Aus dem Alltag in einer Großfamilie
Ich komme aus einer sehr kleinen Familie. Also wirklich überschaubar. Als ich ein Kind war, war ich tatsächlich immer das einzige Kind in der Familie, mit Eltern, Großeltern, Uroma und Tante. Das war es. Dass ich nun seit bald zehn Jahren mit einem Mann aus einer schwäbischen Großfamilie zusammen bin, hat vieles für mich verändert. Das wurde mit in den letzten zwei Wochen auf Familienurlaub in Süddeutschland wieder sehr bewusst…
Als ich ein Kind war, da war nur ich. Ich habe keine Geschwister und meine Cousins sind erst auf die Welt gekommen, als ich bereits volljährig war. Ich war nicht einsam, meine Eltern haben immer stark darauf geachtet, dass ich immer von anderen Kindern umgeben war. Ich bin in einen Kinderladen gegangen, den unsere Eltern selbst gegründet hatten. Wir waren fast alle Einzelkinder, unsere Eltern gut befreundet und wir hielten zusammen wie Pech und Schwefel. Urlaube haben wir fast immer mit anderen Familien gemacht, oft haben wir auch ein anderes Kind mitgenommen. Trotzdem gab es viele Momente des Alleinseins – oder der “Ruhe”, wie ich heute auch gerne sage. Ich musste nie teilen, wenn ich nicht wollte, hatte aber auch nie Schwierigkeiten damit. Vor Allem habe ich immer die gesamte Aufmerksamkeit und Liebe bekommen, was mich sicherlich sehr stark geprägt hat. Ich war nie der Mensch für eine Fernbeziehung oder lockere Geschichten – zu wichtig ist es mir ganz viel Nähe und Liebe zu bekommen. Ich hatte kein Austauschjahr gemacht und bin auch nicht zum Studieren weggegangen – ich glaube mit hat immer ein großer Abstand zu meinen Eltern etwas Angst gemacht. Und dann kam da der Mann – und seine fantastische Großfamilie. Natürlich hat mich besonders zu Beginn die Größe der Familie ein wenig überfordert. Ehrlich gesagt bereits, wenn wir mehrere Tage mit Eltern, Geschwistern und Partnern irgendwo gemeinsam waren. Die Arbeit, die so viele Menschen im Alltag machen, ist einfach unfassbar. Der Aufwand, Tagespläne und Aufgaben zu verteilen und abzustimmen glich einer täglichen Redaktionskonferenz. Mit einer kleinen Familie und nur einem Kind, ist es kein Problem ohne Plan in den Tag zu starten. Mit einer großen Familie, besonders mit kleinen Kindern, geht das schier überhaupt nicht. Schließlich haben Kinder ihre Schlaf- und Essenszeiten – und auch die Großen haben zwischendurch mal Hunger. Und damit man 14 Köpfe auch satt bekommt, gilt es nicht nur zu kochen, sondern man muss alles akribisch genau planen, Einkaufslisten schreiben und die einzelnen Aufgaben verteilen. Wenn dann noch weitere Familie (natürlich nur der enge Familienkreis) dazu kommt, dann ist man schnell bei 40 Personen gelandet und das Chaos ist nicht mehr aufzuhalten. Der Geschirrspüler läuft in gefühlter Dauerschleife, ständig ist man damit beschäftigt irgendwas aufzuräumen und mal alleine sein geht höchstens auf dem Klo. Naja, nicht ganz, denn da gibt es ja noch das eigene Kind, dass irgendwie immer genau dann auf Toilette gehen muss, wenn man selbst drauf sitzt…
Das Leben in einer Großfamilie ist auf jeden Fall aufregend. Ständig ist irgendwas, immer hat jemand etwas zu sagen. So saßen wir beispielsweise in der Silvesterrunde, als das Gespräch auf unsere Irgendwann-Hochzeit kam. Der eine meinte, wir werden “never ever heiraten” und hat sogar eine Wette drauf laufen, dann sagt wieder jemand, dass das ja wohl nicht ginge und wir ja wohl heiraten werden. Der nächste erwartet dass wir kirchlich heiraten, anderen ist das nicht so wichtig, “Hauptsache wir machen eine große Party”. Die Cousine (eine von den vielen) meines Freundes hatte mal geträumt, dass wir heimlich geheiratet hätten und es erst im Nachgang verkündet haben. Als ich anfing zu lachen und meinte, dass wir diese Option durchaus auch besprochen hatten, entfachte eine hitzige Diskussion, bei der ich nicht ganz sicher war, ob ich all diese Meinungen und Anspruchshaltungen hier ernst nehmen, oder geflissentlich ignorieren dürfe. Als ich meinen Freund darauf ansprach, meinte er nur, dass ich mir keinen Kopf machen soll. So ist das nun mal in einer Großfamilie, da hat jeder seine Meinung. Aber am Ende entscheiden wir für uns und da hat keiner Mitspracherecht. Puh, da habe ich noch einiges zu lernen, glaube ich…
Fantastisch war übrigens auch der Ausflug ins Schwimmbad mit Danilos Schwestern und den Kids. Als seine Schwestern sich mal für ein halbes Stündchen in die Sauna verzogen hatten und Danilo und ich mit den vier Kindern (plus das eine im Bauch) im Kinderland blieben, kassierten wir doch ziemlich viele Blicke, die zwischen Neugierde und Ungültigkeit schwankten. Denn alterstechnisch hätten die vier Mädels (9, 7, 3 und fast 2 Jahre alt) durchaus Schwestern sein können… Ganz nach dem Motto “Wir machen einfach weiter, bis irgendwann ein Junge kommt!” Hahahaha…
Insgesamt ist ein Familienurlaub in einer Großfamilie wirklich kein wirklich entspannter Urlaub, aber dafür einer, den man für nichts auf der Welt missen möchte. Trotz Aufwand, Abstimmungsprozedere und Lautstärke. Ich persönlich sehe das auch als kleines Trainingslager – schließlich ist unsere Familie bald auch etwas größer. Und meine kleinen Auszeiten werden zumindest im ersten Jahr wohl sehr beschränkt sein. Ich hoffe nur, dass das zweite Kind nicht ganz so viel quatscht wie die große Schwester. Falls doch, dann werd ich mich wohl auch daran gewöhnen. Und das nächste Wochenende in Großfamilie ist auch schon geplant – dann fahren wir bereits zu viert ins Schwabenland. Der große Vorteil wird dann sein, dass wir auch jede Menge helfende Hände und Babysitter haben werden…
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Muttersein ist definitiv die größte Herausforderung in meinem Leben – und das schönste Erlebnis überhaupt. Auch die großen und kleinen Nebenwirkungen möchte ich nicht missen. Und das Abendteuer geht weiter, denn schon die zweite Schwangerschaft verändert einiges. Um das regelmäßig mit Euch zu teilen, gibt es natürlich jeden Monat eine Schwangerschafts-Kolumne von mir, aber auch zu anderen Themen, z.B. mein kleines Coming-out “Ich bin ein Spießer” oder “5 Dinge, die ich heute anders machen würde“. Und natürlich noch viel mehr…
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