Hausbau mit Kindern
Eine Sanierung und ihre Tücken
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Louisa Baron ist Marketingchefin der Galeries Lafayette Berlin, Mama des kleinen Carl (2), und mittlerweile nicht ganz freiwillig auch Mini-Expertin zum Thema energieeffizientes Umbauen. Denn: nachdem endlich eine Immobilie in passender Lage – ein 1960er Reihenhaus –gefunden war, hat die kleine Berliner Familie eben mal 1,5 Jahre umgebaut – mit gefühlt ALLEM, was passieren kann! Zunächst keine Baugenehmigung bekommen, dann Kernsanierung; Asbest gefunden, Gasanschluss legen lassen, Kreditantragsförderungen für energieeffizientes Bauen etc. So kam es nicht nur einmal vor, dass Louisa während ihres Elternjahrs mit Babyschale im Abgeordnetenhaus saß, um bei Bau- Ausschuss Senatsversammlungen informiert zu sein, beispielsweise was für ein Baugesetz seit 1.01.2017 greift! Arrrrgh. Könnt ihr euch vorstellen, dass wir dazu ein paar Fragen hatten, oder?
Liebe Louisa, ihr habt ein Haus von 1960 in Berlin Wannsee gekauft. Was waren eure Kriterien bei der Suche? Wann habt ihr damit begonnen?
Mein Mann und ich sind beide Berliner und für uns war klar, wenn wir Jobtechnisch hier bleiben (was glücklicherweise geklappt hat) dann wollen wir, dass unsere Kinder irgendwann dort aufwachsen, wo wir aufgewachsen sind. Mit ähnlichen Schulen und Freizeitgestaltungen. Und natürlich möglichst nah an den Großeltern, Onkeln und Tanten. Das ist ja für alle Generationen gewinnbringend. Von daher war unsere Suche zunächst nicht mit dem Fokus auf das Objekt sondern auf die Lage ausgerichtet. Die letzten Jahre haben wir in Berlin Schöneberg im Akazienkiez verbracht, wo sich Cafés an Bars an Boutiquen drängen und immer etwas los ist. Wir wohnten in einer wundervollen (günstigen) Altbauwohnung mit Stuck und ich war in 20 Minuten im Büro. Der Plan war es eigentlich, auf jeden Fall noch mit dem ersten Kind in diesem Kiez und in dieser Wohnung zu bleiben. Aber dann kamen wir durch einen Zufall viel früher zum Hausprojekt als ursprünglich geplant. Über den Bekanntenkreis wurde uns ein kleines Reihenhaus in Berlin Wannsee angeboten. Die Großeltern einer Freundin mussten leider altersbedingt ausziehen und sie hat nette Menschen gesucht, die dem Haus Leben einhauchen und unkompliziert mit ihr den Hausverkauf durchziehen. Nach zwei Besichtigungen und der Kalkulation haben wir uns entschieden, ein Angebot abzugeben.
Eindrücke vom 1960er Charme VOR dem Umbau
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War euch von Anfang an klar, dass ihr etwas sanieren und energieeffizient umbauen wollt? Ist neu bauen nicht günstiger weil vielleicht sogar von vorne herein schon energieeffizient?
Unsere zentrale Ausgangslage bei dem Kauf einer Immobilie war immer die Lage. Und freie Grundstücke in den für uns interessanten Bezirken zu finden, ist quasi unmöglich. Ich hätte mir vorab auch ein Komplett-Selber-Bau-Projekt eher nicht zugetraut. Mir hat es ganz gut getan, in ein fertiges Haus zu kommen und dann „nur“ im Geiste ein paar Wände versetzen zu müssen. Dass es am Ende eine 1,5 jährige Bauzeit geworden ist und damit viel komplizierter und anstrengender wurde, als ein Haus neu zu bauen, wussten wir zu dem Zeitpunkt (vielleicht zum Glück?) nicht. Sonst hätte vor allem ich das Projekt Haus wahrscheinlich gar nicht angepackt.
Wie hält man 1,5 Jahre Doppelbelastung finanziell aus?
Als wir im Herbst 2015 gekauft haben, dachte ich, dass wir bis April 2016 eingezogen sind, also genau zum Geburtstermin. Letztendlich sind wir am 01. April 2017 eingezogen, 3 Wochen vor Carls 1. Geburtstag. Tatsächlich hatten wir in Schöneberg „nur“ eine Miete von 800 €. Allerdings kommen wir so auch auf eine zunächst nicht berechnete Mehrbelastung von fast 10.000€ (12 Monate x 800€) Dieses Geld hatten wir als Puffer beim Kredit eingerechnet, eigentlich für den Hausbau. Zum Glück. So haben wir aber auch tatsächlich den Kredit bis zum letzten Euro ausgereizt. Und natürlich schränkt man sich auch in dem Bauprozess stark ein. Ich habe mir zum Beispiel 1 Jahr lang NICHTS zum Anziehen gekauft und wir haben u.a. den Ski Urlaub gestrichen.
Wie wurdet ihr in Sachen Finanzierung beraten? Welche Hilfen gibt es für junge Familien/ für energieeffizientes Bauen? Was muss man bei einer Sanierung alles beachten?
Wir sind beide ursprünglich bei unterschiedlichen Banken und haben uns daher auf Empfehlung recht schnell für einen unabhängigen Finanzberater entscheiden.Das Praktische daran ist, dass dieser Berater individuell die besten Konditionen sucht und dann fast tagesaktuell die verschiedenen Zinsangebote aufzeigen kann.Hier war der entscheidende Faktor für uns die Zeit. Wir waren beide Vollzeit berufstätig und „so nebenbei“ am Organisieren unserer Hochzeit. Mein Mann zusätzlich fast ausschließlich auf Dienstreisen unterwegs.Von daher war der Finanzberater Gold wert, er kam zu uns nach Hause- auch zu nicht Bankzeiten. Am Ende wurde der Finanzberater damals von der durch uns ausgewählten Bank für seine Leistung auf Provisionsbasis entlohnt. Wir waren damit sehr zufrieden und fühlten uns gut beraten.
Allerdings habe ich gehört, dass diese Regelung seit diesem Jahr nicht mehr greift und jetzt nicht mehr die Bank, sondern der Auftraggeber, also der Kreditnehmer für die Entlohnung des Beraters zuständig ist. Aber ich denke, wir hätten die Finanzierungsrunde dennoch mit einem unabhängigen Berater gemacht. Diese Person ist einfach Finanzprofi und kann die ganze Vorarbeit, welche Bank bietet was zu welchen Konditionen übersichtlich aufbereiten. Wir haben das Haus tatsächlich entkernt. Haben alle elektrischen Leitungen und Rohre erneuern lassen und einmal herum abgetragen und isoliert und somit eine ganz neue Fassade hergestellt. Generell sollten bei einem solchen Groß- Umbau natürlich die entstehenden Kosten engmaschig im Blick behalten werden. Wir haben uns auch sehr intensiv mit der passenden Förderung auseinandergesetzt. Gerade bei der Energieeffizienz Steigerung gibt es tolle Möglichkeiten durch die KFW Bank von sehr attraktive Zinsen oder Förderungsprogramme zu profitieren. So kann man über die KFW zum Beispiel wählen, ob man einen günstigen Kredit in Anspruch nimmt oder sich einen prozentualen Zuschuss zu den Maßnahmen anrechnen lässt, sich als fördern lässt. Als ersten Schritt muss man sich hierfür auf www.kfw.de anmelden, hier ist alles sehr logisch erklärt und auch am Beratungstelefon erreicht man immer jemanden, der kompetent Auskunft gibt. Wichtig ist zu wissen, dass man einen Energie Effizienz Kredit nur bekommt, wenn man einen unabhängigen Sachverständigen beauftragt. Dieser muss vorab eine Begehung der Baustelle machen und am Ende die erbrachten Maßnahmen dann auch bestätigen. Als Energie Effizienzmaßnahmen haben wir uns zum Beispiel dazu entschieden, den alten Öltank rauszunehmen und uns einen Gas Anschluss legen zu lassen, doppelt verglaste Fenster einzusetzen und die Haus- Dämmung zu erneuern. Für die energieeffizientes Bauen Einzelmaßnahmen haben wir den KFW Kredit Nr 151 beantragt. Hier bekommt man dann nach der Ausführung dann eine Teil- Erstattung. Es gibt noch weitere förderungsfähige Maßnahmen, wie zum Beispiel den Einbruch- Investitionszuschuss mit der Nummer 455 oder das altersgerechte Sanieren.
So sah es WÄHREND des Umbaus aus
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Kann man sich einen Architekten sparen, wenn es rein um einen Umbau geht? Wenn ja, was muss man dann selbst alles an Wissen und Geschick mitbringen?
Generell würde ich sagen, dass- sobald man Wände wegnimmt- man immer einen Architekten und Statiker an seine Seite holen sollte. Man macht sich einfach selber unglücklich (und es ist gefährlich), wenn man hier bei etwas nicht bedenkt und dann die ganze Statik gefährdet ist. Wir haben zum Beispiel auch das Dach ausgebaut und brauchten hierfür eine Baugenehmigung der Baubehörde. Allein für diese Anträge bedarf es eines Architekten.
Wir hatten großes Glück, unser Trauzeuge und bester Freund ist Architekt und hat unser Projekt übernommen. Das ist super fürs Business, aber manchmal natürlich auch schwierig, dass man sich „privat“ nicht nur über die Baustelle auslässt. Generell hat es aber sehr geholfen, weil wir die Planung und Gin Tonics verbinden konnten. Außerdem hat er uns ganz neue Möglichkeiten aufgezeigt. Auf einige dieser Idee wären wir beide nicht gekommen.
Unser Häusschen ist aus den 1960er Jahren, was jetzt nicht die schönste aller Bauzeiten ist. Eine Idee von ihm war zum Einen eine komplette Fensterfront zum Garten einzusetzen, sodass man gerade im Sommer Außen und Innen verbinden kann. Auch das Rausnehmen einer Wand und der Einbau einer offenen Küche hat er zunächst gegen meine Vorstellung durchgesetzt, worüber ich heute sehr glücklich bin. Durch so ein fancy Computerprogramm hat er mir Innen Ansichten mit unseren Möbeln gezaubert. Das war ausschlaggebend, damit ich mir das vorstellen konnte.
Ich finde es auch unterstützendswert, dass in „unserer Generation“ jetzt viele Architekten unterwegs sind, die Talent und Motivation haben, selbst aus dem 1960er Reihenhaus etwas Besonderes zu erschaffen obwohl das Budget wie bei uns als junger Familie natürlich begrenzt war. Meist reichen Kleinigkeiten (Danke Jonas für die Shampoo Nische;) ) die genial sind und den Alltag verschönern.
Würdet ihr das jetzt im Nachhinein auch wieder so machen? Wenn nein, warum nicht?
Unser Eigen- Arbeitsteil war recht hoch bemessen; wir haben den Abriss größtenteils mit Familie und Freunden gestemmt. Über Monate waren wir quasi jedes Wochenende auf der Baustelle und haben gearbeitet. Das hat zusammen geschweißt aber natürlich auch sehr viel Kraft gekostet.
Ich würde im Nachhinein einen noch größeren Puffer an Zeit und Muße einplanen. Ich war sehr darauf versteift, dass wir in 6 Monaten (mein schwangerer Nestbautrieb) einziehen. Dabei würde ich nicht sagen, dass wir unbedarft an die Sache rangegangen sind. Allerdings bin ich fest davon überzeugt gewesen, dass ein Hausbau als „Projektmanagement“ angesehen werden kann. Man hat ein Ziel, einen Zeitplan, ein Budget und Kooperationspartner/Dienstleister. Also quasi alles wie im Job. Ich habe mir keine Sekunde im Vorfeld Sorgen gemacht, dass wir das Projekt nicht stemmen und zum Erfolg bringen können. Beide im Job in Führungspositionen mit einem durchstrukturierten Alltag und klaren Visionen, war ich überzeugt, alles sei nur eine Frage der Organisation und der Kommunikation.
Aber ich habe einfach den Markt überhaupt nicht gekannt und komplett unterschätzt; gute Handwerker zu bekommen ist ein großes Glück. Und dass diese dann alle zeitlich gemeinsam agieren, sehr schwierig. Gefühlt war IMMER etwas. Der Dachdecker ist krank, darauf kann der Trockenbauer nicht weitermachen, weil erst der Elektriker ran muss, der jedoch, verzögert durch die Fensterbauer nicht mit der Gas- Wasser Installation koordiniert hat. Das ist jetzt überspitzt dargestellt aber gefühlt war es wirklich einen großen Teil der Zeit so. Unser Architekt hat sehr viel davon abgefangen, aber natürlich waren wir als Bauherren und parallel auch Selber-Handwerker mit dem großen Eigenanteil auch immer involviert. Und dabei ist mein Mann schon handwerklich sehr bewandert, aber bei so vielen Dingen ist man einfach darauf angewiesen, dass Fachpersonal vor Ort ist und es richtig macht.
Ich bin außerdem in dieser Baubranche und in den Fach-Gesprächen auch oft an mein Kommunikationslimit gestoßen. Da ich- ich hatte dann ja Elternzeit – unter der Woche täglich auf der Baustelle war, habe ich versucht, die Dinge zu bewegen und in Gang zu setzen. Aber ganz ehrlich, das ist doch eine recht „Männer dominierte“ Branche. Die mich mit meinem Baby auf dem Arm auch nicht immer ernst genommen hat, egal wie oft ich betont habe, dass ich die Bauherrin bin. Und damit hätte ich nicht so gerechnet und es hat mich natürlich auch fuchsig gemacht. Haha da war nichts mit Leitung Marketing. Da war ich Chef vom Dienst fürs Kaffee holen. So habe ich mich selbst erschrocken bei dem Satz, den ich irgendwann benutzte „da wird sich mein Mann bei Ihnen melden/ das organisiert mein Mann“
Du bist angestellt, da könnte man denken, schöne Beschäftigung während der Elternzeit, so ein Hausumbau. Hand aufs Herz, welche Hürden erwarten einen mit Baby beim Bauprozess? Und wie hält eine Beziehung, die durch den Wandel mit Baby eh schon vor neuen Herausforderungen steht, dann noch einen Hausbau aus?!
Ganz ehrlich, ich glaube, wenn ich nicht „durch Zufall“ genau in dem Bauprozess in Elternzeit gewesen wäre, wäre es zeitlich sehr schwierig geworden. Ich war fast täglich vor Ort. Und wenn ich nicht auf der Baustelle war, dann in irgendeinem Fliesenmarkt oder Baustoffhandel. Weil immer fehlte genau noch 1 Sache. Teilweise war das schön, weil man so einen Programmpunkt hatte und ich mich auch abends ganz stolz gefühlt habe, wenn ich zum Beispiel beim Bauamt war und was erreichen konnte. Aber Handaufsherz natürlich war das auch sehr kräftezehrend. Und hätte mir zwischendurch jemand einen Scheck hingehalten mit der Summe, die wir bereits investiert haben und hätte gesagt „du kommst ohne Verluste hier wieder raus“; Ich hätte ihn wahrscheinlich genommen.
Was ich gelernt habe; nachdem ich am Anfang den Kleinen im Maxi Cosi viel auf der Baustelle stehend hatte, habe ich mich dann relativ früh dazu durchgerungen, ihn für ein paar Stündchen abzugeben. Zum Glück haben wir ja die Omas um die Ecke. Da bin ich dann zwischendurch zum Stillen hingefahren um im Anschluss bis es dunkel wurde, weiter Fußleisten schneiden gegangen. Generell -ohne unsere Familie aber auch viele Freunde, die so extrem mitgeackert haben oder uns auch nur mit Kaffee und aufmunternden Worten im Dreck besucht haben, hätten wir es nicht geschafft. Dafür bin ich so dankbar. Und tatsächlich habe ich übers Pekip zwei Mütter in derselben Situation kennen gelernt. Beide auch gerade erst mit Babies nach Wannsee gezogen. Eine von uns dreien war quasi schon fertig und so haben wir erst die beiden Baustellen und Handwerker besucht und haben dann bei der Dritten im Bunde im Sauberen Stillzuflucht und Kaffee gefunden. Das hat- auch mental- sehr geholfen, in einem gemeinsamen „Bau-Boot“ zu sitzen.
Was die Beziehung angeht, so sage ich immer mit Stolz; „wir haben einen Säugling und eine Baustelle im selben Jahr gewuppt -Wir sind als Team für die Zukunft gewappnet.“ Aber natürlich ist das jetzt im Nachhinein betrachtet, wo alles fertig ist. Zwischendurch habe ich auch schon mal sehr böse gemeckert, dass ICH das Haus ja eigentlich gar nicht wollte. Zudem ist mein Mann ein sehr großer Perfektionist und ich so mehr in der Fraktion „get things done“, oder auch mein Lieblingsspruch „hält doch auch so“….
Ich erinnere mich an einen Tag, an dem er (bei Sonnenschein!!!) im Garten die Türen abgeschliffen hat und ich (im Keller!!!) 8 Stunden gestrichen habe. Abends kam er runter mit den Worten „das hast Du nicht richtig grundiert, die Farbe hält so nicht, das kannst Du nochmal von vorne machen“. Da flogen ihm dann die Pinsel um die Ohren. Aber im Großen und Ganzen, haben wir das schon ganz gut gemeistert, denke ich. Man muss sich zwischendurch in Erinnerung rufen, dass das jetzt eine Hardcore Phase ist, und man dafür (hoffentlich) Jahrzehnte auf der Terrasse sitzt und das Haus-Dasein genießt. Und das tun wir jetzt sehr.
Bauzeit Oktober 2015-März 2017
Danke, liebe Louisa, für deine ausführlichen Antworten und alle die hilfreichen Infos.
In einem zweiten Teil hat Louisa übrigens noch 7 Tipps für den Hausbau zusammen gestellt– soon to come!
Wie Louisa und ihrer kleine Familie in ihrem Traumhaus so leben, könnt ihr auf Instagram bei @baronlou verfolgen…
Das Haus NACH dem Umbau
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Alle, die sich beim Lesen gedacht haben: „Mensch, bei uns war das alles ganz anders…“
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