The Day that…
Lilith was born!
Maria hatte eigentlich noch 2 Wochen bis zum errechneten Termin, aber ihr “Bauchgefühl” sagte etwas anderes. So stellte sich nach einer schlaflosen Nacht, zwei Wannenbädern und zwei Spaziergängen heraus, dass Baby Lilith sich auf den Weg gemacht hatte. Die ganze Zeit dabei und auch noch zu Späßen aufgelegt, Marias Freund. Der fand die zerquetschte Hand sicher nur halb so schlimm, denn die Geburt verlief gänzlich ohne Komplikationen und beschimpft wurde er – entgegen seiner Erwartung – auch nicht. Aber lest selbst…
”Man findet nicht häufig geduldige Zuhörer, die sich so eine Geschichte bis zuletzt anhören wollen.”
Für mich gehört das Reden über die Geburt aber zu einer Geburt dazu. So kann auch der eigene Kopf das Geschehene nochmal Stück für Stück verarbeiten. Die Geschichte für euch aufzuschreiben ist ein schöner Anlass, die Geburt unserer Tochter Lilith Cecila noch einmal im Geiste zu erleben.
Meine Erinnerung an Lilis Geburt setzt einen Tag vorher ein. Ich war, wie die ganze Schwangerschaft lang, topfit. Es war zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und die Frauenärztin hatte mir noch zwei Tage zuvor versichert, mich zur nächsten Untersuchung, in einer Woche, wieder zu sehen. Ich war mir da nicht so sicher, denn alles zog weiter nach unten als sonst und ich wusste, dass Lili schon lange in Startposition lag. Ich war mir sogar ziemlich sicher, dass es früher losgehen würde. Ein Bauchgefühl halt…
Am Donnerstagabend wartete ich also auf meinen Freund um ihm von der Vorahnung zu erzählen. Er kam spät von einer Veranstaltung und wollte meine Vermutung nicht richtig glauben. Er beschwichtigte mich etwas, denn ich war schon seit ein paar Tagen voller Freude endlich Lilith begrüßen zu können und wollte auch nicht mehr warten. Wir gingen ins Bett um zu schlafen, was ihm auch nicht schwer viel. Ich bekam hingegen kein Auge zu und googelte allerhand zur Geburt. Plötzlich fühlte ich mich so unvorbereitet obwohl unzählige Checklisten unsere Flurwand gestalteten…
Langsam wurde das Ziehen stärker und so versuchte ich die Abstände zu berechnen. Trotz Apps als Hilfe, scheiterte ich, da ich mich einfach nicht richtig konzentrieren konnte. Um zu testen, ob das Ziehen weniger werden würde, ging ich in die Badewanne und stellte fest, dass es nicht aufhörte. Wieder im Bett, schlief mein Traummann immer noch fest und so versuchte ich es auch nochmal. Es gelang mir wieder nicht einzuschlafen, weshalb ich die Zeit nutzte, mich in der Klinik meiner Wahl telefonisch anzukündigen. Dort riet man mir, so lange wie möglich daheim zu bleiben. Das entsprach auch meinen Vorstellungen. Immer wieder probierte ich mich auszuruhen – leider mit mäßigem Erfolg.
Den Freitagmorgen und -vormittag verbrachte ich auf dem Sofa, um so lange wie möglich zuhause zu bleiben, wie man es mir auch geraten hatte. Mein Freund bewegte sich mittlerweile unruhig durch die Wohnung, denn jetzt hatte er plötzlich das Gefühl, dass man noch einiges organisieren müsste. Völlig unnötig, denn alles war ja schon seit langem vorbereitet, soweit das eine Geburt überhaupt zulässt. Gegen Mittag kehrte auch meine innerliche Unruhe zurück und wollte unbedingt, dass mich jemand untersucht. Ich war mir mittlerweile ganz sicher Wehen zu haben, aber ansonsten waren auf meiner Checkliste noch zu wenig Symptome abgehakt. So riefen wir beim Krankentransport an, den uns die Krankenkasse für wenig Geld spendierte, obwohl es die Straßenbahn wahrscheinlich auch getan hätte. Einen Blasensprung vor Zuschauern wollten wir uns aber ersparen und so kam der klapprige Wagen und holte uns ab. Unterwegs waren wir bester Stimmung. Wir machten Witze, ich lachte viel obwohl es mir immer schwerer fiel.
In der Klinik angekommen wurden wir herzlich begrüßt und erst einmal in ein Untersuchungszimmer mit CTG gebracht. Das Ergebnis war nicht besonders hoffnungsvoll. Es waren zwar Wehen, diese waren aber noch zu schwach. Auch die weitere Untersuchung brachte kaum etwas zu Tage. Durch eine Operation am Muttermund vor einigen Jahren konnten beide Hebammen, die ich im Laufe der Geburt kennen lernen durfte, nichts richtig ertasten. Als ich zurück zu meinem Freund gebracht wurde, standen mir die Tränen schon in den Augen, da ich auf gar keine Fall wieder nach Hause wollte. Ich war mir einfach sicher, dass die Geburt jetzt los gehen würde. Den Vorschlag, einen Spaziergang durch Pankow zu machen, nahm ich sofort an und so gingen wir für eine Stunde durch den Park.
Es war Freitagnachmittag, diesig und grau. Meine Stimmung war am Tiefpunkt. Etwas enttäuscht von meinem eigenen Körpergefühl gingen wir wieder zurück in die Klinik. Schichtwechsel. Neue Hebamme, neues Glück. Wieder CTG, mit stärkeren Wehen und Untersuchung ohne richtigen Befund.
Im Vorhinein habe ich mir eine Wassergeburt vorgestellt. Ich liebe es zu Baden und fühle mich damit einfach gut. Daher schickte mich die Hebamme in eine riesige Badewanne mit viel Wasser und gut duftenden Ölen. Es kurbelte einiges an, war aber nicht so entspannend wie erhofft. Mein Freund versorgte mich dauernd mit Wasser und versuchte mich mit Witzen und unendlich viel Reden bei Laune zu halten. Keine Ahnung, was er erzählt hat, aber es hat gewirkt, denn eine eine Stunde war schnell rum und die Hebamme erschien um mich wieder zu untersuchen. Es war nun endlich klar, dass wir bleiben durften. Erleichtert darüber entschied ich waghalsig einen zweiten Spaziergang zu machen. Frische Luft und Bewegung tut ja immer gut. Dachte ich… Also wieder rein in die Klamotten und raus aus in den kühlen regnerischen Abend. Ich glaube schon auf dem Weg nach draußen, habe ich diese Entscheidung bereut.
Die Wehen wurden immer heftiger und sehr schmerzhaft. Jeder Schritt war fürchterlich anstrengend. Mein Freund stützte mich den ganzen Weg und so gingen wir extrem langsam eine Runde um das Krankenhaus. Nach einer halben Ewigkeit, die in Wirklichkeit wohl eher nur 10 Minuten lang war, kamen wir endlich wieder in der Vorhalle an. Auf der Station folgte die nächste Untersuchung und dann ein sofortiger Umzug in den Kreißsaal. Erst jetzt hatte ich das Gefühl, dass die Hebamme mich richtig ernst nahm und akzeptierte, dass die Geburt in vollem Gang war. An Wassergeburt wollte ich gar nicht mehr denken, denn auf dem großen Bett angekommen, fühlte ich mich ziemlich wohl und wollte mich auf keinen Fall mehr bewegen. Ich wollte es erst einmal ohne PDA probieren, aber gegen einen Tropf mit Schmerzmitteln hatte ich nichts einzuwenden. Die Schmerzen wurden also erträglicher, wenngleich nicht weniger heftig. Immerwieder schielte ich zu dem Tropf, der langsam leer wurde und hoffte, dass die leichte Betäubung trotzdem anhalten würde. Während mein Freund sich seine Hand von mir zerquetschen ließ, hörte ich voll und ganz auf meinen Körper. Die diensthabende Hebamme war parallel mit einer anderen ähnlich weiten Geburt beschäftigt und ließ uns daher in Ruhe, was uns sehr recht war.
Doch plötzlich wurde es hektisch um uns herum. Die Hebamme kam rein und bereitete allerhand vor. Ein Arzt kam und ich musste untersucht werden. Die Herztöne des Babys waren abgesackt und etwas Blut wurde vom Köpfchen abgenommen, um es auf seinen Sauerstoffgehalt hin zu untersuchen. Der Befund war allerdings nicht weiter besorgniserregend und so musste die vorbereitete Glocke nicht benutzt werden. Wir wurden wieder alleine gelassen und ich konzentrierte mich auf meinen Körper. Als das nächsten Mal als die Hebamme kam, blieb sie bei uns und ließ sie mich zum ersten Mal das Köpfchen fühlen. Eine schöne, aber auch seltsame Erfahrung. Eine Wehe später kam der Kopf und mit der nächsten Wehe der Rest vom Körper.
Lili war, wie erwartet, ziemlich klein und leicht, aber glücklicherweise topfit. Sofort wurde sie mir, so weit es die Nabelschnur zuließ, auf den Bauch gelegt. Aber wo waren meine Emotionen? Alles war wie leer. Positiv leer. Nach der Nachgeburt, die einen guten Abschluss der Geburt mit sich brachte und dem Kappen der Nabelschnur durch meinen Freund, kam der Arzt wieder für die Wundversorgung. Außer ein paar Schürfwunden (welche noch lange schmerzten) und einem Minidammriß, war kaum etwas zu untersuchen. Währenddessen war ich völlig abgelenkt und im Grunde nur über dieses kleine Mädchen verblüfft, denn instinktiv robbte sie weiter auf meinem Bauch nach oben und suchte meine Brust. Woher sie diese Kraft nahm, war mir ein Rätsel. Unendlich dankbar für dieses Wesen lagen wir zusammen auf dem Bett und guckten es an. Erst als mein Freund meine Mutter noch im Kreißsaal anrief, kullerten mir ein paar Tränen über die Wangen. Das ist so eine Sache zwischen meiner Mama und mir. Ich muss da immer sehr schnell weinen…
Über die Zeit danach könnte ich auch noch so viel schreiben, aber es soll ja hier um die Geburt gehen. Im Kreißsaal waren wir in etwa eine Stunde, also nicht sehr lange. Daher kommt wahrscheinlich auch mein Gefühl, dass es alles zu schnell ging. Ich hatte kaum Luft um hinterher zu kommen.
Mein Freund ist mir während der Geburt kaum von der Seite gerückt, auch wenn er mir direkt nicht viel helfen konnte. Aber er war eine enorme emotionale Stütze, wofür ich ihm noch heute dankbar bin. Seine Erwartung, dass ich ihn die ganze Zeit beschimpfen würde, da er ja eine Art Verursacher war, hat sich zumindest bei der Geburt nicht erfüllt. Voller Liebe bin ich für die Beiden, die gerade so schön Mittagsschlaf machen, während ich im Garten mit Kaffee und iPad sitze, um diese für mich so einzigartige Erfahrung aufzuschreiben.
Mein Fazit
Ich würde nichts anders machen, wenn ich nochmal entscheiden müsste.
Nur eine Sache sollte sich jede werdende Mutter meiner Meinung nach überlegen: Wenn die Geburt gut verläuft, also Mama und Kind fit sind, dann sollte man vielleicht darüber nachdenken, lieber direkt danach nach Hause zu fahren.
Wir hatten ein Dreibettzimmer, inkl. unangenehmer Bettnachbarn plus Babys und deren halber Verwandtschaft, die fast den ganzen Tag neben meinem Bett saßen. Ich war den ganzen Tag auf den Beinen. Frühstück holen, Untersuchungen, Besuch, Mittagessen, Besuch, Abendessen holen. Zwischendrin immer wieder versuchen, das Stillen in Gang zu bringen. Ohne frisch gebackenen Papa die Nächte verbringen. Diesen Stress hätte ich mir viel lieber erspart. Ich glaube ein richtiges ruhiges Wochenbett wäre Lilith und mir besser bekommen. Die anfänglichen Stillprobleme hätten wir vielleicht verhindern können. Diese waren nämlich viel unangenehmer, als die ganze Geburt. Ich wusste leider nicht vorher, dass es kein Problem ist ambulant zu gebären. Aber beim nächsten Mal wünsche ich mir das.
Liebe Maria – wir danken dir für deine schöne Geschichte und sind gespannt ob deine nächste Geburt tatsächlich eine ambulante wird.
Für unsere Serie “The Day that…” freuen wir uns über jede Mummy unter Euch, die einen Gastbeitrag schreiben und ihre Erlebnisse mit uns teilen möchte – Bei Interesse schreibt uns eine Nachricht an: info@mummy-mag.de
Anne
Wie schön! und mir ging es leider, was den Krankenhausaufenthalt angeht ähnlich! beim zweiten Kind (inzwischen auch schon 20 Monate alt!) habe ich mich dann nach einer Blitzgeburt von 2,5 stunden nach weitern 6 Stunden auf den Heimweg gemacht und das nicht bereut! Trotz U2 beim Kinderarzt war das für alle wunderschön und dank Unterstützung von Hebamme und Großeltern die beste Entscheidung!