei.
Ich konnte Kora übrigens doch noch entlocken, dass auch ihre Tochter mal mit der Milchflasche ins Bett geht, geputzt wird danach aber trotzdem noch, auch wenn sie schon schläft…
Kora ist Kinderzahnärztin bei den
kidsdocs in Berlin-Mitte.
Wir waren heute furchtbar miserable Eltern. In der Früh haben wir irgendwie alles verpasst, Sportzeug der Jungs vergessen und nicht Zähne geputzt. Und genau heute kommt der Zahnarzt in den Kindergarten.
Haha. Kenn ich!
Darf ich noch einmal nachhaken, warum die Brust mit spät. 12 Monaten abzugewöhnen ist? In anderen Ländern ist das Stillen ja sogar noch länger üblich.
Ist Muttermilch so schädlich für Milchzähne?
Ich habe mich mal eben bei Kora erkundigt, für sie ist die Antwort klar:
„Jede Milch (Kuhmilch, Babymilch, Sojamilch etc., aber eben auch Muttermilch) enthält Milchzucker. Dieser sollte nicht zum einschlafen und auch nicht nachts nach Bedarf bei Kindern mit Zähnen gegeben werden. Das heißt natürlich NICHT, dass Stillen ungesund ist, sondern nur nach dem Zähneputzen, wenn sich die Milch wie ein Film auf die Zähne legt und die Zähne schädigen kann.“
Oh okay! Mhmmm… dann müssen wir hier auch mal schauen, wie wir unsere Kleine auf Wasser umstellen können 😉
Vielen lieben Dank für das informative Interview und fürs Nachfragen <3
Sehr gerne.
Nächtlichrs Stillen und Flaschenernährung sind nicht gleichzusetzen, wenn es auch viele Zahnärzte tun. Schon allein durch die Lage der Brustwarze sind die Zähne nicht der gleichen Umspülung wie beim Trinken aus der Flasche ausgesetzt. Auch sonst gibt es keinen Beleg, dass das nächtliche Stillen explizit Karies- fördernd ist. Siehe auch: https://www.stillen-institut.com/asp_service/upload/content/FACHARBEIT-MUTTERMILCH-UND-FRUEHKINDLICHE-KARIES-Plattner-Kathrin-Veronika.pdf
Ein nächtliches Abstillen ist also nicht notwendig. Liebe Grüße, Anja