EinsZweiDrei
“Schrecklich perfekte Frauen”
Die Süddeutsche Zeitung hat vor wenigen Tagen einen Artikel veröffentlich, der sich um das Fräulein Wunder 2.0 dreht, Karrierefrauen und Power-Mütter. In “Schrecklich Perfekte Frauen” beschreibt Autorin Nataly Bleuel einerseits eine Erfahrung mit einer ‘vermeintlich’ schrecklich, perfekten Frau und nimmt dies andererseits zum Anlass, die Meinung der amerikanischen Feministin Laurie Penny und ihr Buch “Der Körper als Kapital” kund zu tun. Camilla und Ich hatten unsere eigene Meinung dazu.
EinsZweiDrei – 1 Artikel, 2 Mummys, 3 Meinungen
Nataly Bleuel schreibt über “Frauen, die alles wuppen wollen und sich permanent selbst optimieren. Frauen, die funktionieren, die performen. Und deren Funktionstüchtigkeit und Overperformance jetzt – mal vorsichtig, mal vehement – kritisiert wird. Beispielsweise von der wütenden jungen Feministin Laurie Penny, die gegen den Neoliberalismus und die Anpassung der Frauen wettert. Vielleicht hat die Autorin einfach nur erkannt, dass man als Frau heute doch nicht immer alles haben kann, alles auf einmal, sofort.” Sie schreibt auch über Facebook-Vorstand Sheryl Sandberg und Kommunikationswissenschaftlerin Angela McRobbie. Die Eine predigt “mehr reinhängen, lean in!”, die andere warnt davor dass Frauen sich dann irgendwann nur noch in einem Hamsterrad bewegen.
“Wie konnte es so weit kommen? Ich erinnere mich, es begann Mitte der Neunziger, zu der Zeit, als ich zu arbeiten begann. Da nahmen drei Entwicklungen Fahrt auf: 1. Der Markt wurde seiner sozialen “Fesseln” entledigt. 2. Die Kommunikation wurde beschleunigt und verdichtet, digital, global, surreal. 3. Viele Frauen hatten erstmals in der Geschichte die Chance mitzumachen und wollten, selbstverständlich, auch die Top-Posten. Also begann das Kräftemessen, nicht nur mit Männern, sondern auch unter uns Frauen: Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist die Beste im ganzen Land? Die Beste der Klasse, die Beste im Studium, die Beste im Job, die beste Mutter mit dem besten Body, dem besten Mann?”
Madeleine:
Der Artikel ist gut recherchiert, das gefällt mir. Was mich dafür stört ist, dass die Autorin in dem Artikel Frauen anfeindet, die alles unter einen Hut kriegen wollen und denen das auch noch gelingt. Ich glaube schon, dass bei denen etwas auf der Strecke bleibt und dass das für andere von außen unverständlich sein mag …, aber wann wird eigentlich mal gefragt ob es diesen Frauen bewusst ist und sie sich dieses Leben, mit diesen Bedingungen ausgesucht haben? Mir wird im ersten Teil des Artikels zuviel von Klischees gesprochen… und wenn die Frau dann auch noch dünn ist – na klar – dann hatte sie Magersucht, was sonst?!
Camilla:
Klar werden da viele Klischees zusammengepackt, aber die extreme Anstrengung von Frauen ist meiner Meinung nach, schon überall zum Greifen nah. Und ich persönlich habe für mich auch die Erfahrung gemacht, dass man lernen muss, klare Abstriche zu machen. Alles auf einmal geht nun mal nicht alleine. Aber man kann Wege für sich finden, wie es mit Unterstützung geht. Und wir Frauen sollten aufhören Frauen zu kritisieren. Und wenn eine Frau das hinkriegt, dann sollte man das anerkennen, als hinter ihrem Rücken zu sagen, dass ihr Weg falsch sei… Aber da kann ich mir direkt an die eigene Nase fassen, weil ich auch oft urteile, ohne es zu wollen…
Es gibt Frauen in meinem Job-Umkreis, die keine Kinder haben und die verzweifeln ähnlich wie die hier beschriebenen Mütter, weil der Druck auf sie genauso steigt und sie nicht schaffen was sie schaffen wollen. Ich kenne sogar eine Frau die regelrecht den Mut verlor, weil sie bei all den Dingen die sie nicht schaffte, nicht mal anführen konnte, dass sie auch noch Kinder und Ehemann habe, sondern von außen betrachtet als Single eigentlich mehr Kapazitäten besitzen müsse, um all die vielen Anforderungen an eine Karrierefrau zu stemmen.
Ja genau, dieses “diese Mutter schafft alles – da stimmt doch was nicht”-Bashing muss genauso aufhören, wie das allgemeine abstempeln von Frauen, die nicht aktuell, gängigen Stereotypen entsprechen.
Eine Mutter die uns schon einmal als Vorbild gedient hat, sprach einen Tag nach Veröffentlichung des Artikels auf den 28. Nickelodeon’s Kids’ Choice Awards aus, was wir uns wünschen: “… one day I realized something, something that I hope you all realize: Different is good.” Parallel dazu veröffentlichte sie in den sozialen Netzwerken: “You can seek advice, learn about the options and make choices that are right for you. Knowledge is power.” Zwar sagte sie es in einem anderen Kontext, aber es gilt genauso für Karrierefrauen und Power-Mütter. Die Frau, die es aussprach, ist Angelina Jolie.
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Danke fürs Zuhören.
Wie ist eure Meinung zur Debatte um Karrierefrauen und Power-Mütter?
Findet ihr, dass Klischees den Kern der Diskussion verwässern oder werden genügend
Aspekte im SZ-Artikel beleuchtet?
8 Comments
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Sabrinabarbara
Ich finde die Diskussion gut und glaube, da gibts keine Lösung 😉 Außer jeder entscheidet, was für einen selbst richtig ist. So wie immer unter Müttern, oder? Muss und will ich alles schaffen? Nee 🙂 Versuche ich es? Nee, bzw habe ich und klappt nicht,also Schritt zurück. Bewundere ich Frauen, die das alles haben, was ich nicht schaffe? JA 🙂 Weil ich denke, dass wir Frauen und Mütter untereinander viel zu oft Konkurrenten sind statt Freundinnen, die sich helfen. Das ist zumindest meine Erfahrung. Ich hoffe, dass wenigstens das sich irgendwann ändert. Dann braucht man auch nicht mehr über andere zu lästern oder sonstwas 🙂
Claudia
Ich kann Euch gar nicht sagen, wie dankbar ich Euch bin, dass Ihr dieses Thema aufgreift. Prinzipiell hadere ich auch mit den Frauen, die scheinbar alles hinbekommen. Aber man sieht einfach nie alles. Man weiß nicht, was bei denen drunter leidet. Das Problem sind auch da leider oft die Medien. Das Bild, welches da manchmal vorgezeichnet wird. Bei dem wir einfach nicht aufhören, uns zu vergleichen. Ich finde es selbst so arg anstrengend, immer bei mir zu bleiben, bei meinen Werten, Wünschen und Möglichkeiten. Ständig stößt man an ein anderes (Vor)Bild.