A wie Angst
Jungen Menschen ohne Kindern dabei zuzuhören wie sie über das Kinderkriegen reden, beinhaltet früher oder später immer das eine aber alles erschlagende Argument: Verantwortung. Ich will noch keine Verantwortung für ein Kind übernehmen. Noch besser, manche üben erstmal mit ihrem Haustier (viel Spaß). Aber sobald man Eltern wird, folgt einem nicht das lange V-Wort wie ein Schatten, sondern ein kurzes A-Wort macht sich stets und ständig breit: die Angst.
Angst haben hatten wir irgendwie verlernt, denn weder ist die Angst ums Kind vergleichbar mit der Angst im dunklen Keller, noch mit Schmerzen beim Zahnarzt oder Lampenfieber vor einer Prüfung. Diese neue Angst ist wirklich gruselig. So dass man sich selber vor dem Spiegel in die Augen schauen sollte, um sich selber zu bitten „mal ein bisschen cooler zu sein“. Nur leichter gesagt als getan, denn die Angst kommt in vielen Facetten daher.
Los geht es mit der Schwangerschaft – für manche lange geplant, für andere völlig überraschend – wenn aber feststeht, ein Baby ist unterwegs, fangen die ersten Angstmomente an.
Angst ob mit dem Baby „alles in Ordnung ist“, Angst vor Ergebnissen von Tests die Ärzte empfehlen: Toxoplasmose, Bluttest, Nackenfaltenmessung, Schwangerschaftsdiabetes – jedes Mal zittern, Angst vor einem Glas Alkohol, Salami, Rohmilchkäse, Angst keine Hebamme zu finden die man mag, für die Vorsorge, für die Nachsorge, Angst unter der Geburt zu vergessen was die Hebamme im Geburtsvorbereitungskurs gesagt hat – Wann sollte man pressen?, Wann sollte man überhaupt ins Krankenhaus fahren? Angst keinen Kita-Platz zu bekommen, Angst davor nie, nie wieder in Kleider von vor der Schwangerschaft zu passen…
Ihr findet das reicht schon? Leider steigert es sich erst so richtig wenn das Baby da ist.
Angst das Baby zum Stillen nicht richtig anlegen zu können, Angst dass das Baby nicht satt wird, Angst vor dem plötzlichen Kindstod während das Baby schläft, Angst dass dem Baby kalt ist, Angst dass dem Baby zu warm ist, Angst dass es nicht schnell genug zunimmt, Angst dass Babys Stuhlgang nicht in Ordnung ist (Gott sei Dank fragt euch die Hebamme zu Beginn jeden Tag danach – so kann sich die Angst noch schön verstärken), Angst das Baby im Schlaf zu erdrücken, wenn man es anstelle dem Baby Bay ganz dicht bei sich schlafen lässt, Angst dass das Baby irgendwo runterfällt, Angst dass das Baby sich beim Kinderarzt eine Krankheit zuzieht sobald man es ablegt, Angst nicht genügend Wechselsachen in der Wickeltasche dabei zu haben, Angst davor alles impfen zu lassen was der Arzt empfiehlt, Angst davor gar nicht impfen zu lassen was Freunde empfehlen, Angst das Baby erstickt wenn es anfängt nach Gegenständen zu greifen und damit zu spielen, Angst dass man nicht schnell genug beim Baby ist, wenn es schreit, Angst das Baby bei jemand anderem zu lassen (manchmal sogar dem Vater), Angst dass das Baby jemand anderem runterfällt, Angst wenn das Baby erhöhte Temperatur hat – Wann sollte man nochmal den Notarzt rufen? Google sei Dank nicht bei 37,5° C. So geht es weiter und weiter und immer weiter und weil man sich als Eltern nicht wie Angsthasen in eine Höhle verziehen kann, lernt man relativ schnell seinen Ängsten die Stirn zu bieten. Immerhin begreift man, dass das Baby zu klein ist um der Angst den Gar auszumachen, also muss man es einfach selber tun. (Zum Mut antrinken hilft evtl. ein anderes A, A wie Aperol Spritz!)
Zum Abschluss noch ein kleines, gut gehütetes Geheimnis:
Ich habe immer schon Schiss vor Kellern. Die sind dunkel und da kann etwas lauern und ihr wisst schon, irgendwie gibt es gemütlichere Orte. Aber meine Zweijährige, die hat einen Narren an unserem Keller gefressen. Die geht total gerne nach da unten oder stellt sich an die Treppe und fragt mich „Mama, gehen wir wieder in den Keller?“. Wenn ihr nicht schafft euren Ängsten den Gar auszumachen, fragt mal eure Kinder, die helfen euch sicher dabei.
Madeleine schreibt in unregelmäßiger Regelmäßigkeit ihre ABC-Kolumne. Darin geht es um kleine und große Dinge die uns Eltern im Alltag mit Kindern begegnen. Von A bis Z geht es um Geburtstagskuchen, das Immunsystem oder Wellness (ohne Kind wohlgemerkt). Noch mehr Beiträge findet ihr HIER. Wenn ihr Ideen zu Themen habt die aufgeschrieben gehören, schreibt Madeleine doch einfach eine Email an madeleine@mummy-mag.de. Merci.
4 Comments
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Klaudia bloggt
Herrlich :). Und nicht zu vergessen die Angst, keinen anständigen Menschen groß zuziehen, weil man das kleine Baby im
Alter von unter einem Jahr ein oder zwei Mal zu lange, ach was überhaupt hat weinen lassen – meine Hebamme war da große Klasse mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Ihr erster Satz beim ersten Besuch daheim: Ihr müsst dafür Sorgen, dass eure Tochter nie weint. Ist klar – ihr also ihr einziges Kommunikationsmittel abschneiden? Jetzt sehe ich das so, vor 7,5 Monaten hatte ich riesige Angst vor jedem Weinanfall… -
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Hanna
Herzlichen Dank liebe Madeleine! Ich war mit Oskar unserem Sohn auch grade im Keller- er hatte riesen Spaß!
Ich freue mich außerdem das ich nicht allein mit diesen Ängsten bin und frage mich ob es nicht schon Generationen von Müttern vor uns so erging oder ob die einfach andere Probleme hatten? Zumindest wird einem bewusst wie leicht verletzlich wir Mütter (und Väter) sind – und wie stark das wir so Vieles schaffen! Alles Liebe Hanna