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Claudia Baldauf ist eine treue Leserin von uns und hat hier auch schon einmal über das Mummy sein berichtet. Diesmal schreibt sie über die Geburten ihrer beiden Söhne.

Als ich über diesen Text nachdachte, wurde ich tatsächlich richtig wehmütig. Ich habe sogar in einer Nacht noch einmal von einem Baby geträumt. Das hinterließ ein ganz wohliges Gefühl, aber ändert nichts an der Tatsache, dass ich mich genügend reproduziert fühle. Ich habe zwei kleine Jungen, die innerhalb von zwei Jahren auf die Welt kamen. Heute sind sie 6 und 4,5 Jahre alt und haben mein Leben auf den Kopf gestellt. Ich kann auch ziemlich genau sagen, dass das mit der Geburt des Großen ausgelöst wurde. Eine Zäsur in meinem Leben. Es stimmt, dass man als Mutter sein Herz außerhalb trägt (als Vater sicher auch).

Die erste Schwangerschaft war soweit okay, wobei ich mich nie so toll gefühlt habe, wie viele Schwangere oft berichten. Zumindest hat mich nie jemand auf diesen Glow angesprochen, den Schwangere angeblich haben. Da ich nicht wusste, was da auf mich zukommt, habe ich einfach nicht groß nachgedacht, was sich verändern wird, was es überhaupt bedeutet, Mutter zu werden. Kann doch nicht so schwer sein, bisher habe ich doch auch alles gewuppt. Einer weiterer Punkt, der mich immer aufgebaut hat, war die Freude meines Mannes über den ersten „Thronfolger“.

Der Termin der Niederkunft lag Anfang Dezember, aber irgendwie fühlte es sich Wochen vorher schon so an, als würde Baby Nr. 1 das nicht ausreizen. Wir haben es tatsächlich noch geschafft, einmal auf den Weihnachtsmarkt zu gehen, nachdem er eröffnet hatte. Das war ein Dienstag. Am nächsten Tag war ich irgendwie besonders sensibilisiert auf Reaktionen meines Körpers. Und dann, am frühen Nachmittag war sie da, die erste Wehe. Ich weiß noch genau, wie aufregend ich das fand. Im Grunde habe ich dann mehrere Stunden daheim auf der Couch verbracht und die Zeit aufgeschrieben, wann die nächste Wehe kommt. Gepackt hatte ich schon ein paar Dinge, deshalb habe ich relativ entspannt auf meinen Mann gewartet, der so gegen 18 Uhr heim kam. Die Ankündigung, dass er mich doch mal ins Krankenhaus fahren solle, hat ihn auch ganz schön aufgeregt gemacht. Aber was soll ich sagen, das alles war nur ein Hauch dessen, was noch kommen sollte. Ich hätte locker noch ein paar Stunden daheim bleiben können. Naja, beim ersten Kind ist man da nervöser.

Wir fuhren also ins Krankenhaus und ich wurde erst einmal ans CTG gehängt. Da es eine ruhige Zeit auf der Geburtsstation war, durfte ich bleiben, obwohl es noch dauerte. Weil soweit alles gut lief, wurde ich später auf mein Zimmer verlegt und mein Mann verabschiedete sich.

Die Nacht wurde zunehmend furchtbarer, denn die Schmerzen setzten ein, elendige Schmerzen, die mich nicht schlafen ließen. Leider waren das keine richtige Wehen, sondern extreme Rückenschmerzen, die eher mit einer orthopädischen Anomalie zu tun haben. Einer Rückenverletzung, die ich erst vor eineinhalb Jahren diagnostiziert bekommen habe. Das Baby drückte auf einen Knochen, der leicht verrutscht war bzw. nicht richtig durch die Muskulatur gehalten wurde.

Da ich unbedingt schlafen wollte und musste, wurde mir ein Schmerzmittel verabreicht. Das hat so gut gewirkt, dass ich zwar die Schmerzen im Schlaf gemerkt habe, aber wie im Delirium war. Den Weckruf am nächsten Morgen, dass es nun in den Kreißsaal gehen würde, habe ich kaum vernommen, denn so benommen war ich noch. Dieses Teufelszeug. Und dann kam der Moment, der vielen Frauen den Mut nimmt. Wenn man kräftemäßig schon fertig ist und die Untersuchung sagt: Zwei Zentimeter.

Der blanke Hass. Auch der super schöne Kreißsaal hat mich nicht von meinem Unmut abhalten können. Ich wollte kein besonderes Licht, keine eigene Musik (obwohl ich kurz an Muse gedacht hatte, wegen meiner Stimmung) und die Badewanne war mir auch schnurz. Die Schmerzen verstärkten sich weiter und die Sanduhr rieselte langsam vor sich hin. Zum Glück kam am frühen Nachmittag mein Mann, den ich jedoch dazu angehalten hatte, mich ja so wenig wie möglich anzusprechen. Er  wiederum hat an diesem Tag so viel gelesen wie lange nicht. Aber ich wusste, dass er sich jederzeit für mich einsetzte, wenn es mir nicht gut ging, wenn ich selbst nicht mehr für mich einstehen konnte. Ein weiteres großes Glück waren meine Hebammen. Zwei von dreien, denn so lange war ich im Kreißsaal, kannte ich von meiner Frauenärztin. Sie betreuten mich bereits in der Praxis und hatten jeweils ihre Schicht während ich da war.

Als ich mich schon nicht bewegen wollte, sollte ich tatsächlich noch den Kreißsaal wechseln. Ich dachte, ich muss weinen. Es kam eine Frau, die ihr viertes Kind bekam und die endlich mal in der Badewanne gebären wollte. Grrrrr. Sie war auch etwas schneller dabei, wahrscheinlich hat sie die Erfahrung erst kurz vor knapp losfahren lassen. Nicht nur, dass ich sie habe schreien hören, was schon erschütternd war, nein, sie bekam auch noch einen Kreislaufkollaps in der Wanne. There goes my Hebamme.

Da ich schon den ganzen Tag nichts gegessen hatte, bot mir die Hebamme später etwas Milchbrei an. Dankbar nahm ich an, nur um ihn Minuten später wieder ins Klo zu spucken. Die gute Nachricht daran: oft erbrechen die Frauen bei 5 Zentimeter! Genauso war es bei mir. Weitere Erkenntnisse waren auch, dass ich sehr laut schreien kann. Das wusste ich nicht, aber irgendwohin muss der Schmerz. Man muss ehrlicherweise sagen, dass es wirklich weh tut. Aber der Schmerz ist mit keinem anderen zu vergleichen. Ich glaube, er bereitet im übertragenen Sinn schon auf die Tiefe und Unendlichkeit der Gefühle hin, die man dann den Kindern gegenüber spürt. Das eigene Universum bekommt eine weitere Dimension dazu.

Es dauerte eine weitere Stunde bis ich so bei 8 – 9 Zentimetern war. Diese gemeinen Hebammen und Ärzte haben mir immer wieder versichert, dass ich natürlich PDA usw. bekommen könnte, aber es ja GLEICH soweit ist. Als ich dann hätte wirklich PDA gebraucht, war es tatsächlich zu spät. Das Baby wollte zwar raus, aber es ging nicht weiter. Dann kam der Arzt mit diesem lustigen Ding, mit dem man Abflüsse reinigt. Die Saugglocke brachte mich doch etwas zum Schmunzeln, innerlich. Dann ging es doch ganz schnell und mein kleiner Conehead war da. Der Kopf war durch die Saugglocke ziemlich verschroben aus, aber das legte sich schnell. Ach so, habe ich den Dammriß erwähnt? Der Bub wurde zügig untersucht und dann durfte ich bestaunen. Aber ich war leer und müde, wollte schlafen. Und ich musste genäht werden, so lange die Betäubung noch hielt. Das ging schnell und war im Gegensatz zur Geburt ein Spaziergang.

Das Wichtigste war, dass das Baby ganz gesund und munter war. Eine Stunde später rief ich meine Eltern an und begrüßte sie mit den Worten „Hallo Oma, hallo Opa“. Wir haben alle geweint.

The Day That… Gast-Mummy Claudia Baldauf

 Nach 11 Monaten war ich wieder schwanger. Ich wusste es nach 3 Wochen, denn ich hing schon über der Toilette. Das war nur der Auftakt einer anstrengenden, ermüdenden und deprimierenden Schwangerschaft. Die 40 Wochen zogen sich hin, ich wurde immer dicker und litt sehr unter Wassereinlagerungen und Kreislaufproblemen. Dem Baby Nr. 2 schien es aber gut zu gehen, das beruhigte mich. Der Sommer war extrem heiß und teilweise schwül. Wir wohnten im 5. Stock ohne Aufzug. Am Abend vor der Geburt haben wir noch einmal mit Freuden gegrillt, das hieß, einmal fünf Stockwerke runter und einmal wieder hoch…Leistungssport in dem Moment für mich. Auch in dieser Nacht hatte ich wieder dieses Gefühl, dass etwas passieren könnte. Dazu muss ich sagen, dass ich schon ein paar Tage über dem eigentlichen Geburtstermin war und es wirklich Zeit wurde, dass der Bub endlich kommt. So gegen 2 Uhr fingen die Wehen ganz leicht an. An Schlaf war nicht zu denken, denn ich war auch in freudiger Erregung. Ich glaube, es war so gegen 5 Uhr als ich meinen Mann weckte. Auch er freute sich total. Wir haben uns langsam angezogen, den Bub Nr. 1 geweckt und ins Auto gepackt. Zusammen ging es dann ins Krankenhaus. Gleiches Spiel wie beim ersten Kind. Die Schmerzen im Rücken waren unerträglich, aber der Muttermund blieb stumm. Nachdem ich untergebracht und ans CTG angeschlossen war, brachte mein Mann den Sohnemann zu Freunden und ging ein paar Stunden arbeiten, blieb aber natürlich auf Abruf. Die nächsten Stunden waren mein persönlicher GAU. Ich war so erschöpft, müde und kraftlos, aber es ging nicht weiter. Wenn ich klarer hätte denken können, hätte ich folgende Aussage meiner Hebamme (die ich nicht kannte) lautstark kommentiert: „Frau Baldauf, Sie haben psychische Probleme, das Kind zu bekommen.“ Noch heute ärgere ich mich über diese Gemeinheit einer kinderlosen Hebamme. Da ich nicht mehr kämpfen konnte, musste das mein Mann tun. Er kam, hat lautstark nach dem Arzt verlangt und der kam dann auch. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Nach der Untersuchung wurde sofort die Anästhesistin gerufen, der OP-Saal vorbereitet und die PDA gelegt. Alles ging ganz schnell. Ich werde zwei Momente nie vergessen. Erstens, als die unsäglichen Schmerzen im Rücken nachließen dank PDA und als dann der kleine Mann endlich da war. Nicht meine Hochzeit, nicht der erste Kuss, der erste tolle Arbeitsvertrag oder die zahlreichen Reisen machten mich so glücklich wie der Moment, als Baby Nr. 2 das Licht der OP-Welt erblickte. Wir hatten so schwere Zeiten miteinander durch, haben zusammen gekämpft und als er kam, habe ich geweint und konnte nicht aufhören zu zittern (auch eine Nebenwirkung der nachlassenden PDA). Während das Baby bei der Hebamme und Kinderärztin war, wurde ich wieder zugenäht und lauschte den Gesprächen der Ärzte. Sie redeten über ihren Pilotenschein und Flugzeuge. Es stellte sich auch heraus, dass der Kaiserschnitt höchste Eisenbahn war, denn das Fruchtwasser wurde schon grün und dem Baby hätte es schnell schlecht gehen können. Zum Glück war die doofe Hebamme nicht mehr da.

 Der Kaiserschnitt ist gut und schnell verheilt, auch wenn es an der Narbe noch taube Stellen gibt. Jetzt, nach einer gewissen Zeit kann ich schon sagen, dass die ersten Jahre mit zwei so kleinen Kindern sehr anstrengend war. Aber jetzt zu sehen, wie die zwei zusammen spielen, reden, streiten, Bude bauen oder Streiche spielen, bestärkt mich in unserer Entscheidung, den Altersunterschied der Kinder gering zu halten. Wenn ich das schreibe, muss ich lachen.

Übrigens habe ich zu keinem Zeitpunkt mit dem Kaiserschnitt gehadert. Im Gegenteil, ich bin dankbar dafür, dass es diese Möglichkeit gibt. Mir fehlt dadurch auch nichts. Aber vielleicht liegt es daran, dass ich bereits eine natürliche Geburt erlebt habe. Die Bindungen zu meinen Kindern sind jedoch nicht beeinflusst durch die Art der Geburt, die Art des Stillens, Schlafens oder Tragens. Die Bindung ist da, weil es mein Fleisch und Blut ist, zwei kleine phänomenale Menschlein, die meine Welt etwas größer gemacht haben. 

The Day That… Gast-Mummy Claudia Baldauf 

Claudia Baldauf


Nicolette an Dam mit Loading Baby Bump via Instagram zum Gast-Mummy Aufruf  

Für unsere Serie „The Day that…“ freuen wir uns über jede Mummy unter Euch, die einen Gastbeitrag schreiben und ihre Erlebnisse mit uns teilen möchte – Bei Interesse schreibt uns eine Nachricht an: info@mummy-mag.de