Vereinbarkeit, Verantwortung, Aufteilung – das alles sind Aufgaben, die Eltern für sich lösen müssen. Irgendwie. Denn was sich so einfach anhört ist wohl eine der größten Herausforderungen im Alltag von Familien. Wer arbeitet wie viel, wer übernimmt zu welchen Teilen die Kinder, wer bringt sie in den Kindergarten, zur Schule, wer holt sie ab, fährt sie zum Schwimmen, Kindergeburtstag, kauft Geschenke oder übernimmt die Kinderarzttermine? Und all das neben dem Job, der Karriere, dem Paar-Sein und dem Haushalt. Die meisten Familien machen all das ohne Hilfe. Und häufig liegt der Löwenanteil hauptsächlich bei einem Elternteil. Doch diese Muster brechen mehr und mehr auf und auch die Gesellschaft fordert dies immer mehr ein. Eine Gesellschaft Pro Kind, in der jeder ein Stück Verantwortung mitträgt!

Einige große (und auch kleine!) Unternehmen in Deutschland wollen ihren Mitarbeitern familienfreundliche Arbeitsmodelle ohne Benachteiligungen bieten. Doch wie viel Hilfe im Alltag oder Eingeständnisse bräuchten wir Eltern eigentlich, damit es läuft, und an welchen Herausforderungen scheitern wir alle immer wieder? Es ist nicht leicht, wenn beide Eltern arbeiten, aber es kann noch komplizierter sein, wenn der Beruf völlig unflexibel ist. Arbeiten Eltern beispielsweise im Schichtdienst, in Pflegeberufen, müssen beide viel reisen oder sind Wochenendschichten Voraussetzung? In dem Fall muss mindestens einer von beiden zurückstecken, denn wohin mit den Kindern wenn die Schicht um 6 Uhr morgens beginnt? Und wie soll das alles eigentlich für Alleinerziehende funktionieren, die keine Familie greifbar haben, die sie unterstützen kann? Schließlich hat nicht jede Familie die Möglichkeit sich ein Au-pair zu leisten.

Machen wir uns nichts vor! Wir befinden uns in Deutschland in einer äußerst privilegierten Situation was die Betreuung von Kindern angeht. Und: Wir haben das Elterngeld! So richtig bewusst wurde mir das wieder, nachdem ich für das Paper Interviews mit Eltern auf allen Kontinenten der Welt geführt habe. Besonders die Aufteilung unter den beiden Elternteilen war da ein Thema. Und ganz klar: Oft ist es so, dass einer (meist die Frau) mehr zurücksteckt, damit die Betreuung der Kinder gewährleistet ist. Denn auch wenn fast überall eine Betreuung von ganz Kleinen möglich ist, ist diese häufig privat und so teuer, dass die Familien sich die Kosten der Nutzung genau gegen die Einnahmen rechnen müssen. Auf acht Seiten könnt ihr von Familien aus den Städten Daressalam, Tel Aviv, Panama City, Moskau, Berlin, Zürich, Sydney und New York City lesen wie es in anderen Ländern läuft. Vorweg sei gesagt, bei den Kosten für die Kinderbetreuung schlackern einem zum Teil die Ohren. Was aber auch auffällt und in anderen Ländern häufig viel mehr greift, ist die Einbindung der gesamten Familie. Also Großmütter und -väter leben vielleicht näher und stehen auch als mehr oder weniger feste Betreuungsbrücken zur Verfügung. Für mich auch ein gesellschaftliches Thema.

Familienorientierte Arbeitsmodelle – Skandinavien ist genau dafür bekannt. Eine Gesellschaft, in der die Arbeit von Vätern und Müttern selbstverständlich ist und vor allem familienfreundlich organisiert und von der Gesellschaft anerkannt ist. Weil es klar ist, dass nicht einer von beiden beruflich zurückstecken muss UND weil es ebenso klar ist, dass beide Elternteile Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen. Die Schwedin Malin Elmlid die zwischen Helsinki und Berlin pendelt, erzählt uns (und in ihrem Buch) genau davon, dass es in Skandinavien immer um die Stärkung der Familie geht und nicht um die eines Elternteils. Dies führt zu Systemen mit stärkeren Rechten und mehr Pflichten für Männer in der Familie sowie zu mehr Platz für Frauen in Unternehmen. Aber eben auch zu einer Haltung in der Gesellschaft, die dies selbstverständlich macht. Malin sagt: “Elternzeit für Männer existiert in Schweden seit 1974 und mittlerweile ist es der Wirtschaft auch klar, dass sie auch von der Familienfreundlichkeit profitiert.” Daran glaube auch ich.

 

Doch zurück nach Deutschland. Es gibt auch hierzulande Unternehmen, die schon länger auf Flexibiltät am Arbeitsplatz setzen. Zum Beispiel durch das Angebot von Jobsharing-Tandems, in denen sich zwei Personen, die Verantwortung und die Stunden einer Stelle teilen. Wir stellen Euch deshalb das Tandem “Maike & Andrea” vor, das seit 2012 erfolgreich im Bereich Corporate Treasury – Internal Business Services eines deutschen Großkonzerns arbeitet und nennen Vor- und (die schwieriger zu findenden) Nachteile.

Wir haben für diese Ausgabe mit vielen Gründerinnen und Frauen, die den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben, gesprochen. Denn einige junge Mütter gehen diesen Weg und nutzen die Elternzeit um lang gehegte Träume in die Tat umzusetzen. Zweifach-Mama Anita Neumann nutzte ihren 40igsten Geburtstag für ein Umdenken und eine Neuorientierung und arbeitet nun selbstständig als Coach. Oder die beiden Löwenzahn Organics Gründerinnen Liz Sauer Williamson und Carmen Lazos Wilmking. Letztere und Dreifach-Mama Carmen durften wir (plus Fotografin) sogar einen Tag begleiten: so viel sei schon mal verraten: Er beginnt täglich um 5:40 Uhr.

 

Wenn ihr das Paper durchgeblättert habt, wird es euch sicherlich wie uns gehen und ihr denkt: “Wow, so viele starke Frauen mit guten eigenen Ideen und dem Mut, sie in die Tat umzusetzen.” Doch manche Zahlen sagen etwas anderes. Denn unter den deutschen Start-Up Gründern sind nur 15,1% Frauen, so berichtet uns Nikolas Samios Venture Capital Experte und Unternehmensgründer. Der Begriff Start-Ups folgt in dem Fall der internationalen Definition wonach schnell wachsende Unternehmen gemeint sind, deren Produkt- oder Dienstleistungsinnovationen auf einen technischen Kern aufsetzen. Diese Unternehmen treiben ihr Wachstum durch die Aufnahme von externem Risiko-Kapital an, und am Ende der Reise “Unternehmensgründung” steht nach ca. 5-10 Jahren der Verkauf des Unternehmens als letzter Punkt auf der Agenda. Diese Definition kennen aber viele nicht und nach dem weit gefassteren Start-Up Begriff sind es natürlich viel mehr Gründerinnen. Es ist toll ist, wenn man sich verwirklichen kann und ein Exit bzw. Verkauf gar nicht im Vordergrund oder als Ziel des ganzen steht. Aber wie auch immer. Ich persönlich bin ja der Meinung, dass man Erfolg nicht immer nur in Zahlen messen kann und sollte und ziehe meine eigenen Schlüsse. Chapeau Ladies! Denn jede Gründung bedeutet in den seltensten fällen weniger Arbeit, eher mehr wie man z.B. auch bei Carmen und Liz lesen kann.

Doch was muss man eigentlich beachten, wenn man in der Elternzeit gründen möchte?

Der Begriff „Mompreneurs“, neudeutsch für Mütter, die sich nach dem Kinderkriegen selbstständig machen, kommt aus den USA, läuft aber auch hier bei uns richtig gut… Weil es aber vom Wochenbett bis zum Wochenmeeting viele Fragen und Stolperfallen gibt, haben wir mit einer Mama darüber gesprochen, die in ihrem Job täglich solche Fragen gestellt bekommt – übrigens mehrheitlich von Müttern: Arbeitsrechtsanwältin Sandra Runge verrät uns die häufigsten – plus Antworten!

Kommen wir zum Schluss noch einmal zurück zum privaten. Zu den täglichen Aufgaben. Den großen und den Kleinen. Denn mal ganz ehrlich, was ich täglich mehrfach tue, ist immer noch den Tisch abwischen, den Boden fegen, meine Kinder versorgen und unseren 5-Personen-Haushalt am Laufen halten. Doch ich fühle mich dabei fair und respektvoll unterstützt durch meinen Partner, auch wenn vieles bei mir liegt. Aber das geht nicht allen so. Hier birgt sich allein durch die tägliche Belastung und Anstrengung viel Zündungspotential im familiären Alltag (wenn man nicht die Möglichkeiten hat, Aufgaben auszulagern). Chiara Paris lebt nicht mehr mit dem Vater ihres vierjährigen Sohnes zusammen. Sie spricht mit uns ganz offen und optimistisch darüber, wie ihre Beziehung am Eltern-sein gescheitert ist.

Weil wir wissen, dass das Thema ein Krisenherd sein kann, haben wir bei denen bei denen es klappt, nach Lösungen und Tipps gesucht. Und ganz klar: Respekt vor dem Partner und seinen Wünschen und Aufgaben sind sicherlich der Schlüssel. Wer im Abstimmungs-Detail mehr Hilfe braucht, findet vielleicht etwas unter den Vorschlägen zum Thema “Familienmanagement”.

Wir wünschen Euch viel Spaß beim Lesen vom neuen Mummy Mag Paper 10. Und seid gespannt, denn natürlich habe ich etliche Themen der Ausgabe nicht mal angesprochen… In den nächsten Wochen wird es auch online viele Themen dazu in noch ausführlicherer Form geben. Wir freuen uns!

Unsere wundervolle Titelillustration ist von Anna Ruprecht.
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