„Von wegen perfekt!
Der Mummy-Alltag ist das reinste Chaos!“
Letzte Woche hatte ich einen Artikel in unseren Mummy-Mag-Chat auf What’s App geschickt, den die anderen unbedingt lesen sollten. Darin schrieb eine Mutter, dass sie sich ab sofort weigern würde Mama-Blogs zu lesen, weil Seiten wie wir oder auch littleyears und hauptstadtmutti (die wir selbst ja auch regelmäßig lesen) eine viel zu perfekte Welt darstellten und man dadurch quasi nicht anders könne als voll zu frustrieren. Und ganz ehrlich, selten hat mich etwas so sehr zum Lachen gebracht, denn hier ist es wirklich alles andere als perfekt!
Klar, wir überlegen genau, welche Bilder wir veröffentlichen, wie viel wir von uns und unserem Privatleben preisgeben und wollen natürlich auch gerne inspirieren – aber hätte die besagte Schreiberin mal einen unserer Texte richtig gelesen, würde sie wissen, dass unser Leben genauso chaotisch ist, wie das einer jeden Mutter. Logisch, auch wir finden die wunderbare Instagram-Welt könnte ab und zu eine kleine Prise Realität ganz gut vertragen, denn natürlich ist unser Tisch nicht immer perfekt dekoriert und nicht jeden Tag stehen frische Blumen auf der Kommode. Genau genommen stapelt sich gerade die Wäsche im Bad, unser Esstisch ist immer wieder zur Hälfte mit Unterlagen und ungeöffneter Post zugemüllt und das Kinderzimmer gleicht aktuell einem Schlachtfeld. Der Flur ist das reinste Schuhgeschäft, weil die Schuhkammer viel zu weit weg ist (halt am Ende des Flurs) und die Fronten in der Küche könnten auch mal wieder geputzt werden, denn überall prangern Abdrücke von kleinen (und großen) Patschehändchen dran. Doch ganz ehrlich – das will doch keiner sehen. Und wirklich inspirativ ist es auch nicht! Oder viel mehr – ich will doch nicht, dass das jeder sieht. Also klar, ich hab damit kein Problem, wenn man weiß, dass bei uns zuhause die Dinge ganz bestimmt nicht perfekt sind, aber mein Chaos soll dann doch eher privat bleiben. Außerdem weiß doch jeder wie es ausschaut, wenn sich die Wäscheberge häufen oder auf der Couch keine Kissen, dafür aber ein Großteil der Spielzeuge liegen! Und mein Freund würde es sicherlich gar nicht gut finden, meine diversen Kruschtecken zu veröffentlichen – er findet es schon schlimm genug, dass ich diese immer wieder in der Wohnung anhäufe… Im Großen und Ganzen ist es aber gar nicht mal so schlimm bei uns – aber wohl auch nur, weil wir uns wirklich angewöhnt haben (also mein Freund mir!), jeden Abend alles einigermaßen in den Griff zu kriegen, bevor es ins Bett geht. Das ist ehrlich gesagt auch der einzige Weg, gegen das Chaos überhaupt anzukommen…
„Von wegen ich schaffe alles!“
Was ich in den letzten Wochen natürlich auch häufig gehört habe sind Kommentare, was ich alles schon mache und tue, trotz Baby. Da kann ich nur sagen: Es stimmt, ich mache gefühlt ungefähr 500 mal so viel, wie bei Helene damals – und trotzdem habe ich jeden Tag das Gefühl, einfach gar nichts zu schaffen. Ich habe irgendwie vergessen, wie schnell sich die Uhr dreht, wenn man mit einem Baby Zuhause ist. Zwischen Stillen, Wickeln, Stillen, in den Schlaf wiegen, E-Mails checken, Frühstücken, Stillen, Bäuerchen machen, Stillen, in den Schlaf wiegen, E-Mails beantworten, Stillen, Baby herumtragen und dabei essen, Haushalt in Ordnung bringen, Stillen, Wickeln, Baby im Kinderwagen herumfahren und dabei Telefonate erledigen… hat man erstaunlich wenig Zeit. Kaum schaut man auf die Uhr – schwups – ist es schon wieder 15 Uhr und man muss los zur Kita um das große Kind abzuholen. Dabei hat man es noch nicht geschafft, Mittag zu essen und erst recht nicht, einen Text zu schreiben. Das schiebt man dann auf, plant es für den Abend ein – und schafft es dann wieder doch nicht, weil Oskar gefühlt den ganzen Abend an der Brust hängt und man in den Stillpausen auch einfach nicht die nötige Konzentration hat um zusammenhängende Sätze zu bilden. Oder aber man schläft direkt schon auf der Couch ein. Klar, es gibt auch Abende, an denen ich wesentlich produktiver bin, aber das sind bisher nur kleine Ausreißer und ganz und gar nicht die Regel. Wenn ich also wirklich etwas schaffen muss – wie beispielsweise bei der Vorbereitung zum Stokke Summer House fahre ich einfach zu meinem Freund ins Büro und drücke ihm Oskar aufs Auge. Sobald ich gestillt habe drücke ich ihm als das Baby in die Hand und sage „Dein Kind!“. Dann setze ich mich an den Rechner und habe mal eine Stunde am Stück, um zu arbeiten. Wenn ich ganz viel Glück habe sogar 1,5 Stunden. Doch das geht natürlich auch nur, weil mein Freund selbstständig ist und wir die 50/50 Regelung haben. Natürlich geht das derzeit nicht ganz so auf, schließlich stille ich voll und das macht ja einen Großteil der Zeit aus. Dennoch bin ich dankbar dafür, dass wir diese gemeinsame Aufteilung haben und mir mein Freund so auch regelmäßig den Rücken freihält – wie ich es natürlich auch immer für ihn tue!
„Gemeinsam schaffen wir das!“
Und wieder einmal lande ich bei der Aussage, die jeder der mich persönlich kennt, schon mindestens einmal von mir gehört hat: Für mich ist die Gleichberechtigung der Schlüssel! Natürlich soll jeder für sich das richtige Modell finden (Janine hat die verschiedenen Modell ja mal wunderbar skizziert!) und das heißt nicht, dass unbedingt die Elternzeit zu 50 % geteilt wird und beide nur noch eine 75%-Stelle arbeiten. Die Entscheidung wie die Arbeit aufgeteilt wird hängt natürlich von sehr vielen Faktoren ab und da gibt es nicht das eine, richtige Modell. Doch ich bin fest davon überzeugt, dass man sich ja GEMEINSAM für ein Kind entscheidet und daher auch GEMEINSAM die Aufgaben bewältigen muss. Leider ist das heute – obwohl sich die Vaterrolle ja stark verändert, auch dank bzw. schwedischer Vorbilder – noch nicht unbedingt Gang und Gäbe, denn wenn man allein den Statistiken glaubt, bleibt im bundesweiten Durchschnitt gerade mal jeder neunte Mann zuhause, wenn das Kind krank ist. Dabei haben doch beide Eltern den gleichen Anspruch auf jeweils 10 Krankentage für die Kinder. Doch leider scheint hier die Gleichberechtigung noch nicht angekommen zu sein – oder aber: die Arbeit des Mannes wird als wichtiger eingeschätzt als die der Frau. Gut, das muss natürliches jedes Paar für sich entscheiden (auch wenn hier in meinem Umfeld meistens die Männer entscheiden und die Frauen sich teils unglücklich fügen), doch gehen wir mal mehr auf das alltägliche Leben ein. Wie viele tolle Mütter kenne ich, die in 30 Stunden Teilzeit arbeiten, sich Nachmittags ein tolles, kindgerechtes Programm überlegen, trotzdem den Haushalt schmeißen und täglich Lebensmittel einkaufen gehen – ignorieren wir hier mal die Herausforderung Einkäufe zu erledigen, wenn das Kid sich gerade in einer Bock-Phase befindet. Und bei den meisten dieser Frauen kommt dann der Mann abends nach Hause und ist genervt, weil a) die Frau es leider nicht geschafft hat, Essen zu kochen, B) die Wohnung noch einem Schlachtfeld gleicht oder C) der Mann sich von dem anstrengenden Arbeitstag erholen muss. Denn ehrlich, das höre ich leider noch viel zu oft. Oft rege ich mich dann auf und bekomme im Gegenzug zu hören „Naja, Du hast halt einen besonderen Mann an deiner Seite!“. Nein! Er ist nicht besonders, weil er im Haushalt anpackt, tatsächlich fast jeden Abend kocht (bei mir gibt es nämlich nur noch kaltes Abendbrot…) und auch Nachts aufsteht, wenn es ums Wickeln geht. Nein, er ist nicht besonders, wenn er auch zuhause bleibt, weil das Kind krank ist, weil er mit Helene zur nächsten U8-Untersuchung geht oder am Abend die Kinder ins Bett geht. Er ist lediglich VATER und das sind auch seine AUFGABEN! Genauso, wie es meine AUFGABEN als MUTTER sind! Und nur so klappt es auch – ohne, dass ständig der Haussegen schief hängt. Also Augen auf bei der Partnerwahl, Ladies…
Klar, Arbeiten ist nicht immer ein Zuckerschlecken, insbesondere mit steigender Verantwortung. Aber auch das entbindet niemanden (weder Vater noch Mutter) von der Verantwortung des Elternseins. Denn Elternsein ist anstrengend, kräftezehrend und kann einen wirklich fertig machen – aber dafür hat man sich nun mal mehr oder weniger gemeinsam entschieden. Und wirklich, gemeinsam ist es so viel einfacher das ganze Chaos zu bewältigen. Und man auch kann die all die schönen Dinge auch viel besser genießen! Also, anstelle jetzt meinem Freund zu danken, dass er so ein bewundernswerter, toller und außergewöhnlicher Vater ist (was er natürlich ist, aber zu viel Honig ums Maul schmieren ist gar nicht gut), danke ich ihm lieber dafür, dass wir so ein tolles Team sind und er meine Arbeit und meine Leistung im Alltag als wirklich gleichberechtigt sieht und respektiert.
P.S. Dieser Text ist übrigens entstanden, als ich bei Danilo im Büro an seinem Schreibtisch saß, während er den kleinen Mann während einer Telko in den Schlaf schaukelte und anschließend selbst ein kleines Nickerchen gemacht hat! (siehe Bild oben – herrlich, oder?)
P.P.S. Um das ganze nochmal mit Mads weisen Worten zusammenzufassen:
„Fallt nicht auf unsere Optik rein, wer klebt schon Rotzbilder in Fotoalben, natürlich geben wir uns Mühe Leserinnen zu inspirieren, durch schöne Bilder. Aber wenn wir aufstehen haben wir Knoten im Haar, unsere Wäsche türmt sich, im Kühlschrank ist nicht alles Bio, selbst wenn wir anderen wünschen auf Lego-Steine zu treten, passiert das am häufigsten uns, die Kinder essen nicht jeden Tag was wir kochen, wir kochen nicht mal jeden Tag, nach 10 Stunden auf den Beinen fallen wir ins Bett, nicht auf unsere Männer und die Hälfte der DIYs können wir nicht zeigen, weil sie grässlich geworden sind. In a nutshell: wir sind ganz normal. Wir wollen dass ihr es schön habt, Augenweiden statt Augenleiden, aber niemals wollen wir, dass andere Mums sich schlecht fühlen. Bitte nicht!“
3 Comments
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Friederike
Ein toller Artikel, der meiner Meinung nach nicht wirklich nötig war. Ich finde schon, dass ihr immer mal wieder auch die realen Seiten eures Alltags hier und auf Instagram durchblicken lasst. Und gerade die gute Mischung macht es aus! Bitte weiter so wie immer 🙂 Glg Friederike
Anne
Oh doch. Wir wollen die unordentlichen Ecken sehen, die Augenringe, die Milchflecken, die Rotzfahnen. Denn sonst ist es vorbei mit der Authenizitöt und man ist als Leser frustriert, weil man dem Kind zum zweiten Geburtstag nen Fertigkuchen gebacken hat statt ner dreistöckigen Torte und weil man selbst an manchen Tagen im Chaos versinkt. Natürlich wollen wir uns von schönen Dingen inspirieren lassen. Aber ich persönlich klebe auch Fotos von schreienden Babys, total müden aber glücklichen Eltern und Rotznasen ins Fotoalbum. Denn ich will ja Erinnerungen festhalten. Nicht Illusionen. Also danke für den Beitrag! Eine Ausgewogenheit aus schönen Dingen und Chaos (wie das Leben halt so ist), das wünschen wir uns von Elternblogs.