Mit der Einschulung ist es ein bisschen wie mit einer Hochzeit. Alles dreht sich um den einen großen Tag, dabei beginnt das Abenteuer erst danach so richtig. In beiden Fällen ist es hilfreich, sich mit dem Danach mindestens genau soviel zu beschäftigen wie mit den Vorbereitungen für das große Ereignis.

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Für viele kleine große Vorschulkinder rückt die Einschulung immer näher. Der Schulranzen ist schon ausgesucht, die Party vorbereitet, die Schultüte gebastelt und gepackt. Die Eltern werden schon bei dem Gedanken an den ersten Schultag ihrer süßen kleinen Mäuse ganz sentimental. Ein großer Lebensabschnitt geht vorbei. Nun beginnt der „Ernst des Lebens“ – so hat man früher immer gesagt. Stimmt ja auch ein bisschen, denn von den Erstklässlern wird einiges erwartet. Sie sollen sich in einem ganz neuen Umfeld zurechtfinden, mit neuen Räumen und einem neuen Weg: dem Schulweg. In der Grundschule treffen sie auf viele neue Menschen, sie werden Teil einer Klasse, lernen ihre Lehrer/innen kennen und viele ältere Schüler/innen auf dem Schulhof. Sie gehören nun nicht mehr zu den Großen, sondern sind wieder die Kleinen. In der Schule gibt es andere Regeln als im Kindergarten. Das geht schon damit los, dass man jeden Tag pünktlich da sein muss, denn es besteht Schulpflicht.

An die Kinder werden viele neue Erwartungen geknüpft, sie sollen sich selbst organisieren (z.B. ihren Ranzen, ihren Tisch, ihr Etui), sie sollen sich sozial angemessen verhalten, sie sollen wissbegierig und lernfreudig sein, sie sollen ihre Hausaufgaben erledigen, sie sollen leise sein, zuhören, aufpassen, diszipliniert sein und fleißig, sich Mühe geben usw.

Aber keine Angst, eure Kinder schaffen das. Sie sind in der Schuleingangsuntersuchung genau begutachtet und für schulreif befunden worden. Sie sind in ihrer körperlichen, seelischen, emotionalen, sozialen und kognitiven Entwicklung so weit, Schulkinder zu werden. Als Vorschulkinder haben sie schon viel von der Schule gehört und erste Vorstellungen davon, wie es da ist und was von ihnen erwartet wird. Und doch könnt ihr Eltern die letzten Wochen – und gerade die entspannte Urlaubszeit – nutzen, um eure kleinen Erstklässler auf diesen neuen Lebensabschnitt vorzubereiten. Dazu habe ich ein paar Tipps und Anregungen zusammengestellt.

Sport und Bewegung

Bringt euch und eure Kids in Bewegung: fahrt Fahrrad oder Inliner, geht Schwimmen, Wandern, Reiten, Klettern; spielt Tischtennis, Tennis, Fußball, Basketball oder was auch immer euch gefällt. Durch Bewegung und Sport entwickeln Kindern ein gutes Körpergefühl und Körperbeherrschung. Sie können sich besser koordinieren und erleben sich erfolgreich und selbstsicher. Sie lernen Ausdauer und überwinden Anstrengungen. Mannschaftssport trainiert zudem soziale Kompetenzen. Im Sport lernen Kinder, sich zu motivieren und Niederlagen einzustecken. Bewegung ist eine gute Alternative zum Schulalltag, dort werden eure Kinder nämlich überwiegend sitzen. Und ihr könnt gar nicht früh genug damit anfangen, Sport als Freizeitgestaltung zu etablieren.

Stichwort Feinmotorik

In der ersten Klasse lernen Kinder schreiben, dazu brauchen sie komplexe kognitive und motorische Fähigkeiten. Eure Kinder müssen nicht schon vor der Einschulung mit Schreibübungen beginnen. Aber vorbereitend könnt ihr natürlich die Feinmotorik an sich spielerisch trainieren. Bietet euren Kindern viele Möglichkeiten dazu, lasst sie malen und basteln, kleben und schneiden, tuschen und nähen, fädeln und knüpfen, sägen, schnitzen, hämmern. Es geht dabei keinesfalls um perfekte Ergebnisse, sondern um das feinmotorische Handeln. Je mehr eure Kinder mit den Händen machen, desto besser werden sie später in der Schule Stifte halten, Buchstaben malen und Schreiben lernen.

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Der Schulweg

Für viele Kinder kommt mit der Einschulung auch der Schulweg hinzu, und es ist buchstäblich lebenswichtig, dass eure Kinder sicher im Straßenverkehr sind. Ganz egal, ob ihr auf dem Land oder in der Großstadt wohnt, eure Kids sollten die Basics im Straßenverkehr kennen. Dazu reicht es nicht, ihnen zu erklären, dass sie bei Rot stehen bleiben und vor dem Überqueren einer Straße nach links und rechts und links gucken sollen. Vielmehr müssen Kinder das üben, immer und immer wieder. Sie brauchen ganz viel Wiederholung und zudem gute Vorbilder – also euch Eltern. Nicht umsonst gibt es gerade in der Verkehrserziehung so schön einfache Merksätze. Geht den Schulweg (oder den Weg zur Bushaltestelle) schon in den Wochen vor der Einschulung ganz bewusst immer wieder. Besprecht mit euren Kids die markanten Punkte und die Stellen, an denen Vorsicht geboten ist. Es ist völlig okay, wenn ihr mit euren ABC-Schützen die ersten Tage und Wochen zusammen zur Schule geht. Aber dann ist es die Aufgabe der Eltern, loszulassen und die Kinder ihren Weg allein gehen zu lassen – die meisten sind zudem nicht allein, sondern treffen auf dem Weg andere Mitschüler/innen.

Neue Rituale entwickeln

Mit dem Schuleintritt werden sich die Abläufe innerhalb der Familie verändern. Die Kinder müssen meist früher und pünktlich aus dem Haus. Nachmittags brauchen sie Zeiten für Hausaufgaben und Übungen. Abends müssen die Kids zur Ruhe kommen, mehr denn je, um die vielen Eindrücke und Lernerfahrungen gut verarbeiten zu können. Es ist hilfreich, wenn ihr in den Wochen vor der Einschulung schon damit beginnt, die Morgen- und Abendroutine anzupassen.

Macht euch Gedanken, was für euch und eure Kinder wichtig ist. Sind sie Morgenmuffel? Sind sie Nachteulen? Sind sie wild oder vorsichtig? Manche Kids brauchen morgens Zeit und Ruhe, den Kakao am Bett und Kuscheln mit Mama oder Papa. Manche Kinder schlafen lang und fest, springen dann auf, ziehen sich sofort an und sind fertig. Manche Kinder frühstücken ausgiebig, andere trinken nur ein Glas Milch. Manche Kinder haben ein ausgeprägtes Modebewusstsein bei völliger Ignoranz der Wetterverhältnisse. Manche Kinder wollen die Erlebnisse des Tages vor dem Schlafengehen teilen, anderen entlockt man selten mehr als ein „Gut“ auf die Frage, wie denn der Tag war. Manche Kinder können sich stundenlang in Mal- und Schreibaufgaben vertiefen, andere sitzen keine zwei Minuten am Platz. Entwickelt mit euren Kids hilfreiche Rituale gerade für die Dinge, die euch eher schwerfallen. Das hilft gegen zu viel Stress im Schulalltag.

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„Wie war dein Tag?“ – „Gut.“

Wir Eltern können unsere Kinder darin unterstützen, von den Erlebnissen ihres Tages zu erzählen. Sie können tolle und doofe Ereignisse so besser verarbeiten. Sie fühlen sich ernst genommen und lernen, dass sie sich bei Problemen an Mama oder Papa wenden können. Auch dazu könnt ihr schon vor Schulbeginn eine Erzählkultur schaffen und etablieren. Überlegt euch, wann in euer Familie eine gute Zeit zum Reden und Zuhören ist. Ist es bei einer gemeinsamen Mahlzeit? Ist es abends vor dem Schlafengehen? Wichtig ist, dass ihr die Erzählrunde aktiv gestaltet. Stellt offene Fragen, also solche, auf denen man umfangreicher als nur mit Ja oder Nein antwortet. Hört eurem Kind ganz bewusst zu, stellt Rückfragen und wiederholt, was ihr verstanden habt.

Eltern neigen schnell dazu, den Kindern Lösungsvorschläge anzubieten, wenn diese ein Problem schildern. Doch geht es oft erst einmal darum, da zu sein und zuzuhören. Ihr könnt euren Kids helfen, ihre Gefühle zu erkennen und zu benennen. Fragt, was sie selbst getan haben, wie sie sich selbst geholfen haben – das stärkt die Selbstwirksamkeit. Fragt auch, wie es dem anderen Kind wohl mit dem Streit ging – das fördert den Perspektivwechsel.

Soziale und emotionale Kompetenzen lernen

Das ist ein wichtiges pädagogisches Ziel und eine lebenslange Lernaufgabe. Kinder, die zur Schule kommen, brauchen schon ganz viel davon. Sie müssen ihre Impulse kontrollieren (erst melden, dann reden), sie müssen ihre Bedürfnisse aufschieben (essen nur in der Pause). Sie müssen Kritik und Frust aushalten (das ist die falsche Antwort, bäm!), sie müssen sich unterordnen und abwarten usw. Oft denken Erwachsene, dass Kinder all das automatisch können, wenn sie eingeschult werden. Dem ist nicht so. Das Einüben sozialer und emotionaler Kompetenzen ist wichtig, und glücklicherweise macht es sehr viel Spaß. Denn das beste Training, das ihr euren Kindern hier bieten könnt, ist Spielen. Richtig: spielen. Es gibt zwei Möglichkeiten.

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Erstens: Kinder spielen mit Kindern, irgendetwas, Hauptsache sie spielen miteinander. Verabredet eure Kinder mit anderen Kinder, so oft wie möglich. Und dann haltet euch raus, außer jemand blutet. Im Streit und in der Versöhnung steckt viel Lernerfahrung. Im kreativen und kooperativen Spiel erlernen die Kinder Kompetenzen, die sie für die Schule und für ihr Leben brauchen.

Zweitens: Spielt Gesellschaftsspiele. Das können Klassiker wie Schach, Uno, Mensch-ärgere-dich-nicht oder neue Spiele sein. Alle sozialen und emotionalen Kompetenzen lassen sich wunderbar bei einem Brett- oder Kartenspiel trainieren. Und nicht vergessen: bevor man lernt, zu gewinnen, sollte man erst verlieren können.

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Gebt euren Kids gute Vorbilder

Eine große Rolle beim Lernen neuer Verhaltensweisen spielen Vorbilder. Kinder (Erwachsene auch) gucken sich von anderen ganz viel ab und adaptieren das in ihre eigenen Handlungsweisen. Das geschieht oft automatisch. Sowohl hilfreiche als auch weniger hilfreiche Verhaltensweisen werden übernommen. Vorbilder gibt es überall: ältere Geschwister, Freunde, Nachbarn, Werbefiguren, TV-Helden, Eltern usw. Ihr habt keinen Einfluss darauf, wovon sich eure Kids beeindrucken und begeistern lassen, aber ihr habt einen Einfluss darauf, welche Geschichten und Filme sie hören und sehen, mit welchen Menschen ihr euch als Familie umgebt und wie ihr selbst auf Anforderungen im Job reagiert oder euren Schreibtisch organisiert.

In den Wochen vor der Einschulung könnt ihr euch zum Beispiel Geschichten ausdenken von einem Mädchen oder einem Jungen, der bald in die Schule kommt … Und dann entwickelt ihr einfach viele kleine Abenteuer. Euer kleiner Held/eure kleine Heldin kann sich dabei so schlau und mutig, frech und selbstsicher, freundlich und hilfsbereit, fleißig und kreativ verhalten, wie ihr es euch für eure Kinder wünscht. Dabei müsst ihr euch auch keine besonders spannenden Geschichten ausdenken, denn der ganz normale Schulalltag, den die Kids ja noch nicht kennen, ist schon aufregend genug.

Habt Vertrauen und Zuversicht in eure Kids

Traut es euren Kindern zu, dass sie Schulkinder werden. Seid stolz auf ihre Entwicklung und jeden ihrer Lernschritte. Ja, es ist manchmal traurig, dass sie schon so groß sind und dass sie die Unterstützung ihrer Eltern in vielen Dingen nicht mehr brauchen. Sie werden ihre eigenen Wege gehen, und ihr könnt nicht mehr immer an ihrer Seite sein. Ja, es ist auch gefährlich in der großen weiten Welt. Aber verabschiedet euch von dem Gedanken, eure Kinder vor allen Fehlern und vor allem Leid bewahren und beschützen zu können. Das wird erstens nicht funktionieren, und zweitens ist es gar nicht gut. Vielmehr ist es wichtig, Fehler zu machen und auch schlechte Erfahrungen zu sammeln (bzw. den Umgang damit zu lernen). Denn das Leben ist nun einmal, wie es ist.

Als Eltern haben wir die Aufgabe, unsere Kinder gut auf das Leben vorzubereiten. Übt euch also in Loslassen, und übt mit euren Kindern das Ablösen. Könnt ihr eurer Kind zu einer Übernachtung bei einem Freund/einer Freundin verabreden? Könnt ihr euer Kind zum Brötchenkaufen allein losschicken? Könnt ihr euer Kind einen Kuchen backen oder einen Salat schnippeln lassen? Kann euer Kind schon eine kleine Weile allein zu Haus sein?

Könnt ihr euer Kind ein Schulkind sein lassen? Ich bin sicher, euer Kind kann das oder es wird das lernen. Wie sieht es mit euch aus?

Startbild und im Slider von Pitch Meister

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