The day that…
E. was born
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„…oder auch Der Tag, an dem das Wort „Saugglocke“ absolute Erleichterung und – ja, tatsächlich – Freude auslöste… und ja, der Dammschnitt ebenfalls…“ Gast-Mama Joanna schildert uns in dieser humorvoll und bildhaft beschriebenen Geburtsgeschichte ihre positiven Erlebnisse mit medizinischen Interventionen. Auch das gibt es und muss mal gesagt sein!
„Der errechnete Geburtstermin war der 10.12.2017. Ein Datum, das für uns lange Zeit als unerreichbar galt. Bei einer Routinekontrolle an 19+2 wurde bei mir eine Zervixinsuffizienz diagnostiziert. Der Gebärmutterhals war vorzeitig stark verkürzt, was als hohes Risiko für eine Frühgeburt gilt.
Es folgten 4 Monate des stoischen Liegens, Urlaub stornieren, Beschäftigungsverbot, viel Kopfkino… Naja, es war nicht immer stoisch – ich bin zwischendurch ganz schön die Wände hochgegangen, so anstrengend waren die Phasen in denen nur Toilette, Arzt, Duschen erlaubt war…. Ansonsten Horizontale… Im Hochsommer! Alle gingen an den See und essen Eis in den grandiosesten Eisdielen und ich lag zu Hause… 100 tolle Events in Berlin und ich durfte sie nur auf Facebook besuchen…
119 Tage Gefangenschaft!
Dazwischen mein Mann, der mir täglich mantraartig sagte: „Sie kommt im Dezember, sie hält durch und Du auch!“. Wir wetteten um eine Kiste Wein: Kommt sie vor Dezember eine Kiste Weißwein für mich, im Dezember eine Kiste Rotwein für ihn.
Ab 36+0 durfte ich dann endlich aufstehen. Es war mittlerweile November, die Bäume kahl und die Invalidenstraße, in deren Nähe wir wohnen, bekam eine ganz neue Bedeutung… So fühlte ich mich! 250 Meter Gehen? Ein schier endloser Weg…
Ab 38+0 ging es mir wirklich schlecht, denn Schlafen konnte ich kaum, 117 cm Bauchumfang bei 1,58 Körpergröße plagten mich und ich bekam dazu noch Durchfall. Ich fragte mich jeden Tag, wie man es aushalten soll sein Kind auch noch zu übertragen…
Am 29.11. (38+3) am Abend dachte ich, man kann sich nicht mehr schlechter fühlen. Ich hatte starke Stimmungsschwankungen, wusste nicht, wohin mit meinem Walross-Körper und war einfach fertig mit der Welt. Es zog und piekste im Bauch. Ich schrieb meiner Hebamme, dass etwas anders sei und sie schickte mich ins Bett – ich sollte zumindest versuchen zu schlafen, Kraft tanken. Um 1:00 musste ich zur Toilette. Beim (wieder) Hinlegen ging ein Ruck durch meinen Körper und es wurde nass.
Also wieder an aufs Klo… pH Papier raus – und siehe da, alles alkalisch, tiefblau, Fruchtwasser. Yeah! Ende in Sicht!
Nachdem ich überall gelesen hatte, dass Hollywood übertreibt und es gar nicht so viel Fruchtwasser ist, war ich sehr überrascht über die Menge. Man hätte sehr gut damit einen Taxirücksitz fluten können… Oder den Supermarktboden… Zum Glück landete das meiste davon in der Toilette.
Also erstmal Hebamme anrufen. Diese stellte uns vor die Wahl: Ohne Wehen erstmal schlafen oder direkt ins Vorwehen-Zimmer im Krankenhaus. Keine Wehen – kein Baby. Ich hatte mir das Martin-Luther-Krankenhaus in Schmargendorf auch deswegen ausgesucht, da das Ambiente unheimlich gemütlich und freundlich aussah und weil es zwei Vorwehenzimmer gab. Das heißt, wenn überhaupt eines frei ist, darf man gemeinsam mit dem Partner bleiben und wird nicht nach Hause geschickt oder allein ohne Partner auf Station verlegt. (Das Vorwehenzimmer dort sieht aus wie ein 3-Sterne Hotel mit einem Doppelbett, indirekter Beleuchtung und Fernseher, nicht ungemütlich.)
Wir beschlossen also sofort in die Klinik zu fahren. Ohne Wehen konnte man dies recht gemütlich und nachts ist man von Berlin Mitte die 12 km auch schneller gefahren als im morgendlichen Berufsverkehr.
Dort angekommen gab es erstmal ein CTG, regelmäßige leichte Wehen, Muttermund geöffnet bei 1,5 cm und es stant noch etwas vom Gebärmutterhals (what?! Dieses Organ hat die ganze Schwangerschaft angedroht zu verschwinden und nun wo es losging, ist es immer noch da?!). Wieder fühlte ich mich in einer luxuriösen Situation, allein das Erwähnen meiner Beleghebamme führte schon dazu, dass man anders wahrgenommen wurde. Aus: „…wollen wir erstmal sehen, ob das Fruchtwasser ist“ wurde ein: „…dann beziehen Sie beide am besten direkt das Vorwehenzimmer“.
Morgens um 6.30 Uhr kam meine Hebamme und sagte mir, dass sie auf 9.00 Uhr einen geplanten Kaiserschnitt hatte und dass wir uns gegen 10.00 Uhr sehen und dann in den Kreißsaal wechseln würden. Ich bekam einen Zugang gelegt und ein Opioid gespritzt, um die Schmerzen erträglich zu halten.
Es ging mir sehr gut damit. Die Wehen waren regelmäßig, aber der Schmerz auszuhalten. Zu dem Zeitpunkt zog ich noch in Erwägung, dass ich bei Wehen vielleicht doch nicht so empfindlich sei, wie angenommen… Ich schrieb fleißig Nachrichten: „Es geht los! Sie kommt am 30.11.17 – die Kiste Wein gehört mir!“.
Kurz vor 10.00 Uhr waren die Wehen dann sehr schmerzhaft… puh… zu früh gefreut. Anschliesend ging es schon in den Kreißsaal, wo ich dann nach der besprochenen PDA verlangte. Leider war der Anästhesist im OP und hatte erst in 30-40 Minuten für mich Zeit. Diese Minuten waren die Hölle und kosteten mich viel Kraft. Das ist dann wohl der Nachteil eines Krankenhauses mit nur einem Anästhesisten – der macht alles und ist immer irgendwo im Haus unterwegs…
Mein Mann hatte sich im Gegensatz zu mir gemerkt, dass es beim Wehen veratmen auch auf die Ausatmung ankommt und atmete mit mir. Ich war ein ziemlicher Kotzbroken, aber er und unsere Beleghebamme waren ein gutes Team, mich in Schach zu halten.
Ich bekam die Ansage von ihm, dass jeder in dem Raum das tut was er beeinflussen kann, ich atme, er hilft mir dabei und unsere Hebamme ruft nochmals den Anästhesisten an, basta. Seine Augen sagten: „Reiß dich zusammen!“. Ein bisschen perplex über so viel Klartext, atmete ich und trank wie ein Kamel. Es war wahnsinnig warm und ich schwitzte. Die Warterei auf die ersehnte PDA kam mir endlos vor. Ich war ein plärrendes Kleinkind…
Als der Anästhesist dann endlich kam, kam mit ihm die Angst vor dem Einstich oder davor, dass ich mich doch bewege und irgendwas schief gehen könnte. Dabei war die PDA im Gegensatz zu den Wehen für mich harmlos. Unangenehm, aber wirklich nicht schlimm. Blöd war nur, dass sie einseitig wirkte. Eine Körperhälfte hatte also weiterhin starke Schmerzen. Das blieb auch so und war auch durch diverse Positionsänderungen nicht in Griff zu bekommen.
Langsam machte sich der Gedanke bei mir breit, dass ein Kaiserschnitt dem Ganzen ein schnelles Ende setzen könnte. Ich hatte im Vorfeld viel über einen Wunschkaiserschnitt nachgedacht, der hohen Schmerzempfindlichkeit und den -10 Dioptrien Rechnung tragend. Meine Hebamme ermutigte mich aber, nicht so schnell aufzugeben. Wir hätten noch die Spinalanästhesie als Möglichkeit, sofern der Anästhesist verfügbar sei. Objektiv gesehen hatte ich zu dem Zeitpunkt gerade mal 3 Stunden starke Wehen – für mich die schlimmsten Schmerzen, die ich jemals hatte, für andere ganz süß.
Wir hatten Glück, der Anästhesist kam recht zügig. Das Legen der Spinalanästhesie war vergleichbar mit der PDA, also ebenfalls nicht dramatisch und wirkte besser. Gottseidank… Erlösung… endlich. Die Schmerzen wurden erträglich, zumindest so, dass ich kooperieren konnte, atmen und pressen. Ja, endlich pressen! Wir waren tatsächlich so weit, dass ich pressen durfte. Gefühlt verwandelte ich mich von einem stöhnenden und wimmernden Tier zurück in einen Menschen.
Mein Mann und unsere Hebamme stemmten meine Beine und ich presste und presste. Immer wieder fragte ich nach den Herztönen unseres Babies. Dieses war aber ziemlich ruhig und offenbar überhaupt nicht gestresst. Ganz im Gegensatz zu mir. Meine unbeeindruckte, tapfere kleine Tochter. Wir wussten, die Spinalanästhesie wirkte etwa 2 Stunden, da der Anästhesist dies zuvor noch sagte. Das musste also als Zeitfenster reichen. Innerlich stellte ich mich irgendwie doch auf den Kaiserschnitt ein. „Nicht zu erreichen“ kam mir das Ganze vor, obwohl es objektiv gesehen gut lief.
Der Anästhesist riet mir auch, nichts mehr zu essen, da auch er offenbar den Kaiserschnitt nicht abwegig fand. Mein Mann und meine Hebamme fütterten mich jedoch mit einem übrig gebliebenen Croissant und gaben mir Unmengen an Wasser. Offenbar waren beide absolut davon überzeugt, dass ich es schaffen würde.
Anders, als die Lehrmeinung, konnte ich trotz Spinalanästhesie in die Hocke gehen und aktiv mitarbeiten. Nach einer gefühlten Ewigkeit – die in der Realität etwa 90 Minuten ausmachte – rief die Hebamme die Gynäkologin und die Kinderärztin an. Da wusste ich: Krass, ich scheine es wirklich fast geschafft zu haben. Ein Kinderarzt ist erst nötig, wenn es tatsächlich gleich ein Kind gibt. Die Herztöne waren weiterhin sehr gut. Ich musste mich also tatsächlich in der Endphase der Geburt befinden. Ich konnte mein Glück kaum fassen, denn meine Kräfte verließen mich langsam.
Ich fing zu den falschen Zeitpunkten an zu pressen und es wurde unkoordiniert. Es war aber auch physisch total anstrengend – das anstrengendste was ich je gemacht hatte. Dazu kamen leichte Sternchen vor den Augen bei jedem Pressen. Wahrscheinlich Unterzuckerung oder doch die gefürchtete Netzhautablösung bei stark Kurzsichtigen?
Sofort teilte ich dies meiner Hebamme mit und sie sagte: „Wir kürzen das Ganze ab – Saugglocke“. Meine Augen antworteten mit Zustimmung. Es würde gleich vorbei sein. Ich war so erleichtert. Dennoch tauchte kurz vor meinem inneren Auge das Bild einer Geflügelschere auf – Saugglocke heißt meistens Dammschnitt. Aber die Aussicht endlich erlöst zu werden war wesentlich stärker, als die Angst vor dem Dammschnitt. Diesen spürt man auch tatsächlich kaum – die Wehen sind einfach stärker.
Ein bisschen Dramatik bekam das ganze dann doch, denn beim ersten Mal rutschte die Saugglocke ab. Meine Hebamme blieb aber ganz ruhig, obwohl die Herztöne des Babies hochgingen bis auf 200 Schläge die Sekunde. Ich guckte sie an und wusste, es wird gehen, es wird klappen. Das tat es dann auch bei der nächsten Wehe – da war sie, die Erdbeermaus.
Und jetzt folgt der Teil an dem alle Geburtsberichte damit enden, dass man das Baby auf den Bauch gelegt bekommt und dann fasziniert und verliebt ist und alles um sich herum vergisst. Ich konnte aber nicht. Irgendwas blockierte, zu sehr war ich mit mir selbst beschäftigt. Wir hatten darüber im Vorfeld gesprochen, da ich mich sehr gut kenne. Wenn mich etwas überfordert und weit über meine Grenzen bringt, brauche ich oft Zeit. Mein Mann nahm sie als erstes. Die kleinen Händchen gruben sich tief in sein Brusthaar und ich konnte sehen wie glücklich er war.
Erst als Nachgeburt und Nähen abgeschlossen waren, war ich dann soweit, dass ich sie nehmen konnte. Sie war so klein, so perfekt und vollkommen und unheimlich stark. Dieser Muskeltonus, sie war winzig, hatte aber sehr wache Augen und ihr Lebenswille war deutlich zu merken. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mich kein hilfloses Wesen anguckt, sondern jemand der sehr weise ist. Eine alte Seele – alte Indianergeschichten schossen mir durch den Kopf.
Sie war ganz ruhig und schaute mich intensiv an. Puh, ich bin jetzt für dich verantwortlich, kleiner Mensch und werde dich begleiten, dachte ich. Mir war aber so als ob der kleine Mensch auf meiner Brust mit seinem tiefen weisen Blick sagen wollte: „Ich bin da und werde dich begleiten“.
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Nachwort von Joanna:
Ich habe im Vorfeld viele Geburtsberichte gelesen, da ich leichter mit Dingen umgehen kann, wenn sie mich nicht komplett überfahren. Ich wollte ein realistisches, vielfältiges Bild haben, um einzuschätzen was für mich geht und was nicht. Aber ich bin auch der Mensch, der Geburtstagsüberraschungen scheußlich findet.
In vielen dieser Berichte wurden medizinische Interventionen negativ dargestellt und häufig als traumatisierend empfunden. Als dann auch noch die Hebamme beim Geburtsvorbereitungskurs den Dammschnitt als meist überflüssig und einfach komfortabel für das Geburtsteam darstellte, und ich lauter Gesichter sah, die sichtbar notieren: „Bloß kein Dammschnitt, unbedingt vorher ansprechen“, habe ich das Gespräch mit meiner Beleghebamme gesucht.
Ich hoffe, dass meine Erfahrungen hier etwas Angst nehmen können. Medizinische Interventionen können, richtig angewendet, hilfreich sein und wir sollten froh sein, dass wir sie haben.
Meiner Meinung nach, sollte jeder der möchte, eine Beleghebamme bekommen können, denn es ist wirklich Gold wert, dass da jemand ist, der einen einschätzen kann, dem man vertraut und der im Krankenhaus das Sprachrohr sein kann. Denn man ist unter einer Geburtssituation nicht in der Lage so zu kommunizieren wie sonst und wird oftmals auch nicht ernst genommen.
Ich konnte also festhalten, dass ich aufgrund meiner bereits bekannten hohen Schmerzempfindlichkeit jede Linderung erhalten möchte, die denkbar ist. Wir besprachen, dass bei hoher Kurzsichtigkeit (ich habe knapp -10 Dioptrien) die Pressphase nicht zu lang sein sollte und die Verwendung einer Saugglocke die Geburt abkürzen kann. Ebenso erklärte man mir, wann ein Dammschnitt nützlich und wichtig sein kann und, dass ein unkontrollierter Dammriss in tiefere Gewebsschichten sehr schmerzhaft und schwer zu versorgen sei und dabei auch langfristig Strukturen beschädigt werden können, die schwer ohne Defekt heilen, wie die kleinen Schamlippen.
Auch konnte ich adressieren, dass ich einen Wunsch-Kaiserschnitt, bedingt durch die bereits bekannten Gegebenheiten (starke Kurzsichtigkeit mit Gefahr der Netzhautablösung, hohe Schmerzempfindlichkeit und ängstliche Persönlichkeit) in Erwägung zog. Wir legten fest, dass man mir während der Geburt möglichst alles erklären wird. Was ich verstehe, macht mir weniger Angst.
Naja, aber es lag auch auf der Hand, dass eine spontane Geburt für jemanden, der gerne alles plant, Termine und ToDo-Listen liebt und nichts furchtbarer findet, als Dinge auf sich zukommen zu lassen, eine besondere Herausforderung wird…. Hat doch trotzdem geklappt. Man kann sich also auch mal selbst überraschen.
Und wie man das kann, liebe Joanna. Loslassen und spontan auf Situationen reagieren, das ist auch die beste Voraussetzung fürs Mama Leben! Hab vielen Dank, dass du deine besondere Geschichte mit uns teilst. Alles Liebe für dich und deine kleine Familie!
P.S. Zur Wette: Da die Größe nicht näher definiert wurde, hat Joanna den Wein ausgesucht, den man nur ab 24 Flaschen bestellen konnte als eine Bestelleinheit. Irgendwie war sie der Meinung, dass sie das verdient habe und der Ehemann hat das kommentarlos hingenommen, bezahlt und in die Speisekammer gewuchtet. Recht so!
Fotocredit: Patricia Kaiser –– Moment Mal Fotografie
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