Das Stilltagebuch / Die Routine
Die ersten Wochen waren bei uns ja relativ turbulent, zumindest – oder vielleicht insbesondere – was das Stillen anging. Doch nach ein paar Wochen hat sich eine Art Routine eingestellt, die bei uns allerdings auch alles andere als entspannt war. Mit ein wenig Neid habe ich immer Freundinnen beobachtet, deren Babys tiefenentspannt an der Brust getrunken haben…
Wir waren natürlich eingespielt, ich hatte mein Kind schon besser kennengelernt und konnte Situationen besser einschätzen. Doch trotzdem klappte es bei uns nie ohne ein wenig Turbulenzen. Abends war klar, Helene bekommt die Muttermilch in der Flasche und ich setze mich an die Pumpe. Doch da sind ja noch eine ganze Menge „Stilleinheiten“ übrig, die gemeistert werden mussten. Nachts ging das wunderbar. Helene war schläfrig, schrie nur kurz wenn sie Hunger hatte. Ich legte mich zu ihr, habe sie angedockt, sie hat getrunken und dabei ist sie eingeschlummert. Diejenigen, deren Babys immer entspannt an der Brust getrunken haben werden jetzt denken dass das ja normal ist. Doch hätte eine von euch mein Supergirl tagsüber mitbekommen, hätte sie gewusst welch eine Errungenschaft es für mich war, dass sie wenigsten Nachts ruhig getrunken hat. Denn tagsüber hat sie so gut wie nie still an der Brust getrunken. Sie war unruhig, hat die ganze Zeit gezappelt, immer wieder gequakt und nach maximal zehn Minuten (in Wirklichkeit waren meisten nur fünf bis sieben Minuten, aber oftmals eine gefühlte Ewigkeit) habe ich keine Lust mehr gehabt.
Hinzu kam, dass Helene ein „Spuckkind“ war, wie sie im Buche steht. Sie hat also im Eiltempo und unruhig getrunken und dann die Hälfte wieder ausgespuckt – und trotzdem hat mein kleiner Wonneproppen es irgendwie geschafft, jede Woche knapp 400 Gramm zuzulegen. Ob ich einfach sehr sättigende, fette Milch hatte oder ob der Grund bei den Tonnen an Studentenfutter und Nüssen lag, die nur so in mich hinein schaufelte weiß ich nicht, aber man sagt ja nicht ohne Grund „Speikinder sind Gedeihender“. Ich kann das also aus persönlicher Erfahrung nur bestätigen!
Jedenfalls war es im letzten Jahr ja wirklich lange noch warm und ich, ehrlich gesagt, auch ziemlich unerbittlich. Ich habe mir also angewöhnt fast immer draußen auf einer Parkbank zu stillen. Ich war ja eh fast den ganzen Tag spazieren und wenn man sich ein ruhiges Fleckchen sucht, dann konnte ich wunderbar Helene stillen. Ob sie dann geschrieen hat oder nicht, war mir dann meist egal. Erstaunlich wie viel leichter das Schreien des eigenen Kindes zu ertragen ist, wenn man sich an der frischen Luft befindet. Unangenehm war mir das eher, wenn ich gerade in einem Café oder bei Freunden war. Immer hatte ich das Gefühl erklären zu müssen, weshalb das bei uns nicht so klappt – ohne eigentlich eine eigene Erklärung zu haben.
Es ist nicht so, als hätte ich nicht zig gute Ratschläge von allen Seiten bekommen. „Du musst entspannt bleiben“, „Setz dich anders hin“, „am besten du stillst im Liegen“ und und und. Glaubt mir, ich habe wirklich alles ausprobiert – ohne durchschlagenden Erfolg. Ich habe meine Hebamme mehrfach dazu gebeten und selbst sie meinte, da kann man einfach nichts machen. Auch der Kinderarzt konnte mir da nicht weiterhelfen. Und ehrlich gesagt, irgendwann haben mich all diese guten Ratschläge auch einfach nur noch genervt. Mein Kind ist nun mal wie sie ist und ich bin wie ich bin – und ich habe definitiv keine Engelsgeduld! Also habe ich bei jeder Gelegenheit das Weite gesucht und habe unterwegs unter einem Baum gestillt. Denn das war mein kleiner Geheimtipp – die rauschenden Blätter im Wind hatten eine überaus beruhigende Wirkung auf Helene und sie hat während dem Trinken immer wie hypnotisiert in den Himmel gestarrt. Ganz ohne Aufregung und Schreien versteht sich.
Was ich übrigens nie, niemals, nicht zugelassen habe ist, dass mein Kind meine Brustwarze als Nuckel missbraucht, wie es bei vielen meiner Freundinnen der Fall war. Den Tipp haben mir auch die Schwestern direkt im Krankenhaus mitgegeben. Die Brust ist zum Trinken da, nicht zum Nuckeln. Denn ansonsten ergeht es mir wie vielen Frauen – das Kind ist irgendwann so brustfixiert, dass das mit dem Abstillen eine regelrechte Tortour wird. Aber dazu komme ich dann im dritten Teil meines Stilltagebuchs…
Jedenfalls, mit meinem „ich stille Draußen“, der abendlichen Muttermilch-Flasche und dem nächtlichen entspannten Trinken, hatten wir eine wirklich ganz annehmbare Routine entwickelt und von Woche zu Woche wurde Helene auch etwas entspannter beim Trinken. Und während ich anfangs noch Fotos von der ausgespuckten Milch gemacht hatte und meiner Mutter geschickt habe mit der Frage, ob da denn überhaupt noch Milch im Kind geblieben sein kann, habe ich mich auch bald damit arrangiert, dass sie spuckt. Sie hat ja trotzdem ordentlich (und mehr als die meisten Babys) zugenommen. Ich habe lediglich eine weitere Großbestellung Spucktücher gemacht, damit ich nicht irgendwann mal ohne dastehe. Achso, ich habe außerdem immer Wechselklamotten dabeigehabt, denn es konnte schnell mal passieren dass Helene sich selbst von oben bis unten mit Milch bespuckt hat und komplett durchnässt war. Und ich habe allen Freunden, die Helene auf den Arm genommen ein frisches Tuch mit dazu gereicht und den liebevollen Tipp, dass sie es unbedingt zwischen sich und das Kind legen sollten 😉
Pingback: Das Stilltagebuch & das Abstillen… | Mummy Mag