Corona Physical Distancing Sabine

Corona und das Klima

Corona Physical Distancing Sabine

Neustart Klima, das war das deutsche Motto der vergangenen weltweiten Demo von Fridays for Future am 29. November im letzten Jahr. Niemand konnte ahnen, dass dieses Motto durch die Corona Pandemie eine ganz neue Bedeutung bekommen würde. Dabei dachten viele Menschen im ersten Augenblick, das Virus sei ganz gut fürs Klima. Plötzlich kaum mehr Flugzeuge in der Luft. Die dreckige Industrie auf Pausetaste und infolgedessen saubere Luft.  Wo Arbeitgeber*innen über Jahre stur das Homeoffice verweigerten, ist plötzlich jede flexible Form des Arbeitens möglich. Videokonferenzen statt Dienstreisen – kein Problem. Unter anderem deshalb erreicht Deutschland nun überraschenderweise wahrscheinlich doch das Klimaziel für 2020 (Quelle: https://www.agora-energiewende.de/). Schöne neue grüne Welt also?

Ganz so einfach ist es leider nicht.

It’s the climate, stupid.

Während alle Kräfte verständlicherweise gerade darauf abzielen, möglichst viele Menschenleben vor den Auswirkungen der Corona Pandemie zu retten, liegen die Anstrengungen im Klima-Kontext brach. Derzeit gibt es quasi keinen Ausbau von Wind- und Solaranlagen mehr. Der Grund dafür liegt zum einen am “Solardeckel”: Solarenergie wird nur noch bis zu 52-Gigawatt gefördert. Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnet damit, dass der 52-Gigawatt-Solardeckel im Frühsommer erreicht wird. In der Konsequenz werden Solarprojekte schon jetzt nicht mehr weiterverfolgt.

Auch bei der Windkraft liegen Steine im Weg: zum einen ist die pauschale und umstrittene 1.000 Meter Abstandsregel zwischen Siedlungen und Windkraftwerken ein Hindernis, zum anderen stehen aktuell durch die Corona Pandemie die Produktionsstandorte still, so dass bereits geplante Projekte nicht durchgeführt werden. Laut Bundesverband der Energie- Wasserwirtschaft müssten die Hemmnisse und Deckel zügig beseitigt werden, ansonsten sei das Ausbauziel der Erneuerbaren Energien bis 2030 kaum zu erreichen. Die Bundesregierung ist aber gerade ausschließlich mit den Folgen und der Eindämmung der Corona Pandemie befasst.

Der stockende Ausbau der Erneuerbaren Energien ist das eine Problem, die gesamtwirtschaftliche Situation in dieser Krisenzeit eine andere: es wird ein Rollback in Sachen Klimaneutralität erwartet. So war es etwa nach der Finanzkrise 2007. Denn Unternehmen wollen entgangene Gewinne so schnell wie möglich wieder wettmachen. Solange diese Unternehmen weiter auf fossiler Basis laufen, ändert sich strukturell erst einmal nichts. Zumal der Ölpreis im Keller ist und der Preis für CO2-Zertifikate von rund 24 auf 16 Euro gefallen ist. Susanne Götze schreibt für den Spiegel treffend:

“Wenn schlagartig die Wirtschaft einbricht, dann steht der Klimaschutz wieder ganz hinten an – auch weil niemand Geld für einen grüne Kehrtwende ausgeben will.”

Ein Funken Hoffnung

Corona und das Klima – das ist also anders als die klare Luft verheißen mag keine grüne Liebesgeschichte. Das Virus birgt viel eher neben der katastrophalen Gefahr für das Wohlergehen so vieler Menschen auch mögliche negative Folgen für den Klimaschutz. Umso wichtiger wird es jetzt sein, dass wir uns weiter fürs Klima einsetzen – auch wenn unser Leben gerade aus den Fugen gerät und unser Alltag vielmehr einem Ausnahmezustand gilt. Der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner mahnte kürzlich im SWR:

„Wir haben zwei große Krisen, die wir gleichzeitig lösen müssen.“

“Man könnte es plakativ so ausdrücken: Wer achtlos das Virus weitergibt, gefährdet das Leben seiner Großeltern. Wer achtlos CO2 freisetzt, gefährdet das Leben seiner Enkel.” (Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber)

Deshalb fordern Wissenschaftler*innen und Umweltverbände bereits jetzt, dass weitere Corona Wirtschaftshilfen, zum Beispiel im Rahmen eines Konjunkturpaketes, an Klimaschutz gekoppelt werden müssten. Claudia Kemfert, Professorin für Energiewirtschaft, Chefin des Energie- und Umweltbereichs am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW schlägt beispielsweise vor: „Beim Wiederanfahren nach der Pandemie sollten wir klimaschonende Technologien fördern – ÖPNV, Schienenverkehr, Digitalisierung, Smart Grids, Ausbau der Ladeinfrastruktur, emissionsfreie Antriebe auch im Flugverkehr.“ (Quelle: https://www.klimareporter.de/)

Es macht mir Hoffnung, dass Bundesumweltministerin Svenja Schulze das bereits öffentlich so bestätigt hat und sich auch nach Corona weiter für Klimaschutz einsetzen will. Auch EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den Green Deal konsequent weiterverfolgen. Wir werden am 24. April beim #netzstreikfuersklima mit Fridays for Future digital dem Rollback in Sachen Klimaschutz die rote Karte zeigen und an die Politik appellieren, die Klimakrise nicht zu vergessen. 

Ich finde auch: wir lernen in diesen Tagen auch, dass manche Dinge anders gehen, als wir sie kennen. Für manche Branchen zeigt sich jetzt: statt Dienstreisen gehen auch weiterhin Videokonferenzen. Arbeitswege lassen sich künftig vielleicht durch mehr Homeoffice Tage einsparen. Wir haben auch gelernt, dass manchmal schnelles Handeln nötig ist – und auch geht. Wir dürfen bei der Klimakrise nicht warten, bis es zu spät ist. Nur wenn wir bereits jetzt reagieren und handeln, lassen sich künftige Katastrophen abwenden. 


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Sabine Ponath kommt als Exil-Bayerin aus einem kleinen Dorf und lebt seit einiger Zeit in Berlin. Seit 2006 ist sie immer mal mehr, mal weniger politisch aktiv bei den Grünen. Zum Beispiel hat sie schon für den Bayerischen Landtag kandidiert oder war Sprecherin der Grünen Jugend Bayern. Die Leidenschaft hat sie sich zum Beruf gemacht und arbeitet seit 2008 als wissenschaftliche Mitarbeiterin für Abgeordnete, erst im Landtag, dann im Bundestag. Dabei hat sie ihren Magister eigentlich in Pädagogik, Psychologie und Soziologie gemacht. Seit 2015 schreibt Sabine außerdem auf ihrem Blog „Mum & still me“, nicht nur über Politik, auch über ihr Leben als Zweifachmama und was sonst noch dazugehört.

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