Wir Frauen haben irgendwie eine verzerrte Selbstwahrnehmung!

Kolumne_Wahrnehmung

Dieses wunderschöne Bild von uns hat mir meine Freundin Lisa vorletzte Woche geschickt. Ein Outtake von unserem Familienshooting. Ein wirklich schönes Bild, aus einer schönen Situation heraus entstanden. Auf den zweiten Blick fing ich dann wieder an zu scannen und blieb an meinen unschönen, undefinierten, viel zu kräftigen Oberarmen hängen, die DRINGEND trainiert werden müssen. Ey, geht’s noch? Warum rattert mein Hirn wieder und lässt mich Fehler suchen, wo doch eigentlich keine sind. Oder doch? Findet das ganze nur in meinem Kopf statt ? Aaaah…. 

W wie Wahrnehmung
Die Wahrnehmung ist der Prozess und das Ergebnis der Informationsgewinnung und -verarbeitung von Reizen aus der Umwelt und dem Körperinnern einer Person. So lautet die Definition bei Wikipedia. Und eben dieser Prozess unterliegt scheinbar einer völligen Willkür. Zumindest fällt ein und der derselbe Prozess immer wieder mit einem komplett anderen Urteil aus. Nehmen wir beispielsweise den Blick in den Spiegel. Ganz ehrlich, ich scheine da grundsätzlich eine komplett verzerrte Wahrnehmung zu haben – zumindest was mich angeht. Und das geht bekanntlich nicht nur mir so, sondern gehört irgendwie zur Natur der Frau. Denn irgendwie funktionieren da unsere Synapsen nicht immer so, wie sie funktionieren sollen. Wir sehen in den Spiegel und sehen was als erstes? Genau, vermeidliche Fehler. Der Po ist zu dick, zu breit, zu flach, die Beine zu kurz, zu stämmig, zu wellig, der Busen sieht schon lange nicht mehr so aus wie mit Anfang 20 – Stillen, Altern und Schwerkraft fordern nun mal ihr Tribut – und sind das schon wieder neue Fältchen im Gesicht? Die waren gestern bestimmt noch nicht da. Argh… Und dann gibt es diese besonderen Tage, die viel zu selten vorkommen. An denen man sich einfach schön findet. Nein, das Spiegelbild hat sich nicht verändert, die speckigen Oberarme, der hängende Busen, der dicke Bauch und die X-Beine sind noch da. Aber irgendwie scheint alles einen Sinn zu machen. Es passt einfach ins Gesamtkonzept und das ist gar nicht mal so schlecht. Von wegen, das ist alles in Allem doch gar nicht übel. Holá!

Der Körper besteht bei uns aus einzelnen, optimierungsfähigen Sektionen!
Tja, Letztes passiert leider nicht häufig, sollte doch aber eigentlich der Standard sein. Schließlich strahlen wir genau an diesen Tagen auch genau das aus: Selbtbewusstsein. Einfach, weil wir eine Wahrnehmung haben, die uns erlaubt und gut zu fühlen, stark, schön. Warum also um Himmels Willen scannen wir uns so häufig selbst auf Fehler? Wirklich, mir kommt es so vor, dass wir alle Körperteile einzeln betrachten und uns darauf konzentrieren, was als nicht perfekt ist! Und wir vergessen dabei immer das Ganze zu betrachten. Das komplette Paket. Klar, die Idee wäre schön, aber wie bekommen wir das hin? Oder besser: Wie bekommen wir das hin, dass wir uns selbst so wahrnehmen, wie es unsere Freundinnen tun? Denn das ist ein weiteres Phänomen: ich habe einfach die schönsten, tollsten, fantastischsten Freundinnen um mich herum und jede von ihnen besitzt mindestens eine Eigenschaft, die ich auch gerne hätte. Und ich glaube, dass meine Freundinnen mich auch anders wahrnehmen als ich mich selbst. Sie nehmen mich als Komplettpaket wahr und für sie passt das. Als ich ihnen von meiner Oberarm-Erkenntnis erzählt habe, haben sie mich natürlich für völlig bekloppt abgestempelt. Zu recht wahrscheinlich, aber wie gesagt, jede von uns kennt dieses Phänomen. Wie oft kommen meine Freundinnen zu mir und haben irgendetwas an sich auszusetzen – Dinge, die ich absolut nicht sehen kann, denn in meinen Augen sind sie einfach perfekt wie sie sind. Was also treibt uns dazu, so selbstkritisch zu sein?

„Männer schauen mit Zwanzig in den Spiegel und das Bild scheint sich fest zu brennen!“
Irgendwo habe ich kürzlich diese Aussage gelesen. Es scheint als würden Männer mit Anfang Zwanzig in den Spiegel schauen und auch nach 30 Jahren sehen sie genau dieses Spiegelbild vor sich. Es brennt sich fest. Sie finden sich einfach gut. Oder zumindest verschwenden sie nicht so viel Energie darauf, sich Gedanken zu machen, wo was vielleicht nicht ganz so knackig ist. Verdammt, zumindest in dieser Sache sollten wir uns dringend mal eine Scheibe abschneiden! Es würde uns so gut tun wenn der Blick in den Spiegel mit mehr Gelassenheit einhergehen würde. Was würden wir an Zeit sparen, wenn wir aufhören uns immer so überkritisch zu betrachten…

Wir Frauen müssen endlich aufhören zu Vergleichen!
Denn genau das ist unser großes Problem. Wir vergleichen uns viel zu häufig. Mit der Ex, mit der Freundin, mit der anderen Mutter, die sofort wieder viel schlanker, sportlicher, gesünder war. Natürlich können wir auch die Medien dafür verantwortlich machen, schließlich zeigen sie uns ein völlig unrealistisches Bild, wie wir zu sein haben. Ich erinnere mich an eine Situation, als ich noch bei einem Verlag gearbeitet habe. Wir hatten über die Cover gesprochen, auf denen immer ein schwangeres Model mit Kind zu sehen. Natürlich war Mummy immer mit HighHeels, langen Beinen, kurzem Rock und perfekt geschminkt zu sehen – natürlich total inszeniert. Die Frauen waren junge Models Anfang Zwanzig, hatten natürlich nicht keine Kinder, waren makellos schön und meilenweit von der Realität entfernt. Na gut, es gibt natürlich vereinzelt Ausnahmen, aber was ich persönlich überhaupt nicht verstehe: Warum müssen wir ein künstliches „Mutterbild“ kreieren? Sind wir Mütter nicht eigentlich viel besser, schöner und toller, als inszenierte Trugbilder? Als ich meine Meinung dazu sagte, war die Antwort „Wir zeigen halt wie die Mütter gerne aussehen würden!“. Das war zuviel für mich. Das konnte ich nicht. Das wollte ich nicht. Nein, noch schlimmer, mich kotzt das an!

Wir sind verdammt gut so wie wir sind!
Ich finde es ist an der Zeit, dass wir uns wirklich so toll finden, wir wir sind! Das Muttersein hat uns doch eh schon sehr viel selbstbewusster und selbstsicherer gemacht. Zumindest ist das bei mir so. Seitdem ich Mutter bin, bin ich tatsächlich viel mehr bei mir angekommen, habe meinen Lebensmittelpunkt verändert und fokussiere auch völlig andere Dinge. Nein, nicht völlig andere Dinge, aber als Mutter habe ich keine Zeit zu verschenken, also wird diese für die wichtigen Dinge verwendet. Nur manchmal, da verfalle ich wieder in die Mittzwanziger, scanne Fotos von mir, sehe Dinge, die ich gerne anders hätte oder vergleiche mich anderen tollen Frauen. Doch zum Glück fange ich selbst relativ schnell wieder, wische den Gedanken weg, denn eigentlich sind wir doch alle verdammt gut so wie wir sind. Wir leisten so viel mehr als früher und, sind wir doch mal ehrlich, jünger werden wir och nicht mehr.  Und dass andere Frauen nun mal nen Sechser in Sachen Genetik gezogen haben, dass muss man einfach hinnehmen. Und eigentlich bin ich insgesamt auch ganz zufrieden. Nur halt meinen Trizeps muss ich dringend mal wieder trainieren…

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Camilla ist Gründerin und Herz von MUMMY MAG. Sie ist Bloggerin der ersten Stunde, doch  während ihrer Schwangerschaft 2013 fehlte ihr ein Online-Magazin, dass sie mit all ihren Interessen abholt. Und weil sie dafür Verstärkung brauchte, hat sie sich die tollsten Frauen ins Team geholt. Sie selbst schreibt natürlich immer noch, ständig und über alles – aber am Liebsten natürlich Kolumnen! Und HIER könnt Ihr noch mehr von Camilla lesen!

 

Camilla ist ein kleiner Tausendsassa und bearbeitet gerne viele Baustellen zur selben Zeit. Sie bloggt seit über neun Jahren hat nach der Geburt ihrer Tochter auch ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Die Idee für das MUMMY MAG kam ihr natürlich während der Schwangerschaft, als ihr auffiel, dass es zu dieser Zeit in Deutschland keine Seite gibt, die all ihre Interessen abdeckte. Und genau das hat sie sich zur Aufgabe gemacht und das MUMMY MAG gegründet. Außerdem das MUMMY MAG Paper und in diesem Jahr kommt noch die erste Webserie #mummytalks dazu. Und weil das alles eine ganze Menge Arbeit ist, hat sie das beste Team der Welt zur Unterstützung!

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