Hey Baby, Hey
Gedanken am Ende von 40 Wochen

Kuck mal wer da platzt - Madeleine sinniert über Schwangerschaft 2

Genau einen Monat ist es jetzt her, dass ich noch hochschwanger war. Und ganz zum Ende der 40 Wochen stellten sich mir plötzlich Sinnfragen a la was denkt das Baby eigentlich in meinem Bauch? Auf diese Frage bin ich nicht ganz von selber gekommen, sondern sie wurde mir gestellt, aber richtig drüber nachgedacht hatte ich bisher nicht und jetzt ließ mich dieser Gedanke nicht mehr los. Was weiß das Baby von seiner ablaufenden Zeit im Bauch? Denkt es, es bleibt immer da drin? Oder ist ihm klar, dass es einen Tag X gibt, an dem es den Mutterleib verlässt?

In „Kuck mal wer da spricht“, einem der Blockbuster meiner TV-Kindheit, neben anderen Krachern wie „Kevin allein zu Haus“, „Curly Sue – Ein Lockenkopf sorgt für Wirbel“ oder „My Girl“, erinnere ich mich noch, wie das Baby – von Thomas Gottschalk gesprochen – ziemlich überrascht war, als bei Kirstey Alley die Wehen einsetzten. Das wusste definitiv nicht was da gerade vor sich geht.

Auf einer Website zum Thema Hebammenwissen finde ich nicht genau eine Antwort, auf meine Frage, aber einen tollen Beitrag zum Thema „Gebärmutter als erstes zu Hause“ unserer Babys. Darin heißt es u.a.

„Die Gebärmutter ist unser erstes Zuhause. Die Zeit der Schwangerschaft ist die erste Zeit unseres Daseins. Durch neue Erkenntnisse der Neurobiologie, Verhaltensbiologie und Entwicklungspsychologie, besonders der pränatalen (vorgeburtlichen) Psychologie, hat sich unser Bild von dem, was ein Ungeborenes im Mutterleib erlebt und fühlt, grundlegend verändert. Das Ungeborene ist keinesfalls ein passiver Passagier, wie lange Zeit angenommen wurde. Wurden Ungeborene früher als unbewusste und gefühllose Zellhaufen betrachtet, spricht man heute von der Intelligenz des Fötus und von seiner bemerkenswerten psychischen Leistungsfähigkeit.“

Heißt das im Umkehrschluss aber auch, dass unser Baby, wenn es denn geboren ist, die Zeit im Mutterleib vermissen kann? Was erinnert es und vor allem wie lange?

An irgendetwas muss es sich schließlich erinnern, warum sonst funktioniert das Pucken und Tragetuch sonst so gut bei Neugeborenen? Schließlich assoziiert das Baby mit der Enge und Wärme die Zeit im Bauch der Mutter, heißt es. Ein weiterer Tipp meiner Hebamme, der bei Lola wirklich faszinierenderweise funktioniert: der Fön. Seine strömenden Geräusche ahmen das Rauschen im Körper der Mutter nach und beruhigen manche Kinder, wenn man ihn einfach so laufen lässt. Nicht ewig versteht sich, aber für einen Moment, wenn das Kleine gerade wütend schreit und mal runtergeholt werden muss.

Die Kognitionsforschung am Leipziger Forschungslabor für frühkindliche Entwicklung am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften beschäftigt sich genau mit Fragen wie meinen: Was denken Babys? Dabei führen die Wissenschaftler Tests mit Mini-Probanden durch, bei denen herausgefunden wurde, dass schon sehr kleine Menschen sehr viele Zusammenhänge herstellen können und Wissen besitzen, dass sie ohne jemals eine Stunde Unterricht nach Lehrplan gehabt zu haben, einfach so besitzen, bzw. antizipieren können. Die Forscher gehen aber auch davon aus, dass Babys am allerbesten von Menschen lernen, sich Dinge abgucken und rasant in Wissen umwandeln. Das bedeutet, ob und was unser Baby im Bauch denkt, wissen wir nicht.

Der Schweizer Kinderarzt Cyril Lüdin stützt meine Gedanken und hat beispielsweise den Zusammenhang zwischen früher Bindung und dem damit verbundenen Einfluss auf die Hirnstruktur des Kindes erkundet. Seine Erkenntnisse?

„Wir wissen aus den Erkenntnissen der pränatalen Psychologie und aus der Hirnforschung, dass ein ungeborenes Kind mit seinen Sinnen alles aufnimmt und speichert. Es spürt, wenn die Eltern in Verbindung mit ihm stehen. Gefühlserfahrungen während der Schwangerschaft, sowohl positive wie auch negative, werden im Gehirn als emotionale Muster abgelegt. Das ungeborene Kind möchte anerkannt werden. Es ist hilflos, wenn sich die Mutter oder der Vater seelisch verschliessen.“

Das bedeutet es ist wichtig und sinnvoll, sich täglich mit dem Baby zu beschäftigen – nicht erst wenn es bereits geboren ist, auch schon wenn es noch im Bauch ist. Manche Eltern schwören auf immer gleiche Musik (gerne Klassische oder Walgesänge) oder geben Lichtsignale per Taschenlampe. Für mich reichte es schon aus, gute Gedanken in den Bauch zu schicken, auf Bewegungen des Babys zu reagieren, indem ich den Tritten mit meinem Finger folgte und herausragende Knie oder Füßchen massiert und auch mit dem Bauch bzw. dem Bewohner darin geredet habe. Unsere Stimmen erkennen unsere Kinder so oder so, sie hören sie schließlich ab der 23. SSW. Der kanadische Psychologieprofessor Fred Genesse, Experte für den frühen Spracherwerb, glaubt sogar, dass vieles reden mit dem Baby im Bauch dabei hilft, später sprechen zu lernen. Bewiesen ist das allerdings nicht. Was allerdings nachweislich gilt, dass Babys unsere Gewohnheiten schon aus dem Bauch heraus kennenlernen. Somit sind die kleinen Wesen faktisch die einzigen Menschen, die mehr über uns wissen als wir selber. Ein schöner Gedanke.

via GIPHY

 

Das ganze Interview mit Dr. Lüdin gibt es HIER.

Madeleine ist im Management einer internationalen Digitalagentur und leitet ein Geschäftsfeld in Berlin. Sie schafft es, das alles immer ziemlich leicht aussehen zu lassen, obwohl wir alle wissen, wie viel Arbeit dahinter steckt wenn man Job und Familie unter einen Hut bekommen will. Als Mutter ist sie eher der pragmatische Typ und hört am liebsten auf ihren Bauch und ihren Humor. Sie brennt für die Themen Gleichstellung, Arbeitszeitmodelle für Eltern, die Rettung des Hebammen-Berufs und natürlich ihre Familie. Chapeau!

POST COMMENT

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert