Als wir das Zuhause von Sarah gesehen haben, hat es uns direkt mal die Sprache verschlagen. Die gelernte Modedesignerin wohnt nämlich mit ihrem Mann, ihrer Tochter und zwei flauschigen Miezen im Berliner Westen in einer 30er Jahre Villa, die sie zusammen liebevoll und detailverliebt restauriert haben – viel davon geschah in Eigenleistung. Auf ihrem Blog EAT BLOG LOVE schreibt Sarah mit viel Leidenschaft  und Herzblut über ihr Hyggehomeberlin und über Interior, DIY, Travel und Food.
Das Interview wurde geführt von Janine: Guten Morgen liebe Sarah, was für ein wundervolles Zuhause ihr habt! Echt Wahnsinn, was ihr alles geschafft habt! Ihr habt sehr lange gesucht, wie habt ihr euer Haus zuletzt gefunden? Und woher wußtet ihr beim Betreten, dass es das jetzt ist? Wir haben insgesamt fünf Jahre gesucht, mal mehr und mal weniger intensiv. In den Phasen, wo wir richtig aktiv waren, haben wir Aushänge in unseren Wunschkiezen gemacht, sind spazieren gegangen und haben uns notiert, wo Häuser verlassen aussehen. Diese haben wir dann im Nachhinein mit einem netten Brief angeschrieben. Wir haben auch mal eine Annonce in einer lokalen Zeitung geschaltet. Die meisten Reaktionen haben wir eigentlich auf unsere Aushänge bekommen. Unser Haus haben wir aber schlussendlich eher zufällig gefunden. Bei einem Spaziergang haben wir ein Grundstück mit einer Laube gesehen und prompt die Nachbarin im Vorgarten angesprochen. Diese erzählte uns dann, dass das Grundstück nicht zu verkaufen sei, aber das Haus daneben leer stünde und nannte uns den Ansprechpartner. Was ich im Nachhinein immer wieder machen würde, ist als allererstes die Suche zu erweitern und nicht zu fixiert auf bestimmte Kriterien zu sein. Und dann würde ich ganz konkret in der gewünschten Nachbarschaft spazieren gehen und mit alteingesessenen Hausbesitzern in Kontakt kommen. Denn es stimmt einfach, dass die Nachbarn immer am besten Bescheid wissen. Aushänge können auch hilfreich sein, aber meistens melden sich dann doch nur Hausbesitzer, die horrende Preise aufrufen. Als es dann endlich zum ersten Besichtigungstermin unseres Hauses kam, war es beim Anblick der Schiebe- und Flügeltür und der alten Treppe gleich um uns geschehen, wobei Küche und Bad schnell Ernüchterung brachten. Der Zustand des Hauses und vor allem des Grundstücks war schon ziemlich schlecht.
Super Tipp mit der Nachbarschaft – da weiß man dann auch gleich, in welchen Dunstkreis man sich begibt! Woher wusstet ihr, dass ihr euch die Renovierung leisten könnt? Sprich, gab es einen Gutachter bzw. wie habt ihr konkret die Kosten aufgestellt, die auf euch zukommen, bevor ihr unterschrieben habt? Wir hatten einen Gutachter, aber im Nachhinein konnten die genannten Preise nicht mal annähernd mit den aktuellen Marktpreisen mithalten. Der Markt ist einfach so satt und nicht angewiesen auf Aufträge, dass horrende Preise aufgerufen werden. Es war nicht leicht für uns, bezahlbare und gute Handwerker zu finden. Ich glaube, dass selbst die beste Kalkulation bei einem alten Haus nichts bringt und man am Ende immer noch deutlich mehr Geld benötigt, als eigentlich vorher veranschlagt. Mein Rat wäre hier auch unbedingt, mindestens 20% Puffer einzuplanen. Du hörst es hier also schon heraus, unsere Sanierung (denn eine Renovierung war das schon lange nicht mehr) ist deutlich teurer geworden als vorher kalkuliert. Dazu kommt noch, dass der Kaufpreis des Hauses in letzter Minute noch mal um 75.000€ gestiegen ist und der Gutachter das Dach nicht mit eingeplant hatte. Dieses hätten wir zwar noch so belassen können, aber nicht, wenn man ein Dachausbau plant. Und so ein Dach frisst dann schon mal einen Großteil unseres Sanierungsbudgets. Deshalb haben wir auch weit mehr selbst gemacht, als wir eigentlich wollten. Ach krass! Wie kamt ihr an den Gutachter? Was ruft der dann nochmal an Honorar auf? Und beruht dieses Urteil dann auf Vertrauensbasis oder kann man sich da irgendwie absichern und den Gutachter haftbar machen, wenn das Gutachten sehr daneben liegt? Also unser Gutachter war ein Bekannter, daher kann ich dir weder sagen, was sie normalerweise an Honorar aufrufen, noch ob man sie haftbar machen kann. Aber generell bin ich der Meinung, dass das nicht geht, da ein Gutachter ja auch nicht in die Wände und Decken schauen kann. Ich nehme mal an, dass die Gutachter sich hier rechtlich absichern. Bei Bekannten von uns war ein Gutachter vor Ort und sagte, das Haus sei im Superzustand. Im Endeeffekt haben sie es bis auf die Außenmauern entkernt und dabei sogar Matratzen und Ähnliches in den Decken gefunden. Unser Haus war von der Substanz her wirklich super, denn 1935 hat man noch vernünftiges Material verwendet. Allerdings waren natürlich Elektroleitung, Heizung, Wasserleitung etc. nicht mehr so fit. Woher habt ihr das zusätzliche Geld genommen, das ihr nicht eingeplant hattet? Und lohnt sich dann eine Sanierung überhaupt? Das zusätzliche Geld haben wir uns bei unserer Familie geliehen und sind an sämtliche Reserven wie Bausparvertrag etc. gegangen, obwohl wir diese als Reserve nutzen und damit nach und nach eventuelle Reparaturen oder Wünsche bezahlen wollten. Ich bin generell ein Freund von alten Häusern und vom Erhalten, daher stand ein Abriss für mich nie zur Option. Ich finde es gerade wundervoll, dass unser Haus eine Geschichte hat und diese auch in all ihrer Unperfektheit erzählt. Aber ich kann jetzt natürlich mehr Verständnis dafür aufbringen, wenn sich Menschen dazu entscheiden, ein altes Haus abzureißen und neu zu bauen. Ich würde es aber immer wieder so machen.
Ja, das kann ich sehr gut verstehen. Ich hänge auch an Dingen mit Geschichte – unsere halbe Einrichtung besteht daraus, wir fahren einen Oldtimer usw. Worauf ich hinaus wollte: Ein Neubau (von vornherein – also ohne Abriß) stand für euch nie zur Debatte? Das Thema Energieeffizienz (Heizkosten, Wärmedämmung, erneuerbare Energien, Solartermie) sind ja nicht erst jetzt nach dem beschlossenen Kohleaustieg an der Tagesordnung. Für uns stand ein Neubau zwischenzeitlich tatsächlich mal zur Debatte, aber Grundstücke, die keinen Altbestand haben, waren in guten Lagen in Berlin einfach nicht zu finden bzw. bezahlbar. Das Thema Energieeffizienz war aber natürlich auch beim Sanieren für uns sehr wichtig. Eigentlich wollten wir auf eine Solarthermie setzen, mussten uns aber aus Budgetgründen dagegen entscheiden. Wir haben aber eine völlig neue Heizanlage, neue Fenster, und ein komplett gedämmtes Dach. Eine Außendämmung der Fassade würde sich für uns nicht rechnen und es wurde uns davon auch abgeraten, da das Haus dann nicht mehr so richtig atmen kann und Schimmel ein Problem werden könnte. Wir sind auf Gas umgestiegen. Alte Heizanlagen dürfen bei einem Besitzerwechsel ja sowieso nicht weiter betrieben werden, wenn sie zu alt sind. Was war euch am Umfeld (also der Gegend) noch wichtig? Wir sind beide im grünen Berliner Westen aufgewachsen und haben uns das auch für unsere Tochter gewünscht. Eine gute Anbindung an die City und die Nähe zu unseren Familien haben natürlich ebenfalls eine Rolle gespielt. Generell kam es für uns als gebürtige Berliner nicht in Frage, ins Umland zu ziehen. Lange Wege zur Arbeit wollten wir vermeiden.
Welche Rolle haben Kitas und die Einzugsschule/Schulkonzepte dabei gespielt? In Brandenburg fallen z.B. andere Kosten an als in Berlin… Obwohl ich beim Unterzeichnen des Notarvertrages hochschwanger war und kurz vor der Entbindung stand, muss ich gestehen, dass Kitas und Schulen zu der Zeit für uns keine große Rolle gespielt haben. Für mich war das damals noch in so weiter Ferne. Allerdings wusste ich von meinem Bruder, der einen Sohn hat und bei uns um die Ecke wohnt, dass es einige gute Kitas und Schulen in der Gegend gibt. Und so bin ich auch froh, dass Luisa seit vergangenen August in unsere Wunsch-Kita geht. Und ich würde auch gerne nochmal kurz zurückspringen zur finanziellen Unterstützung: Habt ihr KFW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) Förderungen bzw. Baukindergeld beantragt und erhalten? Baukindergeld gab es zu der Zeit leider noch nicht, aber ein Teil der Finanzierung haben wir mit KfW finanziert.
Prima! Was muss man bei KFW beachten? Oh Gott, das liegt jetzt schon wieder so weit zurück und ich fand diese Finanzierungsgespräche ganz furchtbar, daher kann ich das jetzt gar nicht mehr so genau sagen. Aber es hat eine Rolle gespielt, wie hoch der Anteil der Eigenleistung ist und dass man energieeffizient saniert. Generell kann man ja zig verschiedene Programme bei der KfW beantragen, muss dann aber auch sehr viele Aspekte erfüllen, die sich manchmal dann gar nicht rentieren.
Wie z.B. eine Hausdämmung, die dann bei altem Mauerwerk Schimmel hervorrufen kann… Damit man sich das noch besser vorstellen kann, womit muss man bei „neuer Heizanlage, neue Fenster, und ein komplett gedämmtes Dach“ kostentechnisch kalkulieren? Was habt ihr alles selbst gemacht?  Neues Dach mit Dämmung ca. 50.000,- €, Heizung + Sanitär (ausgenommen Bäder, hier sind die Preise zu individuell) ca. 35.000,- €, Fenster + Tür ca 25.000,- €. Das sind jetzt aber sehr pauschale Aussagen.  Und wie lange hat die komplette Sanierung im Endeffekt gedauert?  Unsere Sanierung hat im Endeffekt fast 1 Jahr gedauert. Wir haben den Abriss komplett selbst gemacht, wobei mein Bruder den Bärenanteil gestemmt hat. Angefangen bei Tapeten runter und Laminat raus über Wände und Schutt raus bis hin zu Böden raus und Abtransport des Schutts. Wir haben selbst Treppe und Holzbalken geschliffen, geölt, lackiert, gestrichen, anfangs selbst verputzt, bis wir feststellten, dass wir so nie fertig werden… Notgedrungen mussten wir einen Teil der Sanitärarbeiten selbst machen, weil wir kurzerhand im Stich gelassen wurden. Was war da noch…?! Man fängt schnell an, das alles zu vergessen oder zu verdrängen. Also habt ihr auch schlechte  Erfahrungen mit Handwerkern gesammelt? Zum Schluss lief so einiges schief und mit einem Unternehmen treffen wir uns bald vor Gericht. Aber eine Erfahrung, die wir auch gemacht haben: Es wird immer teurer als zuvor veranschlagt! Liebe Sarah, herzlichen Dank, dass wir uns bei euch umschauen durften und du uns die Geschichte von eurem gemütlichen und wunderschönen Zuhause erzählt hast. Wir wünschen euch alles Liebe! Wer noch mehr von Sarahs Zuhause sehen will, schaut auf ihrem Blog eat blog love, auf Instagram oder auf dem Insta Account von hyggehomeberlin.
Bildquellen: Alle Bilder wurden uns von Sarah zur Verfügung gestellt.  

Du bekommst nicht genug von den schönen Häusern?

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