The day that
Rubi was born
Maggie ist vor sechs Monaten Mama geworden. Bereits vor Jahren ist sie auf eine natürliche Verhütungsmethode umgestiegen, mit eben der sie dann ihre Schwangerschaft gezielt geplant hat. Und heute erzählt sie uns ihre Geburtsgeschichte – von „einer gaaaaaanz normalen Geburt“…
„Ich erinnere mich noch ganz genau an diesen einen heißen Tag Mitte September, es war ein Dienstag Morgen, an dem ich mich – wie schon seit der 35.SSW regelmäßig – zur Akupunktur schleppte. Ja richtig, schleppte. Mir ging es nämlich seit ein paar Tagen gar nicht mehr gut, ich befand mich 8 Tage vor dem errechneten Geburtstermin und mein Bauch zog wie verrückt, ich hatte unangenehme Krämpfe und fühlte mich insgesamt ziemlich elend. Im Nachhinein weiß ich: Das waren Vorwehen.
Nach der Akupunktur, die im Geburtshaus, in dem ich entbinden wollte stattfand, nutze ich die Gelegenheit und ließ mich von meiner Hebamme Claudia untersuchen: Das Köpfchen des Kindes saß zwar tief im Becken, aber der Muttermund war noch fest verschlossen. „Ich denke nicht, dass es in den nächsten Tagen los geht.“ Na toll. Enttäuscht ging ich nach Hause und rief meinen Mann an, um ihm die „News“ zu überbringen. „Dann kann ich heute Abend ja ein Bier trinken gehen.“ Jepp. Auch ich war eigentlich für den Abend verabredet, (wenn auch nicht zum Bier trinken), fühlte mich aber überhaupt nicht in der Lage, das Haus zu verlassen. Stattdessen verbrachte ich den restlichen Tag und gesamten Abend auf dem Sofa und ließ mir die kühle Luft der Klimaanlage ins Gesicht wehen.
Mein Mann kam gegen 23 Uhr nach Hause und wir legten uns eine halbe Stunde später ins Bett, er schlief sofort ein, ich wälzte mich noch hin und her. Kurz vor Mitternacht musste ich auf Toilette. Und dort, völlig überraschend, platze meine Fruchtblase. Ich machte schnell das Licht an, um zu sehen, ob es nicht nur der Schleimpfropf war. Aber nein, es war glasklar und hörte überhaupt nicht mehr auf zu fliessen. Mein Herz schlug wie verrückt. Ich wusste nun: In maximal 24 Stunden werde ich Mutter. Und mein Mann Vater. Ich stopfte mir schnell ein Handtuch in die Unterhose (wieso sagt einem keiner, dass es sooooo viel Wasser ist?!) und weckte ihn. Er stand sofort senkrecht im Bett: „Was? Oh Gott“ und schon war er aufgesprungen und schnappte sich unsere Geburtshaus-Tasche und den Autositz fürs Baby. „Moment, wir sollen doch erst Claudia anrufen“, versuchte ich ihn zu beruhigen.
Gesagt, getan. Am Telefon fragte mich Claudia, ob sie kommen soll, um mich zu untersuchen oder ich mich direkt wieder hinlegen möchte, denn Wehen hatte ich ja noch keine. Mir war es jedoch lieber, sie bei mir zu haben. Also traf sie wenige Minuten später ein. Mit dem selben Ergebnis wie schon am Morgen: Köpfchen liegt tief im Becken, Muttermund noch verschlossen. Sie sagte, wir sollen uns so gut wie möglich ausruhen, im Idealfall sogar schlafen und auf die Wehen warten. Sollten sie bis zum nächsten Morgen nicht eintreffen, orderte sie an, sie erneut anzurufen und einen Wehen-Cocktail zu mir zu nehmen, den sie mir da ließ.
Etwas verdutzt standen wir nun da, mein Mann und ich. Schlafen?! Na gut, versuchen wir das mal. Wir legten uns also ins Bett und keine 5 Minuten später stand ich auf allen Vieren. Aua. Was war das denn? „Eine Wehe?“, fragte der Mann. „Keine Ahnung“, sagte ich. Wenige Minuten später das gleiche. Heftiger. So heftig, dass ich nicht wusste, wohin mit mir. Veratmen? Ging nicht. Ich schrie. Mein Mann wurde nervös. „Soll ich Claudia anrufen?“. Mir war es etwas unangenehm, schließlich war sie gerade erst gegangen. „Vielleicht hört es ja wieder auf und es sind nur Vorwehen?“, fragte ich in der Wehenpause. Die hielt jedoch nur kurz an. Die nächste Wehe kam und mein Mann begann auf die Uhr zu schauen. „Alle zwei Minuten, je 50 Sekunden lang. Ich rufe Claudia an.“
Was nun kam, haben mein Mann und ich völlig unterschiedlich erlebt: Mir kamen es nämlich wie maximal 10 Minuten vor, die Claudia brauchte, um wieder zu uns zu kommen, mein Mann sagte jedoch, es waren 45. Diese Minuten waren wohl die schlimmsten für ihn. Denn er hat sich völlig allein und hilflos gefühlt: Ich schrie mir die Seele aus dem Leib. Jetzt schon. Als Claudia (endlich) kam, schlug sie vor, sofort ins Geburtshaus zu fahren. Auf dem Weg zu ihrem Auto, das nur um die Ecke stand, warf ich mich drei Mal auf den Boden, um die Wehen zu verschreien (im Hausflur, im Lift, vor der Haustür).
Die Autofahrt war der blanke Horror. Ich stand erneut auf allen Vieren auf der Rückbank, schrie weiterhin bei jeder Wehe und dachte bei jedem Hubbel, das Kind plumpst gleich raus. Die 20-minütige Fahrt kam mir unglaublich lang vor. Das Erste, was ich tat, als wir im Geburtshaus ankamen, war mich schon im Eingangsbereich auf den Boden fallen zu lassen und eine weitere Wehe zu verschreien. So hatte ich mir das Ganze überhaupt nicht vorgestellt: Ich dachte ja, wir kommen dort ganz gemütlich an, ich habe hier und da mal eine Wehe, die ich locker wie gelernt veratme, lege mich entspannt in die Wanne, höre ein wenig Musik, esse die leckeren Snacks aus unserer Tasche und warte, warte, warte bis sich alles intensiviert. Pustekuchen.
Ich kletterte gerade eben so in die Wanne und nahm auch hier meine bevorzugte Position ein: Ich kniete und beugte mich über den Wannenrand, an dem mein Mann mir die Hände hielt, mich tröstete, bekräftigte, küsste. Ich war unendlich dankbar für diese Unterstützung, konnte das in diesem Moment jedoch überhaupt nicht ausdrücken. Ich war nämlich nicht ansprechbar. Ich erinnere mich, dass sowohl Claudia als auch mein Mann mir hin und wieder eine Frage stellten („Willst Du etwas trinken?“, „Musst Du auf Toilette?“), doch ich konnte nicht antworten. Denn sobald eine Wehe vorbei war, merkte ich schon, dass die nächste anrollte. Ich hatte überhaupt keine Zeit zu verschnaufen. Null.
Irgendwann merkte ich, dass meine Blase voll ist. Mit der Hilfe von Claudia schaffte ich es zwar ins Badezimmer, konnte jedoch nicht auf Toilette gehen, da mir immer wieder eine Wehe dazwischen kam. Also zurück ins Becken. Dort wollte Claudia mich untersuchen, aber das war einfach nicht möglich. Ich hielt es nicht in Rückenlage aus. Meine Position war definitiv auf den Knien. Nur so konnte ich auf die heftigen Wehen reagieren.
Nach einiger Zeit schlug Claudia vor, die Wanne zu verlassen. Sie bat mich, mich über das Bettende zu hängen. Immer wieder untersuchte sie die Herztöne des Kindes und versicherte mir, dass alles gut war. Selbst das konnte ich nicht fragen. Wie es eigentlich der Kleinen geht. Ich dachte außerdem, mich würde der Gedanke daran, dass ich nun bald mein Kind in den Händen halten würde, über alle Schmerzen hinwegtrösten. Doch stattdessen dachte ich nur eines „Nächstes Mal: Kaiserschnitt!“
Ich fragte Claudia nicht, wie lange es wohl noch dauern würde, ich tat nichts anderes außer zu kreischen. Irgendwann sagte sie mir, ich sei komplett verstrichen. „Was heißt das?“, fauchte ich sie an. „Dein Muttermund ist vollständig geöffnet. Du kannst nun mitpressen“. Ich war so erleichtert. Denn plötzlich kamen die Wehen in größeren Abständen. Ich hatte nun tatsächliche Wehenpausen! Ich konnte endlich wieder kommunizieren. Und das Mitpressen bei einer Wehe empfand ich als viel angenehmer als die vorherige, muttermundöffnende Tortur.
In dieser Austreibungsphase klopfte es von außen ans Fenster. Die Polizei. „Ist alles in Ordnung?“ Ich musste lachen. Ich KONNTE lachen! Auch mein Mann wurde nun lockerer. Er sah, dass es mir etwas besser ging. „Alles in Ordnung, eine ganz normale Geburt“, schickte Claudia die Polizisten wieder weg. Ich war also normal. Prima.
Doch dann wies sie darauf hin, dass Rubi – wir hatten ihr den Namen mittlerweile verraten – sich nicht richtig ins Becken drehen wollte oder konnte. So begann sie also mich herum zu scheuchen: ins Bett, auf die Seite, wieder in die Hocke, ans Bettende, wieder hinlegen. Ich verfluchte sie. Tat aber wie mir befohlen wurde. Ich vertraute Claudia zu 100 Prozent. Sie strahlte eine unglaublich Ruhe und Gelassenheit aus, ich habe mich in keiner einzigen Sekunde verunsichert oder ängstlich gefühlt.
Ich war erneut sehr erleichtert als sie verkündete, nun die zweite Hebamme zur Geburt zu rufen. Nun kann es also nicht mehr lange dauern! Martina betrat mit einem fröhlichen „Guten Morgen!“ den Raum. Ach, es war schon Morgen? Tatsächlich war es mittlerweile hell geworden, mir kam es hingegen vor wie 3 Uhr nachts, denn die Zeit ist (zum Glück) so schnell verflogen. Erst da fiel mir außerdem auf, dass ich bisher die gesamte Zeit die Augen fest verschlossen hatte. Und ich hörte auch nicht auf damit. Denn nun folgte wieder etwas so Schmerzvolles, wie ich es mir nie hätte vorstellen können: Martina wand den Kristeller-Handgriff bei mir an – mehrere Male. Sprich: Sie warf sich mit voller Kraft auf meinen Bauch und drückte das Kind von oben heraus. Als Martina verkündete, dies ein weiteres Mal tun zu müssen, flehte ich „Neeeein, bitte nicht. Ich kann nicht mehr!“. Das war das erste und einzige Mal, dass ich äußerte, was ich schon seit Stunden dachte: Ich kann nicht mehr. „Dann muss Rubi wohl drin bleiben“, schmunzelte Claudia. Na gut ok, ein einziges, weiteres Mal noch. Und tatsächlich: Martina schmiss sich bei der nächsten Wehe wieder auf meinen Bauch, mein Mann, der mich die gesamte Zeit von hinten stützte, schluchzte, als er das dunkle Haar von Rubi sah, ich schrie ein letztes Mal aus voller Kraft und Claudia zog unsere Tochter um 7:48 Uhr sanft heraus. Ich öffnete meine Augen. Und sah ein klitzekleines, schreiendes, am Kopf etwas deformiertes Wesen, das mir sogleich auf die Brust gelegt wurde. „Keine Angst, die Beule verschwindet gleich wieder“, beruhigte Claudia uns. War auch so.
Mich fragen Freunde immer wieder: „Was hast Du empfunden, als Du sie das erste Mal gesehen hast?“ Ich antworte ganz ehrlich: Ich war einfach nur erleichtert. Erleichtert, dass diese schrecklichen Schmerzen endlich vorbei waren. Die Erleichterung, dass alles gut gegangen ist, wir das Geburtshaus bereits nach 4 Stunden verlassen konnten, und vor allem ein gesundes und noch dazu wunderschönes Kind haben, kam erst viel viel später. Das Erste, was ich übrigens zu meinem Mann nach der Geburt sagte, war nicht „Oh wie süß sie ist“ oder so was ähnliches. Nein, es war: „Das mache ich nicht noch mal“. Dabei möchten wir ein zweites Kind.
Vielleicht ist es wirklich so, wie alle sagen, dass Frau den Schmerz eines Tages vergisst. Ich habe ihn bis heute – 6 Monate nach der Geburt – definitiv nicht vergessen. Aber was sich zu diesem negativen Gefühl mischt ist eine unglaubliche Dankbarkeit. Und Stolz. Ich bin wirklich mächtig stolz auf mich und meinen Körper, das geschafft zu haben. Ganz ohne Medizin, Krankenhaus und Arzt. Nur mein Mann, meine Claudia und meine Rubi. Eigentlich doch perfekt.“
Liebe Maggie, vielen Dank für Deine tollen Bericht. Sechs Monate sind keine lange Zeit – ihr schaut einfach mal, wann ihr wieder bereit seid 😉
Wer übrigens mehr über Maggie erfahren möchte, oder ihre Erfahrungen in Sachen natürliche Verhütung, der sollte einfach mal einen Blick auf ihren Blog werfen!
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Schickt uns einfach Eure Geschichte mit ein paar Bildern, die wir veröffentlichen dürfen an: info@mummy-mag.de …………………………………………………………………………………………………………………………….
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