Lasst uns doch mal sprechen über….
(meine) Kaiserschnitte

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Ich habe mal gelesen, dass eine Frau über ihren Körper nach dem Kaiserschnitt sagte: „Das Gefühl in der Mitte zerteilt worden zu sein bleibt!“ Ich kann diesen Satz nicht vergessen, denn ich weiß was sie meint. Alle unsere drei Kinder kamen mit Kaiserschnitten zur Welt. Gewünscht habe ich mir das nicht. Vorgestellt komplett anders. Aber es kommt eben nicht immer alles wie man denkt und ich hatte im Gegensatz zu anderen Frauen, Zeit mich mit dem Gedanken anzufreunden.

Denn unser erster Sohn wollte sich zum Ende der Schwangerschaft hin, nicht mehr drehen. Er hatte es sich gemütlich gemacht und saß tatsächlich so bombenfest in Steißlage in meinem Becken, dass ich es erstmal lange nicht bemerkte, als die Fruchtblase platzte. So dicht hatte er alles mit seinem kleinen Popo verschlossen. Jedenfalls nahm ich in dieser Zeit Abschied von meinem Traum und meiner Vorstellung einer natürlichen Geburt, immer in der Hoffnung, dass er es sich noch einmal anders überlegt. So kam es nicht und als ich dann mit der Nachricht „Blasensprung“ im Krankenhaus überrascht wurde, wurde es ernst.

Das ganze ist kein Spaziergang und ich glaube auch, dass es von Deiner Psyche abhängt, wie Du das Ganze empfindest. Meine Physe zumindest fand schonmal die Spinalanäthesie nicht ganz so lustig, denn mir wurde plötzlich schwindlig und übel und ich sagte zu meinem Mann „ich glaube, ich werde ohnmächtig“ konnte dabei noch auf die Blutdruckanzeige blicken und was von 20 /10 lesen und schwupps, weg war ich. Aber nur für Sekunden oder Bruchteile, denn – keine Angst – man ist in diesem Moment so gut vom Anästhesisten überwacht, der mehrere Hebel in der Hand hält, mit denen er Dir das entsprechende direkt in die Vene jagt und schon war ich wieder da. Etwas angeschlagen allerdings. Aber ich habe die Geburt von unserem Sohn wunderschön und sehr bewusst erlebt und wusste, er ist in den Armen seines Vater bestens aufgehoben.

Den Weg bis zu diesem Punkt verbrachte ich mit zunehmende Wehen im Krankenhaus, eine Nacht auf den Kaiserschnitt wartend – zum Glück nicht allein. Denn sagen wir es so, der Gedanke gleich bei vollem Bewusstsein aufgeschnitten zu werden, kostet schon etwas mentale Ablenkungsstärke. Ich glaube bei nicht jeder Frau – aber vielen – ist der Weg in den OP mit zitternder Kinnlade verbunden. Ein Zittern, dass man nicht anhalten oder einstellen kann. Einfach mal das Kopfkino abschalten. Das wär’s. Schwierig für mich. Denn man weiß, was alles passieren kann. Kindern, denen dabei in den Kopf geschnitten wurde geistern in meinem herum. Aber eines sei gesagt: es gibt keine ähnlich große OP, die mit soviel Routine und Erfolg durchgeführt wird.

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Trotzdem: Eine “Sectio caesarea” ist ein sehr großer operativer Eingriff, bei dem mehrere Bauchschichten durchtrennt werden und im Anschluss wieder verheilen müssen. Die OP ist zwar in den meisten Fällen unproblematisch, kann aber im Nachhinein zu einigen unschönen und schmerzhaften Nebenwirkungen führen.

Deswegen ist auch die zum Teil noch allgemeine Meinung, „mit einem Kaiserschnitt würde es FRAU sich einfacher machen“, so ganz und gar nicht zutreffend. Zumal sich glaube ich kaum eine Frau, freiwillig um das natürlich Geburtserlebnis bringt. Ich habe mal ein paar Fakten zusammengetragen:

Welche Arten des Kaiserschnittes gibt es?

Zuerst unterscheidet man zwischen primärem, sekundärem und Not-Kaiserschnitt. Ein primärer Kaiserschnitt ist im Rahmen des Geburtsmodus geplant und die Geburt hat noch nicht begonnen, das heißt, es gab weder einen Blasensprung, noch haben muttermundwirksame Wehen eingesetzt. Von einem sekundären Kaiserschnitt spricht man, wenn die Geburt bereits begonnen hat, unabhängig vom Schwangerschaftsalter. Ein Notkaiserschnitt kann grundsätzlich primär und sekundär erfolgen. Der Ausdruck bezieht sich lediglich auf die Dringlichkeit und damit auf die Gefahr, die für Mutter und/oder Kind besteht. Darüber hinaus hat sich der Begriff Sanfter Kaiserschnitt etabliert. Es handelt sich dabei um ein modernes, schonenderes Operationsverfahren, durch das die Liegezeit im Krankenhaus auf wenige Tage verkürzt wird. Bei dieser Methode wird das Schneiden des Muskelgewebes stark reduziert. Stattdessen werden die Bauchdecke und die Gebärmutter durch Dehnen und Reißen des Gewebes so weit geöffnet, dass das Kind entnommen werden kann. 

Welche möglichen Komplikationen und Folgen gibt es?

Die Risiken für die Mutter sind die größten. Neben Gewebeverletzungen, Wundheilungsstörungen, Blutverlust, Komplikationen durch die Narkose und dem Thromboserisiko besteht ein Infektionsrisiko bei einer so großen Bauch-OP. In seltenen Fällen kann die Gebärmutter während einer späteren normalen Geburt reißen. Dieses Risiko ist erhöht, wenn die Frau kurz nach der Entbindung wieder schwanger wird. Zum anderen wächst der Mutterkuchen bei Schwangerschaften nach Kaiserschnitt etwas häufiger im unteren Bereich der Gebärmutter an, sodass er den natürlichen Geburtsweg versperrt (Plazenta praevia). Entgegen der weit verbreiteten Meinung „einmal Kaiserschnitt – immer Kaiserschnitt“ kann eine Frau aber auch nach einem Kaiserschnitt bei der zweiten Schwangerschaft durchaus normal gebären. Häufiger als nach vaginalen Geburten haben Neugeborene nach einer Schnittentbindung zunächst Probleme mit der Atmung, weil sich noch Flüssigkeit in den Lungen befinden kann. Bei der vaginalen Entbindung sorgt der Druck der engen Geburtswege dafür, dass das Fruchtwasser vollständig aus den Lungen des Kindes gepresst wird. Neben der körperlichen Belastung durch die Operationsfolgen können Frauen darunter leiden, keine normale Geburt erlebt oder „geschafft“ zu haben. Für das Kind besteht ein deutlicher Unterschied zur vaginalen Geburt darin, dass die Schnittentbindung von außen und sehr plötzlich geschieht: Das Kind wird unvorbereitet aus der vertrauten Umgebung herausgeholt.

 Wie lange dauert der Heilungsprozess?

Die Narbe wird an immer sehen, sie verblasst aber mit der Zeit. Aber auch das Gewebe um die Narbe herum, kann für immer taub und auch wulstig bleiben. Schmerzen haben die Frauen meist nur wenige Wochen und dabei vor allem in den ersten Tagen. Nach ca. 4-8 Tagen kann die Frau meist das Krankenhaus verlassen.

Und was ich persönlich dem noch hinzufügen kann: Ich kann das Gefühl des zerteilt worden seins nachvollziehen. Mit den Schmerzen nach den Geburten konnte ich gut umgehen. Aber die Narbe ist da. Vielleicht sieht man sie im Bikini nicht, aber sie ist nicht schön und wird für immer bleiben. Nun stört mich das aber persönlich gar nicht, denn dadurch habe ich drei wundervolle und vor allem gesunde Kinder geboren. 

In unserer Serie Lasst uns doch mal sprechen über… gehen wir Themen rund um Sex, Schwangerschaft, Geburt und auch die Zeit danach an, über die leider noch nicht genug gesprochen wird. Kein Wunder: Geschichten über Hämorrhoiden, Inkontinenz und Dammriss sind nicht unbedingt das, was frau beim Kaffeekränzchen gleich auf den Tisch packt. Aber genau da gehören sie unserer Meinung nach hin, schließlich gibt es kaum eine Frau, die komplett ohne Beschwerden ist!

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Saskia Teaser Abbinder

Saskia hat mit ihren drei kleinen Orgelpfeifen die volle Ladung Jungspower zu Hause und weiß, was es heißt, auch mal an seine Grenzen zu stoßen. Sie trägt es mit Fassung und vor allem viel Liebe, denn die häusliche Si­sy­phus­ar­beit hat sowieso kein Ende. Doch auch wenn die Geburten ihrer drei Söhne ihr Leben auf den Kopf gestellt haben, blieb sie ihrer Leidenschaft für Fashion treu und lässt das Familienleben eher anekdotisch in ihren Beiträgen durchblitzen. Die Mitbegründerin des Mummy Mag arbeitet zusätzlich frei als Stylistin und Redakteurin. Muttersein ist für Saskia von jeher ein positiv besetztes Bild und das möchte sie auch mit dem Mummy Mag transportieren, um den Frauen in Deutschland Mut bei der inzwischen viel zu häufig gestellten Kinderfrage zu machen.

 

Saskia Hilgenberg hat mit ihren drei kleinen Orgelpfeifen die volle Ladung Jungspower zu Hause und weiß, was es heißt, auch mal an seine Grenzen zu stoßen. Sie trägt es mit Fassung und vor allem viel Liebe, denn die häusliche Si­sy­phus­ar­beit hat sowieso kein Ende. Doch auch wenn die Geburten ihrer drei Söhne ihr Leben auf den Kopf gestellt haben, blieb sie ihrer Leidenschaft für Fashion treu und lässt das Familienleben eher anekdotisch in ihren Beiträgen durchblitzen. Die Mitbegründerin des Mummy Mag arbeitet seit vielen Jahren frei als persönliche Stylistin, Fashionberaterin und Redakteurin. Muttersein ist für Saskia von jeher ein positiv besetztes Bild und das möchte sie auch mit dem Mummy Mag transportieren, um den Frauen in Deutschland Mut bei der inzwischen viel zu häufig gestellten Kinderfrage zu machen.

4 Comments

  • Nina

    „Das Gefühl zerteilt worden zu sein“ … Dieser Satz hat mich einfach nicht losgelassen. So viel Trauer, die das Erlebnis ein Kind zu bekommen überschattet, ist berührend.

    Die Thematik des Kaiserschnitts mit allen Vorurteilen und Assoziationen liegt mir sehr am Herzen, daher ein ziemlich ausführlicher Kommentar.

    Nicht einmal der Kaiserschnitt muss so sein. Auch ich habe beide Kinder per Notkaiserschnitt zur Welt gebracht. Auch ich bin mit gänzlich anderen Vorstellungen in die Endphase der Schwangerschaft gegangen – jedes mal überzeugt, dass auf mich eine natürliche Geburt warten würde. Stattdessen erwartete mich bei Mini-Mann 1 nach einer Woche über dem Termin und ohne den Hauch einer Wehe die niederschmetternde Aussage des Arztes: „Er hat sich noch nicht einmal gesenkt.“ Die spontane Wahl bestand aus einer Einleitung (Chancen unter 50%) oder einen Kaiserschnitt. Die anschließende Einleitung und deren Folgen waren für mich traumatischer als der Kaiserschnitt. Unser Sohn ging an einer zu kürzen Nabelschnur und stand bei jeder künstlichen Wehe kurz vor dem Herzinfarkt. An dieser Stelle griff dann ganz schnell der Notfall -Modus. Und ich war tatsächlich erleichtert und dankbar. Unser Sohn kam zwar anders als erhofft sich die Welt, aber er war da und er war gesund.
    Sicher hat dieses positive Gefühl auch viel mit dem unglaublich liebevollen Team aus Hebamme und Ärzten zu tun, die und betreut haben. Jeder Schritt wurde erklärt, die menschliche Anteilnahme an der ganzen Situation war greifbar… Falls in einem OP das Gefühl von Geborgenheit vermittelt werden kann, ist es hier gelungen.
    Bei Mini-Mann 2 lief es ähnlich ab. Zwar hatte ich Wehen, die Geburt kam aber trotz Wehen nicht voran, sodass nach zwölf Stunden Krankenhaus beschlossen wurde, den Versuch der natürlichen Geburt abzubrechen. Der kleine Herr war geburtsunwillig. Aber auch hier war ich in den Entscheidungsprozeß eingebunden, könnte Fragen stellen, wurden Einwände ernst genommen. Meine größte Angst war die Option der Vollnarkose, die nach der langen und kräftezehrenden Zeit in Raum stand. Netterweise stand das gleiche OP-Team wie beim ersten Mal parat, das Gefühl von Fremdbestimmung könnte gar nicht erst aufkommen.
    Insgesamt also zwei Geburten, die zwar nicht meiner Vorstellung entsprachen, die aber dennoch zu den größten Augenblicken meines Lebens gehören. Und es bleibt das Gefühl von Dankbarkeit, dass in dem Augenblick, in dem der eigene Körper gegen einen arbeitet, die Möglichkeit besteht, hilfreich einzugreifen.

    Aber ich muss klar zugeben, ein anderes OP-Team, ein anderer Heilungsverlauf im Nachhinein… Meine Wahrnehmung wäre sicher getrübten.
    Der Kaiserschnitt ist und bleibt im wahrsten Sinne des Wortes ein Eingriff in den Körper und auch in die Psyche der Mutter. Um das Tragen zu können, braucht es empathische und nicht nur medizinisch kompetente Hebammen und Ärzte, die Mutter und Kind gleichermaßen im Blick haben.
    Und wenn es tatsächlich so weit ist, kann der Kaiserschnitt als medizinische Hilfestellung, nicht als ein persönliches Versagen angenommen werden, damit keine Mama mehr das Gefühl har, „in der Mitte zerteilt worden zu sein.“

  • Nadine

    Zitat: Das Kind wird unvorbereitet aus der vertrauten Umgebung herausgeholt.
    Das kommt ja auf die Variante des Kaiserschnitts an – mein Kind hatte schon 16?18?20? Stunden regelmäßige Wehen, hinter sich, lag schon super tief und wurde noch auf den letzten Zentimeter per Kaiserschnitt geholt. So sehr auf den letzten Zentimeter – ein bisschen weiter noch drin, und ein Kaiserschnitt wäre gar nicht mehr möglich gewesen.

    Danke aber ganz grundsätzlich für diesen Text und das Benennen, dass es eine wirklich große OP ist. Der Kaiserschnitt wird wirklich oft verharmlost und die Freundinnen und ich, die einen Kaiserschnitt hatten, haben alle daran zu knabbern gehabt. Mir hat direkt danach, als ich im Krankenhaus lag, sehr geholfen, dass ein enger Freund der Familie, ehemaliger Krankenpfleger deutlich gesagt hat, dass es eine mittelschwere Bauch-OP sei, die ich da gerade erlebt hätte (und vorher ja fast noch ne komplette natürliche Geburt – die Hebamme hat überhaupt nicht mehr damit gerechnet, dass das Kind nicht kommen könnte!).
    Ich hatte aufgrund der Umstände eine Vollnarkose und habe es selbst nicht miterlebt. Was ich ganz persönlich nur auf mich selbst gesehen, sehr gut finde. Ich würde bei einem zweiten Kind aufgrund des Kaiserschnittes und anderer medizinischer Umstände, vermutlich wieder einen Kaiserschnitt haben und mir wäre echt am Liebsten ich werde weggebeamt und mein Mann kann sich diesmal aber direkt um das Kind kümmern (statt Kinderintensivstation…)

    Ach, dass ist so ein berührendes Thema, dass meine Kommentare dazu auch nie kurz ausfallen können.
    LG Nadine

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