Wenn Freunde ihre Kinder anders erziehen…

Seit wir Eltern sind verbringen wir mehr Zeit mit anderen Eltern: nach der Kita, am Wochenende und, die Königsklasse, im Urlaub! Warum Königsklasse? Nun, wenn man ein paar Tage 24h am Stück miteinander verbringt, dann häufen sie sich, diese Eltern-Kind oder Kinder-Kind-Momente, in dem es einem in den Fingern juckt und man unbedingt dazwischen gehen möchte. Verena Schulemann hat in diesem Interview beschrieben, wie eine wildfremde Dame die Polizei rief, weil sie eine Erziehungsmaßnahme von Verena falsch deutete. Nun ist das ein Extrem, aber ich frage mich in Umgebung von Freunden und ihren Kindern oft: Würde ich das genauso machen? Und wer mich kennt, der weiß, dass es meist nicht bei meinem Kopfkino bleibt…


Es fängt bei unterschiedlichen Aufstehzeiten, ergo verschiedenen Tagesrhythmen an und hört bei den Ins-Bett-geh-Ritualen teilweise noch nicht auf, weil eben Kinder und Eltern auch nachts anders ticken. Es gibt Eltern, die legen sich abends zu den Kids und ratzen dann auch gleich mit ein… tschööö gemeinsamer Rotwein auf der Terrasse… dann gibt es welche, die kommen nach 1-2 Stunden total verschlafen wieder herausgekrochen, zu denen gehöre ich. Und es gibt andere, da liegen die Kids zwar schnell in der Koje, rufen aber gefühlt noch 20 Mal, bis sie in den Schlaf gefunden haben. Zu denen gehöre ich auch, hahaha. Dann gibt es Eltern, die bereiten den Minis am Tag 3-4 Mahlzeiten frisch zu, diese Familien sind dann auch im Urlaub eher in der Küche anzutreffen. Und es gibt Eltern, die packen Banane, Quetschie und ein Gläschen in die Tupperbox für unterwegs. Bedeutet: Es braucht von allen Seiten niedrig geschraubte Erwartungen an gemeinsame Aktivitäten und plauschige “Elternabende” und natürlich Verständnis, was ja unter Eltern auch oft vorhanden ist.

Einschreiten, wenn andere gerade keinen Kopf dafür haben
Wofür ich allerdings kaum Verständnis habe, sind nörgelnde, trotzige oder auch einfach nur orientierungslose Kinder, die von ihren Eltern in diesen Momenten nicht an die Hand genommen werden. Da hab ich dann auch schon ungefragt eingegriffen, obwohl es meine Kinder nicht betraf, jedoch aber mich, weil ich anwesend war!

Motivieren statt verbieten
Beispiel: Drei hungrige Erwachsene sind in der Küche dabei, für die gesamte Meute ein Abendbrot zuzubereiten. Eine Zweijähriges springt dabei zwischen munter ihren Beinen und den heißen Töpfen rum, zieht Schubladen auf und wieder zu. Die Mutter zunehmend genervt: Nein, tu dies nicht! Tu das nicht! Das Kind macht natürlich weiter, ich hatte fast das Gefühl, es amüsiert sich dabei. Ich hab mir das Mini geschnappt und ihm einen Holzkochlöffel in die Hand gedrückt mit der Bitte, diesen zum Tisch zu bringen und uns so beim Decken zu helfen. Als nächstes ein Nudelsieb – das hätten wir in der Küche zwar wirklich gut gebrauchen können, aber egal –, dann fanden Pfannenwender und Knoblauchpresse den Weg nach draußen. Alles Dinge, auf die der Esstisch nicht wartete, aber das Mini war happy. Und die größeren Kinder haben dann sogar noch Brauchbares mit aufgedeckt.

Wer zieht sich den Schuh an?
Mag sein, dass das Dazwischen gehen wollen “mein Problem” ist und nicht das der Kinder oder anderer Eltern. Und sicher ist es pädagogisch nicht verwerflich, Kinder ihre Konflikte auch alleine austragen zu lassen – solange kein Kind gefährdet ist – aber ich mit meinem Gerechtigkeitsfimmel kann mich einfach nicht in die Sonne hauen, wenn nebenan um ein Schokocroissant, ein Handtuch, eine Spielfigur oder auch einfach mal wieder darum gestritten wird, wer denn nun erster ist. Andere fühlen sich da weniger angesprochen, oder schalten auf Durchzug. Ein Segen, wer das kann.

Vorwarnen und konsequent bleiben
Also gehe ich hin, auf Augenhöhe und warne, “Hey Leute, einigt euch bitte, sonst nehme ich das Handtuch, die Spielfigur weg, oder argumentiere, dass jeder mal erster sein kann – beim ins Bett gehen z.B. Danke, dass ihr jetzt lieb zueinander seid.”
Daraufhin kommt es vor, dass sie ganz schnell abwechseln oder ich eben die Sache – wie angekündigt – an mich nehme. Manchmal sieht man den Kids auch richtig an, wie erstaunt sie sind, dass überhaupt jemand etwas sagt. Ich habe aber auch schon erlebt, dass Eltern zwischenzeitlich so genervt waren, dass sie einfach ohne vorzuwarnen ihr Kind aus der Chaos-Gruppe gerissen haben. Am schlimmsten finde ich persönlich nach einem emotionalen Tohuwabohu dann das “Ins Bett stecken”. Andere Erwachsene, andere Autoritäten.

Mit den Eltern sprechen
Eingeschritten bin ich allerdings nicht nur unter den Kindern. Ich könnte auch an die Decke gehen, wenn Eltern ihren Kindern Dinge ankündigen oder gar versprechen und diese dann nicht umsetzen. “xy jetzt geht’s ab ins Bett.” Und was macht der Daddy, er setzt sich draußen hin und blättert in einer Zeitschrift. Als xy nach 10 Minuten immer noch draußen herum hüpft, spielt er sogar etwas mit ihr! Hä? “Sag mal, du hast ihr vor 10 Minuten gesagt, dass sie ins Bett gehen soll. Warum bringst du sie nicht?!” Ich hab mich dann selbst ein bisschen auf die Zunge gebissen, weil ich nach der Ansage schon so gespannt darauf war, wie die 4-Jährige dieser Aufforderung eigenständig nachkommt und sich selbst in die Kissen haut. Ich kann gut verstehen, wenn Eltern auch mal Urlaub brauchen, aber nicht so.
Und noch ein Beispiel: Ich ärgere mich, wenn Philo morgens sein Müsli verschmäht und nach Pudding/Schokocroissant/Nutella fragt, weil es die anderen Kinder am Tisch ganz selbstverständlich bekommen – und es gibt sogar Altersphasen, da necken sie richtig damit ”Ich hab einen Pudding, ich hab einen….”. Hier weiß ich und denke mir dann einfach, “sobald du weg bist, kräht kein Hahn nach mehr nach deinem Schlabberzeugs.” Die Süßigkeitenfrage – oder passender Nicht-Frage, einfach Gabe – ist übrigens kein reines “Anderes-Eltern-Ding”, sondern passiert auch bei Verwandten, die mit einem Urlaub machen und es besonders gut mit den Kleinen meinen. Den Kindern die Sweets dann verbieten halte ich hier für den falschen Weg. Mit den Erwachsenen sprechen führt aber leider auch nicht immer zur Einsicht.

Ich möchte an dieser Stelle nochmal betonen: Das sind wohlgemerkt alles Beispiele, wie ich sie erlebt und intuitiv umgesetzt habe. Ich habe keine pädagogische Ausbildung und auch keine Ratgeber gewälzt.

Und mögliche Folgen…
Viele Freundschaften verändern sich, wenn man Kinder bekommt. Und es gibt welche, die zerbrechen an der “Erziehungskiste”. Wir haben keine Freunde, die völlig anders erziehen als wir, also z.B. antiautoritär. Aber wir sind uns eben auch nicht bei allem einig – wer ist sich das schon? Bisher habe ich noch nie von Freunden eins auf den Deckel bekommen und war umgekehrt bis jetzt auch jedesmal froh, wenn Freunde für mich mitgedacht haben und eingeschritten sind, wo ich vielleicht gerade nicht bei der Sache war… denn dazu sind Freunde doch da. Es gibt ja immer was, das man selbst nicht im Gefühl oder in der Birne hat…

Vielleicht hab ich auch leicht reden, weil Philo halbwegs kooperativ ist und es uns nicht allzu schwer macht. Oder liegt das etwa mit an uns? Ich weiß es schlichtweg nicht. Und die drei Kreuze mache ich auch erst, wenn wir mit Quinn diese ganzen “Trotz” und “Wenn” und “Aber”-Phasen auch unbeschadet überstanden haben. Weil ich öfter gefragt werde: Philo und Quinn sind ein Herz und eine Seele – noch. Aber: Quinn wird mit seinen 9 Monaten von Philo auch noch mehr als zu bespaßendes Baby denn als Konkurrent gesehen. Wir sprechen uns dazu wieder…

Meine Gesprächspartner/innen zum Erziehungsgedöns sind übrigens Freundinnen (ja, auch die, bei denen ich einschreite) meine Schwester und meine Mutter. Letztere hat neben einem Textilgeschäft drei Mädels im Abstand von jeweils 2 Jahren groß bekommen, dabei – was wir hier auch immer wieder predigen – aus dem Bauch heraus gehandelt und erst recht keine Erziehungslektüre studiert. Andere Eltern, andere Bäuche.

Übrigens: Wir Mummys haben auch schon miteinander mit den Kids geurlaubt. Das hat ganz gut funktioniert, weil wir uns aber auch in und auswendig kennen.
Warum sich Freundschaften verändern, wenn man Kinder bekommt? Hier gibt es noch mehr Gedanken dazu…

 

Madeleines ABC Kolumne bei Mummy Mag

Janine ist Mama von Philo (4) und Quinn (9 Monate), Mitbegründerin des MUMMY MAG Paper, außerdem Autorin des Mama Styleguide, was sich beides – im Gegensatz zu so mancher Modeerscheinung – ganz vorzüglich mit dem Mama-Sein vereinen lässt. Und weil ihr neben der Mode noch viele andere Themen über den Weg sausen, die sie humoristisch garnieren kann, tut sie das auch hier!

 

Mit Janine haben wir eine waschechte Moderedakteurin und Buchautorin („Der Mama Styleguide„) im Team. Sie schreibt aber nicht nur, sondern ist auch Stylistin und ja, auch sie ist Mutter. Und weil sie so viele Themengebiete abdecken kann, macht sie das auch bei uns! Übrigens hat sie pünktlich zu Weihnachten 2016 ihren zweiten Sohn bekommen und wird uns zukünftig das ein oder andere Mal Einblicke in die ganz normale Alltagscrazyness einer 2-fach-Mummy gewähren.

POST COMMENT

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.