V wie Versprechen
Als Eltern macht man Bekanntschaft mit einem neuen Verständnis von Versprechen, dem leeren Versprechen. Ja okay, ich gebe zu, in der Vergangenheit hatten wir bei Facebook auch immer wieder Veranstaltungen als vielleicht zugesagt, mit dem Wissen, dort niemals aufzuschlagen. Aber Facebook hat sich diesen Umständen angepasst und aus “vielleicht” ein “interessiert” gemacht. Das heißt alles kann, nichts muss. Bei der Art Versprechen, welches ich meine, sieht das etwas anders aus.
Unsere Art von Versprechen ist super eng befreundet mit der Drohung, die sind praktisch BFFs. Es fängt mit dem kleinen Wörtchen Wenn an und schließt dann mit allerlei Aktivitäten und Plänen (oder Schwindeleien):
Wenn du jetzt nicht sofort kommst, dann … und wenn du dein Essen nicht aufisst, gibt es morgen schlechtes Wetter. Wenn du jetzt nicht ins Bett gehst, dann lese ich dir keine Geschichte vor. Oder wenn du jetzt nicht aufstehst, dann gehe ich ohne dich und du verpasst das Frühstück in der Kita … Wehe wenn du deine Zähne nicht putzt… und wenn du dir die Hände nicht wäscht, oh – dann … Wenn du heute keinen Mittagsschlaf machst, fällt dein Gitarrenunterricht ins Wasser! Und bitte mach deine Hausaufgaben, sonst rede ich mit Papa und du bleibst sooooo lange sitzen bis … Gekrönt ist das ganze mit “Wenn du nicht lieb bist…” Ja was eigentlich??
Mummys sind in der Wenn-Falle! Fast schon kriminell artet das tägliche Erpressen unserer Kinder aus. Einerseits wollen wir sie wie respektvolle Personen behandeln, andererseits binden wir Ihnen permanente Bären auf, damit sie endlich tun was wir wollen. Derweile wollen sie nur das was jeder Mensch will: Selbstbestimmung. Sie wollen einfach selber entscheiden wann sie trinken, essen, schlafen, spielen, usw, usw.
Und wer könnte Ihnen das verübeln? Ich jedenfalls nicht!
Außerdem, stellt euch mal vor, mit uns würde jemand so reden. Euer liebender Partner oder euer Chef. Wenn Sie bis heute Abend nicht die Excel-Tabelle ausfüllen, dann dürfen Sie dieses Jahr keine Weiterbildung in Anspruch nehmen. Und Schatz, wenn du nicht sofort die Küche aufräumst, kannst du dir dein Geburtstagsgeschenk mächtig in die Haare schmieren (würde sowieso keinem auffallen, bist ja Mutter). Ihr lacht?! Aber für unsere Kids muss das in etwa so klingen. Die ersten Male klappt es noch mit dem “Ich gehe jetzt wirklich. Ich zähle nicht mehr bis drei.”, aber ich habe Freundinnen schon auf der Treppe stehen sehen, während unsere Kids sich freudestrahlend ins Kinderzimmer zum weiterspielen verzogen haben.
Was würde Jesper Juul jetzt raten?
Vermutlich erst mal eine rauchen und dann erklären. Auf die Knie gehen, Augenkontakt auf Augenhöhe suchen und dem Kind erklären, was man vor hat und warum. Klingt so simple, ist aber verdammt schwer. Gerade im Alltag, wenn wir selber viel zu spät dran sind und wir denken, keine Zeit für Diskussionen aufbringen zu wollen, sollten wir genau das tun. Erklären, erklären, erklären. 1. Fühlt sich “pädagogisch wertvoll” an und 2. braucht das Kind sich nicht zu wundern, warum wir ihm mit Drohgebärden kommen, haben wir ja schließlich gerade eben lang und breit erzählt.
Den Zeigefinger könnt ihr dabei ruhig stecken lassen, das ist irgendwie 80ies.
Madeleine schreibt in unregelmäßiger Regelmäßigkeit ihre ABC-Kolumne. Darin geht es um kleine und große Dinge die uns Eltern im Alltag mit Kindern begegnen. Von A bis Z geht es um Geburtstagskuchen, das Immunsystem oder Wellness (ohne Kind wohlgemerkt). Noch mehr Beiträge findet ihr HIER. Wenn ihr Ideen zu Themen habt die aufgeschrieben gehören, schreibt Madeleine doch einfach eine Email an madeleine@mummy-mag.de. Merci.
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