„Danke – für mich nur Wasser!“
Karlotta Wilde ist Modedesignerin aus Hamburg. Sie hat in München studiert, in Paris gearbeitet, jetzt wohnt sie in Berlin. Wie ausgerechnet ein Urlaub auf Barbados ihr Leben veränderte und wie sich diese „Veränderung“ so anfühlt, davon erzählt die 30-Jährige in den nächsten Wochen – und Monaten – hier…
Ich habe schon immer Leute bewundert, die keinen Alkohol trinken und trotzdem auf den Tischen tanzen. Leute, die ohne Drink in der Hand super Socializer sind, die das Geschwafel der Angetrunkenen auch nüchtern ertragen, oder sogar witzig finden und im Zweifel noch die Letzten auf Veranstaltungen sind. Wirklich. Hut ab!
Ich kann von mir behaupten: Kein Alkohol, kein Spaß. Naja, oder zumindest nur halb so viel. Vor allem aber bin ich um spätestens ein Uhr im Bett, weil ich dann einfach müde bin und mir der Muntermacherwein fehlt. Ich weiß, es ist schlimm, aber für mich gehört Wein zu einem guten Abendessen, ein Aperol Spritz zu einem lauen Sommerabend und ein Drink zu einer guten Party.
Will heißen: ich bin gefühlt mega langweilig seitdem ich schwanger bin.
Ist ja auch eigentlich nur halb so schlimm mal 9 Monate auf Ausgehen, den Rosé am Nachmittag oder die Sangria im Ibiza-Urlaub zu verzichten. Und auf die langen Abende bei Freunden, die angeschwippsten Nachmittage im Park etc. etc. etc.
Das Problem ist nur, dass ich gerade JETZT die extremste Angst habe, etwas zu verpassen. Schliesslich wird einem eh von allen Ecken eingeredet, dass das (soziale) Leben mit Kind vorbei ist. Da sollten wir doch jetzt die letzten Monate noch genießen. ABER WIE DENN, wenn ich eigentlich um 9 ins Bett möchte, und die Abende für mich halt halb so lustig sind, wenn ich an meiner Apfelschorle nuckel.
Obwohl mir häufig gesagt wird, dass „ein Glas am Wochenende noch niemandem geschadet hat“ und ich den Spruch „ ach, was unsere Eltern alles gemacht und genommen haben…und wir sind auch ok“ gehört habe, halte ich mich streng an die 0-Grenze. Das kommt für mich einfach nicht in die Tüte. Und in eine verrauchte Bar setze ich keinen Fuß.
Bin ich die einzige, die das irgendwie schwierig findet?
Vor ein paar Wochen waren mein Freund und ich ein paar Tage in Rom. Anstatt, wie sonst, bis spät in die Nacht in Restaurants zu sitzen, guten Wein zu trinken und über uns und die Welt zu philosophieren, waren wir meist vor 12 im Hotel. Natürlich hatten wir eine tolle Zeit und wunderschöne Abende, aber manchmal hilft eben ein Gläschen um besondere Gespräche anzukurbeln und vor allem die Abende zu Nächten werden zu lassen. Dieses „Versacken“ vermisse ich sehr.
Ich habe das große Glück einen engen Freundeskreis zu haben, der sich tierisch mit mir auf das Baby freut. Bei den wochenendlichen Abendplanung werde ich dennoch, wenn es hoch kommt, nur noch für das Abendessen „davor“ eingeplant. Ist ja auch total verständlich. Und Sitzfleisch habe ich auch aus einem anderen Grund nicht mehr. Jetzt macht mir da nämlich der Bauch und Rücken einen Strich durch die Rechnung. Sitzen geht gerade gar nicht gut 🙂
Ich bin weit davon entfernt zu vereinsamen, dennoch fühle ich mich manchmal alleine. Einfach, weil es vorher anders war. Auch wieder etwas an das man sich gewöhnen muss. Ich treffe die meisten Freundinnen mittlerweile zum Mittagessen, Kaffee oder Frühstück am Wochenende. Die Abende gehören dann meist mir, meinem Hund und dem Fernseher. Bald sind wir auf der ersten Hochzeit diesen Jahres. Ein dreitätiges Fest. Ich bin gespannt. Im Juli folgt unsere eigene, ich hoffe, dass die Glücksgefühle mich dann auch auf den Tischen tanzen lassen!
4 Comments
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Ina
Sorry, bin auf Send gekommen..War noch nicht fertig. Besser so nicht freischalten..
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Eva
Ich kann dich nur zu gut verstehen! Mit ging schon in der ersten Schwangerschaft ähnlich und in der zweiten jetzt wurde es nicht einfacher! Leider vergisst Frau bei Berechnung der alkoholfreien-Zeit nur allzu oft, dass zu den neun Monaten Schwangerschaft im besten Fall auch noch mindestens 6 Monate Stillzeit dazu kommen… Auch da wird das leider erstmal nichts mit dem aperol am lauen Sommerabend 😉
Auch nach der Stillzeit war es bei mir so, dass das schlechte Gewissen mit in puncto Alkoholkonsum oft einen Strich durch die Rechnung gemacht ha! Wenn das Kind im Bett liegt und schläft, sind Mama und Papa doch die Verantwortlichen für die Nacht und können sich nicht wie in ihren besten Zeiten zwei Flaschen italienischen Rotwein zum Essen genehmigen… Und wenn das Kind bei Oma und Opa ist geht es mir oft so, dass ich im Club stehe und denke „Alter ich bin Mutter, was zum Teufel mache ich hier?!“ 😀 -
Esther
Liebe Karlotta,
Du sprichst mir aus der Seele, ich fühle mich genauso und schiele immer ganz sehnsüchtig auf die eiskalten Gin Tonics anderer Leute… Wenn das Stillen vorbei ist, ist es der Sommer zwar auch, aber ich freue mich jetzt schon wahnsinnig auf das erste Glas Rotwein und mehr…Dann hat man halt mal nen Kater mit Kind, wird sich sicher lohnen 🙂 Halte durch!
Ina
Liebe Karlotta, was für ein ehrlicher Artikel, der mir zu 100% aus der Seele spricht. Genau diese Gefühle und Gedanken hatte ich die gesamte Schwangerschaft. Am Freitag ist mein ET meiner kleinen Maus und ich kann es kaum erwarten, einem lauen Sommerabend mit einem Aperol Spritz, oder zwei,