Judith ist nicht nur unsere neue Redakteurin außerhalb Berlins, sondern auch stolze Häuslebesitzerin und Verfechterin eines nachhaltigen Lebensstils. Wie das Leben am Stadtrand mit zwei Kindern so aussieht, und wie man rund um Hamburg überhaupt etwas bezahlbares findet, das – und noch viel mehr – wollten wir unbedingt von unserer „Judetta“ wissen…

Liebe Judith, ihr seid 2016 von einer Hamburger Altbauwohnung in einen Bungalow gezogen. Wie kam’s? Und was hat der Umzug für dich/den Mann/ das Kind bedeutet?

Ach ja, unsere geliebte Hamburger Altbauwohnung… Mitten im Herzen Eimsbüttels, unglaublich hohe Decken, knarzende Dielen, fantastisch erhaltener Stuck, wunderschöne alte Porzellanfliesen in der Küche, Flügeltüren mit bunten Glasscheiben im Wohnzimmer und das Schlafzimmer mit Fenster zum Hof – sie war perfekt für uns. Und für unser Leben vor unseren Jungs. Also machten wir uns relativ schnell auf die Suche nach einem neuen Zuhause, einem Zuhause, das besser zu unserer wachsenden kleinen Familie passen würde. Wir wollten kein Straßen-Wirrwarr mehr vorm Haus, sondern, dass unser Kind Laufrad fahren lernen konnte, ohne dass Muddi dabei jedes Mal nur knapp an einem Herzinfarkt vorbei schrammt. Wir wollten für ein bisschen mehr Grün nicht erst in den Park laufen, sondern nur die Tür aufmachen müssen. Wir wollten mehr Ruhe und frische Luft, wir wollten Deich und wir wollten Elbe.

Vor allem aber wollten wir auch näher zu unserer Familie ziehen. Zwar wohnen meine Eltern und Schwester in Berlin und damit auch immer noch genauso weit weg wie vorher, die Eltern meines Mannes jetzt aber dafür in Steinwurf-Weite. Klar bedeutet das einen höheren Orga-Aufwand für z.B. Einkäufe: Früher bin ich ständig und auf allen Wegen beim Bäcker, diversen Drogerien, Supermärkten oder der Bank vorbeigekommen, heute muss ich das einplanen. Es bedeutet auch längere Pendelzeiten zur Arbeit (inzwischen nur noch für ihn) und damit früheres Aufstehen und späteres nach Hause kommen. Und es bedeutet wesentlich höhere Kita-Gebühren für uns, da wir hier nicht mehr zu Hamburg zählen und damit nicht gleichermaßen vom Land unterstützt werden. Dennoch haben wir unseren Umzug keine einzige Sekunde bereut und fühlen uns hier mehr als wohl – richtig Zuhause, eben. Hätte man mir Berlin-Mitte-Kind allerdings vor ein paar Jahren erzählt, dass das irgendwann einmal so kommen würde, hätte ich wohl schallend gelacht und kichernd und kopfschüttelnd den Raum verlassen.

Verrückt, oder? Da soll nochmal einer sagen, Menschen ändern sich nicht… Wie lange habt ihr auf welchen Kanälen gesucht? Wusstet ihr schon genau, wonach ihr Ausschau haltet? Was waren die ausschlaggebenden Argumente für den Bungalow?

Wir hatten damals in den üblichen Portalen diverse Suchagenten eingerichtet. Wir waren anfangs gar nicht sicher, was wir überhaupt wollten, Kauf oder Miete, Haus oder Wohnung… Ich träume insgeheim von einem hutzeligen, alten, kleinen Häuschen mit Sprossenfenstern, einem schrägen Dach mit Gauben und einem wild verwachsenen, vielleicht ein bisschen verwunschen wirkenden Garten, Altbaumbestand durchaus wünschenswert. Fest stand lediglich, dass wir auf Hamburger Stadtgebiet bleiben würden, allein schon wegen der horrenden Kita-Gebühren in Schleswig Holstein. 

Fest stand lediglich, dass wir auf Hamburger Stadtgebiet bleiben würden, allein schon wegen der horrenden Kita-Gebühren in Schleswig Holstein. 

Judith Möhlenhof

über Faktoren, die es bei der Immobiliensuche mit Kindern sonst noch zu beachten gibt

Zu dem Zeitpunkt, als wir den Bungalow fanden, suchten wir etwa anderthalb Jahre und hatten – völlig frustriert und desillusioniert – die Suche eigentlich gerade eingestellt. Es ging auf Weihnachten zu und wir hatten schlichtweg genug von abgewrackten Bruchbuden zu unverschämten Preisen. Was in unserem Budget lag, musste mindestens kernsaniert werden, was uns gefiel, konnten wir uns nicht leisten. Kurze Zeit später schickte uns dann eine Freundin ein Exposé zu einem Haus kurz hinter der Hamburger Stadtgrenze. Sie hatte erkannt, dass es sich bei dem Haus um einen Bungalow handelte, der baugleich zum Elternhaus meines Mannes war und wollte uns eigentlich nur ein bisschen aufmuntern. Vielleicht sogar ärgern. Wir fanden das Exposé aber überraschenderweise beide ziemlich gut und beschlossen, uns das mal genauer anzusehen. Gesagt, getan, verliebt, gekauft. Und tatsächlich sind wir gegenüber von meinen Schwiegereltern gelandet. Was super war, denn die Verkäuferin war gut mit meinen Schwiegereltern bekannt und so hatten wir bei ihr direkt einen Stein im Brett und gegenüber der Konkurrenz einen entscheidenden Vorteil. Den Zuschlag bekamen wir schon am nächsten Tag. Und Bungalow? Als wir drin standen, wussten wir es einfach – das war genau, was wir suchten. Wir fühlten uns einfach ab der ersten Sekunde wohl. Keine Treppe, die irgendwer hier hoch- oder runterfallen kann, die weitläufige Wohnfläche und diese lichtdurchfluteten Räume. Und wir haben einen Atriumbungalow, das heißt es gibt einen kleinen innenliegenden Hof mit großer Terrasse und kleinem Gärtchen – genau richtig für unsere Bedürfnisse. Außerdem liegt unser Bungalow inmitten von Fußwegen, was gerade im Hinblick auf die Kids natürlich optimal ist. Tür auf und raus, das ist wirklich Gold wert! Trotzdem sind wir von hier übrigens in weniger als einer halben Stunde in Altona, für den Hinterkopf ist das ja auch nicht so schlecht. 

Und tatsächlich sind wir gegenüber von meinen Schwiegereltern gelandet. Was super war, denn die Verkäuferin war gut mit meinen Schwiegereltern bekannt und so hatten wir bei ihr direkt einen Stein im Brett und gegenüber der Konkurrenz einen entscheidenden Vorteil. 

Judith Möhlenhof

über Faktoren, die es bei der Immobiliensuche mit Kindern sonst noch zu beachten gibt

Oh wie zauberhaft! Das klingt wie ein Traum. Wo lagen Bungalows bei Hamburg denn damals preislich? War das noch aus eigener Kraft leistbar?

Mit ein bisschen Glück konnte man online etwas entdecken, was bei 400k lag, aber diese Häuser waren meistens schneller weg, als man die Nummer vom Makler wählen konnte. Kaufen ohne das Haus überhaupt mal gesehen zu haben ist scheinbar hier keine Seltenheit… Das was wir suchten, mindestens 4 Zimmer und ab 100/120qm, gar nicht mal so verrückte oder weltfremde Ansprüche also, kostet im Hamburger Westen normalerweise ab 500k Euro – nach oben offen. Das ist eine halbe Million Euro für ein ganz normales Häuschen – das ist doch Irrsinn! Und gefühlt wird es täglich teurer. Wir hatten unfassbares Glück  und haben ein „Schnäppchen“ gefunden, was dazu auch noch ziemlich gut in Schuss war. Nichtsdestotrotz, hätten wir nicht die Unterstützung unserer wunderbaren Familie gehabt, wäre der Traum vom Haus schon geplatzt, bevor es überhaupt richtig losgegangen wär.

Ihr wohnt ja jetzt schon eine Weile darin, gibt es irgendwas, das ihr am Anfang nicht bedacht hattet?

Glücklicherweise gab es bislang noch keine bösen Überraschungen. Aber dass man die Grundsteuer jährlich zahlen muss und daran nicht erinnert wird, hätte uns ruhig mal jemand sagen können. 

Wie habt ihr das „gut in Schuß“ festgestellt? Woran macht man das überhaupt fest – ins Mauerwerk lässt sich ja schlecht schauen.

Naja, unser Häuschen ist quasi Scheckheft gepflegt. Die Dame, die hier vor uns wohnte, hatte nachweislich gerade neue Fenster einbauen lassen und auch das große Badezimmer wurde erst kürzlich saniert. Die Küche und das Gäste WC waren noch im Originalzustand (ich sag nur braune Fliesen!), aber sehr gepflegt, so wie der ganze Rest des Hauses. Da meine Schwiegereltern ja in einem baugleichen Nachbarhaus wohnen, ist die Substanz der Häuser relativ gut bekannt – sie wurden Anfang der 80er „in einem Rutsch“ und noch Stein auf Stein gebaut und meine Schwiegereltern gehörten zu den ersten, die damals hier einzogen.

So mussten wir uns tatsächlich nur um optische Dinge kümmern, z.B. neue Böden und ein bisschen Farbe an den Wände (und auf die Fliesen). Dazu haben wir uns eine neue Küche gegönnt und eine Wand (wieder) einziehen lassen. Über kurz oder lang werden wir wohl noch eine neue Heizung brauchen und wahrscheinlich muss auch irgendwann unser Dach erneuert werden, wenn wir Glück haben, gehen bis dahin aber noch ein paar Jahre ins Land.

Ihr Glückskinder! Verrätst du uns für alle, die gerade auf der Suche nach etwas gut erhaltenem Gebrauchtem sind, worauf man unbedingt achten sollte?! 5 Dinge wären toll.

  1. Los, traut euch! Ihr träumt davon, euch ein eigenes Nest zu bauen (oder zu suchen), aber bisher ist noch nicht viel passiert? Traut euch einfach, geht doch einfach den ersten Schritt. Stellt euch zunächst in den Wohnportalen eine Suche ein, lest Annoncen und Exposés, schaut euch Häuser an, die euch interessieren. Bekommt so in Ruhe ein Gefühl für den Markt. Kucken kostet ja erstmal nichts und wer weiß, vielleicht geht dabei ja aus Versehen ein Traum in Erfüllung!  
  2. Nichts überstürzen! Ihr habt jetzt schon zwei, drei Häuser gesehen, das vierte muss es jetzt aber endlich sein? Ist doch Quatsch, Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut. Lehnt euch zurück und setzt euch nicht unter Druck, gut Ding will (meistens leider) Weile haben. Gleiches gilt übrigens auch für das Innere des Hauses. Muss es wirklich sofort eine Kernsanierung sein oder tut es vielleicht auch erstmal etwas Farbe an der Wand? Die besten Ideen kommen ja häufig erst, wenn man schon eine Weile drin gelebt hat.
  3. Keine Kompromisse eingehen! Also zumindest keine, mit denen ihr nicht wirklich gut leben könnt. Das Traumhaus steht an einer stark befahrenen Straße, obwohl ihr Sackgasse wolltet? Ihr wolltet freistehend, aber es werden derzeit nur Mittelreihenhäuser angeboten? Überlegt euch gut, ob ein Abweichen von euren Wünschen wirklich sinnvoll ist – es geht hier schließlich um euer neues Zuhause, in dem ihr im besten Fall steinalt werden wollt.
  4. Reden, reden, reden! Gleicht eure Vorstellungen immer wieder ab, wertet aus und träumt wild. Besprecht und erzählt euch, was ihr euch wünscht! Nur wenn ihr wisst, was ihr beide wollt, könnt ihr stark genug an einem Strang ziehen und gemeinsam euer Traumzuhause finden. Und manchmal, klammheimlich und über Nacht, ändern sich Vorstellungen ja auch…
  5. Hört auf euer Bauchgefühl! Auch, wenn das verdammt schwer ist und die meisten von uns das fast schon verlernt haben, hört und vertraut auf euer Bauchgefühl. Ihr sollt euch in eurem neuen Zuhause ja ein Leben lang wohl fühlen und der erste Eindruck ist meist schon ganz richtig. Nicht zuletzt geht Liebe ja auch durch den Magen…

Danke dir, liebe Judith, dass du uns so viele Einblicke in euer Leben am Hamburger Stadtrand gewährst. Noch mehr davon gibt es unter dem #wiejudettawohnt auf Instagram – where else?!
Wir freuen uns auf alles, was mit dir und von dir noch kommt!

Schaffe, schaffe, Häusle baue.
Wie ist das überhaupt möglich, im Alltag mit Kindern?

Wenn ihr eure Hausbaugeschichte mit uns teilen wollt, freuen wir uns über eure Mail an info@mummy-mag.de

Und sonst so?

Macht ihr euch auch viele Gedanken, um Ressourcen und die (Um)welt, die wir unseren Kindern hinterlassen? Dann schaut euch HIER an, was Judith zum Thema plastikfreier Einkauf zu sagen hat – nämlich eine ganze Menge!
Es gab in unserer Serie #hausbaumitkindern schon einige „Villen“ zu bestaunen. Eine Jugendstilvilla zum Wachküssen, die Villa Wildwuchs und auch das großzügige Nest von Kate Glitter. Aber diese hier hat den Vogel abgeschossen, vor allem, weil Villa Walther eigentlich ein piefiges Haus aus den 60ern war…