MUMMY INTERVIEW
Teresa Bücker von EDITION F

Interview_Teresa_Buecker

Wir sind bekanntlich große Fans von EDITION F und sehr viel länger bin ich schon Fan von Teresa Bückers Texten auf ihrem Blog. Also mindestens zwei verdammt gute Gründe, dieser tollen Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt und keine Angst hat, Dinge klar beim Namen zu nennen, ein paar Fragen zu stellen…

Liebe Teresa, wann hast Du bei Edition F als Chefredakteurin begonnen?
Ich habe im Juni 2014 bei Edition F als Redaktionsleiterin begonnen.

Wie verlief die Schwangerschaft? Warst Du eingeschränkt oder konntest Du noch voller Energie arbeiten?
Meine Schwangerschaft hat mich kaum eingeschränkt. In der Phase der Übelkeit war ich noch bei meinem vorherigen Arbeitgeber und habe da ein paar Tage gefehlt, aber das ist schnell besser geworden. Die Müdigkeit kam tatsächlich erst, als ich in Mutterschutz gegangen bin. 

Bis wann hast Du gearbeitet? Regulär bis zum Mutterschutz?
Weil die Schwangerschaft so problemlos war, dachte ich erst, ich kann bis über den Mutterschutz hinaus arbeiten. Das hätte ich gemacht, weil Edition F ein Startup ist und ich 150 Prozent dabei bin. Zu Beginn des Mutterschutzes fühlte ich mich dann aber doch eher danach, eine Pause zu brauchen und mein Bauch war am Schreibtisch etwas im Weg. Ich bin also regulär in Mutterschutz gegangen.

Wie lange wolltest Du Dir eine Auszeit nehmen? Gefühlt hast Du für mich gar keine Pause gemacht, sondern quasi im Wochenbett schon gearbeitet…
Ich fand es vor der Geburt sehr schwer einzuschätzen, wie lang meine Elternzeit gehen sollte. Mein Plan war es, nach sechs Monaten zurückzukommen, ich habe vorsichtshalber ein wenig länger beantragt, weil ich nicht sichergehen konnte, dass wir so schnell einen Kitaplatz finden. Ich habe dann auch nach sechs Monaten wieder angefangen. Im Wochenbett habe ich nicht gearbeitet, das ging gar nicht. Die ersten Wochen war ich viel zu erschöpft, ich hab mich gefühlt wie ein Zombie. Ich finde acht Wochen Mutterschutz absolut angemessen und kann mir gut vorstellen, dass dieser gesetzliche Schutz für einige Frauen tatsächlich zu wenig ist.

Du hattest in einem Artikel geschrieben, dass Du bereits nach drei Wochen Deine Arbeit vermisst hast, trotz großer Erschöpfung und Babyglück. Hast Du viele Mütter getroffen denen es ebenso ging? Oder war das meistens kein Thema mit anderen Müttern?
Ich glaube, mir hat vor allem sehr schnell gefehlt, unter Menschen zu sein und mit dem Kopf arbeiten zu dürfen. Ich habe ja nicht aufgehört, Nachrichten und Debatten zu verfolgen und als Journalistin möchte man dort einfach mitmischen – und das ging nicht. Auf meinen Artikel hat es eine überwältigende Resonanz gegeben, ich habe vor der Veröffentlichung gedacht, ich bekäme Rabenmutter-Kommentare, das Gegenteil war der Fall: Ich habe dutzende Kommentare und Zuschriften von Frauen bekommen, die mir schrieben, dass es ihnen sehr ähnlich ging.

In welchen Schritten (Umfang) bist Du zurück in den Job und wie viel arbeitest Du heute?
Ich bin nach sechs Monaten Vollzeit in meinen Job zurückgekehrt und arbeite an fünf Tagen in der Woche. Ich kann allerdings flexibel arbeiten und gehe früher, wenn ich mein Kind aus der Kita hole. Ich arbeite also häufiger noch abends oder auch von Zuhause aus, wenn das Baby krank ist.

Arbeiten Du und Dein Freund „gleichberechtigt“?
Im Großen und Ganzen schon. Er konnte leider keine Elternzeit nehmen, jetzt ist aber alles sehr fair aufgeteilt. Er bringt unser Baby drei Mal in der Woche zur Kita und holt sie zwei Mal ab, ich übernehme die anderen fünf Male – wenn wir Termine haben oder nicht in der Stadt sind, organisieren wir ein bißchen um. Er hat auch eine Vollzeitstelle und das Baby war schon in einigen Videokonferenzen mit dabei und er bringt es auch öfter mal ins Büro mit, und hat es auf dem Schoß, während er arbeitet.

Welche Unterstützung hast Du außerdem?
Wir haben wenig Unterstützung in Berlin, weil unsere Familien nicht hier leben. Babysitten tut ab und an die Patentante, was eine Freundin von mir ist, und meine Eltern waren neulich zufällig hier, als es krank war – sie haben die Betreuung dann tagsüber übernommen. Es wäre schon einfacher, wenn wir Familie in der gleichen Stadt hätten.

Was denkst Du über den Begriff „Working Mom“? 
Den mag ich überhaupt nicht, denn zum einen impliziert er, dass Frauen, die nicht berufstätig sind, nicht arbeiten – und auf ein oder mehrere Kinder aufzupassen, ist wirklich harte Arbeit. Zum anderen legt der Begriff auch nahe, dass es nicht normal ist, wenn Mütter arbeiten. Den Begriff Working Dad gibt es nicht.

Hat das Mutter-Sein Dich in Deiner Arbeit beeinflusst oder sogar verändert?
Nein, ich wüsste auch nicht, was das für meine Arbeit für einen Unterschied machen sollte. Ich bin früher wach und früher im Büro, als zu der Zeit, zu der ich noch kein Kind hatte, ich gehe aber auch früher ins Bett und bin auf weniger Abendveranstaltungen unterwegs. Inhaltlich interessiere ich mich aber nicht für andere Sachen, als vor der Schwangerschaft.

Was muss sich in Deutschland ändern, damit Frauen der Spagat zwischen Beruf und Familie leichter fällt? 
Wir brauchen ein anderes Frauen- und Mutterbild. Ich glaube sehr viel, was das Leben von berufstätigen Müttern schwieriger macht, findet in unseren Köpfen statt. Ich habe ja auch ein schlechtes Gewissen, obwohl ich das nie haben wollte, weil sich diese Stimmen, dass das Kind ganz viel Mama braucht, schon recht tief einfressen. Dabei ist unsere Kita wunderbar, ich vertraue den Erzieherinnen und habe den Eindruck, dass das Baby da wirklich toll versorgt ist und sich wohlfühlt. Wenn das schlechte Gewissen wegfällt, bekommt es eine andere Natürlichkeit, den eigenen Job als etwas Wertvolles anzusehen, was nicht in Konkurrenz zum Kind steht. Und wer so mit dem eigenen Job umgeht, kann auch besser mit dem Partner verhandeln, so dass Erziehungsarbeit fair aufgeteilt wird. Natürlich ist Partnerschaftlichkeit auch eine Frage des Geldes. Deswegen ist es wichtig, dass die Gehaltsabstände zwischen Frauen und Männern sich verkleinern und typische Frauenberufe deutlich aufgewertet werden. Es sollte ökonomisch egal sein, wer die Elternzeit nimmt. Genauso sollte es möglich sein, dass beide Eltern weniger als Vollzeit arbeiten können. Die 40-Stunden-Woche ist nicht mehr zeitgemäß – auch nicht für Menschen ohne Kinder. Jeder ist glücklicher, wenn er Zeit für andere Dinge hat. Und ganz unabhängig davon, ob glückliche Menschen auch bessere Arbeit leisten – jeder verdient es, glücklich zu sein und durch Arbeit nicht krank zu werden. Ich glaube wir vergessen zudem beim „Spagat“ zwischen Beruf und Familie, dass es noch mehr gibt. Erholungsräume sind wichtig. Und wo bekommt die beispielsweise eine alleinerziehende Mutter? Ich finde es daher wichtig, Unterstützungsangebote für Eltern auszubauen – das sind nicht nur gute Kitas, das ist auch einfach Geld und vielleicht Angebote, die erst geschaffen werden müssen, damit Eltern noch Zeit und Energie für andere Sachen haben als Erwerbsarbeit und die Kinder ins Bett zu bringen.

Welche Tipps hast Du für junge Mütter, die vielleicht auch nicht im Thema Fulltime-Mami aufgehen und früh zurück in den Job möchten?
Ich wünsche jeder Mutter, dass sie herausfinden kann, was für sie das Richtige ist, und das umsetzen kann und nicht etwas macht, weil sie denkt, es wird von ihr erwartet. Gleichzeitig soll sie aber aussprechen, was sie erwartet oder braucht: Ich finde, man kann vom anderen Elternteil erwarten, 50 Prozent zu übernehmen – dafür bekommt man doch gemeinsam ein Kind. Mir hat außerdem geholfen, dass mein Baby sich in der Kita so wohlgefühlt hat. Die Eingewöhnung hat nur eine Woche gedauert. Hätte ich jeden Tag ein weinendes Baby abgegeben und wieder abgeholt, wäre mir das Arbeiten schwer gefallen, klar. Wenn man weiß, dass es dem Baby gut geht, kann man sich sehr leicht wieder in den Job einfinden und konzentrieren. Und mal ernsthaft: Niemand ist nach sechs Monaten oder auch zwölf raus aus dem Job. Ein Jahr geht so schnell vorbei, und so schnell dreht sich die Welt nun auch nicht. Von daher sollte keine Mutter denken, dass sie in der Elternzeit beruflich den Anschluss verloren hat. Es dauert ein paar Tage, und dann läuft der Job so wie vorher auch.

 

Vielen Dank liebe Teresa, dass Du Dir die Zeit genommen hast. Du machst glaube ich vielen Frauen auf EDITION F Mut, ihren eigenen Weg zu suchen, anstelle sich von ihrem Umfeld den „richtigen“ Weg aufdrücken zu lassen. 

[Fotocredit: Carolin Weinkopf ]

Camilla ist ein kleiner Tausendsassa und bearbeitet gerne viele Baustellen zur selben Zeit. Sie bloggt seit über neun Jahren hat nach der Geburt ihrer Tochter auch ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Die Idee für das MUMMY MAG kam ihr natürlich während der Schwangerschaft, als ihr auffiel, dass es zu dieser Zeit in Deutschland keine Seite gibt, die all ihre Interessen abdeckte. Und genau das hat sie sich zur Aufgabe gemacht und das MUMMY MAG gegründet. Außerdem das MUMMY MAG Paper und in diesem Jahr kommt noch die erste Webserie #mummytalks dazu. Und weil das alles eine ganze Menge Arbeit ist, hat sie das beste Team der Welt zur Unterstützung!

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