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Julia ist als sehr engagierte Grundschullehrerin quasi Erziehungsprofi und hat so eigentlich die beste Vorbereitung auf das Leben mit bald drei Kindern. Über das Bildungssystem, Geschwisterliebe, Unterschiede in der Erziehung von eigenen und fremden Kindern, helfende Tricks & Regeln und was sich mit Nummer drei nun aber doch noch ändern wird, spricht die sympathische Schönheit ganz offen und ausführlich.

Liebe Julia, im Juni wird dein drittes Kind geboren. Dein Sohn ist drei und deine Tochter sechs Jahre alt sein. War das alles so geplant?
Schwierige Frage, sagen wir mal so: Alle drei wurden unterschiedlich intensiv geplant. Da ich Lehrerin bin und u.a. Sexualerziehung unterrichte, kann ich nur sagen, dass ich grundsätzlich weiß, wie Kinder entstehen oder wie man Schwangerschaften verhindert. Max als zweites Kind, ist aber definitiv am „geplantesten“. Überraschungen sind aber auch sehr schön!!!

Du bist Lehrerin und arbeitest Vollzeit. Wie machst du das? Was hast du für Unterstützung?
Das geht natürlich nur, weil mein Mann ein sehr engagierter Vater ist und sich die Zeit als Selbstständiger gut einteilen kann. Da der Unterricht sehr früh beginnt, kann ich die Kinder nicht in die Kita bringen und auch das Abholen übernimmt fast immer er.

Wichtig ist mir auch, die Arbeit in der Schule zu erledigen. Das heißt, ich komme lieber später nach Hause, als dann noch am Abend oder am Wochenende zu arbeiten. So habe ich den Kopf frei und kann mein Familienleben genießen.

Unter der Woche oder auch am Wochenende unternimmt mein Vater gerne Ausflüge mit meinem Sohn. Dieser ist nämlich ein riesiger Fan von öffentlichen Verkehrsmitteln und ich bin meinem Vater wirklich sehr dankbar, dass er das Bus-, Tram-, U- und S-Bahnfahren sowie gelegentlich innerstädtische ICE-Kurzstrecken mit ihm übernimmt. Seit kurzem haben wir auch eine „gute Fee“, die auf unsere Kinder aufpasst, mit Rosa schwimmen geht und vieles mehr…

Hast du dir für das dritte Kind etwas vorgenommen, möchtest du etwas anders machen?
Ich werde diesmal definitiv 1,5 Jahre aussetzen und auch zunächst nur halbtags wieder in den Beruf einsteigen. Zudem lernt man durch Kinder, dass es besser ist, nicht zu viel zu planen, weil es dann  doch meistens anders kommt, als man es sich vorgestellt hat.

Haben sich die Schwangerschaften & Geburten unterschieden?
Oh ja, und wie… bei Rosa war sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt echt anstrengend und traumatisch. Bei Max war alles wunderbar: Wassergeburt, Wehen wie in Trance, Tränen der Freude über ein echt zerknautschtes Babygesicht…

Tränen flossen als…
...momentan permanent: Beim Kinobesuch mit Rosa gleich dreimal. Wir haben „Cinderella“ gesehen. Das hat mich total umgehauen: Erst stirbt die wunderschöne, großartige Mutter, dann der Ball in dem herrlichen Schloss und das blaue Kleid und zu guter Letzt verstirbt auch noch der Vater vom Prinzen. Das war dann zu viel. Beim Schwangerschaftsyoga musste ich beim Mantra-Singen auch schon weinen. Ich hoffe sehr, dass das mit den Hormonen zusammenhängt und bald wieder aufhört.

Wie hat sich dein Alltag als Mutter verändert? Hast du dich verändert?
Merkwürdig, aber wahr: Ich habe es nicht als sehr großen Einschnitt empfunden, Mutter zu werden. Ich habe immer auf den Moment gewartet, von dem mir alle berichtet haben: Das plötzlich alles anders ist. Ich empfand alles nur viel schöner und reicher. Ich muss aber auch gestehen, dass Rosa es uns sehr leicht gemacht hat. Sie war ein so zauberhaftes, zufriedenes Baby. Mir ist dann mal beim Einkaufen im Supermarkt aufgefallen, dass ich die ganze Zeit nur noch grübele, was wohl mein Kind heute gerne essen würde, und dass ich fast nur noch im Biomarkt einkaufe, seit ich Kinder habe. Schlimm! Ansonsten hat sich mein Alltag so richtig erst mit dem zweiten Kind verändert. Da habe ich uns als komplette Familie empfunden. Zwei Erwachsene und zwei Kinder, da wurden die Auszeiten weniger und jegliche Planung wurde mit Blick auf die Kinder abgewogen. Mit zwei kleinen Kindern auf eine Party zu gehen, war mir definitv zu viel und erschien mir wenig verlockend.

Vervollständige den Satz: Mein erster Tag zurück im Job war…
wie Urlaub. Es ist erholsamer, sich um andere Kinder zu kümmern, als um die eigenen.

Wie schaffst du dir Auszeiten für dich? Für deine Partnerschaft?
Indem unsere Kinder spätestens um 19:30 im Bett sind, mein Mann ein wunderbarer Vater und Partner ist und mir viel Freiraum verschafft. Partnerschaft findet mit Kindern oder nach 19:30 Uhr statt. Lustig ist es auch, am Wochenende einfach so lange liegen zu bleiben, bis sich jemand meldet. Das funktioniert bei uns ganz gut. Rosa rührt dann für sich und ihren Bruder Müsli an, die beiden spielen, singen, hören Radio, manchmal bis 10 Uhr. Rosa kommt dann immer erst, wenn die Windel von Max gewechselt werden muss. Wir nennen das auch Förderung der Selbstständigkeit 🙂 Der lustigste Erziehungsratgeber bestätigt uns da auch (Tom Hodgkinson: Leitfaden für faule Eltern). Indem man seine Kinder in Ruhe lässt, die Füße hochlegt, Zeitung liest und Wein trinkt, entwickeln sich die Kinder prächtig. Müßiggang ist unser Credo. Kürzlich haben wir auch einen Wochenendtrip in ein Wellnesshotel ohne Kinder unternommen. Das war aber weniger romantisch und mehr konstruiert. Es passt irgendwie nicht zu uns, machte aber trotzdem Spaß. Ich fand aber schon die Ankündigung „romantisches Arrangement inklusive candle light dinner und Synchronmassage“ zum Umfallen komisch.

Wie wichtig ist dir beruflicher Erfolg? Bist Du eine klassische Working-Mum?
Karriere im klassischem Sinn kann man ja als Lehrerin irgendwie nicht machen. Da dieser Beruf  arbeits- und auch zeitintensiver ist als viele glauben, bin ich schon sehr eingespannt. Der Unterricht geht von 8 bis 14 Uhr, danach Elterngespräche, Konferenzen, Vor- und Nachbereitung. In der Regel bin ich nicht vor 16 Uhr zu Hause, eher später. In den Ferien liegen Lehrer auch nicht die ganze Zeit auf Balkonien, sondern bereiten sich vor. Von sechs Wochen Sommerferien arbeite ich mindestens drei. Mir ist schon sehr wichtig, dass die Kinder fröhlich zur Schule kommen und die Eltern ein gutes Gefühl haben ihre Kinder in die Schule zu schicken. Dafür muss man aber auch was leisten. Funktionsstellen in Behörden, Gremien etc. oder die Leitung einer Schule reizen mich eher nicht.

Was hat dich als Mutter in z.B. deiner eigenen Erziehung am meisten geprägt?
Ich selbst habe mich als Kind immer ernst genommen gefühlt und als vollständigen Teil unserer sehr kleinen Familie wahrgenommen. Ich wurde in Entscheidungsprozesse mit eingebunden und habe mit meinen Eltern auf Augenhöhe kommuniziert. Allerdings habe ich mir schon früh vorgenommen, mehr als ein Kind zu bekommen, da ich das Dasein als Einzelkind nicht als ideal sondern vielmehr als defizitär empfunden habe. Insbesondere in schwierigen familiären Zeiten wäre es sehr schön gewesen, einen Bruder oder eine Schwester zu haben. Richtig bewusst ist mir das auch erst durch meine beiden Kinder geworden. Einmal während einer längeren Autofahrt sind Rosa und Max händchenhaltend auf der Rückbank eingeschlafen. Da kamen mir ernsthaft die Tränen, weil mir da irgendwie was fehlt.

Was ist für dich das Schönste am Mummy-sein? 
Wenn wir alle gleichzeitig lachen. Das passiert meistens beim Essen. Es reicht schon, wenn einer anfängt zu pupsen und dann noch einer…

Und ganz ehrlich, was treibt dich in den Wahnsinn?
Skandieren, wenn mehrere gleichzeitig was von mir wollen, nörgeln, mäkelige Esser, die Furcht, wie es wohl sein wird, wenn sie in der Pubertät sind und nachts nicht nach Hause kommen. Ich glaube, da bin ich sehr uncool. Die Vorstellung sie ein Jahr ins Ausland ziehen zu lassen, noch uncooler!

Hast du dir immer mehrere Kinder gewünscht oder hat sich das erst entwickelt?Immer!!!

Deine Kinder verstehen sich sehr gut, obwohl sie sich nicht nur im Geschlecht unterscheiden, was ist das Geheimnis?
Da gibt es vermutlich gar kein Geheimnis. Es war Liebe auf den ersten Blick! Rosa war vom ersten Tag an unglaublich nachsichtig, fürsorglich und liebevoll mit Max. Wir hatten Eifersuchtsdramen erwartet. Rosa war aber, wenn dann, nur auf uns sauer. Trotzdem nervt er sie natürlich auch. Wie kleine Brüder eben sind. Wenn sie sich streiten, läuft das aber bislang irgendwie zivilisiert ab. Es stimmt, dass die beiden sehr verschieden sind. Rosa ist viel zurückhaltender. Max geht sehr offen auf Menschen zu. Das kommt seiner Schwester auch zugute. Wenn Rosa sich nicht traut ein Eis zu bestellen, übernimmt Max das für sie. Feinfühlig sind beide und sie gehen daher sehr achtsam miteinander um. Positiv auf die Geschwisterbeziehung hat sich vielleicht auch ausgewirkt, dass sie sich bislang ein Zimmer geteilt haben. Rosa und Max schlafen eng aneinander gekuschelt. So wollen sie es auch beibehalten, wenn jeder sein eigenes Zimmer hat. Schön ist für Rosa und mich auch, dass wir regelmäßige Mädchentage haben. Dann gibt es z.B. Prinzessinnen-Filme, Theater, Ballett und Törtchen.

Was sind die größten Herausforderungen mit mehreren Kindern?
Die unterschiedlichen Bedürfnisse zu erkennen und wenn sie einen brauchen, auch da zu sein. Bei Rosa müssen wir da sehr aufmerksam sein, weil sie sich bei Sorgen eher zurückzieht. Max wird es als sogenanntes Sandwich-Kind nicht ganz einfach haben. Ich hoffe, dass er, weil er so freundlich, fröhlich und unkompliziert ist, da nicht zu kurz kommt.

Als Grundschullehrerin in Berlin bist du auch mit Kindern konfrontiert, die bereits mit 5 ½ eingeschult werden. Was hältst du davon?
Dass diese Reform jetzt wieder gekippt wurde, sagt eigentlich alles. In keinem anderen Bundesland wurden Kinder so früh eingeschult wie in Berlin. Ich habe in dieser Praxis nie einen anderen Nutzen gesehen, als kurzfristig Kosten zu sparen. Das ist, vor allem wenn es um die Gestaltung von Kindheit geht, mit Verlaub, perfide. Ab dem Schuljahr 2016/17 müssen sich Eltern nun nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, ob ihr Kind „schulreif“ sein könnte. Obwohl ich keine Anhängerin der CDU bin, muss man wohl einräumen, dass wir diesen Verhandlungserfolg genau dieser Partei zu verdanken haben. Da jeder Mensch in Deutschland die Schulbank gedrückt hat, behaupten die meisten von sich selbst, Experten in bildungspolitischen Fragen zu sein. Viele dieser Selbsterkenntnisse gehen nur leider extrem an den Realitäten im Klassenzimmer vorbei. Einem Neurochirurgen würde ein Politiker vermutlich auch nicht erklären, wie er in Zukunft das Skalpell zu führen hat.

Fördert das Berliner Bildungsprogramm in den Kitas deiner Ansicht nach den Schuleinstieg?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Da die bildungspolitischen Vorgaben sehr ungenau sind, kann es vorkommen, dass Kinder in der einen Kita umfangreich gefördert und auf die Schule vorbereitet werden und in einer anderen wiederum fast gar nicht. Je nachdem, was sich Eltern für ihr Kind vorstellen, sollten sie sich bei der Wahl einer Kita ausführlich beraten lassen.

Wenn du könntest, was würdest du am Bildungssystem ändern?
Aktuell streiken die angestellten Lehrer ja wieder in Berlin. Es geht darum, dass man für gleiche Arbeit auch das gleiche Geld bekommt (zumindest annähernd wäre das schon fair). Statt entsprechend zu verhandeln, geht es der TdL jetzt sogar noch um Einschnitte bei der betrieblichen Altersvorsorge.  Dabei würde ich mir ehrlich gesagt mehr Unterstützung von den Eltern erhoffen. Statt auf Verständnis, stößt man häufig auf Kritik. Ich denke, dass das ziemlich kurz gedacht ist. Immerhin gehen immer mehr junge und kreative Kollegen nach Brandenburg, weil sie dort verbeamtet werden und bessere Arbeitsbedingungen vorfinden. Am Ende wird sich das insbesondere für die Berliner Kinder als erheblicher Nachteil erweisen. Mehr Solidarität der Berliner Elternschaft wäre dabei hilfreich und läge im Interesse ihrer Kinder.

Tausend Dank für Deine ehrlichen Antworten und viel Spaß mit Baby Nummer drei!

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Und hier kommen Bilder und Links der getragenen Kleidungsstücke oder ähnlicher Produkte aus den Onlineshops der Bestseller-Marken:

Rosa: little Pieces T-Shirt und Hose, little Pieces Sandalen,

Max: Minimize Ringelshirt, Name it GummistiefelName it Slim Fit Jeans mit Hosenträgern,

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