MUMMY MAG Hausaufgaben Titel

SCHULE
Lasst uns mal sprechen über…
Hausaufgaben

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Ein leidiges Thema in vielen Familien mit Schulkindern sind die Hausaufgaben. Oft gibt es Streit deswegen und Tränen. Nicht selten entwickelt sich über die Jahre eine Konfliktspirale um dieses Thema in Familien. Druck auf der einen Seite und Verweigerung auf der anderen: Viele Eltern sind überfordert und verzweifelt, weil sie vermeintlich immer wieder in Konfrontation mit ihren Kindern gehen müssen. Viele Kinder sind ebenfalls überfordert und verzweifelt, weil sie die Aufgaben nicht verstehen oder wegen ihres Freizeitprogramms kaum noch Zeit finden für die Schularbeiten.

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„Hausaufgaben sind doof. Manchmal vergesse ich sie auch. Dann bekomme ich richtig Ärger.“
Grundschülerin, 2. Klasse

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Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay

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Meiner Meinung nach sollten Hausaufgaben komplett abgeschafft werden, denn die Lerneffekte durch sie sind durchaus auch innerhalb der Schule zu erreichen.

Es geht einerseits um das Vertiefen von neuen Lerninhalten durch Wiederholen. Einfach nochmal 20 Matheaufgaben lösen oder 15 Sätze schreiben oder zehn Verben in den englischen Text einfügen. Das ist wichtig und gut für das Lernen, jedoch überhaupt nicht hilfreich, wenn man Aufgaben lösen soll, der Lerninhalt aber leider zuvor noch gar nicht im Kopf angekommen ist. Dann werden die Schulaufgaben zur Qual, und man schreibt irgendetwas hin – so vertieft man dann leider auch nur irgendetwas, statt des richtigen Rechenwegs, der korrekten Deklination oder was auch immer.

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Viele Eltern erklären ihren Schulkindern zu Hause die Lerninhalte, die sie in der Schule noch nicht verstanden haben, um sie überhaupt erst in die Lage zu versetzen, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Viele Kinder haben leider keine Eltern, die ihnen etwas erklären können, entweder weil diese arbeiten müssen oder es eben nicht gut erklären können. Damit beginnt die Benachteiligung von Kindern aus eher bildungsfernen Familien bereits in der 1. Klasse.

Ein zweiter Lerneffekt von Hausaufgaben besteht im Trainieren des selbstständigen und selbstorganisierten Arbeitens. Super Sache, allerdings ziemlich schwer für ein Grundschulkind. Die wenigsten Kinder zwischen sechs und zehn Jahren können sich schon derartig selbst motivieren und organisieren, dass die Hausaufgaben abends erledigt, der Ranzen gepackt, der Schreibtisch aufgeräumt und die Kleidung für den nächsten Morgen bereitliegt. Ich wage mal die vorsichtige These, dass dies selbst vielen „Kindern“ von zehn bis 67 Jahren noch schwerfällt. Auch da brauchen mindestens die Grundschüler noch die Unterstützung ihrer Eltern, die ihnen eine Struktur vorgeben, Platz und Zeit einräumen, motivieren und ermahnen usw. Und auch hier wird es wieder problematisch, wenn Eltern selbst Schwierigkeiten haben, sich zu organisieren, zu strukturieren und zu motivieren … Wie sollen sie es dann ihren Kindern beibringen?

„Je älter man wird, desto schwerer werden die Aufgaben, das ist richtig anstrengend.“
Gymnasiast, 9. Klasse

Solange es also Hausaufgaben an unseren Schulen gibt, ist es notwendig, dass Eltern ihre Kinder bei den Hausaufgaben unterstützen, denn sonst kommen diese in der Schule nicht so gut mit. Das Schulsystem ist auf Leistung ausgelegt, Kinder müssen sich darin zurechtfinden. Sie müssen in Schule funktionieren. Eltern werden gesellschaftlich sehr kritisch beäugt, und ein Indikator für „gute Elternschaft“ ist nun mal der schulische Erfolg der Sprösslinge. „Oh, deine Kinder sind auf dem Gymnasium, da habt ihr alles richtig gemacht.“ „Dein Sohn hat in Englisch eine Zwei, da hast du aber gut mit ihm geübt.“ „Dein Kind hat schon wieder einen Eintrag wegen fehlender Hausaufgaben, da musst du dich als Mutter/Vater aber mehr kümmern.“

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Entspannt euch

Manche Eltern haben große Angst davor, ihre Kinder würden den Schulabschluss nicht schaffen und dann im Leben komplett scheitern. Diese Angst gibt es bereits in der Grundschule, und sie baut einen unglaublichen Druck auf, bei Eltern und bei Kindern. Dabei erlebe ich – gerade in meiner Arbeit als Familienhelferin in benachteiligten Familien – dass es heutzutage dank Fachkräftemangel für jeden, der arbeiten will, auch Möglichkeiten gibt. Selbst Kinder, die jahrelang die Schule geschwänzt haben, ganz ohne Abschluss abgegangen sind, drogensüchtig, kriminell oder mit 17 schwanger wurden, finden ihren Weg, wenn sie es wollen und wenn sie es sich zutrauen.

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Bild von Jena Backus auf Pexels

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An dieser Stelle finde ich das deutsche Bildungssystem wirklich sehr gut, denn es ermöglicht Schulabschlüsse auf zweitem und drittem Bildungsweg, Ausbildungsverträge auch mit schlechtem Abschluss (z. B. nach einem super Praktikum), Quereinstieg und Berufsschule, Schüler-BaföG und Abitur an der Abendschule. Warum zähle ich das auf? Weil ich sagen will: Entspannt euch! Vergessene Hausaufgaben und eine Fünf in Mathematik sind kein Weltuntergang. Ein paar Vieren auf dem Zeugnis in der Mittelstufe auch nicht. Das guckt sich später niemand mehr an. Es ist den Streit und den Stress um Schulisches oft nicht wert, den es in manchen Familien gibt. Das soll nicht heißen, dass ihr euch als Eltern völlig heraushalten und alles einfach laufen lassen sollt. Nein, ihr sollt euren Schulkindern schon helfen, aber eben mit Augenmaß und Gelassenheit.

 

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Bild von Josch13 auf Pixabay

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„Friss die Kröte!“

Es gibt einen super einfachen psychologischen Trick, um sich selbst zu motivieren, die besonders doofen Sachen (also Hausaufgaben) zu erledigen und nicht ewig vor sich herzuschieben. Der funktioniert auch bei anderen Aufgaben wie Haushalt, Schreibtisch aufräumen usw. ganz gut. Das Prinzip ist einfach und heißt: „Friss die Kröte!“ Ihr fragt euer Kind, welche Hausaufgaben es aufhat, oder ihr guckt zusammen in den Schulplaner. Dann soll es die Aufgaben sortieren: die einfachste oder liebste zuerst, und dann bis zur schwersten oder blödesten Aufgabe. Am Besten schreibt ihr die Hausaufgaben in dieser Reihenfolge auf einen Zettel. Die blödeste Hausaufgabe ist die „Kröte“. Die Kröte wird zuerst gefressen, sprich erledigt; alles was danach kommt, geht leichter von der Hand. Die einfachste Aufgabe kommt zuletzt und ist schwuppdiwupp fertig. Nach diesem Prinzip ist man meist insgesamt schneller und meist besser gelaunt.

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Zwischen den einzelnen Hausaufgaben sollte man kleine Pausen einlegen und sich selbst belohnen oder sich von seinen Eltern belohnen lassen. Auch Belohnung ist ein psychologischer Trick, um sich zu motivieren. Das nennt man positive Verstärkung von gewünschtem Verhalten. Beispielsweise kann das ein Lob sein: „Super, gut gemacht, die Kröte hast du schon gefressen.“

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Eine kleine Belohnung

Oder das Abhaken bzw. Durchstreichen der Aufgabe auf dem Zettel – simpel, aber das funktioniert bei allen To-do-Listen als positive Verstärkung. Für Kinder mit hohem Bewegungsdrang ist es eine Belohnung, wenn sie sich zwischen den Aufgaben kurz austoben oder herumlaufen können. Naschkatzen freuen sich über ein Tütchen Gummibärchen oder ein Stück Schokolade. Andere Kinder sammeln gern Stempel (oder Sonnen, Smileys, Diamanten, Murmeln usw.) für jede erledigte Aufgabe, die sie dann später gegen Kuschel- oder Spielzeit eintauschen können. Ihr wisst selbst, worauf euer Kind abfährt! Genau das ist dann eine gute Belohnung. Mit Belohnung ist aber überhaupt nicht das große teure Geschenk und auch nicht die Mega-Lob-Party gemeint, sondern kleine positive Aufmerksamkeiten, die dem Kind dabei helfen, eine Struktur beim Erledigen der Hausaufgaben zu erlernen.

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Bild von GLady auf Pixabay

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„Hausaufgaben sind wie Schule nach der Schule, das nervt ganz schön.“
Schüler, 6. Klasse

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Bild von Milly Eaton auf Pexels

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Arbeiten, wo man will

Vielleicht kennt ihr das auch: Euer Kind hat einen höhenverstellbaren Schreibtisch und einen ergonomisch geformten Schreibtischstuhl in seiner Lieblingsfarbe, aber es erledigt seine Hausaufgaben bäuchlings auf dem Fußboden oder am Küchentisch neben den frisch geschälten Kartoffeln oder irgendwie zusammengekuschelt auf dem Sofa. Tja, was soll‘s? Das ist vollkommen in Ordnung. Kinder sitzen heutzutage sowieso schon viel zu viel, da muss es am Nachmittag nicht auch wieder der Schreibtisch sein.

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Ihr spart euch ein Streitthema, wenn ihr bei der Wahl des heimischen Arbeitsplatzes gelassen bleibt. Für wichtige Schönschreibaufgaben werden sich die Kids schon freiwillig an einen Tisch setzen, obgleich die meisten Hausaufgaben einfach nur erledigt werden müssen und man damit keinen Schönschreibwettbewerb gewinnen muss. Einer meiner Söhne hat eine ganze Zeit lang seine Hausaufgaben im Flur auf dem Boden erledigt mit der Begründung, er wolle den Meerschweinchen Gesellschaft leisten, die dort ihren Platz hatten.

„Wann sollte mein Kind seine Hausaufgaben am Besten erledigen?“

Diese Frage höre ich oft, und es gibt darauf – genau wie auch sonst in der Erziehung – keine einfache Antwort. Denn jedes Kind ist individuell. Was bei dem einen gut funktioniert, klappt bei der anderen noch lange nicht. Für manche Kids ist es gut, wenn sie sich direkt nach der Schule an ihre Aufgaben setzen und dann den Rest des Tages freihaben. Für andere ist es gut, wenn sie sich erst mal eine Pause gönnen oder sich mit ganz anderen Dingen beschäftigen, bevor sie ihre Hausaufgaben erledigen. In jedem Fall ist es hilfreich, wenn die Kinder wach, satt und entspannt sind. Denn von einem Kind, das müde, gestresst oder hungrig ist, kann niemand ernsthaft erwarten, dass es seine Hausaufgaben konzentriert und ohne Widerstand erledigt. Die Erfüllung dieser grundsätzlichen Bedürfnisse kann ein Kind nur bedingt selbst regulieren, das ist ein klarer Elternjob.

Also bitte, bietet euren Kindern erst eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken an, bevor sie sich mit ihren Schularbeiten beschäftigen sollen. Lasst sie nicht am Abend zur Schlafenszeit noch Aufgaben erledigen. Vermeidet Stress, wie Zeitdruck, Leistungsdruck, emotionalen Druck, unnötige Ablenkungen durch TV, Handy, Geschwister usw. Hausaufgaben an der Grundschule sollten im Durchschnitt 30 Minuten dauern und an den weiterführenden Schulen etwa eine Stunde. Wenn ihr feststellt, dass euer Kind immer deutlich länger an seinen Aufgaben sitzt, dann solltet ihr das Gespräch mit anderen Eltern und mit der Klassenlehrerin suchen. Manchmal ist es auch schon hilfreich, wenn ihr in den Schulplaner eine kurze Notiz an die Lehrerin schreibt: „Hallo, mein Kind hat heute 45 Minuten an den Hausaufgaben gesessen. Es war schon konzentriert bei der Sache, aber das waren einfach zu viele Aufgaben. Es hat nicht alle geschafft. Viele Grüße, …“.

Ein absolutes No-go sind übrigens Eltern, die die Hausaufgaben für ihre Kinder erledigen oder ihnen die Lösungen vorsagen, die Sätze diktieren und die ganze Zeit daneben sitzen und jeden Arbeitsschritt vorgeben. Das ist überhaupt nicht hilfreich. Denn euer Kind wird dabei weder lernen, selbstständig seinen Verpflichtungen nachzugehen, noch Verantwortung für seinen schulischen Bereich zu übernehmen. Eltern, die ihren Kindern die Hausaufgaben abnehmen, nehmen den Kindern auch die Lernerfahrungen ab, die sie brauchen, um eigenständig zu werden. Viel besser ist es, in der Nähe zu sein, den Kindern einen Rahmen und etwas Struktur vorzugeben, aber sie ansonsten einfach machen zu lassen. Hausaufgaben müssen auch nicht immer fehlerfrei sein. Sie werden in der Regel nicht benotet und dienen den Lehrern auch als Gradmesser dafür, inwieweit die Schüler das Thema schon verstanden haben.

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Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay

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Und bei euch so?

Einen kleinen Tipp hab ich nun noch. Liebe Eltern, die ihr für eure Kinder nur das Beste und alles richtig machen wollt – bitte erinnert euch zwischendurch einfach mal an eure Kindheit. Wie war das bei euch mit den Hausaufgaben?

Ich kann mich noch gut an die Situationen erinnern, in denen ich schnell vor der Schulstunde noch die Hausaufgaben von meiner Freundin abgeschrieben habe oder in denen ich morgens im Schulbus die Vokabeln das erste Mal gelernt habe. Manche Hausaufgaben habe ich nicht gemacht, einfach weil ich wusste, dass der Lehrer sie sowieso nicht kontrolliert. Und manchmal habe ich die ersten drei Aufgaben gemacht, mich als erste gemeldet und dann irgendwie so durchgeschummelt. Ja, manchmal ist das auch aufgefallen, dann gab es einen Eintrag und ein ernstes Gespräch mit den Eltern, somit ein paar Wochen strengere Hausaufgabenkontrolle.

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Wie schon gesagt, meiner Meinung nach sollten Hausaufgaben komplett abgeschafft werden – das wusste ich schon immer, nicht erst seit meinem Pädagogikstudium. Und irgendwie hat es ja auch geklappt mit dem Schulabschluss.

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Startbild und Bild im Slider von Pixabay

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Mehr zum Thema Schulkind und unserer heute startenden zweiten Schulwoche findet ihr hier: KLICK

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Christine ist Mutter von zwei Teenager-Söhnen und Diplom-Pädagogin. Sie arbeitet als Familienhelferin im Raum Braunschweig/Salzgitter und begleitet benachteiligte Kinder, unterstützt herausfordernde Jugendliche und sucht neue Perspektiven für abgehängte Familien. Ihre Leidenschaft gilt dem Gärtnern, ihrem Hund Nero und noch vielem mehr.

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